T 0463/15 (Transpondereinheit / Giesecke+Devrient Mobile Security GmbH) of 26.5.2021

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2021:T046315.20210526
Datum der Entscheidung: 26 Mai 2021
Aktenzeichen: T 0463/15
Anmeldenummer: 05755698.7
IPC-Klasse: G06K 19/07
G06K 7/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: TRANSPONDEREINHEIT
Name des Anmelders: Giesecke+Devrient Mobile Security GmbH
Name des Einsprechenden: Inside Secure
Kammer: 3.4.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(a)
European Patent Convention Art 54(1)
European Patent Convention Art 54(2)
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0451/04
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen das europäische Patent Nr. 1 763 820 wurde im gesamten Umfang Einspruch eingelegt auf der Basis von Artikel 100 a) EPÜ wegen mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit.

II. Die Einspruchsabteilung wies den Einspruch zurück.

III. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung legte die Einsprechende Beschwerde ein und beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen, da es nicht die Erfordernisse der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit erfülle.

IV. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, damit die Zurückweisung des Einspruchs und die Aufrechterhaltung des Streitpatents im ursprünglich erteilten Umfang. Außerdem beantragte die Patentinhaberin die seitens der Einsprechenden nach Ablauf der Einspruchsfrist eingereichten Dokumente D9 (Philips Semiconductors, Near Field Communication PN511 - Transmission module, Februar 2004, Revision 2.0 public) und D10 (JP 2004-151750 A) nicht im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen. Die Einsprechende hätte vor der Einspruchsabteilung bereits auf die Einführung des Dokuments D10 verzichtet (siehe Punkt 6 der Entscheidung) und Dokument D9 wurde nicht zugelassen (siehe Punkt 9 der Entscheidung). Außerdem ging die Patentinhaberin davon aus, dass die seitens der Einsprechenden in der Beschwerdebegründung genannten Ausschnitte aus dem "RFID Handbuch" und verschiedene Internetquellen weder relevanter Stand der Technik noch rechtzeitig vorgelegt wären.

V. Beide Parteien hatten ursprünglich hilfsweise eine mündliche Verhandlung beantragt.

VI. Die Kammer lud zur mündlichen Verhandlung und versendete ihre vorläufige Meinung in einer Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK 2020.

VII. Die Einsprechende teilte daraufhin mit einem Schriftsatz vom 21. April 2021 mit, dass sie nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werde ("We hereby inform you that we will not attend the oral proceedings that will take place before the Examining Division on May 26, 2021, for the above-referenced patent application.")

VIII. Die Kammer sagte die mündliche Verhandlung ab und entschied im schriftlichen Verfahren.

IX. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 12 des erteilten Patents lauten:

1. Verfahren zur Übertragung von Daten von einer Chipkarte mit Transpondereinheit (1) zu einem Lesegerät (100), zu welchem Daten von Transpondern durch Modulation eines Feldes des Lesegerätes übertragen werden, wobei die Transpondereinheit (1) in einem zweiten Betriebsmodus eine Lastmodulation ausführt, um die Daten zu dem Lesegerät (100) zu übertragen,

dadurch gekennzeichnet, dass

die Transpondereinheit (1) in einem ersten Betriebsmodus selber ein moduliertes Transponderfeld (20) erzeugt und als Signal aussendet, welches für das Lesegerät (100) als eine Lastmodulation des Lesegerätfeldes (110) durch einen Transponder auswertbar ist, um die Daten zu dem Lesegerät (100) zu übertragen.

12. Transpondereinheit in einer Chipkarte zur Übertragung von Daten zu einem Lesegerät (100), zu welchem Daten von Transpondern durch Modulation eines Feldes des Lesegerätes übertragen werden, mit:

Mitteln zur Lastmodulation des Feldes des Lesegerätes, um die Daten in einem zweiten Betriebsmodus zu dem Lesegerät zu übertragen,

gekennzeichnet durch

Mittel zum Erzeugen und Senden eines modulierten Transponderfeldes (20) als Signal, welches für das Lesegerät (100) als eine Lastmodulation des Lesegerätfeldes (110) durch einen Transponder auswertbar ist, um die Daten in einem ersten Betriebsmodus zu dem Lesegerät zu übertragen.

X. Die Ansprüche 2 bis 11 und 13 bis 25 sind abhängige Ansprüche, wobei die Ansprüche 24 und 25 auf ein System zur Datenübertragung gerichtet sind, welches neben einer beanspruchten Transpondereinheit zusätzlich ein Transponder-Lesegerät (100) umfasst.

Entscheidungsgründe

Dokumente D9 und D10

1. Das Dokument D9 wurde von der Einspruchsabteilung wegen Verspätung - und weil es nicht als prima-facie relevant angesehen wurde - nicht in das Einspruchsverfahren zugelassen (Entscheidung, Punkt 9). D10 wurde von der Einsprechenden zwar zunächst verspätet ins Einspruchsverfahren eingeführt, aber in der dortigen mündlichen Verhandlung wurde auf die Einführung dieses Dokuments verzichtet (siehe Entscheidung, Punkt 6).

2. Die Einsprechende hat im Beschwerdeverfahren keine Einwände gegen die Nichtzulassung von D9 vorgetragen und auch das Dokument D10 nicht verwendet.

3. Die Kammer sieht daher keine Veranlassung, die Dokumente D9 und D10 im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen.

Interpretation

4. Die Parteien interpretieren einige der in den Ansprüchen verwendeten Begriffe unterschiedlich. Die Kammer interpretiert diese folgendermaßen:

Rückstreumodulation, Lastmodulation

5. Es ist unstreitig, dass in der Fachwelt bei RFID-Tags als Transpondereinheiten für die Übertragung zwischen einem Lesegerät und der jeweiligen Transpondereinheit je nach verwendeter Frequenz die Begriffe Rückstreumodulation (backscatter modulation) und Lastmodulation (load modulation) verwendet werden. Bei niedrigeren Frequenzen (verwendet werden dabei Frequenzen bis ca. 14 MHz) wird davon ausgegangen, dass sich die Transpondereinheit im Nahfeld des Lesegeräts befindet und somit dieses Nahfeld auch beeinflussen kann, während bei höheren Frequenzen (verwendet werden Frequenzen ab 865 MHz) die Transpondereinheit sich in der Regel im Fernfeld des Lesegeräts befindet, daher das Nahfeld des Lesegeräts nicht direkt beeinflussen kann, sondern eine elektromagnetische Welle an das Lesegerät zurücksendet ("rückstreut").

6. Der Begriff "Lastmodulation" wird in diesem Zusammenhang aber für zwei unterschiedliche Vorgänge verwendet.

7. Zum einen beschreibt er die Vorgänge am Empfänger des Lesegeräts bei den niedrigen Frequenzen, da das Nahfeld des Lesegeräts durch die Effekte an der Antenne der Transpondereinheit "belastet" wird, was das Lesegerät auswerten kann.

8. Zum anderen aber wird auch die Antenne der Transpondereinheit beim Senden von Informationen an das Lesegerät "belastet", und zwar üblicherweise sowohl beim Lastmodulationsverfahren als auch beim Rückstreuverfahren. Denn in beiden Fällen wird ein Modulationssignal an die Antenne des RFID-Tags gelegt. So hatte es auch die Kammer in anderer Besetzung im Fall T 451/04 gesehen (T 451/04, Abschnitt 3.1.3), auf den die Einsprechende im Einspruchsschriftsatz hingewiesen hatte (Abschnitt II-3, Seiten 11 bis 12).

Chipkarte

9. Die Einspruchsabteilung definierte den Begriff Chipkarte als: "Identifikationskarte mit im Kartenkörper eingebauter integrierter Schaltung" (Entscheidung, Abschnitt 10.5).

10. Dieser Definition widerspricht die Einsprechende in der Beschwerdebegründung und argumentiert, dass das Streitpatent selbst den Begriff Chipkarte weiter fasst, insbesondere die Absätze [0035], [0083] [0120] und Figur 7 der B1-Schrift (Abschnitt I-2, Seiten 3 bis 6).

11. Die von der Einsprechenden zitierten Passagen der B1-Schrift widersprechen allerdings nicht der Definition der Einspruchsabteilung, denn der Begriff "Chipkarte" wird dort teilweise nicht erwähnt, sondern Begriffe wie "in das mobile Endgerät einsetzbare Karte oder Datenträger" ([0035]), "SIM-Karte" ([0035], [0080]), "tragbarer Datenträger" ([0120]). Der Begriff "Chipkarte" wird nur im Absatz [0120] als Sonderfall eines "tragbarer Datenträgers" definiert, ohne diese weiter zu spezifizieren. Diese Abschnitte sind daher nicht geeignet, eine weitergehende Definition des Begriffs "Chipkarte" im Sinne der Einsprechenden zu stützen.

12. Deswegen stimmt die Kammer der von der Einspruchsabteilung vorgenommenen Definition des Begriffs "Chipkarte" zu.

Transpondereinheit in einer Chipkarte (Anspruch 12)

13. Anspruch 12 verwendet die Formulierung "Transpondereinheit in einer Chipkarte". Dabei muss ausgelegt werden, ob damit eigentlich eine Chipkarte mit einer Transpondereinheit oder eine Transpondereinheit alleine beansprucht ist.

14. Da in den weiteren Merkmalen des Anspruchs 12 die Chipkarte nicht weiter spezifiziert wird und auch nicht zu erkennen ist, wodurch sich die beanspruchte Transpondereinheit in einer Chipkarte von einer Transpondereinheit unterscheidet, die nicht in einer Chipkarte ist, berücksichtigt die Kammer den Begriff "in einer Chipkarte" nur insoweit, dass Transpondereinheiten unberücksichtigt bleiben, die völlig ungeeignet sind, in einer Chipkarte eingebaut zu werden.

Neuheit gegenüber Dokument D7 (WO-A-2005/073906)

15. Im Einspruchsschriftsatz wie auch in der Beschwerdebegründung argumentierte die Einsprechende, dass die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 12 nicht neu gegenüber Dokument D7 seien.

16. Dokument D7 beschreibt unstreitig eine Kombination von Lesegerät und Transpondereinheit, die mit Rückstreumodulation arbeitet. Während auf Seiten der Transpondereinheit das Aussenden der Daten auch als "Lastmodulation der Antenne" verstanden werden kann (siehe oben Punkt 8.), würde der Fachmann auf der Empfängerseite (Lesegerät) bei der Rückstreumodulation nicht davon sprechen, dass das Lesegerät (100) das empfangene Signal als eine "Lastmodulation des Lesegerätfeldes durch die Transpondereinheit auswertet". Bei der Rückstreumodulation werden voneinander separierbare elektromagnetische Wellen für Senden und Empfangen betrachtet und nicht eine Modulation des Nahfeldes des Lesegeräts.

17. Dokument D7 offenbart daher nicht, dass die Daten von Transpondereinheiten (bzw. Transpondern) zum Lesegerät durch Modulation eines Feldes des Lesegerätes übertragen werden.

18. Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 12 sind daher neu gegenüber Dokument D7.

Erfinderische Tätigkeit

19. In der Beschwerdebegründung trug die Einsprechende vor, dass die Gegenstände der Ansprüche 1 und 12 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeiten beruhen würden unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens und der Lehre des Dokuments D6 (EP 1 327 222 B1).

20. Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit geht die Kammer - wie auch die Einsprechende in der Beschwerdebegründung (Abschnitt I.9), die Einspruchsabteilung in der angegriffenen Entscheidung (siehe dort Abschnitt 17) und das Patent selbst (Absatz [0012]) - von einer bekannten Chipkarte als Transpondereinheit aus, welche eine Lastmodulation durchführt.

21. Der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 12 unterscheidet sich von diesem Stand der Technik durch einen weiteren ("ersten" gegenüber dem bekannten "zweiten") Betriebsmodus, der beispielsweise im Anspruch 1 dadurch definiert ist (im Anspruch 12 entsprechend), dass in diesem

... die Transpondereinheit selbst ein moduliertes Transponderfeld erzeugt und als Signal aussendet, welches für das Lesegerät als eine Lastmodulation des Lesegerätfeldes durch einen Transponder auswertbar ist, um die Daten zu dem Lesegerät zu übertragen ...

22. Nach den Absätzen [0012] und [0013] der Patentschrift löst das Unterscheidungsmerkmal die Aufgabe, die Reichweite der Datenübertragung gegenüber herkömmlichen Lastmodulationssystemen zu erhöhen.

23. Dokument D6 offenbart unstreitig mit dem dritten Modus ("procédé 3", [0072] bis [0074], "Tableau 4") das Unterscheidungsmerkmal selbst.

24. Die Einspruchsabteilung war zwar der Ansicht, dass Dokument D6 nicht zu entnehmen sei, dass mit diesem dritten Modus eine Reichweitenerhöhung gegenüber herkömmlichen Lastmodulationsverfahren ("Reichweite einer "echten" Chipkarte") erzielt werden könnte (siehe Entscheidung, Abschnitt 18.1). Die Kammer stimmt allerdings der Einsprechenden zu, dass das zweite Verfahren ("procédé 2") der D6 einer "herkömmlichen Lastmodulation" entspricht, wie sie in den Ansprüchen 1 und 12 als "zweiter" Betriebsmodus definiert ist. In D6 (Absatz [0074]) ist beschrieben, dass das dritte Verfahren eine höhere Reichweite hat, als die beiden anderen Verfahren. Daher liegt eine Reichweitenerhöhung durch das Vorsehen des "ersten" Betriebsmodus für die Fachperson nahe.

25. Die entscheidende Frage zur Beurteilung des Vorliegens einer erfinderischen Tätigkeit ist aber, ob es für die Fachperson naheliegend war, die herkömmliche Lastmodulation beizubehalten, wenn die Reichweite durch das aus D6 bekannte Verfahren demgegenüber erhöht wird (siehe auch die Diskussion in den Abschnitten 18.1 und 18.2 der Entscheidung der Einspruchsabteilung).

26. Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist im Aufgabe-Lösung-Ansatz die Frage nach der technischen Wirkung des Unterscheidungsmerkmals zu stellen. Das Unterscheidungsmerkmal ist hier nicht einfach der erste Betriebsmodus, sondern das Vorsehen von zwei Betriebsmodi (dem "ersten" und dem "zweiten").

27. Laut Patentschrift (Absatz [0027]) bewirkt die Umschaltmöglichkeit zwischen dem erstem und dem zweitem Betriebsmodus eine Lösung dafür, dass die ,,an der Antenne der Transpondereinheit induzierte Spannung ein Problem für die Funktionsweise der erfindungsgemäßen Modulator-Schaltungen darstellen" kann, ,,wenn der Abstand zwischen Transpondereinheit und Lesegerät klein und die induzierte Spannung daher entsprechend groß ist."

28. Einen Hinweis auf eine solche Problematik und deren Lösung ist im Dokument D6 nicht offenbart.

29. Die D6 beschreibt zwar verschiedene Möglichkeiten, den dortigen Leser im passiven Modus mit einem der dort offenbarten Verfahren (procédé 1,2,3) zu betreiben, offenbart aber nicht, dass in der Transpondereinheit mehrere dieser verschiedenen Möglichkeiten realisiert sind, zwischen denen umgeschaltet werden kann.

30. Die Fachperson wird nicht in naheliegender Weise zwei Betriebsmodi vorsehen, da zwei Betriebsmodi und eine Umschaltung zwischen beiden Betriebsmodi zumindest einen höheren Aufwand bedeuten, den der Fachmann vermeiden wird, wenn er sich davon keinen Nutzen verspricht. Es ist daher für den Fachmann kein Anlass zu erkennen, dass er beide Betriebsmodi vorsehen würde, auch wenn die Lösung - wie von der Einsprechenden dargelegt (zum Beispiel Beschwerdebegründung, Diskussion der beiden Figuren auf Seite 19) technisch möglicherweise nicht schwierig wäre und der Fachmann die beiden Betriebsmodi möglicherweise implementieren könnte.

31. In der Beschwerdebegründung führte die Einsprechende dazu aus, dass ihrer Ansicht nach der Fachmann ausgehend von einer bekannten Lastmodulations-Chipkarte unter Berücksichtigung des Dokuments D6 in naheliegender Weise sowohl zum Ersatz des passiven Lastmodulations-Modus ("zweiter Modus") durch den aktiven Lastmodulations-Modus ("erster Modus") als auch zum Beibehalten beider Modi käme. Der Fachmann wisse nämlich, dass der passive Lastmodulations-Modus ohne eine Energiequelle auskomme, falls diese in bestimmten Anwendungen nicht benötigt werde (Beschwerdebegründung, Seite 20, Absatz 2: "Sachant que les moyens de modulation de charge passive sont utilisables sans source d'alimentation autonome, uniquement en extrayant une tension d'alimentation du champ magnétique émis par le lecteur, l'homme du métier les conservera si des applications sans source d'alimentation électrique sont prévues.").

32. Auch diese Überlegung ist nicht überzeugend. Wenn ein Fachmann einen aktiven Modus vorsieht, wofür dann eine separate Energiequelle zwingend erforderlich ist, ist nicht einzusehen, warum er zusätzlich noch einen passiven Modus implementieren sollte.

33. Hinsichtlich des Merkmals der zwei vorhandenen Betriebsmodi verwies die Einsprechende in der Beschwerdebegründung (Abschnitt I.6) auf eine vorläufige Meinung einer Einspruchsabteilung für das Patent EP 1 801 741 B1 (Annexe 3, 3.4.3)), in der die dortige Einspruchsabteilung den Wechsel eines aktiven zu einem passiven Betriebsmodus im Dokument D6 (dort D1) in einer Passage (Absatz [0069], insbesondere Seite 7, Zeilen 54 bis 56) als offenbart ansah. Die entsprechende Passage der D6 bezieht sich allerdings nicht auf den Wechsel von unterschiedlichen Lastmodulationsverfahren, wie er im hiesigen Anspruch 1 beansprucht wird, sondern auf eine Umschaltung eines aktiven Modus in einen passiven Modus. In der Nomenklatur der Dokuments D6 ist der aktive Modus der Modus eines Lesegeräts, welches kontaktlose Datenträger ausliest, während der passive Modus der Modus des kontaktlosen Datenträgers ist, der einem Lastmodulationsverfahren entspricht (D1, [0002]). Der dort offenbarte Wechsel eines Modus ist also der Wechsel des Modus des Lesegeräts von einem Zustand als Lesegerät ("aktiver Modus") zu einem Zustand, in dem dieses Lesegerät - wie ein kontaktloser Datenträger - von einem weiteren Lesegerät ausgelesen wird ("passiver Modus"), wozu im passiven Modus ein Lastmodulationsverfahren verwendet wird. Ein Wechsel von Betriebsmodi im "passiven Modus" zwischen einem herkömmlichen Lastmodulationsverfahren und einem weiteren Verfahren, in dem die Transpondereinheit in einem ersten Betriebsmodus selber ein moduliertes Transponderfeld erzeugt und als Signal aussendet, welches für das Lesegerät als eine Lastmodulation des Lesegerätfeldes durch einen Transponder auswertbar ist - wie im vorliegenden Anspruch 1 des Patents - ist allerdings nicht offenbart.

34. Eine Veränderung eines zum Prioritätszeitpunkt bekannten Lastmodulationsverfahrens einer Transpondereinheit ("zweiter Betriebsmodus") durch zusätzliches Vorsehen des in der D6 beschriebenen Verfahrens ("erster Betriebsmodus") in der Transpondereinheit ist daher nicht naheliegend gewesen.

35. Die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 12 beruhen daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Rechtliches Gehör

36. Sämtliche Entscheidungsgründe sind beiden Parteien in der vorläufigen Meinung der Kammer in einer Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK 2020 übermittelt worden. Die Einsprechende hat weder schriftlich dazu Stellung genommen, noch hat sie die Möglichkeit genutzt, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, um Gegenargumente vorzutragen. Die Kammer sieht daher keinen Grund, von Ihrer vorläufigen Meinung abzuweichen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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