European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2017:T038515.20170912 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 12 September 2017 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0385/15 | ||||||||
Anmeldenummer: | 06806630.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | C04B 20/10 C04B 28/04 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | BAUPLATTE | ||||||||
Name des Anmelders: | KNAUF AQUAPANEL GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Fermacell GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.3.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Spät eingereichter Antrag - zugelassen (ja) Änderungen - zulässig (ja) Ausreichende Offenbarung - (ja) Neuheit - (ja) Erfinderische Tätigkeit - (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden (Beschwerdeführerin) betrifft die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent EP-B1-1 981 826 in geänderter Form aufrecht zu erhalten.
II. Die Nummerierung der Dokumente in der angefochtenen Entscheidung wird in der vorliegenden Entscheidung übernommen. D1: DE 198 04 325 A1D2: Auszug aus dem Zementtaschenbuch, Kapitel "Zementarten", S. 19-26, 149-150D3: DE 200 23 609 U1D4: WO 02 31287 A1D5: DE 31 15 758 A1D6: DE 1 221 387D7: DE 601 31 748 T2D8: DE 60 2004 010 235 T2D9: DE 34 20 462 A1D10: DE 37 31 993 C2D13: US 3 284 980D14: Auszug Zementtaschenbuch, Fassung 2002, Seite 45D16: Zement-Merkblatt Betontechnik 9.2005; Betonzusätze Zusatzmittel und Zusatzstoffe, Seiten 1-6D17: A. Solf, Versuchsbericht, "Einflusses [sic] der Hydrophobierung von Perlit auf ausgewählte Frisch- und Festmörteleigenschaften"
III. In der Mitteilung der Beschwerdekammer gemäß Artikel 15(1) VOBK vom 16. März 2017, war die Kammer der vorläufigen Meinung, dass keiner der damals vorliegenden Anträge den Erfordernissen des EPÜ genüge.
IV. Mit der Eingabe vom 11. Mai 2017, reichte die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) neue Hilfsanträge, darunter Hilfsantrag 2, ein.
V. Die mündliche Verhandlung fand am 12. September 2017 statt. Darin machte die Beschwerdegegnerin den mit dem Schreiben vom 11. Mai 2017 eingereichten zweiten Hilfsantrag zum einzigen Antrag. Die übrigen Anträge wurden zurückgenommen.
Der einzige unabhängige Anspruch dieses Antrags lautet wie folgt:
"1. Bauplatte (1), insbesondere zur Verwendung im Trockenbau, mit folgenden Merkmalen:
1. einem Kern (3) mit folgenden Merkmalen:1.1 einer Matrix (13) aus einem abgebundenen, anorganischen Bindemittel in Form von Portlandzement;1.2 in die Bindemittelmatrix (13) sind Körner aus expandiertem Perlit (15) eingebettet;1.3 auf die Körner aus expandiertem Perlit (15) ist eine Hydrophobierung (16) in Form von Silikonöl aufgebracht;1.4 in die Bindemittelmatrix (13) ist ein inerter Füllstoff (17) in Form von Kalksteinmehl eingebettet;1.5 der inerte Füllstoff (17) weist eine Trockenrohdichte auf, die höher ist als die Trockenrohdichte des hydrophobierten expandierten Perlits (15);
2. zwei Deckschichten (5, 7) mit folgenden Merkmalen:2.1 die Deckschichten (5, 7) decken den Kern (3) nach außen hin ab und bilden die beiden Hauptoberflächen (9, 11) der Bauplatte (1);2.2 die Deckschichten (5, 7) bestehen aus einem abgebundenen Portlandzementschlicker;2.3 in die Deckschichten (5, 7) ist jeweils eine Armierung in Form einer Fasermatte (19, 21) eingebettet; wobei3. die Komponenten im Bereich der folgenden Massenanteile (bezogen auf die Gesamtmasse der Bauplatte) liegen:3.1 Bindemittel im Bereich von 10 bis 40 Masse-%3.2 hydrophobierter expandierter Perlit (15) im Bereich von 3 bis 30 Masse-%;3.3 inerter Füllstoff (17) im Bereich von 10 bis 70 Masse-%." Die abhängigen Ansprüche 2 bis 4 entsprechen den Ansprüchen 2, 3 und 7 wie erteilt (Schreiben der Beschwerdegegnerin vom 11. Mai 2017, Seite 9, letzter Absatz).
VI. Die Argumente der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) betreffend diesen Antrag können wie folgt zusammengefasst werden:
Artikel 13(1) VOBK
Der Antrag sei angesichts des Verschlechterungsverbots nicht zuzulassen, da die Patentinhaberin während des Einspruchsverfahrens auf die Merkmale betreffend die Massebestandteile verzichtet habe. Zudem werfe der Antrag neue Probleme unter Artikel 123(2) EPÜ und Artikel 83 EPÜ auf, sodass er in dem späten Verfahrensstadium nicht zuzulassen sei.
Artikel 123(2) EPÜ
Anspruch 1 erfülle nicht die Bedingungen des Artikels 123(2) EPÜ, da die Merkmale wahllos miteinander kombiniert seien und deren Kombination ursprünglich nicht so offenbart war. Zudem seien die Massenangaben ursprünglich nur für eine Bauplatte ohne Deckschichten und nicht für eine Bauplatte mit zwei Deckschichten offenbart gewesen.
Artikel 83 EPÜ
Die Erfindung sei nicht ausführbar, da das Merkmal "Portlandzementschlicker" völlig unklar sei und im Produkt auch nicht mehr erkennbar sei, ob Portlandzementschlicker zur Herstellung benutzt wurde. Dies sei auch nicht am Anteil an Kapillarporen in der fertigen Bauplatte zu ermitteln. Es könne auch nicht ermittelt werden, ob die unter Punkt 3 angegebenen Massenanteile erreicht würden, da sowohl Portlandzement als auch die weiteren Komponenten, die vorhanden sein können, wie puzzolanische oder latent hydraulische Stoffe zu Calciumsilikathydratphasen reagieren. Im Endprodukt könne der Anteil an Portlandzement nicht mehr festgestellt werden. Es gebe auch Schwankungen in der Zusammensetzung abhängig vom Austrocknungsgrad und von der Umgebungsfeuchte. Zudem sei nicht angegeben, wie die Trockenrohdichte zu bestimmen sei. Außerdem sei unklar, ob die Matrix ausschließlich aus abgebundenem Portlandzement bestehe. Es sei zudem unklar, wie das Merkmal 1.1 zu interpretieren sei. Es sei nicht angegeben, wie sichergestellt werde, dass die Hydrophobierung des Perlits in der fertigen Bauplatte in Form von Silikonöl vorliege, da das Silikonöl nach Aufbringen zu einem Silikonharz reagiere.
Artikel 56 EPÜ
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nahegelegt angesichts der Kombination von D1 mit dem allgemeinen Fachwissen. Es sei nicht glaubhaft, dass die im Patent formulierte Aufgabe, eine Bauplatte zur Verfügung zu stellen, die ein übermäßiges Schwinden beim Abbinden des Bindemittels verhindere und eine höhere Festigkeit aufweise, über die gesamte Breite des Anspruchs gelöst sei. Die Aufgabe könne also nur darin gesehen werden, eine alternative Bauplatte bereitzustellen. Die Lösung sei nahegelegt, da die Verwendung von Portlandzement angesichts der Formulierung in D1 "aus üblichen hydraulischen Zementen wie CEM 42,5" die üblichste sei. Die Verwendung eines inerten Füllstoffs, der eine Trockenrohdichte aufweise, die höher sei als die Trockenrohdichte des hydrophobierten expandierten Perlits gehe aus Anspruch 15 der D1 hervor, der Mischungen aus Blähperlit mit anderen Leichtzuschlägen, die alle leichter sind als Blähperlit, vorsieht. Ein Füllstoff, dessen Schüttdichte höher sei als die Schüttdichte des geblähten Perlits weise an sich auch höhere Korndruckfestigkeiten auf, sodass dadurch die Festigkeit der gesamten Bauplatte verbessert werden könne. Dies sei aus D3, D10, D13, D14 sowie D16 bekannt. Silikonöl zur Hydrophobierung von Perlit sei in D3-D8 sowie D10 gezeigt. D17 erkläre, dass die siliziumorganischen Hydrophobierungsmittel mit silikatischen Baustoffen chemisch reagierten. D14 zeige, dass Kalksteinmehl aufgrund seiner Füllerwirkung einerseits zu verbesserten Verarbeitungseigenschaften und aufgrund der gesteigerten Hohlraumfüllung zu einer besseren Dauerhaftigkeit führe. Auch D16 zeige, dass Kalksteinmehl ein gängiger Füllstoff sei.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei auch nahegelegt ausgehend von D13 als nächstliegendem Stand der Technik. In Beispiel 1 sei eine Bauplatte gezeigt, die die unter Punkt 3 des Anspruchs 1 vorgesehenen Mengenangaben erfülle. Ergänzend dazu lehre D1 die Hydrophobierung, um die Wasseraufnahme zu verringern. Wie bereits zuvor festgestellt, seien die Verwendung von Silikonöl und Kalksteinmehl allgemein bekannt.
VII. Die Gegenargumente der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) können wie folgt zusammengefasst werden:
Artikel 13(1) VOBK
Der vorliegende Antrag sei eine Reaktion auf die Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 15(1) VOBK und werfe keine neuen Fragen auf. Die Merkmale stammten aus erteilten Ansprüchen. Einen Verzicht auf bestimmte Merkmale habe es nicht gegeben. Dies gehe auch aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung hervor.
Artikel 123(2) EPÜ
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gehe unmittelbar und eindeutig aus der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hervor (Seite 12).
Artikel 83 EPÜ
Die Erfindung sei ausführbar. Die Einwände der Beschwerdeführerin beträfen nur die Klarheit und seien nicht relevant im Hinblick auf Artikel 83 EPÜ. Es gebe zudem keinen Beleg, dass unterschiedliche Messverfahren zur Bestimmung der Trockenrohdichte zu unterschiedlichen Messergebnissen führten. Für die Ausführbarkeit sei allein entscheidend, ob der Fachmann aufgrund der im Streitpatent gegebenen Informationen in die Lage versetzt sei, das beanspruchte Erzeugnis herzustellen. Die unter 3. im Anspruch 1 angegebenen Mengen könnten dadurch erreicht werden, dass die entsprechenden Mengen im Herstellungsverfahren eingesetzt würden. Den inerten Füllstoff und den expandierten Perlit könne der Fachmann auf jeden Fall in der Bauplatte bestimmen, sodass die Masse an Bindemittel daraus abgeleitet werden könne.
Artikel 56 EPÜ
Selbst wenn akzeptiert würde, dass die zu lösende Aufgabe eine Alternative sei, wäre eine erfinderische Tätigkeit gegeben. Gemäß D1 sei es nicht zwingend, für den Kern und die Deckschichten gerade Portlandzement zu verwenden. Es gebe keine Veranlassung, den expandierten Perlit in der Bauplatte gemäß D1 vorzuhydrophobieren. Eine zusätzliche Vorhydrophobierung des expandierten Perlits erscheine dem Fachmann nicht nur sinnlos, sondern sogar nachteilig. Zudem würde der Fachmann ein hydraulisches Bindemittel ohne einen konkreten Anlass selbstverständlich niemals durch einen inerten Stoff ersetzten. Die Schüttdichte eines Stoffes korreliere nicht mit dessen Festigkeit. Die Zugabe von Kalkstein ermögliche es, die Festigkeit der Bauplatte wieder anzuheben. D1 lehre weder die Verwendung von Kalkstein, noch die zu verwendende Menge. Die Auswahl von Blähperlit aus D1 sei eine willkürliche zufällige Auswahl, für die der Fachmann aus D1 keinerlei Anregung erfahre. D1 erwähne nicht Silikonöl, sondern lehre eindeutig die Verwendung von Stearaten und Oleaten.
D13 offenbare keine Bauplatte, die die Kombination der Merkmale 1.2, 1.3, 1.4 und 1.5 der erfindungsgemäßen Bauplatte aufweisen könne. Ausgehend von D13 sei es für den Fachmann völlig fernliegend, zunächst ein Material wie expandierten Perlit zu verwenden, der die Festigkeitseigenschaften der Platte nachteilig beeinflusse, und dennoch gleichzeitig einen inerten Zuschlag mit einer Trockenrohdichte zu verwenden, die höher ist als die Trockenrohdichte des expandierten Perlits. Da die wasserabweisenden Eigenschaften des in der D13 beschriebenen Materials bereits ausreichend seien, gebe es keinen Grund für ein Hydrophobierung.
VIII. Anträge:
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage des als Hilfsantrag 2 mit Schreiben vom 11. Mai 2017 eingereichten Antrags.
Entscheidungsgründe
1. Artikel 13(1) und (3) VOBK - Zulässigkeit des Antrags
1.1 Gemäß Artikel 13(1) VOBK steht es im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung seiner Beschwerdebegründung bzw. Beschwerdeerwiderung zuzulassen und zu berücksichtigen. Bei der Ausübung des Ermessens werden insbesondere die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie berücksichtigt.
Gemäß Artikel 13(3) VOBK werden Änderungen des Vorbringens nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung nicht zugelassen, wenn sie Fragen aufwerfen, deren Behandlung der Kammer oder dem bzw. den anderen Beteiligten ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht zuzumuten ist.
Anträge, die im bereits weit vorgerückten Verfahrensstand nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung oder gar erst während dieser selbst eingereicht wurden, können demnach üblicherweise nur bei geringer Komplexität und wenn die gebotene Verfahrensökonomie dem nicht entgegensteht, zugelassen werden.
1.2 Hierzu hat die Rechtsprechung der Beschwerdekammern (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 8. Auflage 2016, IV.E.4.2.5) die Leitlinie entwickelt, dass ein nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung vorgelegter Antrag angenommen werden kann, wenn
i) es gute Gründe gibt, diesen Antrag so spät zu stellen (z.B. die Entwicklung der Diskussion und des Verfahrens), wenn
ii) der Antrag nicht über den Umfang der Diskussionen, ausgehend von der Beschwerdebegründung und der Stellungnahme der Beschwerdegegnerin, hinausgeht, oder etwas vereinfacht, wenn der Antrag keine wesentlichen neuen Probleme aufwirft und wenn
iii) der Antrag eindeutig oder offensichtlich gewährbar ist.
Unter Anwendung dieser Grundsätze auf die Frage der Zulassung des vorliegenden Antrags ist folgendes festzustellen:
zu i) In der Mitteilung der Beschwerdekammer gemäß Artikel 15(1) VOBK nahm die Kammer Stellung zu den im Einspruchsverfahren eingereichten und dort nicht diskutierten Hilfsanträgen. Daraufhin reichte die Beschwerdegegnerin den vorliegenden Antrag ein. Das Einreichen des jetzigen Antrags kann somit eindeutig als angebrachte Reaktion auf die vorläufige Meinung der Kammer angesehen werden kann.
zu ii) Die in den Anspruch 1 aufgenommenen Merkmale stammen aus den erteilten Ansprüchen 4, 5 und 6 und den korrespondierenden Textstellen der Beschreibung und waren bereits teilweise im Hilfsantrag 4, der im Einspruchsverfahren eingereicht wurde, vorhanden. Zusätzliche Komplexität entsteht somit nicht. Der Antrag ist eine weitere Einschränkung gegenüber den vorher eingereichten Anträgen und zielt darauf ab, die in der Mitteilung der Beschwerdekammer erhobenen Einwände zu beheben. Da dieser Antrag den vorherigen Hilfsantrag 2 ersetzte und die vorherigen Hilfsanträge 4 und 5 gestrichen wurden, trägt er auch zu einer Vereinfachung des Verfahrens bei.
zu iii) Die in der Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK erhobenen Einwände wurden berücksichtigt und der Antrag dementsprechend formuliert. Deshalb ist er eindeutig gewährbar, wie weiter unten beschrieben.
Da die drei Bedingungen i) bis iii) erfüllt sind, sieht die Kammer keinen Grund, den Antrag nicht in das Verfahren zuzulassen.
1.3 Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern bedeuten zwischenzeitliche Einschränkungen des Patentbegehrens keinen ausdrücklichen Verzicht auf Teile des Patents, sondern sind nur als Formulierungsversuche anzusehen, die das Patent gegenüber Einwänden abgrenzen sollen (T 1150/11, Gründe 2.2). Eine Verzichterklärung betreffend den Gegenstand des erteilten Anspruchs 6 geht aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor der Einspruchsabteilung nicht hervor. Zudem ist der vorliegende Anspruch 1 gegenüber dem erteilten Anspruch 1, der Anspruch 1 der dem von der Einspruchsabteilung als EPÜ-konform angesehenen Antrag entspricht, deutlich eingeschränkt, sodass eine Verschlechterung der Position der Beschwerdeführerin hier nicht vorliegt.
1.4 Der Antrag wird somit in das Verfahren zugelassen.
2. Artikel 123(2) EPÜ
Die Bedingungen des Artikels 123(2) EPÜ sind aus folgenden Gründen erfüllt:
2.1 Die in den erteilten Anspruch 1 eingefügten Merkmale 1.3 und 1.4 sind in den Ansprüchen 6 und 7 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung offenbart. Obwohl letztere sich nur auf Anspruch 1 rückbeziehen, geht aus den Beispielen auf Seite 13 und 14 eindeutig hervor, dass Kombinationen von mit Silikonöl hydrophobiertem Perlit und Kalksteinmehl offenbart sind. Eine allgemeine Offenbarung der Kombination von Hydrophobierungsmittel und inertem Füllstoff ist auch aus der Zusammensetzung auf Seite 12 ersichtlich, die Bevorzugung von Silikonöl und Kalksteinmehl wird auf den Seiten 7, Zeile 21 und 9, Zeile 1 hervorgehoben. Es ist somit unmittelbar und eindeutig für den Fachmann erkennbar, dass die Kombination von mit Silikonöl hydrophobiertem Perlit und Kalksteinmehl nicht nur Teil der vorliegenden Offenbarung ist, sondern in bevorzugter Weise auch im Zusammenhang mit den allgemeinen, auf Seite 12 beschriebenen Zusammensetzungen zu lesen ist.
2.2 Die im Abschnitt 3. des Anspruchs 1 genannten Gehalte an Bindemittel, expandiertem Perlit und inertem Füllstoff gehen aus der ursprünglich eingereichten Beschreibung auf Seite 12 hervor. In diesem Zusammenhang wurden aber insbesondere zwei Aspekte von der Beschwerdeführerin hinterfragt:
a) Gelten die auf Seite 12 genannten Prozentsätze sowohl für beschichtete als auch für unbeschichtete Bauplatten?
b) Können die Gehalte an Bindemittel, hydrophobiertem expandiertem Perlit und inertem Füllstoff von den Mengen an Wasser und weitere Komponenten unabhängig betrachtet werden?
ad a) In der ursprünglich eingereichten Anmeldung werden sowohl erfindungsgemäße Platten ohne Deckschicht (Seite 9, letzter Absatz - Seite 10, 1. Absatz), als auch mit Deckschicht(en) (Seite 10, zweiter Absatz) als "Bauplatte" bezeichnet. Im Anschluss an die beiden zitierten Textstellen werden auf den Seiten 11 und 12 Beispiele für erfindungsgemäße Bauplatten gegeben. Da diese Beispiele erst im Anschluss an die Beschreibung beider Ausführungsformen ohne weitere Erklärungen folgen, versteht die Kammer die Offenbarung derart, dass sie allgemein ist und sich demnach auf beide der zuvor genannten Ausführungsformen, d.h. beschichtete und unbeschichtete Bauplatten, bezieht.
ad b) In der Beschreibung wird das Wort "gegebenenfalls" verwendet, um eine Option bzw. Möglichkeit auszudrücken (siehe beispielsweise Seite 9, letzter Absatz: "Neben Bindemittel, hydrophobiertem expandiertem Perlit und gegebenenfalls inertem Füllstoff kann die Bindemittelmischung ... enthalten" (Hervorhebung eingefügt)). Die Aufzählung auf Seite 12 enthält die Textstelle "gegebenenfalls weitere Komponenten im Bereich von 0 bis 20 Masse-%". Die Angabe "0 bis 20 Masse-%" reicht dabei aus um deutlich zu machen, dass weitere Komponenten optional vorhanden sind. Ein Beweis für diese Auslegung sind die ursprünglichen Ansprüche 8 und 9, welche den fraglichen Ausdruck nicht aufweisen. Daher muss die ergänzende Angabe "gegebenenfalls" auf Seite 12 der Beschreibung eine weitere, zusätzliche Bedeutung haben. Die Kammer interpretiert diese Textstelle dahingehend, dass nicht nur die Anwesenheit weiterer Komponenten, sondern das gesamte Merkmal optional ist, d.h. die weiteren Komponenten, falls vorhanden, gegebenenfalls und nicht notwendigerweise im beanspruchten Bereich liegen und daher die Gehalte an Bindemittel, hydrophobiertem expandiertem Perlit und inertem Füllstoff unabhängig vom Gehalt dieser weiteren Komponenten zu betrachten sind. Dies entspricht auch der Lehre des die Seiten 9 und 10 überbrückenden Absatzes, der keine mengenmäßige Beschränkung der optionalen weiteren Komponenten vorsieht.
Sinngemäße Überlegungen gelten auch für den Wassergehalt.
2.3 Daher kommt die Kammer zu dem Schluss, dass der vorliegende Anspruchssatz das Erfordernis des Artikels 123(2) EPÜ erfüllt.
3. Artikel 83 EPÜ
3.1 Bevor die Frage der Ausführbarkeit beantwortet werden kann, wird zuerst festgestellt, wie Anspruch 1 zu verstehen ist.
Anspruch 1 betrifft eine Bauplatte, die einen Kern und zwei Deckschichten enthält.
Der Kern enthält eine Matrix aus einem Bindemittel in Form von Portlandzement. Der Ausdruck "in Form von" wird als gleichbedeutend mit "als" oder "bestehend aus" interpretiert, sodass der Fachmann versteht, dass diese Matrix als Portlandzement vorliegen muss, was bedeutet, dass höchstens 5 Masse% anderer Bestandteile vorhanden sein können. Dies wird nicht als im Widerspruch zu Absatz [0035] des Streitpatents gesehen, da die dort angegebenen Stoffe bis 5 Masse% der Bindemittelmischung ausmachen können. In dieser Matrix befinden sich Körner aus expandiertem Perlit, auf die eine Hydrophobierung aufgebracht ist. Diese Hydrophobierung ist in Form von Silikonöl gegeben, was für den Fachmann bedeutet, dass der expandierte Perlit mit Silikonöl hydrophobiert wurde. Zusätzlich befindet sich in der Matrix ein inerter Füllstoff, der Kalksteinmehl ist und eine Trockenrohdichte aufweist, die höher ist, als die des hydrophobierten expandierten Perlits. Dabei ist es unwesentlich, wie die Trockenrohdichte bestimmt wird, da es sich um einen relativen Vergleich handelt und es nicht glaubwürdig und bewiesen ist, dass es Methoden gibt, nach denen Kalksteinmehl eine kleinere Trockenrohdichte hätte als hydrophobierter expandierter Perlit.
Die zwei Deckschichten decken den Kern ab und bestehen auch aus abgebundenen Portlandzement, der ausgehend von Portlandzementschlicker, also einem Gemisch aus Portlandzement und Wasser, erhalten wurde. Die Kammer interpretiert das Merkmal 2.2 so, dass es identisch mit dem Merkmal 1.1. ist. In diese Deckschichten ist eine Fasermatte eingebettet.
In der Bauplatte macht das Bindemittel, also Portlandzement, 10 bis 40 der Masse% aus. Der Fachmann versteht dies so, dass es sich bei diesen Massenangaben um das Produkt der Reaktion des Portlandzements mit Wasser handeln muss. Zudem liegt der hydrophobierte expandierte Perlit im Bereich von 3 bis 30% Masse% und das Kalksteinmehl im Bereich von 10 bis 70 Masse% vor.
3.2 Ausgehend von dieser Interpretation des Anspruchs 1, stellt sich die Frage, ob die Lehre des Patents den Fachmann, unter Berücksichtigung seines Fachwissens, in die Lage versetzt die beanspruchte Bauplatte herzustellen. Die Kammer kommt aus folgenden Gründen zum Schluss, dass dies der Fall ist und die Bedingungen des Artikels 83 somit erfüllt sind.
3.3 Es steht außer Zweifel, dass der Fachmann weiß, wie eine Matrix aus abgebundenem Portlandzement erhalten wird. Ausgehend von den eingesetzten Mengen an Portlandzement, hydrophobiertem expandierten Perlit, Kalksteinmehl, Wasser, Fasermatte sowie der Restfeuchte, die der Fachmann bestimmen kann, und dem Gewicht der Bauplatte lässt sich für den Fachmann etwa abschätzen, wie viel abgebundener Portlandzement erhalten wurde. Falls dieser Wert nicht im gewünschten Bereich liegt, kann der Fachmann die Anfangsmengen der Ausgangsprodukte Portlandzement und Wasser anpassen bis die gewünschte Menge an Produkt in der Bauplatte erhalten wird. Dass diese Abschätzung möglicherweise mit einem Fehler behaftet ist, verhindert es nicht Bauplatten zu erhalten, die eine Bindemittelmatrix im Bereich von 10 bis 40 Masse% haben.
Aus der Patentschrift (siehe Absätze [0027] bis [0029]) geht auch hervor, wie die Hydrophobierung mit Silikonöl durchgeführt wird. Als Beispiel wird die Verwendung einer wässrigen Emulsion angegeben.
Obwohl der Fachmann die Trockenrohdichte, also das Schüttgewicht (Absatz [0026]), des hydrophoben expandierten Perlits mit dem Kalksteinmehl vergleichen kann, ist dies in der Praxis wegen der in den Anspruch inzwischen eingefügten Materialkonkretisierungen nicht nötig, da Kalksteinmehl sowieso eine größere Trockenrohdichte aufweist als hydrophobierter expandierter Perlit.
3.4 Auch die Herstellung der Deckschichten ist problemlos für den Fachmann, vor allem deshalb, weil die Merkmale 2.2 und 1.1 des Anspruchs 1 identisch sind. Dies steht auch im Einklang mit Absatz [0037] der Beschreibung.
3.5 Die Einwände der Beschwerdeführerin, die vor allem darauf abzielen, dass bestimmte Merkmale nicht in der Bauplatte bestimmt werden können, sind eher auf etwaige Unklarheiten des Anspruchs und dessen Schutzbereichs ausgerichtet. Es ist jedoch nicht glaubhaft, dass diese Unklarheiten so gravierend sind, dass sie nicht nur die Randbereiche betreffen, sondern den gesamten Schutzbereich und, sodass die Erfindung an sich nicht erzielt werden könnte. Deshalb betrifft im vorliegenden Fall der Einwand der Beschwerdeführerin die Klarheit und nicht die Ausführbarkeit (siehe auch T 1811/13, Gründe 5.1).
4. Artikel 54 EPÜ
Die Beschwerdeführerin hatte keinen Einwand unter Artikel 54 EPÜ für diesen Antrag. Die Kammer sieht keinen Anlass dem zu widersprechen.
5. Artikel 56 EPÜ
5.1 Erfindung
Die Erfindung betrifft eine Bauplatte, die insbesondere im Trockenbau verwendet werden kann.
5.2 Nächstliegender Stand der Technik
D1 ist nächstliegender Stand der Technik, da D1 sich mit dem Schwind- und Quellverhalten sowie der Biegezugfestigkeit der Bauplatte beschäftigt (Spalte 1, Zeilen 53 bis 61, Spalte 2, Zeilen 14 bis 17 sowie Spalte 4, Zeilen 36 bis 38). D1 offenbart eine Bauplatte auf Zementbasis, mit einer Kernschicht aus hydratisiertem Zement und Zuschlag, auf deren beiden Hauptoberflächen Deckschichten auf Zementbasis mit integriertem Armierungsgewebe angeordnet sind, wobei zumindest die hydratisierten Zementanteile der Kernschicht hydrophobiert (Anspruch 1) sind. Die Kernschicht enthält einen Leichtzuschlag aus Blähton, Blähschiefer, Blähperlit, Schaumglas, Vermiculit oder Mischungen daraus (Ansprüche 14 und 15). In der Regel kommt es zu einer Hydrophobierung des Zuschlages (Spalte 2, Zeilen 20 bis 25).
D13, das Leichtbauplatten betrifft, setzt sich nicht mit der Problematik der Festigkeit des Kerns sowie dessen Schwindverhalten auseinander und ist somit weniger geeignet als nächstliegender Stand der Technik. Zudem offenbart D13 keine Hydrophobierung des Zuschlages.
5.3 Aufgabe
Gemäß Streitpatent besteht die zu lösende Aufgabe darin, eine Bauplatte zur Verfügung zu stellen, die ein übermäßiges Schwinden beim Abbinden des Bindemittels verhindert und eine höhere Festigkeit aufweist (Absätze [0010], [0012] und [0020]).
5.4 Lösung
Als Lösung wird eine Bauplatte gemäß Anspruch 1 vorgeschlagen, dadurch gekennzeichnet, dass die Matrix und die Deckschichten aus einem abgebundenen, anorganischen Bindemittel in Form von Portlandzement bestehen, in welche Körner aus mit Silikonöl hydrophobiertem, expandiertem Perlit eingebettet sind, und dass in die Bindemittelmatrix ein inerter Füllstoff in Form von Kalkstein eingebettet ist, wobei Bindemittel im Bereich von 10 bis 40 Masse-%, hydrophobierter expandierter Perlit im Bereich von 3 bis 30 Masse-% und Kalksteinmehl im Bereich von 10 bis 70 Masse-% vorhanden sind.
5.5 Erfolg der Lösung
Ob die gestellte Aufgabe wirklich gegenüber D1 gelöst wurde, kann dahingestellt bleiben, denn selbst unter der für die Beschwerdeführerin günstigen Annahme, dass die gegenüber D1 zu lösende Aufgabe bloß darin besteht eine alternative Bauplatte bereitzustellen, ist die Lösung aus den untenstehenden Gründen nicht nahegelegt.
5.6 Naheliegen
D1 offenbart einen hydraulischen Zement wie CEM 42,5 (Spalte 3, Zeilen 21 und 22). Portlandzement ist ein weit verbreiteter Zement, sodass er eine von mehreren naheliegenden Möglichkeiten darstellt. D1 lehrt, dass eine Hydrophobierung die positiven Eigenschaften der erfindungsgemäßen Bauplatte verstärkt (Spalte 2, Zeilen 20 bis 25), sodass der Fachmann einen Anreiz hätte sicherzustellen, dass der Zuschlag ausreichend hydrophobiert ist. D1 erwähnt, dass sich Metallstearate wie Zinkstearat, Calciumstearat, Aluminiumstearat oder Mischungen daraus ebenso wie verschiedene Oleate, beispielsweise Natriumoleat, als hervorragende Hydrophobierungsmittel herausgestellt haben (Spalte 2, Zeile 67 bis Spalte 3, Zeile 3). Der Fachmann, der die gestellte Aufgabe lösen will, bekommt somit in D1 eindeutig den Hinweis, dass Oleate und Stearate besonders geeignet sind für die Hydrophobierung der Zuschlagsstoffe der Bauplatte. Silikonöl wird in D1 nicht beschrieben.
Auch wenn Silikonöl aus unterschiedlichen Schriften als Hydrophobierungsmittel bekannt ist (D5: Anspruch 1, D6: Spalte 2, Zeilen 25 bis 41), so geht nicht aus diesen Dokumenten hervor, dass Silikon als gleichwertige Alternative zu den Oleaten und Stearaten für eine Bauplatte gemäß D1 angesehen werden kann.
D5 lehrt zudem ein anderes Bindemittel als Portlandzement, nämlich ein mineralisches Bindesystem, bestehend entweder aus Calciumaluminat und Aluminiumphosphat oder aus Wasserglas und einem Katalysator (Anspruch 1), sodass es keinen Anlass gibt, Silikonöl mit Portlandzement, der selbst nicht explizit in D1 offenbart ist, zu kombinieren.
D6 lehrt die Hydrophobierung von Perlit mit Silikonöl und bezieht sich auf Binder im allgemeinen. Daraus kann der Fachmann jedoch nicht erkennen, dass Silikonöl gleichwertig zu den Oleaten und Stearaten in den Bauplatten gemäß D1 ist.
D7 (Absatz [0022]) und D8 (Absatz [0011], Ansprüche 1, 2 und 13) offenbaren hydrophobierten, expandierten Perlit, betreffen jedoch jeweils keine Bauplatte, sodass der Fachmann daraus keine direkte Lehre für D1 ableiten kann.
D9 betrifft ein anorganisches, hydraulisches Bindemittel auf der Basis von Calciumaluminat-Zement und einem Calciumsulfat-Träger und ist somit nicht relevant für den Portlandzement.
Es mag sein, dass siliciumorganische Hydrophobierungsmittel mit den silikatischen Baustoffen chemisch reagieren können (D17, Punkt 1), was jedoch nicht bedeutet, dass der Fachmann daraus einen eindeutigen Hinweis erhält solche Verbindungen anstatt der in D1 offenbarten Hydrophobierungsmittel einzusetzen.
Die Auswahl von Silikonöl erscheint deshalb erst nach Kenntnis des vorliegenden Patents als naheliegende Option und basiert auf einer rückschauenden Betrachtungsweise.
D1 lehrt auch, dass die Bauplatten Leichtzuschläge enthalten können, wobei auch Mischungen eingesetzt werden können. Mischungen aller in Anspruch 15 aufgeführten Leichtzuschläge kommen somit in Frage. D1 lehrt jedoch nicht, dass ein Leichtzuschlag expandierter Perlit sein soll und der andere Füllstoff eine Trockenrohdichte aufweisen soll, die höher ist als die des hydrophobierten expandierten Perlits. Auch wenn sich aus den Mischungen der aufgeführten Stoffe einige Alternativen ergeben, die möglicherweise diese Bedingungen erfüllen, so wird diese Auswahl vom Fachmann als eine unter vielen gleichwertigen Alternativen angesehen. Ausgehend von D1 hat der Fachmann deshalb überhaupt keinen Anlass, einen Füllstoff zu suchen, der eine Trockenrohdichte aufweisen soll, die höher ist als die der angebenden Leichtzuschläge oder im spezifischen Fall höher als die des hydrophobierten expandierten Perlits. Deshalb erkennt der Fachmann Kalkstein nicht als möglichen Zusatzstoff für die Bauplatte aus D1. Es wird nicht bestritten -auch nicht von der Beschwerdegegnerin-, dass Kalksteinmehl als Zuschlagstoff mit Füllerwirkung (D14: Seite 45; D16: Seiten 3 bis 4; Punkt 2. und
Tafel 3) oder als Teil des Portlandkalksteinzements (D2: Seiten 22 bis 23) bekannt ist, jedoch geht es gegen die Lehre von D1, Kalksteinmehl einzusetzen, da D1 nur Leichtzuschläge offenbart.
Auch wenn es bekannt ist, dass Zuschlagsstoffe zur Gewichtserhöhung beziehungsweise Gewichtsreduzierung dienen können und somit auch die Festigkeit beeinflussen (D3: Absatz [0020]; D10: Spalte 1, Zeile 53 ff; D13: Beispiel VI; D16: Punkt 2.), so legt D1 nicht nahe, das Gewicht respektive die Festigkeit nach Zugabe der Leichtzuschläge wieder zu erhöhen. Vielmehr weist D1 darauf hin, dass die Zugabe von Leichtzuschlägen möglich ist, da die statischen Eigenschaften nur eine untergeordnete Rolle spielen (Spalte 3, Zeilen 12 bis 17). Daraus abzuleiten, dass der Fachmann nach Zugabe des Leichtzuschlages trotzdem 10 bis 70 Masse% eines schwereren Materials zugeben würde, ist selbst unter Berücksichtigung der erwähnten Dokumente nur durch Kenntnis des Streitpatents möglich.
5.7 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit. Das Gleiche gilt somit auch für die abhängigen Ansprüche 2 bis 4.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage des einzigen Antrags, eingereicht als Hilfsantrag 2 mit Schreiben vom 11. Mai 2017 (Anspruch 1 eingereicht mit diesem Schreiben, Ansprüche 2 bis 4 entsprechen den Ansprüchen 2, 3 und 7 wie erteilt) und einer anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.