T 0410/15 () of 3.7.2017

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2017:T041015.20170703
Datum der Entscheidung: 03 Juli 2017
Aktenzeichen: T 0410/15
Anmeldenummer: 08015915.5
IPC-Klasse: B66F 9/075
B62B 3/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Batteriebetriebenes Flurförderzeug
Name des Anmelders: Jungheinrich Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: STILL GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(c)
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 123(3)
European Patent Convention Art 100(b)
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Zurückverweisung an die erste Instanz - (nein)
Zulassung der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsanträge 2 und 3 in das Verfahren - (ja)
Änderungen - Hilfsantrag 3
Änderungen - zulässig (ja)
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 3
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 039 646 zurückzuweisen.

II. Gegen das vorliegende Patent wurde Einspruch eingelegt aufgrund der in Artikel 100 a), b) und c) EPÜ genannten Einspruchsgründe, wobei der nicht substantiierte Einspruchsgrund der mangelnden Neuheit während der mündlichen Verhandlung zurückgezogen wurde. Die Einsprechende stützte sich auf folgende Dokumente:

E1: DE 199 03 160 C2;

E2: DE 31 39 317 A1;

E3: GB 803,068;

E4: EP 1 394 098 A2.

III. Mit der Beschwerdeerwiderung reichte die Beschwerdegegnerin vorsorglich einen Hilfsantrag ein, um einem Einwand unter Artikel 100 c) EPÜ zu begegnen.

IV. Am 3. Juli 2017 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt. Die Beschwerdegegnerin reichte im Verlauf der Verhandlung einen Hilfsantrag 2 ein, der als unklar erachtet wurde, und anschließend einen Hilfsantrag 3.

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage des während der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 3 aufrechtzuerhalten. Alle anderen Anträge nahm sie zurück.

V. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 lautet wie folgt (die gegenüber den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 8 hinzugefügten bzw. gestrichenen Merkmale sind von der Kammer durch Unterstreichung bzw. Durchstreichen gekennzeichnet):

"Batteriebetriebenes Flurförderzeug mit einer Batterie, [deleted: dadurch gekennzeichnet, dass] die zwei oder mehr einzelne Batteriezellen (38, 40) [deleted: einer wartungsfreien Batterie] aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass

- die Batteriezellen (38,40) wartungsfrei sind,

- die Batteriezellen (38,40) in nur schwer zugänglichen [deleted: vorhandenen ]Hohlräumen [deleted: oder anderen schlecht zugänglichen Orten des Flurförderzeugs] [deleted: nicht oder schwer ausbaubar bzw.] für den Ladebetrieb nicht auswechselbar angeordnet [deleted: integriert] sind, und [deleted: wobei]

- alle [deleted: mindestens eine] Batteriezellen (38, 40) [deleted: innerhalb eines Radarms, unterhalb einer Standplattform oder] in das [deleted: ein] Hubgerüst (16) eingebaut sind."

Die Änderungen gegenüber dem erteilten Anspruch 1 sind bei entsprechender Kennzeichnung wie folgt:

"Batteriebetriebenes Flurförderzeug mit einer Batterie, die zwei oder mehr einzelne Batteriezellen (38, 40) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass

- die Batteriezellen (38,40) wartungsfrei sind,

- die Batteriezellen (38,40) in [deleted: mindestens einem] nur schwer zugänglichen Hohlrä[deleted: a]umen für den Ladebetrieb nicht auswechselbar angeordnet angeordnet sind, und

- [deleted: sich der mindestens eine Hohlraum innerhalb eines Radarms oder in einem Hubgerüst befindet,]

- alle Batteriezellen (38, 40) in das Hubgerüst (16) eingebaut sind."

VI. Das für die Entscheidung relevante Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

In Bezug auf den mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten und schon im Einspruchsverfahren vorgelegten Hilfsantrag werde die Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung beantragt, da diese noch nicht die Möglichkeit gehabt habe darüber zu entscheiden.

Der in der mündlichen Verhandlung eingereichte Hilfsantrag 2 sei nicht in das Verfahren zuzulassen, da bereits im Einspruchsschriftsatz (Seite 7) auf die beiden Stromspeicher 2 und 31 in E1 hingewiesen und somit nicht auf eine neue Situation reagiert worden sei. Hilfsweise werde die Zurückverweisung des Hilfsantrags 2 an die erste Instanz beantragt, um über die Zulässigkeit der Änderungen zu entscheiden.

Die Zulassung des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags 3 in das Verfahren sei angesichts des Verfahrensstands nicht gerechtfertigt. Im Übrigen sei keine Zuordnung der Hohlräume zu dem Hubgerüst mehr vorhanden. Auch sei nun nicht mehr jede beliebige Aufteilung der Batteriezellen auf die Hohlräume möglich, was gegen Artikel 123 (3) EPÜ verstoße. Es bestehe auch ein Klarheitsproblem infolge des Merkmals "Batteriezellen in nur schwer zugänglichen Hohlräumen". Zwar seien nun mindestens zwei Hohlräume gefordert, die Batteriezellen enthielten, aber es könne auch Hohlräume ohne Batteriezellen geben.

Auch die Einwände unter Artikel 123 (2) EPÜ gegenüber dem erteilten Anspruch 1 seien zu berücksichtigen:

- Durch Aufnahme des Merkmals "für den Ladebetrieb nicht auswechselbar" erfolge eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung. Sehe man Absatz [0007] der Offenlegungsschrift als Grundlage für dieses Merkmal an, so werde im direkt darauf folgenden Absatz [0008] die Wichtigkeit der zugänglichen Kontakte für ein Ladekabel ("Entscheidend ist ...") und damit explizit eine Verknüpfung beider Merkmale betont. Der wesentliche Aspekt des Patents - die spezifische Anordnung der Batteriezellen im Hubgerüst - habe erhebliche Auswirkungen auf die Erreichbarkeit der Kontakte und die in diesem Falle problematische Kabelführung zum Laden der Batterie. Der Begriff "nicht auswechselbar" sei dem Wortlaut nach nicht ursprünglich offenbart, auch werde kein Bezug zum Ladebetrieb hergestellt. Absatz [0010] der Offenlegungsschrift besage letztlich nur, dass die Batterie am Einbauort verbleiben könne; dies sei auch bei einer zum Wechseln vorgesehenen Batterie möglich. Auch Absatz [0017] erwähne nicht, dass die Batterie nicht ausgebaut werden könne. Dies sei nur in Verbindung mit den zugänglichen Kontakten für ein Ladekabel offenbart.

- Anders als der Ausdruck "nicht auswechselbar angeordnet" lege der Ausdruck "nicht auswechselbar integriert" im ursprünglichen Anspruch 1 viel stärker eine strukturelle Verbindung fest. Zudem sei der ursprünglich offenbarte Begriff "ausbaubar" nicht begriffsidentisch mit "auswechselbar".

- Der Wortlaut des erteilten Anspruchs 1 lege durch die Formulierung "für den Ladebetrieb nicht auswechselbar" fest, dass ein solches Auswechseln gar nicht möglich sei, was in dem Sinne nicht ursprünglich offenbart sei. Die Offenbarung des Textes des Streitpatents, dass eine Batterie während des Ladevorgangs nicht ausgewechselt werde, bedeute nur, dass trotz der Möglichkeit des Auswechselns ein Auswechseln nicht durchgeführt werde (siehe Absätze [0010] und [0017] der Offenlegungsschrift, wonach ein Wechsel oder Ausbau der Batterie nicht nötig sei; Absatz [0008] zeige ein Laden ohne Ausbau der Batterien).

- Aufgrund der im ursprünglichen Anspruch 1 gewählten Unterscheidung in "Hohlräume" und "Orte" und der Zweideutigkeit durch ergänzende Adjektive bestünden Zweifel, ob auch die Hohlräume zwangsläufig "schwer zugänglich" sein müssten. Auch der Beschreibung sei keine Offenbarung von schwer zugänglichen Hohlräumen zu entnehmen. Zudem sei der Begriff "schlecht" durch "schwer" ersetzt worden, der etwas Anderes ausdrücke; insbesondere sei der Begriff "schlecht" eindeutig negativ und lasse nur sehr begrenzte Möglichkeiten zu.

- Der ursprüngliche Anspruch 1 enthalte noch die nunmehr gestrichene Alternative "unterhalb einer Standplattform", d. h. eine Batteriezelle könne nun auch oberhalb der Standplattform eingebaut sein.

Die nicht begriffsidentischen Ausdrücke "ausbaubar" und "auswechselbar" in der ursprünglichen Offenbarung stellten auch ein Problem unter Artikel 83 EPÜ dar, da entweder das betreffende Element ausgebaut werden solle oder ein zusätzliches Element dazu kommen könne. Im Streitpatent werde bei Beschreibung des Ausführungsbeispiels nicht darauf eingegangen, so dass der Fachmann nicht wisse, wie er vorzugehen habe.

Der Begriff "schwer zugänglich" sei nicht nur im Sinne des Artikels 84 EPÜ unklar, sondern verhindere auch die Umsetzung eines Ausführungsbeispiels der Lehre des Streitpatents (siehe Richtlinien für die Prüfung: Überschneidungsbereich zwischen fehlender Klarheit und nicht ausreichender Offenbarung bei ungenauen Parametern). Der Fachmann finde keine Definition, die es ihm ermögliche zumindest eine Ausführungsform sicher herzustellen; weder in der Beschreibung noch in den Zeichnungen werde erläutert, was "schwer zugänglich" bzw. "nicht auswechselbar" technisch konkret bedeute. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei für den Fachmann nicht ausführbar, da er aufgrund der stets gegebenen Demontierbarkeit und der fehlenden, allgemeingültigen Definition von "schwer zugänglich" keinen in jedem Fall schwer zugänglichen Hohlraum bilden könne. Auch wenn man (wie die Einspruchsabteilung) ein regelmäßiges Wechseln der Batterie für den Ladebetrieb ausschließe, werfe dies Probleme auf, da der Fachmann nicht wisse, ab wann kein regelmäßiger Zugang möglich sei.

Ausgehend von E1 beruhe der Gegenstand von Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die in E1 gezeigte Batterie 31 bestehe (wegen der üblichen Spannung bei Flurförderzeugen von 24-80V) aus mehreren Zellen und mehreren Kartuschen, die gemäß Anspruch 1 lediglich strukturell in der physikalischen Einheit "Hubgerüst" eingebaut sein müssten. Die Batterie sei fest montiert und verbleibe zum Laden an Ort und Stelle. Sie sei somit für den Ladebetrieb nicht auswechselbar und im Sinne des Streitpatents schwer zugänglich, auch weil sie zwischen Lastgabel und den senkrechten Mastführungselementen neben einer Vielzahl weiterer Bauteile und Komponenten angeordnet sei. Wartungsfreie Batteriezellen seien nicht erfinderisch gegenüber dem allgemeinen Fachwissen oder E2.

Auch E3 zeige (Figur 1; Seite 2, Zeilen 10 und 120) eine dem Hubgerüst zugeordnete Batteriebox, also ein Aufbewahrungsmittel für mehrere Batterien bzw. Batterieelemente. Die Batterie bestehe - wie zu E1 ausgeführt - aus mehreren Zellen in entsprechenden Hohlräumen, "schwer zugänglich" wie im Streitpatent, da das Hubgerüst von einer Seite aus nicht zugänglich sei.

VII. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen wie folgt erwidert:

Hilfsantrag 2 sei eine Reaktion auf die erstmalig in der mündlichen Verhandlung geäußerte Ansicht, dass die beiden Stromspeicher 2 und 31 aus E1 als Zellen einer Batterie aufzufassen seien und auch die Batterie 2 in einem schwer zugänglichen Hohlraum angeordnet sei.

Hilfsantrag 3 sei in Reaktion auf einen erst in der mündlichen Verhandlung erhobenen Klarheitseinwand eingereicht worden und in das Verfahren zuzulassen. Der Schutzbereich werde gegenüber dem erteilten Patent nicht erweitert, und Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 drücke klar aus, dass es mindestens zwei Batteriezellen und mehrere Hohlräume - darunter mindestens zwei Hohlräume mit Batteriezellen - gebe.

Hinsichtlich der behaupteten unzulässigen Erweiterung werde die Auffassung der Einspruchsabteilung geteilt:

- Würden gemäß Absatz [0008] der Offenlegungsschrift Batterien an nicht oder schwer zugänglichen Orten im Flurförderzeug untergebracht, so müssten die Batterien auch während des Ladevorgangs an diesem Ort verbleiben, wie in Absatz [0010] explizit angegeben. Dass die Batterie zugängliche Kontakte für ein Ladekabel aufweise, stehe nicht in einem unlösbaren Zusammenhang mit dem Merkmal "für den Ladebetrieb nicht auswechselbar".

- Die Formulierung "in Hohlräumen oder anderen schwer zugänglichen Orten" schreibe vom Wortlaut her eindeutig die schwere Zugänglichkeit auch den Hohlräumen zu. Erst durch ein ergänzendes Komma würde zum Ausdruck gebracht, dass die entsprechende Zuschreibung etwas Neues bringe, das sich nicht auf die Hohlräume beziehe.

Die Ausführungen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der behaupteten mangelnden Ausführbarkeit machten deutlich, dass sich ihre Einwände lediglich auf die Klarheit des Merkmals, ab wann ein Hohlraum als schwer zugänglich angesehen werden könne, beziehe.

E1 lasse offen, ob die Batterie mehrere (in Reihe geschaltete) Batteriezellen aufweise (Zellspannung bei Lithiumbatterien schon ca. 3 V). Zudem gehe es bei der Aufteilung der Batterie in mehrere Batteriezellen um die Möglichkeit, die Zellen an verschiedenen Orten unterzubringen (Absatz [0010] des Streitpatents), also um getrennte Elemente einer Batterie. E1 offenbare auch keinen schwer zugänglichen Hohlraum. Bei den Hohlräumen aus Anspruch 1 handele es sich nicht um Hohlräume im Gehäuse der Batterie. Auch E3 offenbare keinen schwer zugänglichen Hohlraum (siehe Seite 2, Zeilen 129 ff.) und nicht mehrere Batteriezellen in verschiedenen Hohlräumen.

Entscheidungsgründe

1. Anträge auf Zurückverweisung an die erste Instanz

Die Kammer sah eine Zurückverweisung an die erste Instanz zur Entscheidung über den mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsantrag als nicht sachdienlich an. Die darin vorsorglich vorgenommene einzige Änderung dient zur Ausräumung eines bereits im Einspruchsverfahren erhobenen Einwands unter Artikel 100 c) EPÜ in Bezug auf das erteilte Merkmal nur eines einzigen Hohlraums, dem die Einspruchsabteilung (siehe Punkt 3.2 der angefochtenen Entscheidung) nicht gefolgt ist. Die angefochtene Entscheidung war also diesbezüglich zu überprüfen.

Auch sah die Kammer keinen Grund, dem hilfsweisen Antrag auf Zurückverweisung an die erste Instanz bezüglich des in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Hilfsantrags 2 stattzugeben, um die Zulässigkeit der Änderungen prüfen zu lassen. Denn Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist gegenüber dem erteilten Anspruch 1 durch Aufnahme eines Merkmals eines erteilten abhängigen Anspruchs eingeschränkt worden, wobei die Einspruchsabteilung die Patentfähigkeit des erteilten Patents bereits anerkannt hat.

Die Kammer hat deshalb in Ausübung ihres Ermessen gemäß Artikel 111 (1) EPÜ entschieden, die Anträge in der Sache selbst zu behandeln. Nachdem am Ende der mündlichen Verhandlung die Beschwerdegegnerin beide Anträge zurückgenommen hat, erübrigen sich weitere Ausführungen in der Sache in Bezug auf diese Anträge.

2. Zulassung der Hilfsanträge 2 und 3 in das Verfahren

2.1 Die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag wurde erstmalig in der mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren diskutiert. Dabei war die Breite der Interpretation des Begriffs "eine Batterie" entscheidend für die Ablehnung des Hilfsantrags wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit, was die Beschwerdegegnerin zur Einreichung des Hilfsantrags 2 veranlasste. Die Kammer war nicht überzeugt, dass mit dem Hinweis im Einspruchsschrift­satz auf zwei getrennte Stromspeicher in E1 die breite Auslegung des Begriffs "eine Batterie" durch die Kammer schon klar vorweggenommen wurde, und sieht die Vorlage von Hilfsantrag 2 deshalb als angemessene und zulässige Reaktion an.

2.2 Die Einreichung von Hilfsantrag 3 wurde nach Auffassung der Kammer durch den erstmalig in der mündlichen Verhandlung erhobenen Klarheitseinwand gegenüber Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 veranlasst und stellt somit ebenfalls eine angemessene Reaktion dar.

2.3 Um die Waffengleichheit und damit ein faires Verfahren zu gewährleisten, hat die Kammer deshalb die erstmalig in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsanträge 2 und 3 in das Verfahren zugelassen.

3. Hilfsantrag 3

3.1 Zulässigkeit (Artikel 100 c), 123 (2),(3) sowie 84 EPÜ)

3.1.1 Die Kammer sieht in den im Hilfsantrag 3 vorgenommenen Änderungen im Vergleich zu der erteilten Fassung des Streitpatents keinen Verstoß gegen die Erfordernisse des Artikels 123 (2) und (3) sowie des Artikels 84 EPÜ.

Anspruch 1 beruht auf einer Kombination der erteilten Ansprüche 1 und 5, wobei gegenüber der erteilten Fassung (bzgl. Merkmal "in mindestens einem nur schwer zugänglichen Hohlraum") noch eine Einschränkung des Schutzbereichs auf eine Mehrzahl von Hohlräumen ("in nur schwer zugänglichen Hohlräumen") vorgenommen wurde. Zudem wurde das zwei Alternativen umfassende Merkmal, dass "sich mindestens einer der Hohlräume innerhalb eines Radarms oder in einem Hubgerüst befindet", gestrichen, da die erste Alternative durch das Merkmal des erteilten Anspruchs 5 (dass "alle Batteriezellen (38, 40) in das Hubgerüst eingebaut sind") wegfällt und die zweite Alternative bereits durch die verbleibenden Merkmale ("Batteriezellen in nur schwer zugänglichen Hohlräumen", "alle Batteriezellen in das Hubgerüst eingebaut") ausgedrückt wird.

3.1.2 Die Kammer kann kein Problem der Klarheit in dem geänderten Merkmal "Batteriezellen in nur schwer zugänglichen Hohlräumen" erkennen, da durch die Formulierungen im Plural klar ausgedrückt wird, dass mindestens zwei Batteriezellen in mindestens zwei Hohlräumen angeordnet sind. Dass darüber hinaus auch Hohlräume umfasst sein können, die keine Batteriezellen aufweisen, ist keine Frage der Klarheit, sondern der Breite des beanspruchten Schutzbereichs.

3.1.3 Die Beschwerdeführerin beanstandet den Wegfall der Zuordnung der Hohlräume zu dem Hubgerüst, welche mit dem gestrichenen Merkmal gegeben war. Wie bereits ausgeführt, ist diese Zuordnung aber weiterhin durch die verbliebenen Merkmale hergestellt (Batteriezellen in Hohlräumen und alle Batteriezellen im Hubgerüst). Diese Änderung wird somit als zulässig angesehen und erfüllt die Erfordernisse der Artikel 123 (2), (3) EPÜ.

Anspruch 1 fordert, dass nun alle Batteriezellen im Hubgerüst und (mit obiger Auslegung, siehe Punkt 3.1.2) dass mindestens zwei Batteriezellen in mindestens zwei Hohlräumen des Hubgerüsts eingebaut sind. Dies stellt eine eingeschränkte Auswahl gegenüber der im erteilten Anspruch 1 noch möglichen beliebigen Aufteilung der zwei oder mehr einzelnen Batteriezellen auf mindestens einen Hohlraum innerhalb eines Radarms oder in einem Hubgerüst dar, da zum einen die Variante "Hohlraum innerhalb eines Radarms" nicht mehr weiterverfolgt wird und zum anderen die Aufteilung auf "mindestens einen Hohlraum in einem Hubgerüst" auch die Aufteilung auf zwei oder mehr Hohlräume im Hubgerüst umfasste. Die Kammer kann darin keine Erweiterung des Schutzbereichs und damit keinen Verstoß gegen Artikel 123 (3) EPÜ erkennen.

3.1.4 Auch die von der Beschwerdeführerin aufrechterhaltenen, gegenüber dem erteilten Anspruch 1 erhobenen Einwände unter Artikel 100 c) EPÜ i.V.m. Artikel 123 (2) EPÜ können die Kammer nicht überzeugen:

- Das Merkmal "für den Ladebetrieb nicht auswechselbar" ist klar und eindeutig in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen offenbart und steht nicht notwendigerweise in einer engen funktionellen oder strukturellen Verbindung mit zugänglichen Kontakten für ein Ladekabel. Zum einen ist die Formulierung "nicht auswechselbar" wörtlich im ursprünglich eingereichten Anspruch 1 enthalten (auch wenn der dazu korrespondierende Absatz [0007] der Beschreibung stattdessen der Ausdruck "schwer ausbaubar" verwendet). Zum anderen wird in der Offenlegungsschrift in Absatz [0010] ein Bezug zum Ladebetrieb explizit hergestellt ("Ein Wechsel der Batterie ist bei der Erfindung nicht nötig. Die Batterie bleibt ständig am Einbauort, auch beim Ladevorgang."). Die Zusammenschau dieser beiden Offenbarungsstellen offenbart nach Auffassung der Kammer unmittelbar und eindeutig das beanstandete Merkmal. Ein enger Zusammenhang von Absatz [0010] mit Absatz [0008] (die Beschwerdeführerin sah eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung ausgehend von Absatz [0008] in Verbindung mit Absatz [0007]) ist nicht zu erkennen. Im Übrigen zeigt durchaus auch Absatz [0017] einen (Schnell-)Ladebetrieb während der Standzeiten des Flurförderzeugs ohne Ausbau der im Hubgerüst angeordneten Batterie und erwähnt bei Beschreibung des konkreten Ausführungsbeispiels keine Kontakte für ein Ladekabel.

Bemerkung: Der Einwand der Beschwerdeführerin, dass die zugänglichen Kontakte für ein Ladekabel in Absatz [0008] als besonders wichtig betont würden, ist ein Einwand unter Artikel 84 EPÜ hinsichtlich wesentlicher Merkmale und für das beanstandete erteilte Merkmal unbeachtlich.

- Der im ursprünglichen Anspruch 1 verwendete Begriff "integriert" (Merkmal "nicht oder schwer ausbaubar bzw. nicht auswechselbar integriert") mag für sich betrachtet im Vergleich zu "angeordnet" im entsprechenden Merkmal des vorliegenden Anspruchs 1 eine stärkere strukturelle Verbindung der Batteriezellen mit den Hohlräumen ausdrücken. Eine weitere Offenbarung findet sich jedoch auch in der Offenlegungsschrift in Absatz [0007] ("nicht oder schwer ausbaubar angeordnet bzw. integriert"), wobei dort beide mögliche Varianten einer strukturellen Verbindung ("integriert" und "angeordnet") ursprünglich offenbart sind. Der Einwand der Beschwerdeführerin mag sich deshalb dagegen richten, dass zusätzlich der Ausdruck "ausbaubar" durch den nicht begriffsidentischen Ausdruck "auswechselbar" ersetzt wurde. Ersetzt man den Ausdruck "nicht oder schwer ausbaubar" durch "nicht auswechselbar", so soll nach Auffassung der Kammer damit nicht die strukturelle Verbindung und der Aspekt der Demontage betont werden, sondern der funktionelle Aspekt, dass eine Batteriezelle nicht durch eine andere ersetzt werden muss (wie an anderen Stellen der Ursprungsoffenbarung betont; z. B. ist gemäß Absatz [0010]) die Erfindung durch das nicht mehr nötige Wechseln der Batterie bzw. Entfernen der Batterie vom Einbauort zum Laden charakterisiert). Dieser funktionelle Aspekt ist aber bereits im ursprünglichen Anspruch 1 als Alternative zur Beschreibung der strukturellen Verbindung genannt, so dass die Kammer keine unzulässige Erweiterung erkennen kann.

- Aus dem Vorstehenden folgt, dass der Ausdruck "für den Ladebetrieb nicht auswechselbar" von der Kammer auch nicht dahingehend verstanden wird, dass ein Auswechseln nicht möglich ist, sondern dass ein Wechsel und damit ein Ausbau der Batterie für den Ladevorgang nicht nötig ist. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob auch ein nicht mögliches Auswechseln ursprünglich offenbart ist.

- Die Beschwerdeführerin stellt die Eindeutigkeit der ursprünglichen Offenbarung des Merkmals "in nur schwer zugänglichen Hohlräumen" in Frage, welches eine Beschränkung auf eine der beiden im ursprünglich eingereichten Anspruch 1 genannten Varianten ("in vorhandenen Hohlräumen oder anderen schlecht zugänglichen Orten") darstellt. Werden wie vorliegend die Orte durch mehrere beschreibende Adjektive ("andere" und "schlecht zugänglich") charakterisiert, so sind diese Adjektive nur dann als Aufzählung von separaten Eigenschaften zu verstehen, wenn sie durch ein Komma getrennt sind. Ohne ergänzendes Komma ist vorliegend der Ausdruck "anderen schlecht zugänglichen Orten" im Sinne von "andere Orte aus der Gruppe der schlecht zugänglichen Orte" zu verstehen, wobei andere Orte im Vergleich zu den vorher genannten Hohlräumen gemeint sind, die damit auch der Gruppe der schlecht zugänglichen Orte angehören. Der Austausch des Wortes "schlecht" durch "schwer" macht nach Auffassung der Kammer inhaltlich keinen Unterschied und ist zudem in ansonsten identischem Zusammenhang im ursprünglichen Absatz [0007] offenbart, ist also synonym zu verstehen. Das Merkmal von "schwer zugänglichen Hohlräumen" stellt damit keine unzulässige Erweiterung dar.

- Das von der Beschwerdeführerin in Bezug auf den erteilten Anspruch 1 beanstandete Streichen der Alternative "unterhalb einer Standplattform" gegenüber dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 betrifft zwar den beanspruchten Schutzbereich, aber nicht bezüglich einer Änderung gegenüber dem erteilten Patent, so dass Artikel 123 (3) EPÜ unbeachtlich ist. Der gegenüber dem erteilten Patent erhobene Einwand, dass damit auch Batteriezellen oberhalb der Standplattform eingebaut sein könnten, ist für den Hilfsantrag 3 gegenstandslos, da gemäß Anspruch 1 nun alle Batteriezellen im Hubgerüst eingebaut sind.

3.2 Ausreichende Offenbarung (Artikel 100b) i.V.m. 83 EPÜ)

Die Kammer kann nicht erkennen, wieso der Fachmann nicht in der Lage sein sollte, die mit Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 beanspruchte Erfindung auszuführen und ein Ausführungsbeispiel der Lehre des Streitpatents umzusetzen.

Gemäß ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist die Frage, ob eine Erfindung ausreichend offenbart ist, anhand des Gesamtinhaltes des Patents unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens bzw. Könnens des Fachmannes zu prüfen, also nicht durch eine isolierte Betrachtung der in den Ansprüchen definierten Merkmale der Erfindung. Die Beschreibung und die Figuren sind dabei mit zu berücksichtigen. Eine Umsetzung der beanspruchten Erfindung ist aber klar in der Figur des Streitpatents mit einer spezifischen Anordnung der Batteriezellen im Hubgerüst gezeigt, aus der eine relativ breite Auslegung des Begriffs "schwer zugänglich" abzuleiten ist. Der in den Richtlinien für die Prüfung angesprochene Fall eines ungenauen Parameters, der dem Fachmann nicht einmal ermöglichen mag eine Ausführungsform der Erfindung sicher herzustellen, ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar und somit nicht zutreffend.

Die Beschreibung des Streitpatents enthält zwar keine Erläuterung oder allgemeingültige Definition des vagen Begriffs "schwer zugänglich", so dass keine genaue Abgrenzung von schwer zugänglichen Hohlräumen gegenüber leicht zugänglichen Hohlräumen möglich ist. Eine genauere Abgrenzung lässt auch der Erklärungsversuch nicht zu, dass ein schwer zugänglicher Hohlraum ein regelmäßiges Wechseln der Batterie für den Ladebetrieb ausschließe. Jedoch ist dies nach Auffassung der Kammer kein Problem der Ausführbarkeit, sondern allenfalls der Klarheit des beanspruchten Gegenstandes und der Reichweite des beanspruchten Schutzbereiches, was bei Beurteilung der Patentfähigkeit zur berücksichtigen ist. Ein Einwand mangelnder Klarheit kann gegen dieses bereits im erteilten Anspruch 1 enthaltene Merkmal nicht geltend gemacht werden.

Der Begriff "nicht auswechselbar" ist ebenfalls nicht explizit im Streitpatent erläutert, allerdings beinhaltet Anspruch 1 diesen Begriff nicht isoliert, sondern als Merkmal "für den Ladebetrieb nicht auswechselbar". Wie bereits weiter oben ausgeführt, wird damit der funktionelle Aspekt betont, dass ein Wechseln bzw. Entfernen der Batterie vom Einbauort zum Laden nicht nötig ist, wie der Fachmann insbesondere Absatz [0011] des Patents (entspricht Absatz [0010] der Offenlegungsschrift) entnehmen kann. Die Kammer kann nicht erkennen, dass dieses Merkmal der Ausführbarkeit der Erfindung entgegensteht, zumal in der Figur des Streitpatents ein Ausführungsbeispiel der Erfindung klar gezeigt ist.

3.3 Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

3.3.1 Die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Argumentationen zur mangelnden erfinderischen Tätigkeit ausgehend von E1 oder E3 als nächstliegendem Stand der Technik konnten die Kammer nicht überzeugen.

3.3.2 Die Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 verlangen, dass alle Batteriezellen einer Batterie in nur schwer zugänglichen Hohlräumen in das Hubgerüst eingebaut sind. Die Interpretation des Gegenstands von Anspruch 1, dass nun durch die Formulierungen im Plural (gegenüber dem erteilten Anspruch 1 wurde "Hohlraum" durch "Hohlräume" ersetzt) eine Mehrzahl von Batteriezellen in einer Mehrzahl von Hohlräumen im Hubgerüst angeordnet sind, d. h. mindestens zwei Batteriezellen in mindestens zwei Hohlräumen, wurde von beiden Parteien geteilt.

Die Kammer kann sich aber nicht dem Verständnis der Beschwerdeführerin anschließen, dass der Begriff "Hohlräume" auch Kartuschen bzw. Behälter innerhalb des Gehäuses einer einzelnen Batterie umfasst. Eine solche Auslegung des Begriffs "Batteriezelle" wird nicht durch die Beschreibung gestützt, welche (siehe insbesondere Absatz [0010] des Streitpatents) eine Aufteilung von Batterien im Sinne der Erfindung in mehrere Batterie­zellen vorsieht, die an verschiedenen Orten im Flurförderzeug platziert werden können.

3.3.3 Folgt man dieser im Sinne des Streitpatents gebotenen Auslegung, so mag die Druckschrift E1 (siehe Figur 2) zwar eine im Hubgerüst eingebaute Batterie (31) zeigen, jedoch nicht mehrere Batteriezellen in mehreren Hohlräumen des Hubgerüsts. Auch die Druckschrift E3 offenbart lediglich eine Batteriebox bzw. Batterie (52) in einem Hubgerüst.

Nachdem der vorliegende Stand der Technik keinen Hinweis darauf gibt, mehrere Batteriezellen in mehreren Hohlräumen eines Hubgerüsts anzuordnen bzw. einzubauen, ist das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit für den Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 schon allein aufgrund dieses für den Fachmann nicht naheliegenden Unterschiedsmerkmals, welches einen zusätzlichen Aufwand z. B. zur elektrischen Verbindung der einzelnen Batteriezellen erfordert, anzuerkennen.

3.3.4 Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, ob das weder in E1 noch E3 explizit angesprochene Merkmal einer wartungsfreien Batterie eine erfinderischen Schritt begründet kann. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob die in E3 angesprochene Möglichkeit (siehe ab Seite 2, Zeilen 129 ff.), das Batteriegehäuse mittels Hebevorrichtungen ("lifting means") auszubauen, es noch erlaubt, von einem schwer zugänglichen Hohlraum in E3 auszugehen.

3.3.5 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 durch den vorliegenden Stand der Technik nicht nahegelegt wird und damit auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ).

4. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 mit den abhängigen Ansprüchen 2 bis 5 und der daran angepassten Beschreibung und der vorliegenden Zeichnung bildet daher eine geeignete Grundlage für die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

- Beschreibung: Spalten 1 und 2 eingereicht während der mündlichen Verhandlung und Spalten 3 und 4 des Patents wie erteilt.

- Ansprüche 1 bis 6 des Hilfsantrags 3 eingereicht während der mündlichen Verhandlung.

- Die Figur des Patents wie erteilt.

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