T 0011/15 () of 1.7.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T001115.20190701
Datum der Entscheidung: 01 Juli 2019
Aktenzeichen: T 0011/15
Anmeldenummer: 09154512.9
IPC-Klasse: G01N 27/416
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Bestimmung eines Zustandsindikators eines Wasser-Analysegerätes
Name des Anmelders: Hach Lange GmbH
Name des Einsprechenden: Endress + Hauser Conducta Gesellschaft für
Mess- und Regeltechnik mbH + Co.KG
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(a)
European Patent Convention Art 54(1)
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Einspruchsgründe - mangelnde Patentierbarkeit (nein)
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0007/93
T 0106/97
T 1076/00
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 226 630 zurückzuweisen. Als Einspruchsgründe hat die Einsprechende fehlende Neuheit und fehlende erfinderische Tätigkeit angegeben (Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 54 (1) und Artikel 56 EPÜ). Die Einspruchsabteilung hat den Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 für neu und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend angesehen.

II. Die folgenden Dokumente werden in der vorliegenden Entscheidung zitiert:

D2: DE 102 09 318 A1

E1: DE 101 41 408 A1

E2: WO 98/20469 A1

E3: Kimberly Walsh: "Predictive maintenance profits from sensor diagnostics", InTech, 1. Juni 1999 (1999-06-01), Seiten 36 - 38

E4: WO 2008/042290 A2

E7: WO 93/21505 A1

E8: Tippe, Heidrun: "Regelung der Rohwasserentnahme durch Online-Messung der Wassergüte aus verschiedenen Entnahmetiefen", GWF, Bd. 146, Nr. 7 - 8, 2005, Seiten 600 - 601

E9: "pH- und Temperaturmessung im Zulauf", in: "Anwendungshandbuch Abwasser, Abwasserpreisliste 1998/99", Oktober 1998, Endress+Hauser, Titelseiten, Seiten 134, 135

E10: "Auslaufkontrollstation", in: "Anwendungshandbuch Abwasser, Abwasserpreisliste 1998/99", Oktober 1998, Endress+Hauser, Titelseiten, Seiten 276, 277

E1l: "Messstation CE4", in: "Katalog 2009, Messtechnik, Dienstleistungen und Systemkomponenten für die Prozessautomatisierung", Oktober 2008, Endress+Hauser, Titelseiten, Seiten 1073 - 1076

E12: Galster, Helmuth: "pH-Messung. Grundlagen, Methoden, Anwendungen, Geräte", VCH Verlagsgesellschaft, Weinheim, 1990, Seiten VII - XIII, 168 - 171, 184 - 189

E13: WO 99/34174 A1

E14: DE 101 18 003

E15: Paul A. Carter: "Die PC Assemblersprache", 15. Dezember 2006, Titelseiten, Inhaltsverzeichnis, Seiten 4 - 12, 35

E16: "RealView Compilation Tools", Version 2.2, Assembler Guide, ARM Limited, 2002 - 2005, Seiten ii -xi, 1-1 - 1-2, 4-45 - 4-48, und 4-55 - 4-56

E17: Wikipedia-Artikel "Speisewasser" in der Version vom 17. Februar 2009

E18: Wikipedia-Artikel "Wasseranalyse" in der Version vom 1. Februar 2009.

III. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen. Hilfsweise beantragte sie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung. Zudem beantragte sie die Dokumente E8 - E12 und E14, die von der Einspruchsabteilung nicht in das Verfahren zugelassen wurden, und die mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Dokumente E15 und E16 in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.

Bezüglich der Zulassung der Dokumente führte die Beschwerdeführerin aus, dass in der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vom 26. November 2013 die Einspruchsabteilung davon ausgegangen sei, dass Dokument E2 keinen Zusammenhang mit einem Wasser-Analysegerät offenbare. Deshalb seien am 28. Februar 2014 die weiteren Dokumente E8 bis E12 als Belege für das allgemeinen Fachwissens, dass pH-Messgeräte in Wasseranalysegeräte verwendet würden, eingereicht worden (vgl. Beschwerdebegründung, 2.1.1). Das Dokument E14 sei in Reaktion auf die vorläufige Meinung der Einspruchsabteilung als Beleg für das allgemeine Fachwissen eingereicht worden, dass es technische Überschneidungspunkte zwischen Wasser-Analysegeräten und Durchflussmessgeräten gebe (vgl. Beschwerdebegründung, 2.1.2).

IV. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde. Hilfsweise beantragte sie die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang eines der mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsanträge I - XIX. Zudem sollten ihrer Ansicht nach die von der Einspruchsabteilung nicht in das Verfahren zugelassenen Dokumente E8 - E12 und E14 auch im Beschwerdeverfahren nicht zugelassen werden und sie beantragte die Nicht-Zulassung der mit der Beschwerdebegründung erstmals eingereichten Dokumente E15 und E16.

V. In einem Bescheid gemäß Artikel 15 (1) VOBK vertrat die Kammer die folgende vorläufige Meinung,

- unter den technischen Parametern des Wasser-Analysegerätes seien die Parameter zu verstehen, die das Gerät als solches beträfen; nicht darunter zu verstehen seien Parameter, die die Umgebung des Gerätes beträfen,

- bei einer qualitativen Beurteilung des Parameterwertes erfolge eine quantitative Feststellung nicht zwingend; ein Vergleich mit einem Schwellwert in einer digitalen Schaltung (Flip-Flop) ermittele keinen Abweichungswert,

- ein pH-Sensor oder ein Temperatursensor könne zwar Wasser in gewissen Aspekten analysieren, diese Sensoren seien aber zur Analyse von Flüssigkeiten generell geeignet; Anspruch 1 definiere ein Verfahren zur Bestimmung eines Zustandsindikators eines Wasser-Analysegeräts und kein Verfahren zur Bestimmung eines Zustandsindikators eines Geräts, das zur Wasseranalyse geeignet sei; ein Wasser-Analysegerät im Sinne des Anspruchs 1 sei somit im Stand der Technik nur dann offenbart, wenn eine Wasser-Analyse mit dem fraglichen Sensor auch angegeben werde,

- der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sei neu, weil keines der Dokumente D2, E1 oder E2 alle Merkmale des Anspruchs 1 offenbare, und

- der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 beruhe unter Berücksichtigung des Dokuments E2 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen, des Dokuments E3 in Kombination mit den Dokumenten E2, E4 oder E7, oder des Dokuments E13 in Kombination mit dem Dokument E4 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

VI. Mit Schreiben vom 29. Mai 2019 reichte die Beschwerdeführerin die Dokumente E17 und E18 ein und brachte ergänzende Argumente zur fehlenden Neuheit und erfinderischen Tätigkeit bezüglich der Dokumente E1 und E2 vor.

VII. Im Schreiben vom 31. Mai 2019 bekräftigte die Beschwerdegegnerin ihre Ansicht, dass die Dokumente E8 - E12 sowie E14 - E16 nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen seien, und dass die Entscheidung der Einspruchsabteilung nicht zu beanstanden sei.

VIII. Eine mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 1. Juli 2019 statt.

In der mündlichen Verhandlung beantragte die Beschwerdegegnerin, die erst nach der Mitteilung der Kammer eingereichten Dokumente E17 und E18 nicht in das Verfahren zuzulassen, da die Frage, ob ein pH-Sensor als Wasseranalyse-Gerät angesehen werden könne, bereits in der ersten Instanz eine Rolle gespielt habe.

Die Schlussanträge der Beteiligten lauten wie folgt:

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde (Hauptantrag) und hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Grundlage der Ansprüche gemäß einem der mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsanträge I - XIX.

Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.

IX. Der Anspruch 1 wie erteilt (Hauptantrag) lautet wie folgt, wobei die von den Beteiligten und der Einspruchsabteilung verwendete Merkmalsgliederung von der Kammer in eckigen Klammern hinzugefügt wurde:

"[a.] Verfahren zur Bestimmung eines Zustandsindikators eines Wasser-Analysegerätes (10),

mit den Verfahrensschritten:

[b.] - Ermittlung jeweils eines Parameterwertes (pS1, pS2, pS3) für mindestens zwei verschiedene technische Parameter des Wasser-Analysegerätes (10),

[c.] - Ermittlung eines Abweichungswertes (dS1, dS2, dS3) des Parameterwertes pS1, pS2, pS3 in Bezug auf einen zugeordneten Parameter-Referenzwert

[d.] für jeweils alle Parameter,

[e.] - Ermittlung jeweils eines Abweichungsrelevanz-Wertes (yS1, yS2, yS3) aus dem Abweichungswert (dS1, dS2, dS3)

[f.] mit Hilfe einer parameterspezifischen Abweichungsrelevanz-Funktion (fS1, fS2, fS3)

[g.] für jeweils alle Parameter,

[h.] wobei sich die Funktionen (fS1, fS2 fS3) voneinander unterscheiden, und

[i.] - Errechnen des Zustandsindikators (I) aus allen ermittelten Abweichungsrelevanz-Werten mit Hilfe einer Indikatorfunktion (fI)."

Entscheidungsgründe

1. Zulassung der Dokumente E8 - E12 und E14, sowie E15 und E16 (Artikel 12 (4) VOBK)

1.1 Die Einspruchsabteilung hat die Dokumente E8 - E12 und E14 nicht in das Verfahren zugelassen, weil sie verspätet eingereicht worden seien und die darin offenbarten Lehren nicht prima facie für den Gegenstand des Streitpatents relevant seien. Die Dokumente E8 - E12 beschrieben allgemein Wasseranalysegeräte, bzw. den Aufbau eines pH-Sensors. Das Dokument E14 beschreibe einen Durchflussmesser, der einen Medienwechsel erkenne. Das Argument der Einsprechenden, wonach laut T 106/97 und T 1076/00 Belege für das allgemeine Fachwissen nicht verspätet seien, sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da im vorliegenden Fall das Fachwissen nicht in Frage gestellt worden sei. Diese Dokumente seien also nicht in Reaktion auf einen Einwand der Einspruchsabteilung eingereicht worden (vgl. Entscheidungsgründe, Punkt 10).

1.2 Die Beschwerdeführerin war der Meinung, dass die Dokumente nicht verspätet eingereicht worden seien, da sie in Reaktion auf die in der Ladung geäußerte vorläufige Meinung der Einspruchsabteilung eingereicht worden seien (vgl. Beschwerdebegründung, 2.1.1 und 2.1.2).

Die Beschwerdeführerin beantragte weiter, die Dokumente E15 und E16 zuzulassen, die erstmals mit der Beschwerdebegründung eingereicht wurden. Diese Dokumente sollten belegen, dass die Aussage der Einspruchsabteilung in der mündlichen Verhandlung und in der angefochtenen Entscheidung nicht korrekt sei, wonach ein qualitativer Vergleich, bei dem sich lediglich ergebe, dass ein Parameterwert größer sei als ein Referenzwert, keine Ermittlung einer quantitativen Abweichung erfordere (vgl. Beschwerdebegründung, 3.2.2, zweiter Absatz). In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ergänzte die Beschwerdeführerin, dass sie diese Dokumente nicht im erstinstanzlichen Einspruchsverfahren habe einreichen können, weil erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung die Auffassung vertreten worden sei, dass ein Schwellwertvergleich keine Erfassung einer Differenz zwischen den verglichenen Werten einschließe. Die Dokumente E15 und E16 seien ein Beleg für das Verständnis des Fachmanns, dass ein Schwellwertvergleich eine Differenzbildung beinhalte.

1.3 Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Dokumente E8 - E12 und E14 - E16 nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen (vgl. Beschwerdeerwiderung, Randziffern 2 und 3). In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ergänzte die Beschwerdegegnerin, dass die Dokumente E15 und E16 nicht im Zusammenhang mit einem Wasseranalyse-Geräts stünden und in jedem Fall bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten eingereicht werden können.

1.4 Artikel 12 (4) VOBK gibt den Beschwerdekammern die Befugnis, Tatsachen, Beweismittel oder Anträge nicht zuzulassen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren nicht zugelassen worden sind. Die Kammer kann nicht feststellen, dass die Einspruchsabteilung ihr Ermessen nicht nach Maßgabe der richtigen Kriterien oder in unangemessener Weise ausgeübt hat:

1.4.1 In der Einspruchsschrift hat die Beschwerdeführerin aus geführt, dass Dokument E2 einen Messumformer für die Prozessindustrie beschreibe, der einen Sensor zur Überwachung von Prozessvariablen, insbesondere auch des pH-Werts, umfasse und es sich somit um ein Wasser-Analysegerät handele (vgl. Abschnitt 4.3, erster Absatz).

Im Ladungsbescheid vom 22. November 2013 hat die Einspruchsabteilung bestätigt, dass das Dokument E2 auf Seite 1, Zeile 20 eine Messgröße pH-Wert erwähne, die einen Bezug zu einem Wasser-Analysegerät habe. Die weitere Beschreibung der Erfindung in E2 scheine aber keinen Zusammenhang mit einem Wasser-Analysegerät zu offenbaren (vgl. Abschnitt 8.4.1).

Die Kammer stimmt mit der Auffassung der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung überein, dass im vorliegenden Fall das Fachwissen, wonach die Messgröße pH-Wert einen Bezug zu einem Wasser-Analysegerät habe und auf ein Wasser-Analysegerät hinweise, von der Einspruchsabteilung im Ladungsbescheid nicht bestritten wurde. Die Dokumente E8 - E12 wurden von der Einsprechenden eingereicht, um zu belegen, dass Wasser-Analysegeräte üblicherweise u.a. pH-, Temperatur- und Trübungssensoren umfassten (vgl Schreiben der Einsprechenden vom 28. Februar 2014, Seite 7, 2. und 3. Absatz). Die Dokumente E8 - E12 bestätigen somit bezüglich des pH-Wertes lediglich die vorläufige Meinung der Einspruchsabteilung im Ladungsbescheid, dass ein pH-Wert auf ein Wasser-Analysegerät hinweist. Die zusätzliche Aussage, dass Wasser-Analysegeräte üblicherweise u.a. auch Temperatur- und Trübungssensoren umfassen, wurde erstmals im Schreiben der Einsprechenden vom 28. Februar 2014 vorgebracht und konnte daher von der Einspruchsabteilung im Ladungsbescheid nicht in Frage gestellt werden. Diese zusätzliche Aussage mit den entsprechenden Dokumenten hätte die Einsprechende daher schon mit Einspruchsschrift einreichen können und müssen, denn das Dokument E2 bezieht sich nicht nur auf pH-Sensoren, sondern auch auf andere Sensoren und vor allem auf Temperatursensoren.

1.4.2 Die Patentinhaberin hat in ihrer Eingabe vom 2. Mai 2013, Abschnitt 73 bereits in Frage gestellt, dass der Fachmann die Dokumente E3 und E4 kombinieren würde. In ihrem Ladungsbescheid vom 22. November 2013 hat die Einspruchsabteilung keine andere Auffassung vertreten.

Das Dokument E14 wurde von der Einsprechenden eingereicht, um technische Berührungspunkte zwischen magnetisch-induktiven Durchflussmessern und der Wasser-Analysemesstechnik zu illustrieren und als Beleg für das allgemeine Fachwissen zu dienen (vgl. Schreiben vom 28. Februar 2014, Abschnitt III, letzter Absatz). Mit diesem allgemeinen Fachwissen würde der Fachmann ausgehend von Dokument E3 eine Anwendbarkeit der des Dokuments E4 entnehmbaren Lehre zur Diagnose eines pH-Messgeräts in Erwägung ziehen (vgl. Schreiben vom 28. Februar 2014, Abschnitt IV.7)

Die Kammer ist der Ansicht, dass die Einsprechende das Dokument E14 bereits in Reaktion auf die Eingabe der Patentinhaberin hätte einreichen können und nicht erst nach dem Ladungsbescheid der Einspruchsabteilung, denn die Einspruchsabteilung hat in ihrem Landungsbescheid diesbezüglich keine andere Auffassung vertreten.

1.4.3 Die Dokumente E8 - E12 und E14 wurden somit verspätet eingereicht und die Einspruchsabteilung hatte ein Ermessen nach Artikel 114 (2) EPÜ, diese Dokumente in das Einspruchsverfahren nicht zuzulassen.

1.4.4 Bei der Ausübung ihres Ermessens hat die Einspruchsabteilung berücksichtigt, dass die in den Dokumenten E8 - E12 und E14 offenbarten Lehren nach ihrer Auffassung prima facie für den Gegenstand des Streitpatents nicht relevant waren (vgl. Entscheidungsgründe, Punkt 10).

1.4.5 Im Rahmen der von der Rechtsprechung aufgestellten eingeschränkten Kriterien zur Überprüfung von Ermessenscheidungen der ersten Instanz (siehe Entscheidung G 7/93, ABl. EPA 1994, 775 und weitere zitierte Entscheidungen in Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 8. Auflage 2016, IV.E.3.6) gibt es daher für die Kammer keine Anhaltspunkte, dass die Einspruchsabteilung ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat. Es gibt somit keinen Grund für die Kammer die Ermessensentscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben.

Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass die Einspruchsabteilung ihr Ermessen richtig ausgeübt hat. Die Kammer sieht auch keinen Grund, sich beim Ausüben ihres eigenen Ermessens gemäß Artikel 12 (4) VOBK über die fehlerfreie Ermessensentscheidung der Einspruchsabteilung hinwegzusetzen und die Dokumente E8 - E12 und E14 im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen. Die Kammer teilt zudem die Auffassung der Einspruchsabteilung, dass die Dokumente E8 - E12 und E14 prima facie für den Gegenstand des Streitpatents nicht relevant sind.

Aus den oben genannten Gründen lässt die Kammer die Dokumente E8 - E12 und E14 in Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 12 (4) VOBK nicht in das Beschwerdeverfahren zu.

1.5 Die Dokumente E15 und E16 wurden erstmals mit der Beschwerdebegründung eingereicht. Da diese Dokumente in Reaktion auf eine Auffassung eingereicht wurden, die erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vorgebracht wurde, hatte die Beschwerdeführerin so gut wie keine Gelegenheit, diese Dokumente noch im erstinstanzlichen Einspruchsverfahren einzureichen. Die Kammer berücksichtigt daher die Dokumente E15 und E16 im Beschwerdeverfahren gemäß Artikel 12 (4) VOBK.

2. Zulassung der Dokumente E17 und E18 (Artikel 13 (1) VOBK)

2.1 Die Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom 29. Mai 2019 erstmals die Dokumente E17 und E18 eingereicht. Diese Dokumente belegten ihrer Ansicht nach das allgemeine Fachwissen, dass der in Dokument E1 verwendete pH-Sensor auch für die Bestimmung des pH-Wertes von Wasser eingesetzt werden könne (vgl. Schreiben vom 29. Mai 2019, Abschnitt II.3). In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ergänzte die Beschwerdeführerin, dass diese Dokumente in Reaktion auf die in der Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK dargelegte strittige Auslegung der Dokumente E1 und E2 seitens der Kammer eingereicht worden seien, wonach der dort offenbarte pH-Sensor nicht als Wasseranalyse-Gerät angesehen werde. Daher seien diese Dokumente in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.

2.2 Die Beschwerdegegnerin vertrat die Auffassung, dass die Frage, ob ein pH-Sensor als Wasseranalyse-Gerät angesehen werden könne, bereits im erstinstanzlichen Einspruchsverfahren eine Rolle gespielt habe und die Beschwerdeführerin diese Dokumente daher bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätte einreichen können. Daher seien diese Dokumente nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.

2.3 Die Kammer ist der Meinung, dass die Beschwerdeführerin die Dokumente E17 und E18 bereits im erstinstanzlichen Verfahren und zumindest mit ihrer Beschwerdebegründung oder in Reaktion auf die Beschwerdeerwiderung hätte einreichen können, da diese Dokumente kein anderes relevantes Fachwissen belegen sollen als das bereits im erstinstanzlichen Verfahren diskutierte. Nach Ansicht der Kammer sollte ein Beteiligter in einem inter partes Verfahren auf das Vorbringen der gegnerischen Beteiligten unmittelbar reagieren und nicht die vorläufige Meinung der Einspruchsabteilung oder der Kammer abwarten. Im vorliegenden Fall enthielt die Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 15 (1) VOBK zu der Frage, ob ein pH-Sensor als Wasseranalyse-Gerät angesehen werden kann, keine Aspekte, die nicht schon im erstinstanzlichen Verfahren oder von den Beteiligten im Beschwerdeverfahren vorgebracht worden sind. Damit enthielt diese Mitteilung zu dieser Frage nichts, was das Einreichen der Dokumente E17 und E18 als eine Reaktion auf eine neue Fragestellung rechtfertigen könnte. Deshalb lässt die Kammer im Hinblick auf den Stand des Beschwerdeverfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie die erst nach der Mitteilung der Kammer eingereichten Dokumente E17 und E18 in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 13 (1) VOBK nicht in das Beschwerdeverfahren zu.

3. Hauptantrag - erteilter Anspruch 1 - Auslegung der Begriffe des Anspruchs:

3.1 "Technische Parameter des Wasser-Analysegerätes"

3.1.1 Die Einspruchsabteilung vertrat die Meinung, dass unter den technischen Parametern des Wasser-Analysegerätes die Parameter zu verstehen seien, die das Gerät als solches betreffen. Nicht darunter zu verstehen seien Parameter, die die Umgebung des Gerätes beträfen (vgl. 13.1 der Entscheidungsgründe).

3.1.2 Die Beschwerdeführerin verwies darauf, dass das beanspruchte Verfahren die Aufgabe löse, eine Aussage über den Gesamtzustand des Analysegerätes in Form eines Zustandsindikators zur Verfügung zu stellen. Unter dem Begriff "technische Parameter des Analysegeräts" werde daher eine Vielzahl denkbarer, den Zustand des Analysegeräts direkt oder indirekt unter Anwendung eines Modells repräsentierender Parameter verstanden, insbesondere Parameter, die den Gerätezustand beeinflussende Umgebungsbedingungen und/oder den Verschleiß bzw. die Alterung des Geräts widerspiegelten (vgl. 3.2.1 der Beschwerdebegründung). In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ergänzte die Beschwerdeführerin, dass in dem Streitpatent, Absatz [0020], es erläutert werde, dass zu den technischen Parametern des Analysegeräts auch indirekte Parameter zu rechnen seien. Daher seien Parameter des Mediums, das gemessen werde, auch technische Parameter des Analysegeräts, die den Zustand des Geräts beeinflussten.

3.1.3 Die Beschwerdegegnerin führte aus, dass diese Parameter sich auf das Wasser-Analysegerät als solches beziehen müssten und die Messwerte, die durch das Wasser-Analysegerät zu ermitteln seien, nicht unter diese Definition fallen könnten. Insbesondere schieden Parameter aus, die die Umgebung direkt beträfen, da diese Parameter auch nach Entfernen des Wasser-Analysegeräts in der betreffenden Umgebung vorhanden seien und somit nicht technische Parameter des Wasser-Analysegeräts sein könnten (vgl. Beschwerdeerwiderung, Randziffern 11 - 15).

3.1.4 Die Kammer schließt sich der Ansicht der Einspruchsabteilung und der Beschwerdegegnerin an. Unter technischen Parametern des Wasseranalyse-Geräts sind solche Parameter zu verstehen, die sich auf das Gerät selbst beziehen und nicht Parameter, die das Gerät in seiner Umgebung misst, auch wenn diese den Zustand des Geräts beeinflussen.

3.2 "Abweichungswert in Bezug auf einen zugeordneten Parameter-Referenzwert"

3.2.1 Die Einspruchsabteilung war der Meinung, dass dieser Wert eine Abweichung zwischen dem Parameterwert und dem Referenzwert quantitativ beschreiben müsse. Rein qualitative Relationen wie "größer als Referenzwert" seien demnach nicht als Abweichungswerte zu sehen (vgl. 13.2 der Entscheidungsgründe).

3.2.2 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass ein qualitativer Vergleich auch eine Ermittlung eines quantitativen Abweichungswertes erfordere. Als Beleg dafür habe sie das Dokument E15 eingereicht, das zeige, wie in der Assemblersprache Vergleiche durchgeführt würden und das Dokument E16, in dem ein CMP-Befehl beschrieben sei, der zum Vergleich zweier Werte diene und die Differenz zweier Werte bilde und abhängig von diesem Abweichungswert Flags setze, die das Vergleichsergebnis repräsentierten (vgl. 3.2.2 der Beschwerdebegründung).

3.2.3 Die Beschwerdegegnerin teilte die Meinung der Einspruchsabteilung. Qualitative Relationen wie "Parameter ist größer als Referenzwert" seien nicht als Abweichungswerte im Sinne des Patents anzusehen, denn solche Schaltvariablen könnten bereitgestellt werden, ohne dass eine quantitative Abweichung ermittelt werden müsste. (vgl. Beschwerdeerwiderung, Randziffern 16 - 22).

3.2.4 Die Kammer stimmt der Auffassung der Einspruchsabteilung und der Beschwerdegegnerin zu, dass bei einer qualitativen Beurteilung des Parameterwertes eine quantitative Feststellung nicht zwingend erfolgt. So ermittelt zum Beispiel ein Vergleich mit einem Schwellwert in einer digitalen Schaltung (Flip-Flop) keinen Abweichungswert.

3.3 "Wasser-Analysegerät"

3.3.1 Die Beschwerdeführerin war der Meinung, dass ein pH-Sensor ein Wasseranalysegerät im Sinne des Anspruchs 1 sei (vgl. 4.1, zweiter Absatz der Beschwerdebegründung). In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ergänzte die Beschwerdeführerin, dass ein pH-Sensor üblicherweise zur Bestimmung des pH-Werts von Wasser verwendet würde und der pH-Sensor als Wasseranalyse-Gerät betrachtet werden müsse. Ein Wasseranalyse-Gerät gemäß Anspruch 1 sei üblicherweise ein Gerät, das zur Analyse von Wasser geeignet sei und ein pH-Sensor sei zur Analyse von Wasser geeignet und daher ein Wasseranalyse-Gerät im Sinne des Anspruchs 1 (vgl. auch Schreiben vom 29. Mai 2019, II.1).

3.3.2 Die Beschwerdegegnerin argumentierte, dass einfache Sensoren, wie pH-Sensoren oder Temperatursensoren an sich keine Wasser-Analysegeräte darstellten (vgl. Beschwerdeerwiderung, Randziffer 30). In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ergänzte sie, dass sowohl ein pH-Sensor wie auch ein Trübungssensor zur Analyse von Wasser geeignet seien, aber sie stellten an sich noch kein Wasseranalyse-Gerät dar.

3.3.3 Die Kammer ist der Meinung, dass ein pH-Sensor, ein Trübungssensor oder ein Temperatursensor zwar Wasser in gewissen Aspekten analysieren kann, diese Sensoren jedoch zur Analyse von Flüssigkeiten generell geeignet sind. Anspruch 1 definiert ein Verfahren zur Bestimmung eines Zustandsindikators eines Wasser-Analysegeräts und kein Verfahren zur Bestimmung eines Zustandsindikators eines Geräts, das zur Wasseranalyse geeignet ist. Ein Wasseranalyse-Gerät im Sinne des erteilten Anspruchs 1 ist damit im Stand der Technik nur dann offenbart, wenn eine Wasseranalyse mit dem fraglichen Sensor auch offenbart ist.

4. Hauptantrag - erteilter Anspruch 1 - Einspruchsgrund der mangelnden Neuheit (Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 54 (1) EPÜ)

4.1 Die Einspruchsabteilung hielt den Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 für neu, weil keines der Dokumente D2, E1 oder E2 alle Merkmale des Anspruchs 1 offenbarten.

4.2 Neuheit bezüglich Dokument D2

4.2.1 Die Beschwerdeführerin war der Meinung, dass das Dokument D2 den Gegenstand des Anspruchs 1 vorwegnehme. Es offenbare die Ermittlung eines Parameterwertes für mindestens zwei verschiedene technische Parameter und die Ermittlung eines Abweichungswertes des Parameterwertes in Bezug auf einen zugeordneten Parameter-Referenzwert für jeweils alle Parameter. Auch werde ein Abweichungsrelevanz-Wert mit Hilfe einer Abweichungsrelevanz-Funktion für alle Parameter ermittelt und ein Zustandsindikator werde aus allen ermittelten Abweichungsrelevanz-Werten mithilfe einer Indikatorfunktion berechnet, wobei das Auswählen der kürzeren Restlaufzeit als Indikatorfunktion diene (vgl. 4.3 der Beschwerdebegründung).

4.2.2 Die Beschwerdegegnerin sah in dem Dokument D2 die Werte, wie Achsenschnittpunkt a und Steigung b, nicht als technische Parameter eines Wasser-Analysegeräts an. Die Restlaufzeit, die durch Extrapolation zur Feststellung einer zukünftigen Versagenswahrscheinlichkeit gewonnen werde, könne nicht den aktuellen Zustand des Systems darstellen (vgl. Randziffern 23 - 29 und 44 - 47 der Beschwerdeerwiderung). Unterschiedliche, d.h. parameterspezifische, Abweichungsrelevanz-Funktionen seien dem Dokument nicht zu entnehmen.

4.2.3 Die Kammer kann nicht erkennen, dass im Dokument D2 ein Wasser-Analysegerät im Sinne des Anspruchs 1 offenbart ist und dass ein Zustandsindikator bestimmt wird. Das Dokument D2 offenbart die Ermittlung eines Parameterwertes für mindestens zwei verschiedene Parameter eines elektrochemischen Messsensors (die Parameterwerte Nullpunkt und Steigung des pH-Sensors werden durch eine Nachkalibrierung bestimmt, vgl. Seite 2, Zeilen 59 - 62). Es wird eine Abweichung des Parameterwertes in Bezug auf einen zugeordneten Parameter-Referenzwert für beide Parameter ermittelt (als Parameter-Referenzwert können hier die Parameterwerte bei Neukalibrierung angesehen werden; die Differenz des Parameterwertes von dem ursprünglichen Parameterwert wird in Relation zur Zeit gesetzt und ergibt die Steigung der Ausgleichsgeraden, die für einen bestimmten Zeitpunkt implizit einen Abweichungswert enthält; ein spezieller Abweichungswert wird jedoch nicht ermittelt). Eine parameterspezifische Abweichungsrelevanz-Funktion für jeweils alle Parameter, die aus einem ermittelten Abweichungswert einen Abweichungsrelevanz-Wert ermittelt, kann die Kammer nicht erkennen. Es wird lediglich extrapoliert, wann in der Zukunft ein bestimmter Zustand voraussichtlich eintreten wird, aber es wird keine Aussage über den Zustand des Analysegeräts zu einem Zeitpunkt gemacht, an dem die Parameterwerte jeweils ermittelt werden.

4.3 Neuheit gegenüber Dokument E1

4.3.1 Die Einspruchsabteilung war der Meinung, dass in dem Verfahren des Dokuments E1 die Temperatur und der pH-Wert des umgebenden Mediums zur Bestimmung einer Kalibrier-Intervallzeit verwendet würden. Diese Parameter seien aber keine technischen Parameter des Geräts (vgl. 14.2 der Entscheidungsgründe).

4.3.2 Die Beschwerdeführerin hielt das Dokument E1 für neuheitsschädlich. Die Auslegung des Begriffs "technische Parameter des Wasser-Analysegeräts" sei nicht korrekt. Bezogen auf einen pH-Sensor seien pH-Wert und Temperatur, denen der Sensor im Betrieb ausgesetzt sei, technische Parameter des Analysegeräts im Sinne des Anspruchs 1. Aus den Abweichungen dieser Parameter von den Idealwerten werde mittels einer Abweichungsrelevanz-Funktion eine geänderte Kalibrier-Intervallzeit bestimmt, die als Zustandsindikator dienen könne (vgl. 4.1 der Beschwerdebegründung).

4.3.3 Die Beschwerdegegnerin hält den pH-Sensor nicht für ein Wasser-Analysegerät. In jedem Fall seien der pH-Wert und die Temperatur der Umgebung keine technischen Parameter des Wasser-Analysegeräts, denn diese Parameter beschrieben lediglich die Umgebung, in der der Sensor verwendet werde (vgl. Beschwerdeerwiderung, Randziffern 31 - 34).

4.3.4 Die Kammer stimmt mit der Auffassung der Einspruchsabteilung und der Beschwerdegegnerin darin überein, dass das Dokument E1 kein Wasser-Analysegerät offenbart und pH-Wert und Temperatur des Messmediums keine technischen Parameter des Analysegeräts selbst sein können (siehe Auslegung der Begriffe oben).

4.4 Neuheit gegenüber Dokument E2

4.4.1 Die Einspruchsabteilung war der Meinung, dass das Dokument E2 einen Sensor zur Prozessüberwachung beschreibe und es nur an einer einzigen Stelle (vgl. Seite 1, Zeile 20) einen Hinweis auf eine Messgröße gebe, die Bezug zu einem Wasser-Analysegerät habe. Ein Wasser-Analysegerät werde jedoch nicht offenbart (vgl. 14.3).

4.4.2 Die Beschwerdeführerin war der Meinung, dass das Dokument E2 auch einen Wasser-Analysesensor offenbare (vgl. 4.2.1 der Beschwerdebegründung). Neben dem pH-Wert würden im Dokument E2 auch noch weitere Parameter des Sensorelements erfasst und mit Referenzwerten verglichen. Aus der Differenz zu den Referenzwerten würden Abweichungswerte ermittelt und aus den Abweichungswerten würde die geschätzte verbleibende Lebensdauer ermittelt. Polynome bildeten für jedes Sekundärsignal aus den Abweichungswerten jeweils eine parameterspezifische Abweichungsrelevanz-Funktion, deren Funktionswert ein Abweichungsrelevanz-Wert sei. Der Funktionswert der polynomartigen Funktion sei eine geschätzte verbleibende Restlebensdauer und somit ein Zustandsindikator (vgl. 4.2.2 der Beschwerdebegründung).

Auch mit "Wenn-Dann-Regeln" (vgl. E2, Seite 16, Zeilen 9 - 15) ließe sich die Restlebensdauer und damit ein Zustandsindikator aus den Abweichungswerten ermitteln (vgl. 4.2.3 der Beschwerdebegründung). Auch wenn die Abweichungswerte nicht als Abweichungswerte, sondern als technische Werte des Sensors betrachtet würden, offenbare das Dokument E2 alle Merkmale des beanspruchten Verfahrens (vgl. Beschwerdebegründung, Absatz 4.2.4).

Bei dem in E2 offenbarten Diagnoseverfahren würden verschiedene technische Parameter des Geräts, unter anderem auch der Sensorwiderstand R1, ermittelt, sowie Abweichungswerte, wie der Abweichungswert DeltaR1 des Sensorwiderstands, also eine Differenz zwischen einem Wert des Sensorwiderstands zum aktuellen Zeitpunkt und einem Wert des Sensorwiderstands zu einem früheren Zeitpunkt. Der Wert DeltaR1 sei also ein Abweichungswert des aktuell erfassten Wertes des Parameters R1 in Bezug auf frühere Parameter-Referenzwerte bzw. erwartete Parameter-Referenzwerte. Der Zustandsindikator werde anhand eines Satzes von Wenn-dann-Regeln aus den Abweichungswerten ermittelt, indem für alle Parameter die noch verbleibenden Tage bis zum Erreichen des oberen Grenzwertes berechnet würden (E2, Seite 16, Zeile 9 bis Seite 17, Zeile 2). Da es sich bei den verschieden Parametern um unterschiedliche Größen mit unterschiedlicher Bedeutung und unterschiedlichen physikalischen Einheiten handele, unterschieden sich die jeweiligen angewendeten parameterspezifischen Wenn-dann-Regeln zwangsläufig voneinander. Aus allen so gewonnenen Abweichungsrelevanzwerten würde ein Zustandsindikator in Form einer Restlebensdauer ermittelt (vgl. Schreiben vom 29. Mai 2019, III.1)

4.4.3 Die Beschwerdegegnerin vertrat die Auffassung, dass es sich im Dokument E2 nicht um ein Wasseranalysegerät handele, sondern um einen Sensor zur Prozessüberwachung. Der Hinweis auf Wasser auf Seite 10, Zeile 30 des Dokuments E2 mache keine Angeben, um was für ein Wasser es sich handele und woher es komme. Die mathematischen Zusammenhänge, die die Beschwerdeführerin in diesem Dokument sehe, hätten in dem Dokument keine Basis. Aus dem Dokument E2 sei kein aus einem Abweichungswert berechneter Abweichungsrelevanzwert entnehmbar, weil die Größe X (vgl. Seite 16, Zeilen 25 - 32) als gegeben angesehen werde. Ferner sei dem Dokument E2 keine Berechnungsvorschrift für eine Reststandzeit entnehmbar (vgl. Beschwerdeerwiderung, Randziffern 35 - 43).

4.4.4 Die Kammer ist der Meinung, dass das Dokument E2 kein Wasser-Analysegerät offenbart. Ein Sensor, der pH-Werte oder Trübungen erfassen kann (vgl. Seite 1, Zeilen 8 - 20), kann Wasser in gewissen Aspekten analysieren, aber das Dokument E2 offenbart lediglich Flüssigkeiten in Rohrleitungen, aber nicht explizit Wasser (vgl. Seite 3, Zeilen 8 - 15).

4.5 Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 neu ist.

5. Hauptantrag - erteilter Anspruch 1 - Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit (Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 56 EPÜ)

5.1 Erfinderische Tätigkeit ausgehend von Dokument E1 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen

5.1.1 Die Beschwerdeführerin war der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 zumindest naheliegend sei, wenn das Gerät aus Dokument E1 nicht als Wasseranalyse-Gerät angesehen würde (vgl. Schreiben vom 29. Mai 2019, II.3). Die in dem in Dokument E1 beschriebenen Verfahren ermittelten Parameter pH-Wert und Temperatur seien technische Parameter des Geräts im Sinne des Anspruchs 1. Zur Auslegung von Anspruchsmerkmalen sei die Beschreibung heranzuziehen. Im vorliegenden Fall gebe die Beschreibung des Streitpatents verschiedene Beispiele für technische Parameter des Analysegeräts an. Dazu gehören die bereits diskutierte Luftfeuchtigkeit im Gehäuse (Streitpatent, Spalte 3, Zeilen 35 - 47; vgl. II.3.2.1 der Beschwerdebegründung) und auch die Anzahl von Motorumdrehungen eines Wischers (Streitpatent, Spalte 4, Zeilen 17 - 23). In Spalte 4, Zeilen 28-31 werde im Zusammenhang mit der Motorumdrehungszahl und dem Motorstrom als Beispiel für einen technischen Parameter des Wasser-Analysegeräts sogar explizit ausgeführt: "Grundsätzlich können die Informationen jeder Art von Sensoren des Analysegeräts in die Ermittlung eines Messwertqualitäts-Indikators und/oder eines Gerätezustands-Indikators eingehen". Solche Informationen jeder Art könnten neben unmittelbar messbaren Eigenschaften der Sensoren auch Informationen über eine über die Zeit akkumulierte Belastung sein.

Eine klare Grenzziehung zwischen "sich auf das Wasser-Analysegerät als solches beziehenden" Parametern und "Umgebungsparametern" sei daher weder im Anspruch 1 des Streitpatents vorgenommen, noch sei sie durch eine Auslegung anhand der Beschreibung möglich. Die in Dokument El angegebenen Parameter pH-Wert und Temperatur seien also ebenfalls technische Parameter des Wasser-Analysegeräts im Sinne des Anspruchs 1. Dokument El offenbare neben der Ermittlung dieser Parameter auch die weiteren Verfahrensschritte des in Anspruch 1 definierten Verfahrens (vgl. Beschwerdebegründung, II.4.1 und Schreiben vom 29. Mai 2019, II.2).

Der einzige Unterschied zum beanspruchten Verfahren sei, dass das in Dokument E1 offenbarte Gerät nicht als Wasseranalyse-Gerät angesehen werde. Für einen Fachmann sei es jedoch naheliegend, pH-Sensoren für die Wasseranalyse einzusetzen (vgl. Schreiben vom 29. Mai 2019, II.3).

In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ergänzte die Beschwerdeführerin, dass die beispielhaft in der Beschreibung des Streitpatents, Absatz [0007] genannten Parameter nicht im Anspruch angegeben seien und der Anspruch daher nicht auf die dort angegebenen Parameter beschränkt sei.

5.1.2 In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer entgegnete die Beschwerdegegnerin, dass das Dokument E1 nicht nur kein Wasseranalyse-Gerät offenbare, sondern auch nicht, dass technische Parameter des Geräts ermittelt würden. Die Parameter, die zur Beurteilung der Belastung des Geräts herangezogen würden, wie pH-Wert und Temperatur, seien Parameter des umgebenden Mediums und keine technischen Parameter des Geräts selbst. Absatz [0020] des Patents beschreibe, wie die technischen Parameter des Geräts erfasst werden könnten. Der Absatz könne aber nicht dahingehend verstanden werden, dass auch Umgebungsparameter zur Zustandsbestimmung des Analyse-Geräts verwendet würden. Absatz [0007] zähle die technischen Parameter des Geräts auf, die für die Zustandsbestimmung verwendet werden könnten. Der Anspruch könne nicht beliebig breit ausgelegt werden, sondern müsse im Lichte der Beschreibung gesehen werden.

Zudem würde kein Zustandsindikator unabhängig von der Zeit ermittelt. Die gefundenen Kalibrierungsintervalle seien Schätzungen, die sich im weiteren Zeitverlauf jedoch ständig ändern könnten.

Da das in Dokument E1 offenbarte Gerät kein Wasseranalyse-Gerät sei und keine technischen Parameter des Analyse-Geräts ermittelt würden, sei keines der Merkmale des Anspruchs 1 in Dokument E1 offenbart.

5.1.3 Wie bereits oben ausgeführt kann die Kammer in Dokument E1 weder erkennen, dass das offenbarte Gerät ein Wasseranalyse-Gerät ist, noch dass technische Parameter des Analysegeräts erfasst werden. Die in Dokument E1 ermittelten pH-Werte und Temperaturen erachtet die Kammer nicht als technische Parameter des Analyse-Geräts im Sinne des Anspruchs 1 (siehe 3.1 oben). Es mag zwar naheliegend sein, das in Dokument E1 offenbarte Verfahren zur Wasseranalyse zu verwenden, aber es ist nicht naheliegend, was die Beschwerdeführerin auch nicht behauptet hat, neben pH-Wert und Temperatur auch noch technische Parameter des Analysegeräts zu erfassen.

5.1.4 Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 ausgehend von Dokument E1 unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

5.2 Erfinderische Tätigkeit ausgehend von Dokument E2

5.2.1 Die Beschwerdeführerin war der Meinung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, wenn das Dokument E2 kein Wasseranalyse-Gerät offenbare. Aus dem Dokument E2 sei ein Verfahren zur Bestimmung eines Zustandsindikators eines Transmitters für die Prozessüberwachung mit einem Sensor zur Überwachung von Prozessvariablen bekannt mit mindestens den Merkmalen b. bis i. des Anspruchs 1 (siehe auch Ausführungen zur Neuheit gegenüber Dokument E2 oben). Dem Fachmann sei bekannt, dass Prozessüberwachungssysteme auch in der Wasserwirtschaft (Kläranlagen, Trinkwasseraufbereitung) verwendet würden (vgl. Dokumente E8 - E12). Diese umfassten üblicherweise auch pH-, Temperatur- und Trübungssensoren, die alle im Dokument E2 erwähnt seien. Daher sei es für den Fachmann naheliegend, dass das im Dokument E2 beschriebene Verfahren auch zur Diagnose und Überwachung von Wasser-Analysegeräten anzuwenden (vgl. 5.1 der Beschwerdebegründung).

In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer betonte die Beschwerdeführerin, dass der in Dokument E2 offenbarte Wert DeltaR1, wie auch die anderen Werte Deltaalpha und Deltadelta, Abweichungswerte der entsprechenden technischen Parameter des Geräts darstellten, wobei ein früherer gemessener Parameterwert den jeweiligen Parameter-Referenzwert darstelle. Daraus würden die jeweiligen Abweichungsrelevanz-Werte in Form der noch verbleibenden Tage berechnet und zu einer noch verbleibenden Lebensdauer des Geräts als Zustandsindikator verknüpft. Für einen Fachmann sei es aufgrund seines Fachwissens naheliegend, das aus E2 bekannte Verfahren bei einem Wasseranalyse-Gerät anzuwenden, zumal auf Seite 10, Zeile 30 es bereits erwähnt sei, dass Wasser in das Gerät eindringen könne. Das Dokument E3 könne als Beleg für das allgemeine Fachwissen angesehen werden, dass pH-Sensoren zur Wasseranalyse eingesetzt würden.

5.2.2 Die Beschwerdegegnerin erwiderte, dass, selbst wenn es naheliegend sei, das im Dokument E2 offenbarte Verfahren zur Zustandsbestimmung eines Wasser-Analysegeräts zu verwenden, das Dokument E2 nicht das Merkmal c. und folglich auch nicht die Merkmale e. - i. des Anspruchs 1 offenbare (vgl. Beschwerdeerwiderung, Randziffern 57 - 59).

In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ergänzte die Beschwerdegegnerin, dass das Dokument E2 kein Wasseranalyse-Gerät, keine Abweichungswerte und keine Berechnungsvorschrift für die Reststandszeit als Zustandsindikator offenbare. Der im Rahmen der Wenn-dann-Regeln auf Seite 16 vorgenommene Schwellwertvergleich könne nicht als Ermittlung eines Abweichungswertes betrachtet werden, wie er in Absatz [0008] der Patentschrift beschrieben sei. Es sei nicht klar, was mit dem Wert DeltaR1 gemeint sei. DeltaR1 beziehe sich auf einen früher gemessenen Wert und setze einen aktuelleren Wert in einen zeitlichen Bezug zu diesem früheren Wert, der als Selbst-Referenz zu betrachten sei und nicht als fester Parameter-Referenzwert. Die so gefundene Reststandszeit sei wahrscheinlichkeits­behaftet und könne sich durch weitere Messungen ändern. Daher beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit, selbst wenn es naheliegend sein sollte, das Gerät aus Dokument E2 als Wasseranalyse-Gerät zu verwenden.

5.2.3 Die Kammer stimmt der Auffassung der Beschwerdegegnerin zu. Es mag zwar naheliegend sein, das im Dokument E2 offenbarte Verfahren auch zur Bestimmung der verbleibenden Lebensdauer eines Wasser-Analysegerätes zu verwenden, aber das Dokument E2 offenbart jedoch nicht die Merkmale c. bis i. des Anspruchs 1.

Das Dokument E2 offenbart eine Vorrichtung zur Ermittlung der verbleibenden Lebensdauer von Sensoren. Dazu werden sekundäre Sensorsignale in einer Sensorüberwachungseinrichtung 116 (vgl. Figur 2) erfasst (vgl. Seite 4, Zeilen 25 - 30; diese sekundären Sensorsignale können als technische Parameter des Sensors betrachtet werden), und die zeitliche Änderung der sekundären Sensorsignale mit erwarteten (nominalen) Änderungswerten 120 verglichen (vgl. Seite 5, Zeilen 15 - 23). Eine Diagnoseschaltung berechnet aus den erwarteten Änderungswerten, den digitalisierten Ausgangssignalen des Sensors und den digitalisierten sekundären Signalen des Sensors eine zu erwartende Restlebensdauer (vgl. Seite 6, Zeilen 23 - 33). Das Dokument E2 offenbart nicht, wie die Restlebensdauer bestimmt wird. Ein Abweichungswert, ein Abweichungsrelevanz-Wert und ein Zustandsindikator unabhängig von der Zeit werden nicht offenbart.

Gemäß einer weiteren Ausführungsvariante (vgl. Seite 16, Zeile 9 bis Seite 17, Zeile 2) werden die Parameter des Sensors erfasst und gemäß Wenn-dann-Regeln mit unteren und oberen Grenzwerten verglichen. So wird beispielsweise aus der Änderungsgeschwindigkeit DeltaR1 (Änderung des Widerstandswertes über einen bekannten Zeitraum) des Parameters R1 und dem oberen noch akzeptablen Grenzwert RH dieses Parameters die noch verbleibende Zeit bis zum Erreichen dieses Grenzwerts berechnet. Anders als von der Beschwerdeführerin behauptet, stellt die Größe DeltaR1 somit keinen Abweichungswert bezüglich eines früher gemessen Referenzwertes dar, denn die Größe DeltaR1 stellt vielmehr die gemessenen Parameterwerte in einen zeitlichen Bezug. In die Berechung der verbleibenden Lebensdauer geht neben der Änderungsgeschwindigkeit DeltaR1 auch eine Differenz zwischen einem aktuellen Wert von R1 und des oberen Grenzwert dieser Größe RH ein. Somit liefert dieses Verfahren eine Prognose anhand eines Grenzwertes und der aktuellen Änderungsgeschwindigkeit, die angibt, wann ein bestimmter Zustand voraussichtlich eintreten wird.

Selbst wenn man davon ausginge, dass der Grenzwert RH als Parameterreferenzwert im Sinne des Anspruchs 1 angesehen werden könnte, wird ein Abweichungs­relevanzwert nicht ermittelt. Ein Zustandsindikator für den jeweiligen Zeitpunkt wird nicht bestimmt.

Da das Dokument E2 einen Abweichungswert des Parameterwertes in Bezug auf einen zugeordneten Parameter-Referenzwert nicht offenbart und die Beschwerdeführerin dazu keine Ausführungen gemacht hat, dass die Ermittlung eines solchen Abweichungswert ausgehend von Dokument E2 naheliegend sein könnte, ist nach Ansicht der Kammer eine solche Ermittlung auch nicht naheliegend. Damit beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

5.2.4 Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ausgehend von Dokument E2 allein oder in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen, auch im Hinblick auf das Dokument E3, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

5.3 Erfinderische Tätigkeit ausgehend von Dokument E3 in Verbindung mit dem Dokument E2

5.3.1 Die Beschwerdeführerin war der Meinung, dass auch das Dokument E3 als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden könne. Dieses betreffe die vorausschauende Wartung von pH-Sensoren, also Wasser-Analysegeräten im Sinne des Anspruchs 1, und die Bestimmung eines Zustandsindikators und offenbare die Merkmale a. bis c. des Anspruchs 1.

Ausgehend von dem Dokument E3 stelle sich dem Fachmann die Aufgabe, neben den Kalibrierungsdaten auch die weiteren diagnostischen Parameter zu berücksichtigen, um eine verbesserte vorausschauende Wartung zur Verfügung zu stellen (vgl. E3, Seite 38, rechte Spalte, letzte 3 Absätze).

In Dokument E2 finde der Fachmann ein Verfahren zur Bestimmung einer Restlebensdauer eines Sensors mit den Merkmalen b. bis i. des Anspruchs 1 (vgl. 5.2 der Beschwerdebegründung).

5.3.2 Die Beschwerdegegnerin war der Ansicht, dass das Dokument E3 möglicherweise die Merkmale a. und b. des Anspruchs 1 offenbare, nicht jedoch die weiteren Merkmale. Der Fachmann würde aber von einer Kombination mit dem unklaren Offenbarungsgehalt des Dokuments E2 absehen. Zudem offenbare das Dokument E2 auch nicht die Merkmale c. - i. des Anspruchs 1. Insbesondere die Kernfunktion des Erfindungsgegenstandes, nach welcher eine quantifizierte Bestimmung von Abweichungswerten, die Ermittlung von Abweichungsrelevanz-Werten und eines Zustandsindikators vorgenommen werde, könne nicht aus einem Schwellwertvergleich abgeleitet werden (vgl. Beschwerdeerwiderung, Randziffern 60 - 62).

5.3.3 Nach Ansicht der Kammer offenbart das Dokument E3, mindestens zwei verschiedene technische Parameter eines Analysegeräts zu ermitteln und mit Grenzwerten zu vergleichen. Bei diesem Vergleich wird jedoch kein Abweichungswert ermittelt, sondern lediglich das Erreichen des Grenzwertes erfasst, um einen Alarm abgeben zu können. Selbst wenn der Fachmann die Lehre von Dokument E3 mit der von Dokument E2 kombinieren würde, käme er nicht zum beanspruchten Gegenstand, da das Dokument E2 nicht alle fehlenden Merkmale c. bis i. des Anspruchs 1 offenbart (siehe 5.2.3 oben).

5.4 Erfinderische Tätigkeit ausgehend von Dokument E3 in Verbindung mit dem Dokument E7

5.4.1 Die Beschwerdeführerin war der Auffassung, dass der Fachmann, ausgehend von Dokument E3 und mit der Aufgabe neben den Kalibrierungsdaten auch die weiteren diagnostischen Parameter zu berücksichtigen, auch das Dokument E7 zur Lösung heranziehen würde. Es würden im Dokument E7 zwei verschiedene technische Parameter des Sensors ermittelt und jeweils Abweichungswerte der Parameterwerte in Bezug auf einen zugeordneten Parameterreferenzwert für jeweils alle Parameter ermittelt. Ein mittels digitaler Hardware durchgeführter Grenzwertvergleich umfasse aber in jedem Fall eine Differenzbildung, mithin eine Ermittlung eines quantitativen Abweichungswertes. Die jeweilige Gewichtung, mit der die festgestellte Abweichung der überwachten Parameter in die Bestimmung des MV-Wertes eingehe, müsse sich zwangsläufig aus einer parameterspezifischen Abweichrelevanzfunktion für den jeweiligen Parameter ergeben. Somit seien aus Dokument E7 die Merkmale b. bis i. des Anspruchs 1 bekannt (vgl. 5.3 der Beschwerdebegründung).

5.4.2 Die Beschwerdegegnerin ist der Auffassung, dass der Schwellwertvergleich im Dokument E7 nicht unter das Merkmal c. des Anspruchs 1 subsumiert werden könne. Das Dokument E7 könne daher dieses Merkmal c. sowie die weiteren Merkmale, die sich mit der quantitative Auswertung befassen, nicht offenbaren (vgl. Beschwerdeerwiderung, Randziffern 63, 64).

5.4.3 Die Kammer schließt sich der Auffassung der Beschwerdegegnerin an, dass ein Grenzwertvergleich nicht zwangsläufig eine Ermittlung des quantitativen Abweichungswertes einschließt (siehe 3.2.4 oben).

Die Kombination der Dokumente E3 und E7 legt daher den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht nahe.

5.5 Erfinderische Tätigkeit ausgehend von Dokument E13 in Kombination mit Dokument E4

5.5.1 Die Beschwerdeführerin war der Meinung, dass das Dokument E13 die Merkmale a. b. und c. des Anspruchs 1 offenbare.

Mit der Aufgabe, eine umfassendere Diagnose zu ermöglichen, würde der Fachmann das Dokument E4 konsultieren, das nicht nur die Merkmale b. c. und d. des Anspruchs 1 offenbare, sondern auch noch die Merkmale e. bis i des Anspruchs 1, die von der Einspruchsabteilung als nicht in Dokument E4 offenbart angesehen worden seien (vgl. 5.4 der Beschwerdebegründung).

5.5.2 Die Beschwerdegegnerin vertrat die Auffassung, dass das Dokument E13 nicht das Merkmal c. des Anspruchs 1 offenbare, da dort nur ein Schwellwertvergleich offenbart sei. Die Beschwerdegegnerin hält die Auffassung der Einspruchsabteilung für richtig, dass das Dokument E4 keine Ermittlung eines Abweichungsrelevanzwertes mittels einer Abweichungsrelevanzfunktion offenbare. Es offenbare lediglich, aus mehreren qualitativen Prüfergebnissen einen Zustandsindikator zu ermitteln. Eine Relevanz der betreffenden Abweichungen werde jedoch nicht berücksichtigt (vgl. Beschwerdeerwiderung, Randziffern 65 - 68).

5.5.3 Die Kammer stimmt der Meinung der Einspruchsabteilung und der Beschwerdegegnerin zu, dass in Dokument E4 nicht offenbart ist, wie die verschiedenen Abweichungswerte der Parameter kombiniert werden, um daraus den Zustandsindikator zu ermitteln. Ein Abweichungsrelevanz-Wert wird aus den Abweichungswerten nicht ermittelt.

Die Kombination der Dokumente E13 und E4 legt daher den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht nahe.

5.6 Erfinderische Tätigkeit ausgehend von Dokument E3 in Kombination mit dem Dokument E4

5.6.1 Die Beschwerdeführerin führte dazu aus, dass das Dokument E3 mindestens die Merkmale a. und b. des Anspruchs 1 offenbare.

Mit der Aufgabe, weitere diagnostische Parameter zu berücksichtigen, würde der Fachmann das Dokument E4 konsultieren. Dieses Dokument offenbare, wie bereits ausgeführt, die Merkmale b. bis i. des Anspruchs 1 (vgl. 5.5 der Beschwerdebegründung).

5.6.2 Die Beschwerdegegnerin stimmte der Beschwerdeführerin dahingehend zu, dass das Dokument E3 allenfalls die Merkmale a. und b. des Anspruchs 1 offenbare. Wie bereits ausgeführt, offenbare das Dokument E4 jedenfalls nicht die Merkmale e. bis i, da nicht offenbart sei, wie die Abweichungswerte der Parameter kombiniert würden. (vgl. Beschwerde­erwiderung, Randziffern 69 - 72).

5.6.3 Die Kammer stimmt der Auffassung der Beschwerdegegnerin zu. Wie bereits oben unter5.5.3 ausgeführt, offenbart das Dokument E4 zwar, Abweichungswerte von Parametern bezüglich Parameter-Referenzwerten zu ermitteln, aber das Dokument E4 offenbart nicht, wie die verschiedenen Abweichungswerte der Parameter kombiniert werden, um daraus den Zustandsindikator zu ermitteln.

Auch die Kombination der Dokumente E3 und E4 legt daher den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht nahe.

5.7 Zusammenfassend stellt die Kammer fest, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

6. Da aus den oben genannten Gründen die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 (1) bzw. Artikel 56 EPÜ der Aufrechterhaltung des europäischen Patents nicht entgegenstehen, gibt es keinen Grund, das Patent zu widerrufen (Artikel 101 (2) EPÜ). Deshalb ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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