T 0134/15 (Echtzeitsteuerverfahren für eine Steuerungseinrichtung/SIEMENS) of 21.1.2020

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2020:T013415.20200121
Datum der Entscheidung: 21 Januar 2020
Aktenzeichen: T 0134/15
Anmeldenummer: 04019104.1
IPC-Klasse: G05B 19/05
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Echtzeitsteuerverfahren für eine Steuerungseinrichtung eines industriellen technischen Prozesses und Echtzeitbetriebsverfahren für eine Recheneinrichtung
Name des Anmelders: Siemens Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: AVL LIST GmbH
Kammer: 3.5.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 123(2)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Neuheit - Hauptantrag und Hilfsantrag 1 (nein)
Unzulässige Erweiterung - Hilfsanträge 2 und 3 (ja)
Zulassung - Hilfsantrag 4 (nein): verspätet und nicht konvergent
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden (Beschwerdeführerin) richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das Streitpatent unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen gemäß Hilfsantrag aufrechtzuerhalten. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

II. Im Einspruchsverfahren wurde unter anderem auf die folgende Druckschrift Bezug genommen:

E1: US 6,325,198 B1

III. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 21. Januar 2020 bestätigte die Beschwerdeführerin die mit der Beschwerde gestellten Anträge.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise, das Patent in geänderter Fassung gemäß einem der Hilfsanträge 1 bis 3, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung, oder dem Hilfsantrag 4, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, aufrechtzuerhalten.

Am Ende der Verhandlung verkündete der Vorsitzende die

Entscheidung der Kammer.

IV. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:

"Echtzeitsteuerverfahren für eine Steuerungseinrichtung (2) eines industriellen technischen Prozesses (1), mit folgenden, mit einer Zykluszeit (T) wiederholt ausgeführten Schritten, wobei die Zykluszeit (T) im Millisekundenbereich oder darunter liegt:

- eine Anzahl von Erfassungseinheiten (6) erfasst Zustandssignale des Prozesses (1), wobei die erfassten Zustandssignale in ihrer Gesamtheit ein Abbild des Prozesses (1) darstellen,

- jede der Erfassungseinheiten (6) übermittelt die von ihr erfassten Zustandssignale an eine einzige mit einem Computerprogramm (4) programmierte logische Logikeinheit (3),

- die logische Logikeinheit (3) übermittelt zumindest einen Teil des Abbildes des Prozesses (1) über ein Übertragungsmedium (7) an eine Recheneinrichtung (8),

- die logische Logikeinheit (3) nimmt von der Recheneinrichtung (8) über das Übertragungsmedium (7) zumindest einen Teil eines Steuerzustandes für den Prozess (1) entgegen, wobei der Steuerzustand für eine Anzahl von Steuereinheiten (9) Steuersignale enthält,

- die logische Logikeinheit (3) übermittelt an jede der Steuereinheiten (9) die für die jeweilige Steuereinheit (9) bestimmten Steuersignale, wobei die an die Steuereinheiten (9) übermittelten Steuersignale in ihrer Gesamtheit den Steuerzustand für den Prozess (1) darstellen,

- jede der Steuereinheiten (9) wirkt entsprechend den an sie übermittelten Steuersignalen auf den Prozess (1) ein."

V. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 hat folgenden Wortlaut (Änderungen zum Anspruch 1 des Hauptantrags durch die Kammer markiert):

"Echtzeitsteuerverfahren für eine Steuerungseinrichtung (2) eines industriellen technischen Prozesses (1), mit folgenden, mit einer Zykluszeit (T) wiederholt ausgeführten Schritten, wobei die Zykluszeit (T) im Millisekundenbereich oder darunter liegt:

- eine Anzahl von Erfassungseinheiten (6) erfasst Zustandssignale des Prozesses (1), wobei die erfassten Zustandssignale in ihrer Gesamtheit ein Abbild des Prozesses (1) darstellen,

- jede der Erfassungseinheiten (6) übermittelt die von ihr erfassten Zustandssignale an eine einzige mit einem Computerprogramm (4) programmierte logische Logikeinheit (3),

- aufgrund der Programmierung mit dem Computerprogramm (4)

-- übermittelt die logische Logikeinheit (3) zumindest einen Teil des Abbildes des Prozesses (1) über ein Übertragungsmedium (7) an eine Recheneinrichtung (8),

-- nimmt die logische Logikeinheit (3) von der Recheneinrichtung (8) über das Übertragungsmedium (7) zumindest einen Teil eines Steuerzustandes für den Prozess (1) entgegen, wobei der Steuerzustand für eine Anzahl von Steuereinheiten (9) Steuersignale enthält, und

-- übermittelt die logische Logikeinheit (3) an jede der Steuereinheiten (9) die für die jeweilige Steuereinheit (9) bestimmten Steuersignale, wobei die an die Steuereinheiten (9) übermittelten Steuersignale in ihrer Gesamtheit den Steuerzustand für den Prozess darstellen,

- jede der Steuereinheiten (9) wirkt entsprechend den an sie übermittelten Steuersignalen auf den Prozess (1) ein."

VI. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 hat folgenden Wortlaut (Änderungen zum Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 durch die Kammer markiert):

"Echtzeitsteuerverfahren für eine als speicherprogrammierbare Steuerung, als numerische Steuerung oder als echtzeitfähiger Industrie-PC ausgebildete Steuerungseinrichtung (2) eines industriellen technischen Prozesses (1), mit folgenden, mit einer Zykluszeit (T) wiederholt ausgeführten Schritten, wobei die Zykluszeit (T) im Millisekundenbereich oder darunter liegt:

- eine Anzahl von Erfassungseinheiten (6) erfasst Zustandssignale des Prozesses (1), wobei die erfassten Zustandssignale in ihrer Gesamtheit ein Abbild des Prozesses (1) darstellen,

- jede der Erfassungseinheiten (6) übermittelt die von ihr erfassten Zustandssignale an eine einzige mit einem Computerprogramm (4) programmierte logische Logikeinheit (3),

- aufgrund der Programmierung mit dem Computerprogramm (4)

-- übermittelt die logische Logikeinheit (3) zumindest einen Teil des Abbildes des Prozesses (1) über ein Übertragungsmedium (7) an eine Recheneinrichtung (8),

-- nimmt die logische Logikeinheit (3) von der Recheneinrichtung (8) über das Übertragungsmedium (7) zumindest einen Teil eines Steuerzustandes für den Prozess (1) entgegen, wobei der Steuerzustand für eine Anzahl von Steuereinheiten (9) Steuersignale enthält, und

-- übermittelt die logische Logikeinheit (3) an jede der Steuereinheiten (9) die für die jeweilige Steuereinheit (9) bestimmten Steuersignale, wobei die an die Steuereinheiten (9) übermittelten Steuersignale in ihrer Gesamtheit den Steuerzustand für den Prozess darstellen,

- jede der Steuereinheiten (9) wirkt entsprechend den an sie übermittelten Steuersignalen auf den Prozess (1) ein."

VII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 umfasst alle Merkmale von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 und enthält zusätzlich den folgenden Wortlaut am Ende:

"wobei die logische Logikeinheit (3) während jedes Zyklusses überprüft, ob ihr von der Recheneinrichtung (8) der Steuerzustand bzw. dessen Teil übermittelt wird, und beim Ausbleiben des Steuerzustands bzw. dessen Teils Notausgabesignale ermittelt und diese an die Anzahl von Steuereinheiten (9) übermittelt."

VIII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 umfasst alle Merkmale von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und enthält zusätzlich den folgenden Wortlaut am Ende:

"wobei die logische Logikeinheit (3) als speicherprogrammierbare Steuerung, als numerische Steuerung oder als echtzeitfähiger Industrie-PC ausgebildet ist

und wobei die logische Logikeinheit (3) während jedes Zyklusses überprüft, ob ihr von der Recheneinrichtung (8) der Steuerzustand bzw. dessen Teil übermittelt wird, und beim Ausbleiben des Steuerzustands bzw. dessen Teils Notausgabesignale ermittelt und diese an die Anzahl von Steuereinheiten (9) übermittelt."

Entscheidungsgründe

1. HAUPTANTRAG

1.1 Neuheit (Artikel 52(1) und 54 EPÜ)

1.1.1 Nach Ansicht der Kammer offenbart E1 die folgenden einschränkenden Merkmale von Anspruch 1 des Hauptantrags:

a) Echtzeitsteuerverfahren für eine Steuerungseinrichtung eines industriellen technischen Prozesses, mit folgenden, mit einer Zykluszeit wiederholt ausgeführten Schritten, wobei die Zykluszeit im Millisekundenbereich oder darunter liegt (siehe Sp. 8, Z. 51-55: "... The indexed motion of continuous feed indexer 15 transports battery cans 34 in an alternating index-dwell sequence wherein process modules 12 perform their scheduled process on battery cans 34 during the dwell portion of the transport of battery cans 34 about indexer 15"; siehe auch Sp. 35, Z. 47-61):

b) eine Anzahl von Erfassungseinheiten (siehe z.B. Fig. 52: "SENSORS") erfasst Zustandssignale ("sensed data") des Prozesses, wobei die erfassten Zustandssignale in ihrer Gesamtheit ein Abbild des Prozesses darstellen (siehe Sp. 28, Z. 55),

c) jede der Erfassungseinheiten übermittelt die von ihr erfassten Zustandssignale an eine einzige mit einem Computerprogramm programmierte logische Logikeinheit (siehe Fig. 52: "PROCESS MODULE CONTROLLER 620" beinhaltend "CPU 670" und "FLASH MEMORY 672"; siehe Sp. 28, Z. 53-55: "... The process module controller 620 further communicates with sensors ... on line 684 to receive sensed data ..."),

d) die logische Logikeinheit (siehe Fig. 51: "PROCESS STATION CONTROLLER 614") übermittelt zumindest einen Teil des Abbildes des Prozesses (siehe Fig. 62: "ModuleReport", "ModuleClear") über ein Übertragungsmedium an eine Recheneinrichtung (siehe Sp. 36, Z. 32-46: "Upon completing its process operation, each process module controller 620 sends a return module report 764 and 766 to the corresponding process station controller 614 informing it of the completed status ... In addition, each process module controller 620 also transmits module clear messages 768 and 770 to the corresponding process station controller 614 indicating that the process module has returned the article to the continuous feed indexer and is clear of the article that was previously processed ..."),

e) die logische Logikeinheit nimmt von der Recheneinrichtung über das Übertragungsmedium zumindest einen Teil eines Steuerzustandes (siehe Fig. 62: "Actuate") für den Prozess entgegen, wobei der Steuerzustand für eine Anzahl von Steuereinheiten (siehe Fig. 52: "ACTUATORS") Steuersignale enthält (siehe Sp. 36, Z. 23-28: "... Once the process station controller 614 received both the article notice message 756 and the actuate message 758, it sends actuate messages 760 and 762 to ... process module controllers 620A and 620B ..."),

f) die logische Logikeinheit übermittelt an jede der Steuereinheiten die für die jeweilige Steuereinheit bestimmten Steuersignale, wobei die an die Steuereinheiten übermittelten Steuersignale in ihrer Gesamtheit den Steuerzustand für den Prozess darstellen (siehe Sp. 22, Z. 54-58: "... Process module controller 620 generates signals to activate actuator 510 to initiate operation of process module 10 during the dwell periods of indexed motion-dwell of cans 34 and cleat 72 about continuous feed indexer 7 ..."; siehe Sp. 36, Z. 28-31: "... Actuate messages 760 and 762 instruct the receiving process module controllers 620A and 620B, respectively, to execute the process operation for its associated process module."),

g) jede der Steuereinheiten wirkt entsprechend den an sie übermittelten Steuersignalen auf den Prozess ein (siehe Sp. 22, Z. 58-61: "... When an actuation signal is received by actuator 510, horizontal motion is imparted to connecting rod 512 ...").

1.1.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist somit nicht neu (Artikel 54 EPÜ).

1.1.3 Die Beschwerdegegnerin hat bestritten, dass E1 Merkmale d) und e) offenbare und argumentierte, dass die Signale "Actuate" und "ModuleReport" oder "ModuleClear" in E1 nicht in Echtzeit und periodisch innerhalb eines Zyklusses im Millisekundenbereich gemäß Anspruchsmerkmal a) geschickt werden. Dazu finde in E1 keine eigenständige Ermittlung des Steuerzustands anhand der Zustandssignale statt. Die zu lösende Aufgabe des Patents sei, eine räumliche Trennung zwischen dem industriellen technischen Prozess, den Erfassungs- und Steuereinheiten und der logischen Logikeinheit auf der einen Seite und der Recheneinrichtung auf der anderen Seite zu ermöglichen. Das sei nicht der Fall in E1: denn der Austausch zwischen "process module controller" und "process station controller" erfolge nicht in Echtzeit innerhalb eines Zyklusses.

1.1.4 Die Kammer kann dieser Argumentation nicht folgen und schließt sich der Beschwerdegegnerin darin an, dass die in der Figur 64 von E1 abgebildete Folge "indexed motion 774" und "dwell 776" durchaus einen Zyklus definiert. Dieser Zyklus liegt auch im Millisekundenbereich: gemäß den Beispielen zu den Zyklusprozesszeiten auf Sp. 35, Z. 47-61 und Fig. 61 wird nämlich 67% der Zykluszeit für die Prozessbearbeitung verwendet, wobei die Prozessbearbeitungszeiten Werte wie 50, 100 oder 500 ms umfassen können. Somit fällt auch der Zyklus von E1 unter den - nicht näher definierten - "Millisekundenbereich" laut Anspruch 1.

In Bezug auf den Zusammenhang zwischen den "Actuate" und "ModuleReport" bzw. "ModuleClear" Signalen verweist die Kammer zum einen darauf, dass der Anspruch keine bestimmte Kausalität zwischen der Verarbeitung der Zustandssignale und der Steuersignale innerhalb eines Zyklusses definiert und zum anderen, dass in E1 sehr wohl auch ein Zusammenhang zwischen dem "ModuleClear" Signal in einer "dwell"-Periode und dem "Actuate"-Signal in der darauffolgenden "indexed motion"-Periode vorhanden ist, denn die "indexed motion" wird vom "process station controller 614" freigegeben (siehe Fig. 62: "StationReady" und Sp. 36, Z. 46-49: "... The process station controller 614 further issues a station ready message 772 to the continuous feed indexer 7 to enable the continuous feed indexer 7 to execute its index motion.") nachdem der "process module controller 620" den "process station controller" darüber informiert hat, dass das Produkt schon bearbeitet und im "continuous feed indexer 7" abgelegt wurde (siehe Fig. 62: "ModuleClear" und Sp. 36, Z. 41-46: "... each process module controller 620 also transmits module clear messages 768 and 770 to the corresponding process station controller 614 indicating that the process module has returned the article to the continuous feed indexer and is clear of the article that was previously processed ...").

1.2 Aus dem Obigen folgt, dass der Hauptantrag nach Artikel 52(1) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ nicht gewährbar ist.

2. HILFSANTRAG 1

2.1 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag im Wesentlichen darin, dass

h) die Schritte d) bis f) aufgrund der Programmierung mit dem Computerprogramm durchgeführt werden.

2.2 Neuheit (Artikel 52(1) und 54 EPÜ)

2.2.1 Die Kammer ist der Auffassung, dass E1 auch das Merkmal h) von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 offenbart, da die Funktionalität des "process module controller 620" auf der Programmierung mit dem auf dem "flash memory 672" befindlichen Computerprogramm beruht (siehe Fig. 52: "FLASH MEMORY 672"; siehe Sp. 28, Z. 37-38: "... Flash memory 672 and RAM 674 store designated program software and data information ...").

2.2.2 Die Beschwerdegegnerin brachte diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer keine weiteren Argumente vor.

2.3 Folglich ist auch der Hilfsantrag 1 nach Artikel 52(1) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ nicht gewährbar.

3. HILFSANTRAG 2

3.1 Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 dadurch, dass

i) die beanspruchte Steuerungseinrichtung als eine speicherprogrammierbare Steuerung, eine numerische Steuerung oder ein echtzeitfähiger Industrie-PC ausgebildet ist.

3.2 Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)

3.2.1 Nach Ansicht der Beschwerdegegnerin ergebe sich die Offenbarung von Merkmal i) gemäß Hilfsantrag 2 aus dem erteilten Anspruch 15.

3.2.2 Zunächst stellt die Kammer fest, dass Ansprüche 13, 14 und 15 in der erteilten Fassung jeweils Ansprüchen 13, 14 und 15 der ursprünglich eingereichten Fassung entsprechen. Anspruch 15 in der erteilten Fassung bezieht sich auf Anspruch 14 zurück, der wiederum von Anspruch 13 in der erteilten Fassung abhängig ist. Da die Merkmale der Ansprüche 13 und 14 (d.h. die Verwendung einer Steuerungseinrichtung, die mit einem auf einem Datenträger gespeicherten Computerprogramm programmiert ist) nicht in den Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 aufgenommen worden sind, liegt hier eine Zwischenverallgemeinerung vor, die auch keine Stütze in der ursprünglichen Offenbarung findet. Ganz im Gegenteil: die eingereichte Beschreibung lehrt vielmehr, dass die "logische Logikeinheit" als eine speicherprogrammierbare Steuerung, eine numerische Steuerung oder ein echtzeitfähiger Industrie-PC ausgebildet sein soll (siehe Seite 6, Zeilen 6-12).

3.2.3 Daraus folgt, dass Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ nicht erfüllt.

3.3 Folglich ist der Hilfsantrag 2 nach Artikel 123(2) EPÜ nicht gewährbar.

4. HILFSANTRAG 3

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 dadurch, dass:

j) die logische Logikeinheit während jedes Zyklusses überprüft, ob ihr von der Recheneinrichtung der Steuerzustand bzw. dessen Teil übermittelt wird, und beim Ausbleiben des Steuerzustands bzw. dessen Teils Notausgabesignale ermittelt und diese an die Anzahl von Steuereinheiten übermittelt.

**( )

4.1 Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)

Da auch Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 das Merkmal i) enthält, gelten die gleichen Überlegungen wie in Punkt3.2.2 oben.

4.2 Demnach ist auch der Hilfsantrag 3 nach Artikel 123(2) EPÜ nicht gewährbar.

5. HILFSANTRAG 4

Der Anspruchssatz dieses Hilfsantrags wurde das erste Mal vor dem Ende der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 dadurch, dass er nicht mehr Merkmal h) enthält und das Merkmal i) derart abgeändert wurde, dass nun

i') die logische Logikeinheit als eine

speicherprogrammierbare Steuerung, eine numerische

Steuerung oder ein echtzeitfähiger Industrie-PC

ausgebildet ist.

5.1 Zulassung in das Beschwerdeverfahren (Artikel 13(1) VOBK 2007)

5.1.1 Gemäß Artikel 13(1) VOBK 2007 liegt es im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens nach Einreichung der Beschwerdeerwiderung zuzulassen. Bei der Ausübung dieses Ermessens sind insbesondere die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie zu berücksichtigen. Auch andere Kriterien werden hierbei regelmäßig gemäß der Rechtsprechung der Beschwerdekammern herangezogen, wie z.B. die "eindeutige Gewährbarkeit" oder die "Konvergenz" von Anspruchsänderungen.

5.1.2 Im vorliegenden Fall brachte die Beschwerdegegnerin vor, dass der Anspruchssatz gemäß Hilfsantrag 4 als Reaktion auf die Diskussion im Laufe der mündlichen Verhandlung eingereicht worden sei, insbesondere als Erwiderung auf den gegen das Merkmal "aufgrund der Programmierung mit dem Computerprogramm" vorgebrachten Einwand sowie auf den Einwand nach Artikel 123(2) EPÜ bezüglich Merkmal i).

5.1.3 Mit ihrer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK 2007 wies die Kammer die Beteiligten auf die Regelungen in Artikel 13 (1) und (3) VOBK 2007 hinsichtlich einer möglichen Änderung ihres Vorbringens hin. Mit dem Schriftsatz vom 20. November 2019 (siehe Seite 4, erster und zweiter Absatz) erhob die Beschwerdeführerin zudem einen Einwand nach Artikel 123(2) und (3) EPÜ betreffend Merkmal i) der Hilfsanträge 2 und 3. Somit sind die Änderungen gemäß Hilfsantrag 4 nicht durch unvorhersehbare Entwicklungen während der mündlichen Verhandlung veranlasst worden. Vielmehr hätten sie schon früher - und jedenfalls vor der in der Ladung zur mündlichen Verhandlung gesetzten Mindestfrist - eingereicht werden können und sollen.

5.1.4 Darüber hinaus ist der Hilfsantrag 4 aufgrund der Streichung von Merkmal h) aus Anspruch 1 nicht mehr konvergent zu den höherrangigen Anspruchssätzen. Da zudem dieses Merkmal nicht explizit beanstandet wurde, kann dessen Streichung auch nicht als eine Reaktion auf einen unerwarteten Einwand betrachtet werden.

5.2 Daher wird der Hilfsantrag 4 gemäß Artikel 13(1) VOBK 2007 nicht in das Beschwerdeverfahren zugelassen.

6. Da demnach kein zulässiger bzw. gewährbarer Anspruchssatz vorliegt, ist das Patent zu widerrufen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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