T 0567/15 (Handhabung unter Schutzgas/WACKER) of 1.3.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T056715.20180301
Datum der Entscheidung: 01 März 2018
Aktenzeichen: T 0567/15
Anmeldenummer: 08708186.5
IPC-Klasse: C07F 7/20
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN ZUR HERSTELLUNG VON ISOCYANATOORGANOSILANEN
Name des Anmelders: Wacker Chemie AG
Name des Einsprechenden: Momentive Performance Materials, Inc.
Kammer: 3.3.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54(3)
Schlagwörter: Neuheit - (nein)
Neuheit - implizite Offenbarung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 2 114 964 zu widerrufen, Beschwerde eingelegt.

II. In der vorliegenden Entscheidung wird auf die folgenden Druckschriften Bezug genommen:

(1) WO2008/068175

(15) F. Mohr, Seminar zum Praktikum Synthesechemie Arbeitstechniken der Anorganischen Chemie, Universität Wuppertal, 2012, Seiten 1 bis 15

III. Mit dem Einspruch war das Streitpatent in seinem gesamten Umfang wegen mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit angegriffen worden (Artikel 100 a) EPÜ).

IV. In der angefochtenen Entscheidung stellt die Einspruchsabteilung fest, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des einzigen mit Schriftsatz vom 24. September 2014 eingereichten Anspruchssatzes gegenüber der Druckschrift (1) nicht neu sei. In ihrer Beurteilung ging die Einspruchsabteilung, unter Berücksichtigung der erfindungsgemäßen Beispiele, davon aus, dass das Auffangen der Silane in einer Destillationsvorlage als Handhabung in Sinne der Erfindung anzusehen sei.

Anspruch 1 des der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Anspruchssatzes lautet wie folgt:

"1. Verfahren zur Herstellung von Silanen, die über eine Isocyanatfunktion verfügen, der allgemeinen Formel (3)

OCN-(CH2)x-SiR**(1)a(OR**(2))3-a (3),

wobei

R**(1) einen gegebenenfalls halogensubstituierten Alkyl-, Cycloalkyl-, Alkenyl- oder Arylrest mit 1-10 Kohlenstoffatomen,

R**(2) einen Alkylrest mit 1-20 Kohlenstoffatomen, der durch nicht benachbarte Gruppen -O- unterbrochen sein kann,

x den Wert 1 und

a die Werte 0, 1, 2 oder 3 bedeuten,

bei dem die Silane nach ihrer chemischen Herstellung aufgereinigt und nach der Aufreinigung ausschließlich in einer Atmosphäre mit einer relativen Luftfeuchtigkeit unter 10% gehandhabt werden."

V. Mit der Beschwerdebegründung verteidigte die Beschwerdeführerin den der Entscheidung zugrunde liegenden Anspruchssatz als einzigen Antrag.

VI. Mit der Beschwerdeerwiderung hielt die Beschwerdegegnerin den Einwand mangelnder Neuheit des beanspruchten Gegenstandes aufrecht. Darüber hinaus reichte sie weitere Beweismittel ein, darunter die Druckschrift (15).

VII. In einer Mitteilung der Kammer, die der Ladung zur mündlichen Verhandlung als Anlage beigefügt war, teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Meinung zur Neuheit des anspruchsgemäßen Gegenstandes und die in diesem Zusammenhang zu diskutierenden Sachverhalte mit.

VIII. Die Argumente der Beschwerdeführerin, soweit sie entscheidungserheblich sind, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Das Auffangen des aufgereinigten Silans in einer Destillationsvorlage werde in der Druckschrift (1) nicht beschrieben. Der beanspruchte Gegenstand sei daher neu.

Sollte die in dieser Druckschrift offenbarte Aufreinigung durch Destillation das Auffangen der Silane als Teilschritt beinhalten, dann gelte dies auch für die anspruchsgemäße Aufreinigung. Somit sei besagtes Auffangen in der Destillationsvorlage, die unbestritten unter Schutzgas stehe, Teil der Destillation und keine Handhabung nach der Aufreinigung. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung sei in diesem Zusammenhang widersprüchlich, da sie das Auffangen sowohl als Teil der Aufreinigung als auch als Teil der Handhabung angesehen habe.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags könne zudem als Auswahl aus drei Listen (Wahl des Isocyanatosilans, der Reinigungsmethode und des Schutzgaseinsatzes) angesehen werden und sei damit neu.

Darüber hinaus sei es unerheblich, ob besagtes Auffangen in der Druckschrift (1) schon als Handhabung nach einer Aufreinigung anzusehen sei, da diesem Auffangen, für jeden Fachmann ersichtlich, zwangsläufig weitere Arbeitsschritte folgen müssten, beispielsweise die Abnahme und das Verschließen der Destillationsvorlage. Dass dies unter Schutzgas stattfinde, werde in der Druckschrift (1) nicht offenbart. Dem Fachmann sei bekannt, dass Isocyanate mit Feuchtigkeit reagierten und daher über längere Zeiträume hinweg, z.B. während eines Destillationsvorgangs, unter Schutzgas zu handhaben seien. Kurzzeitige Luftkontakte, wie sie beim Abnehmen und Verschließen vorkämen, seien jedoch unkritisch. Die Lehre der Druckschrift (1) unter Schutzgas zu destillieren, impliziere für den Fachmann daher nicht, dass auch für das Abnehmen und Verschließen Schutzgas erforderlich sei, insbesondere, da ihm nicht bekannt und es auch nicht vorhersehbar gewesen sei, dass die anspruchsgemäßen alpha-Isocyanatomethylsilane hier eine Ausnahme darstellten und im Gegensatz zu herkömmlichen Isocyanaten auch gegen kurzzeitige Luftkontakte äußerst empfindliche seien (siehe Streitpatent, Absätze [0025] bis [0028]).

IX. Die Argumente der Beschwerdegegnerin, soweit sie entscheidungserheblich sind, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Das anspruchsgemäße Verfahren unterscheide sich nicht von dem in der Druckschrift (1) offenbarten Verfahren. Das Auffangen der Silane werde durch die in der Druckschrift (1) offenbarte Destillation mit umfasst und entspreche einer Handhabung. Die Destillationsvorlage stehe dabei zweifellos unter Schutzgas. Der Begriff Handhabung sei in Ermangelung einer genauen Definition breit auszulegen. Unter Berücksichtigung des Beispiels 1 des Streitpatents sei unter der anspruchsgemäßen Aufreinigung und Handhabung nach der Aufreinigung eine herkömmliche Destillation unter Schutzgas zu verstehen. Eine solche werde aber in der Druckschrift (1) bereits beschrieben. Auch der anspruchsgemäß niedrige Wassergehalt werde in der Druckschrift (1) für das Schutzgas bereits beschrieben.

Das Abnehmen und Verschließen unter Schutzgas werde von der in der Druckschrift (1) beschriebenen Destillation mit umfasst. Es sei technisch völlig abwegig, dass die Destillationsvorlage an der Destillationsvorrichtung verbleibe. Im Übrigen entspräche ein solches Vorgehen dann einer Lagerung, und damit ebenfalls einer Handhabung, unter Schutzgas. Bei einer Destillation unter Schutzgas werde die Destillationsvorlage üblicherweise unter Schutzgas abgenommen (siehe Druckschrift (15), Abbildung 5). Im Übrigen betone die Druckschrift (1) die besondere Empfindlichkeit der Silane (siehe Seite 2, Zeilen 7 bis 8) und das Arbeiten unter Schutzgas zur verbesserten Lagerstabilität. Dies mache jedoch nur Sinn, wenn auch im Anschluss an die Destillation, d.h. beim Abnehmen, Verschließen und Lagern der Silane unter Schutzgas gearbeitet werde.

Die Vergleichsbeispiele des Streitpatents sind nicht relevant, da sie keine Destillation unter Schutzgas, wie sie in der Druckschrift (1) beschrieben wird, zeigten.

Das beanspruchte Verfahren beruhe auch nicht auf einer Auswahl aus drei Listen, da keine Listen mit Alternativen erkennbar seien. Im Übrigen werde die sogenannte Auswahl bereits durch die als bevorzugt beschriebenen Merkmale offenbart.

X. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang der mit Schreiben datiert vom 24. September 2014 eingereichten Ansprüche.

XI. Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

XII. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

2.1 Anspruch 1 des Anspruchssatzes vom 24. September 2014 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung von alpha-Isocyanatomethylsilanen mit der allgemeinen Formel OCN-(CH2)-SiR**(1)a(OR**(2))3-a, bei dem die Silane nach ihrer chemischen Herstellung aufgereinigt und nach ihrer Aufreinigung ausschließlich in einer Atmosphäre mit einer relativen Luftfeuchtigkeit unter 10% gehandhabt werden.

2.2 Anspruch 1 enthält keinerlei Herstellungs- oder Aufreinigungsschritte. Bei dem beanspruchten Verfahren handelt es sich im Grunde um ein Verfahren zur Handhabung aufgereinigter alpha-Isocyanatomethylsilane. Aus dem Anspruch ist auch nicht ersichtlich, wann der Zeitraum "nach der Aufarbeitung" beginnt oder endet, mit anderen Worten, welche Handhabung (noch) zur Aufarbeitung gehört und was (bereits) eine Handhabung nach der Aufbereitung ist. Unter diesen Umständen ist es nach Auffassung der Kammer, im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern, zulässig die Beschreibung zum Verständnis des Anspruchs heranzuziehen (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 8. Auflage, Punkt II.A.6.3.1, zweiter Absatz).

2.3 Gemäß den Angaben im Streitpatent kann die Herstellung nach jedem beliebigen Verfahren erfolgen (siehe Absatz [0018]). Die Aufreinigung erfolgt bevorzugt durch Destillation (siehe Absatz [0019] und die erfindungsgemäßen Beispiele 1 und 2). Aus den Absätzen [0015] und [0021] ist ersichtlich, dass der Begriff "handhaben" Vorgänge wie Lagerung, Abfüllen oder Umfüllen umfassen kann, mit diesen aber nicht gleichzusetzen ist, sondern, wie bereits von der Einspruchsabteilung zu Recht festgestellt wurde, auch eine zu diesen Vorgängen alternative Tätigkeit beschreibt (siehe Streitpatent, Absatz [0021]: "gehandhabt, gelagert, und/oder...ab- bzw. umgefüllt"). Die erfindungsgemäßen Beispiele beschreiben die Aufreinigung von alpha-Isocyanatomethylsilanen durch Destillation unter Vakuum in deren Anschluss die Destillationsvorlagekolben unter Schutzgas abgenommen und verschlossen werden. Diese Vorgänge der Abnahme und des Verschließens sind nach Auffassung der Kammer als Handhabungen im Sinne der Erfindung anzusehen.

2.4 Die Neuheit des anspruchsgemäßen Verfahrens wurde im Hinblick auf die Offenbarung der Druckschrift (1) bestritten.

Diese Druckschrift ist Stand der Technik unter Artikel 54(3) EPÜ. Sie beschreibt ein Verfahren zur Herstellung von Isocyanatoalkylsilanen der allgemeinen Formel OCN-(CH2)x-SiR**(1)a(OR**(2))3-a (siehe Seite 9, Zeilen 14 bis Seite 10, Zeile 1), insbesondere von alpha-Isocyanatomethylsilanen (siehe Seite 10, Zeilen 8 bis 13, Beispiele). Die Definition der Reste R**(1) und R**(2) überlappen mit denjenigen des Streitpatents. Die Druckschrift (1) offenbart darüber hinaus die Aufreinigung der hergestellten Silane durch einen oder mehrere Destillationsschritte, wobei die Silane während ihrer Aufarbeitung ausschließlich unter Schutzgas gehandhabt werden, um eine möglichst hohe Lagerstabilität zu gewährleisten. Die Schutzgasatmosphäre weist dabei vorzugsweise einen Wassergehalt von unter 1000 ppm, besonders bevorzugt unter 250 ppm auf (siehe Seite 10, Zeilen 19 bis 29).

2.5 Die Durchführung der Destillation unter Schutzgas ist in der Druckschrift (1) nicht näher beschrieben, gehört jedoch zweifellos zum allgemeinen Fachwissen des Fachmanns, das gemäß ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern bei der Klärung der Frage, was in der ausdrücklichen Offenbarung einer Druckschrift unmittelbar und eindeutig mit enthalten ist, zu berücksichtigen ist. Dieses Fachwissen wird durch die Druckschrift (15) belegt, die auf Seite 5, Abbildung 5 eine Destillation unter Schutzgas bzw. die dafür erforderliche Vorrichtung beschreibt. Die Druckschrift (15) ist zwar nachveröffentlicht, es war jedoch unstrittig, dass eine solche Destillation unter Schutzgas sowie die dazu gehörende Vorrichtung bereits vor dem Prioritätstag des Streitpatents zum allgemeinen Fachwissen des Fachmanns gehörten. Ebenfalls unstrittig war die Tatsache, dass bei einer Destillation unter Schutzgas, wie sie in der Druckschrift (1) offenbart wird, die Destillationsvorlage unter Schutzgas steht.

2.6 In der angefochtenen Entscheidung hat die Einspruchsabteilung, das Auffangen des aufgereinigten Silans in der Destillationsvorlage als Handhabung nach der Aufreinigung angesehen. Dies wird von der Beschwerdeführerin bestritten, die diesen Vorgang als Teil der Aufreinigung ansieht. Darüber hinaus ist die Beschwerdeführerin der Auffassung, dass die Druckschrift (1) weder explizit noch implizit offenbare, dass das Abnehmen und Verschließen der Destillationsvorlage unter Schutzgas stattfinde (siehe Punkt VIII oben).

2.7 Die Kammer bezweifelt, dass das Auffangen des aufgereinigten Silans einer Handhabung nach der Aufreinigung entspricht. Eine Entscheidung darüber kann jedoch dahingestellt bleiben, da die Kammer der Überzeugung ist, dass für jeden Fachmann das Abnehmen und Verschließen der Destillationsvorlage implizite Folgehandlungen zu der in der Druckschrift (1) beschriebenen Destillation sind. Es ist technisch unsinnig davon auszugehen, dass das Silan nach der Destillation in der Destillationsvorrichtung verbleibt, insbesondere im Hinblick darauf, dass die Druckschrift (1) darauf abzielt, lagerfähige Silane zur weiteren Verwendung herzustellen. Diese Auffassung teilt offensichtlich auch die Beschwerdeführerin, die diese Schritte als für jeden Fachmann zwangsläufig folgend ansieht.

Im Gegensatz zur Beschwerdeführerin ist die Kammer zudem der Überzeugung, dass für den Fachmann die Abnahme (und das Verschließen) der Destillationsvorlage unter Schutzgas zweifelsfrei durch die in der Druckschrift (1) beschriebene Aufreinigung der Silane offenbart ist.

2.8 Dem Fachmann ist bekannt, dass Isocyanate mit Feuchtigkeit reagieren und daher unter Schutzgas bzw. Feuchtigkeitsausschluss gehandhabt werden sollten. Dies wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Aus der Druckschrift (1) ist dem Fachmann zudem bekannt, dass es sich bei den alpha-Isocyanatomethylsilanen um besonders feuchtigkeitsempfindliche Verbindungen handelt (siehe Seite 2, Zeilen 7 bis 8), deren Aufreinigung ausschließlich unter Schutzgas durchgeführt wird, um eine möglichst hohe Lagerstabilität zu erzielen. Die Druckschrift (1) lehrt den Fachmann daher unmittelbar und eindeutig, dass für alpha-Isocyanatomethylsilanen der Kontakt mit Feuchtigkeit zu vermeiden ist.

2.9 Aus der Druckschrift (15), die das allgemeine Fachwissen hinsichtlich einer Destillation unter Schutzgas wiedergibt, ist darüber hinaus ersichtlich, dass bei einer solchen Destillation, die immer dann zum Einsatz kommt, wenn die zu destillierende Verbindung luft- und/oder feuchtigkeitsempfindlich ist, die Destillationsvorlage beim Abnehmen mit Schutzgas gespült werden kann (siehe Seite 5, Abbildung 5, Einlass 3). Der Fachmann, den die Druckschrift (1) lehrt, den Kontakt der Silane mit Feuchtigkeit zu vermeiden, wird daher, wie es seinem Fachwissen entspricht, auch bei der Abnahme der Destillationsvorlage Schutzgas über die Destillationsvorlage leiten, um den Kontakt der besonders empfindlichen Silane mit Luftfeuchtigkeit auszuschließen und so den Erfolg der Aufreinigung und die erwünschte Lagerstabilität nicht zu gefährden. Das Argument der Beschwerdeführerin, dass sich die Handhabung unter Schutzgas nach der Aufreinigung nicht zwangsläufig ergebe, da ein kurzzeitiger Kontakt mit Luft, wie sie beim Abnehmen und Verschließen der Destillationsvorlage vorkommen, unkritisch sei, überzeugt die Kammer daher nicht.

Im Übrigen steht diese Behauptung der Beschwerdeführerin in direkten Gegensatz zur Lehre der Druckschrift (1), die die alpha-Isocyanatomethylsilane als besonders feuchtigkeitsempfindlich beschreibt. Der Fachmann wird daher mehr noch als bei herkömmlichen Isocyanaten auf den Ausschluss von Feuchtigkeit achten, unabhängig davon, dass ihm nicht bekannt ist, dass sich alpha-Isocyanatomethylsilane von herkömmlichen Isocyanaten durch zusätzlich auftretende Folgereaktionen unterscheiden.

2.10 Der Verweis der Beschwerdeführerin auf den Unterschied zwischen dem erfindungsgemäßen Beispiel und den Vergleichsbeispielen des Streitpatents ist in diesem Zusammenhang nicht relevant, da es bei der Neuheit einzig darauf ankommt, was der Fachmann dem Stand der Technik, im vorliegenden Fall der Druckschrift (1), unmittelbar und eindeutig entnimmt, einschließlich der Merkmale, die zwar nicht ausdrücklich genannt, aber für den Fachmann vom Inhalt her mit erfasst sind.

2.11 Das Argument der Beschwerdeführerin, dass das beanspruchte Verfahren neu sei im Sinne einer Auswahl von Merkmalen aus drei verschiedenen Listen überzeugt die Kammer ebenfalls nicht. Wie bereits erwähnt (siehe Punkt 2.4 oben) sind alpha-Isocyanatomethylsilane gemäß der Druckschrift (1) bevorzugt. Das in dieser Druckschrift in den Beispielen offenbarte Silan ist identisch mit dem in den Beispielen des Streitpatents beschriebenen Silan. Eine neue Auswahl bezüglich der einzusetzenden Silane liegt daher nicht vor. Zudem offenbart die Druckschrift (1) keine Liste an Aufarbeitungsverfahren, aus denen auszuwählen ist, sondern einzig eine Destillation unter Schutzgas, die auf Grund der besonders feuchtigkeitsempfindlichen alpha-Isocyanatomethylsilane bevorzugt einen Wassergehalt von unter 1000 ppm aufweist. Eine Auswahl ist auch hier nicht zu treffen.

2.12 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die in der Druckschrift (1) beschriebene Aufreinigung durch Destillation unter Schutzgas mit einem Wassergehalt von unter 1000 ppm für den Fachmann auf Grund der besonderen Feuchtigkeitsempfindlichkeit der alpha-Isocyanatomethylsilane zweifellos auch die Abnahme (und das Verschließen) der Destillationsvorlage unter Schutzgas offenbart. Da dieses Vorgehen, wie in Punkt 2.3 oben erläutert, Handhabungen im Sinne der Erfindung sind, ist das anspruchsgemäße Merkmal, dass die Silane nach der Aufreinigung ausschließlich in einer Atmosphäre mit einer relativen Luftfeuchtigkeit unter 10% gehandhabt werden, in der Druckschrift (1) eindeutig offenbart. Die weiteren Merkmale gemäß Anspruch 1 werden, wie bereits erläutert (siehe Punkt 2.4 oben), in der Druckschrift (1) ebenfalls offenbart.

2.13 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand gemäß Anspruch 1 des Anspruchssatzes vom 24. September 2014 durch die Druckschrift (1) neuheitsschädlich vorweggenommen wird (Artikel 54(3) EPÜ).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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