T 0016/15 () of 8.12.2017

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2017:T001615.20171208
Datum der Entscheidung: 08 Dezember 2017
Aktenzeichen: T 0016/15
Anmeldenummer: 08004832.5
IPC-Klasse: F16D 23/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 645 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Ausrückvorrichtung für eine Reibungskupplung eines Kraftfahrzeuges mit einer mehrteiligen Schiebehülse
Name des Anmelders: ZF Friedrichshafen AG
Name des Einsprechenden: Schaeffler Technologies AG & Co. KG
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(a)
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Neuheit
Erfinderische Tätigkeit
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. In der am 3. Dezember 2014 zur Post gegebenen Entscheidung wies die Einspruchsabteilung den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2101073 zurück.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.

III. Eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 8. Dezember 2017 statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Hilfsweise beantragte sie D11 (Stellungnahme von Herrn Vetter) in das Verfahren zuzulassen und die Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zur Prüfung der Patentfähigkeit gegenüber D2a und D2b zurück­zuverweisen. Weiter beantragte sie hilfsweise, die Angelegenheit zur Beweiserhebung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde. Sie beantragte, eine Zeugeneinvernahme unter Vorlage weiterer Dokumente nicht zuzulassen. Hilfsweise beantragte sie die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung gemäß einem der Hilfsanträge 1-3, eingereicht mit Schreiben vom 4. August 2015.

IV. Anspruch 1 wie erteilt (Hauptantrag) lautet wie folgt:

"Ausrückvorrichtung (10) für eine Reibungskupplung eines Kraftfahrzeuges, umfassend

- ein Führungsrohr (12),

- eine auf dem Führungsrohr (12) axial verlagerbare, mehrteilig ausgeführte Schiebehülse (14) mit

- einem Trägerelement (16) zur Anordnung auf dem Führungsrohr (12) und mit

- einem an dem Trägerelement (16) angeordneten Radialflansch (18), der einen Aufnahmebereich (18a) für ein koaxial an der Schiebehülse (14) angeordnetes Ausrücklager (20) bildet mit einem drehfest zu der Schiebehülse (14) angeordneten ersten Lagerring (26), Wälzkörpern (28) und einem umlaufenden zweiten Lagerring (30), der mit einem Betätigungsorgan (32) der Reibungskupplung in Wirkverbindung steht und mit

- einem an dem Radialflansch (18) montierbaren Anbauelement (40), welches einen Anlagebereich (38) für ein Betätigungselement zur Aufnahme einer Betätigungskraft bereitstellt,

dadurch gekennzeichnet,

dass das Anbauelement (40) als Kunststoffteil ausgeführt ist."

Die Hilfsanträge sind für die vorliegende Entscheidung nicht relevant.

V. In dieser Entscheidung wird auf folgende Entgegenhaltungen Bezug genommen:

D2a: Zeichnung L-05029-OO11-50 vom 13-06-2007;

D2b: Zeichnung L-05153-OG12-02 vom 04-09-2009;

D6: JP-A-2001 241 465; undD11: Versicherung von Herrn M. Vetter und Anlage. | | | |

VI. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Die in D2a und D2b gezeigte Vorrichtung gehöre zum Stand der Technik. Als Nachweis dafür seien die D11 eingereicht und die Zeugenaussage von Herrn Vetter angeboten worden.

Die Ausrückvorrichtung der D2a/D2b sei für die beanspruchte Vorrichtung neuheitsschädlich. Als Radialflansch könnten zwei Elemente in Betracht gezogen werden: entweder das Bauteil zwischen dem sich radial erstreckenden Teilbereich des Träger­elements und dem Anbauelement oder die Einheit, die von dem sich radial erstreckenden Bereich des Träger­elements und vom o.g. Bauteil gebildet werde. In beiden Fällen befinde sich das Anbau­element direkt in Kontakt mit dem Radialflansch. Es sei zwar richtig, dass in der D2a das Anbauelement, das immer als Kunststoffteil ausgeführt sei, nicht am Radial­flansch sondern am Betätigungselement montiert sei. Durch die Offenbarung dieser Anordnung sei jedoch auch die andere Alternative, wonach das Anbauelement am Radial­flansch montiert sei, implizit offenbart. Folglich seien alle Merkmale des Anspruchs 1 offenbart.

Auf jeden Fall sei die Auswahl einer von zwei äquivalenten Alternativen mindestens naheliegend. Deshalb könne die Anordnung des Anbauelements am Radialflansch, die zudem von D6 nahegelegt werde, keine erfinderische Tätigkeit begründen.

VII. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

D11 und die angebotene Zeugenaussage seien ohne Grund spät vorgebracht worden und deshalb nicht in das Verfahren zuzulassen.

Es sei nicht bewiesen worden, dass die Ausrück­vorrichtung der D2a/D2b zum Stand der Technik gehöre.

Auf jeden Fall könne die Vorrichtung der D2a/D2b weder die Neuheit noch die erfinderische Tätigkeit in Frage stellen. Als Radialflansch gemäß Anspruch 1 sei der sich radial erstreckende Teilbereich des Trägerelements anzusehen. Das Anbauelement, das am Betätigungselement montiert sei, sei daher nicht in Kontakt mit dem Radialflansch sondern mit einem Zwischenelement, das die korrekte Werkstoffpaarung gewährleiste. Auch wenn der Fachmann das Anbauelement anders anordnen würde, habe er keinen Anlass dieses Zwischenelement wegzulassen und das Anbauelement direkt am Radialflansch zu montieren.

Folglich sei der Gegenstand des Anspruchs 1 neu und beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Neuheit

1.1 D2a und D2b zeigen eine Ausrückvorrichtung für eine Reibungskupplung eines Kraftfahrzeuges (D2a) bzw. eine Lagerbuchse(D2b). Eine Kopie des Schnitts A-A der D2a mit handschriftlichen zusätzlichen Referenzzeichen ist hier unten wiedergegeben:

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Es ist unstreitig, dass die Ausrückvorrichtung ein Führungsrohr, eine auf dem Führungsrohr axial verlagerbare, mehrteilig ausgeführte Schiebehülse mit einem koaxial an der Schiebehülse angeordneten Ausrücklager (Bauteil D) mit einem drehfest zu der Schiebehülse angeordneten ersten Lagerring, Wälzkörpern und einem umlaufenden zweiten Lagerring, der mit einem Betätigungsorgan der Reibungskupplung in Wirkverbindung steht, aufweist.

1.2 Obwohl auch unstreitig ist, dass die Ausrückvorrichtung ein Trägerelement und einen am Trägerelement angeordneten Radialflansch aufweist, sehen die Parteien unterschiedliche Elemente als den Radialflansch an.

Nach der Ansicht der Kammer können sowohl das Bauteil B (wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen) als auch der sich radial erstreckende Teilbereich des Bauteils C (wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen) als Radialflansch angesehen werden. Allerdings ist nur das Zweite (der sich radial erstreckende Teilbereich des Bauteils C) mit dem Ausrücklager in Kontakt. Daher kann nur der sich radial erstreckende Teilbereich des Bauteils C als der Radialflansch gemäß Anspruch 1 angesehen werden, welcher einen Aufnahmebereich für ein koaxial an der Schiebehülse angeordnetes Ausrücklager (Bauteil D) bildet.

Die von dem sich radial erstreckenden Bereich des Bauteils C und dem Bauteil B gebildete Einheit kann dagegen anders als von der Beschwerdeführerin vorgetragen nicht als Radialflansch angesehen werden. Nach dieser Argumentation wäre nämlich der Radialflansch zweistückig gebildet, während das einstückige Bauteil C in zwei Teilbereiche, die zu zwei verschiedenen Elementen gehören (Trägerelement und Radialflansch), unterteilt würde. Der Fachmann würde das Bauteil C nicht gleichzeitig in zwei Teile unterteilen und einen dieser Teile mit dem getrennten Bauteil B kombinieren, um daraus einen "Radialflansch" zu definieren.

Folglich weist die Ausrückvorrichtung auch ein Trägerelement (der sich axial erstreckende Teilbereich des Bauteils C) zur Anordnung auf dem Führungsrohr und einen an dem Trägerelement angeordneten Radialflansch (sich radial erstreckende Teilbereich des Bauteils C), der einen Aufnahmebereich für ein koaxial an der Schiebehülse angeordnetes Ausrücklager bildet, auf.

1.3 Die Ausrückvorrichtung umfasst auch ein Anbauelement (Lagerbuchse L-05153-0G12-02), welches im Schnitt A-A in Kontakt mit dem Element B ist, und eine gekreuzte Schraffur aufweist (Element A). Das in D2a gezeigte Anbauelement ist jedoch unstreitig am Betätigungs­element montiert. Eine andere Anordnung mit einem am "Radialflansch" montierten Anbauelement ist in D2a nicht gezeigt. Der Fachmann entnimmt aus D2a auch keinen Hinweis, dass eine derartige Anordnung in Betracht zu nehmen ist. Sie kann daher, entgegen der Meinung der Beschwerde­führerin, nicht als implizit offenbart angesehen werden. Deshalb unterscheidet sich die beanspruchte Vorrichtung von der Ausrückvorrichtung der D2a dadurch, dass sie ein Anbauelement aufweist, welches an dem Radial­flansch montierbar ist, und einen Anlagebereich für ein Betätigungselement zur Aufnahme einer Betätigungs­kraft bereitstellt.

1.4 Folglich kann die Ausrückvorrichtung der D2a/D2b für die beanspruchte Vorrichtung nicht neuheitsschädlich sein.

2. Erfinderische Tätigkeit

Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass es eine reine Alternative sei, das Anbauteil am Bauteil B statt am Betätigungselement zu montieren. Diese Alternative werde zudem von D6 offenbart und sei naheliegend.

Auch wenn der Fachmann dies täte, gelange er jedoch nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1, weil das Bauteil B wie oben erklärt keinen Radial­flansch gemäß Anspruch 1 darstellt.

Ein Grund das Bauteil B wegzulassen, und das Anbauteil direkt am Radialflansch (Bauteil C) zu montieren hatte der Fachmann nicht.

Folglich beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 ausgehend von der Vorrichtung der D2a/D2b auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3. Da die Ausrückvorrichtung der D2a/D2b weder die Neuheit noch die erfinderische Tätigkeit in Frage stellen kann, kann es dahingestellt bleiben, ob diese Vorrichtung zum Stand der Technik gehört. Folglich können weder die D11 noch die angebotene Zeugenaussage entscheidungsrelevant sein. Alle Anträge der Beschwerdeführerin sind daher zurückzuweisen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation