T 2287/14 (Separate Druckdatenerzeugung/CORTADO) of 27.3.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T228714.20180327
Datum der Entscheidung: 27 März 2018
Aktenzeichen: T 2287/14
Anmeldenummer: 06112655.3
IPC-Klasse: G06F 3/12
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Anordnung zum Ausdrucken von Daten bei Nutzung eines Nachrichten-Signalisierungs-Services, sowie ein entsprechendes Computerprogramm und ein entsprechendes computerlesbares Speichermedium
Name des Anmelders: Cortado AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - rückschauende Betrachtungsweise (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0645/92
T 0795/93
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung auf Zurückweisung der vorliegenden europäischen Patentanmeldung. Die Zurückweisungsgründe basierten auf mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) bezüglich der Ansprüche eines Hauptantrags und dreier Hilfsanträge unter Berücksichtigung des folgenden Stands der Technik:

D1: US-A-2004/0185877;

D2: EP-A-1 178 392;

D3: EP-A-1 471 418;

D4: EP-A-1 291 787;

D5: EP-A-1 271 297,

und unzulässiger Erweiterung (Artikel 123(2) EPÜ) bezüglich des zweiten und dritten Hilfsantrags.

II. Mit der Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdeführerin nochmals die Ansprüche des der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Hauptantrags und geänderte Ansprüche gemäß zweier Hilfsanträge ein. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des Hauptantrags oder hilfsweise auf der Basis eines der Hilfsanträge zu erteilen.

III. Mit einer Mitteilung gemäß Regel 100(2) EPÜ teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung zur Beschwerde mit. Hierbei erhob sie insbesondere Einwände nach Artikel 84 und 123(2) EPÜ in Bezug auf die Ansprüche aller Anträge. Darüber hinaus machte sie auch generelle Bemerkungen zur Frage der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit.

IV. Mit einem Antwortschreiben reichte die Beschwerdeführerin daraufhin geänderte Ansprüche gemäß einem neuen Hauptantrag und zwei neuen Hilfsanträgen ein.

V. Mit der Anlage zur Ladung für eine mündliche Verhandlung gemäß Artikel 15(1) VOBK ging die Kammer auf die neuen Anspruchsanträge und die Argumente der Beschwerdeführerin ein und teilte mit, dass alle vorliegenden Anträge weiterhin nicht die Erfordernisse von Artikel 84 und 123(2) EPÜ erfüllten und dass deren Gegenstand zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

VI. Mit Schreiben vom 27. Februar 2018 ersetzte die Beschwerdeführerin die bisher geltenden Anspruchsanträge durch geänderte Ansprüche gemäß einem neuen Hauptantrag und zwei neuen Hilfsanträgen (Hilfsanträge 1 und 2).

VII. Am 27. März 2018 fand die anberaumte mündliche Verhandlung statt, in deren Verlauf über alle vorliegenden Anspruchsanträge diskutiert wurde.

Die Beschwerdeführerin beantragte abschließend, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent zu erteilen auf der Grundlage des Hauptantrags oder, hilfsweise, auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 1 und 2, alle Anträge eingereicht mit Schreiben vom 27. Februar 2018.

Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete die Kammer ihre Entscheidung.

VIII. Anspruch 1 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:

"Verfahren zum Ausdruck von in Form mindestens eines Email-Anhangs vorliegender Daten bei Nutzung eines Nachrichten-Signalisierungs-Services (NSS), wobei die Daten, wenn sie auf einem Server des

Nachrichten-Signalisierungs-Services (NSS) eingehen, einem mobilen Endgerät signalisiert werden und ein Zugriff des mobilen Endgerätes auf die bei dem

NSS-Server eingegangenen Daten unter Nutzung von Mobilfunktechnologie ausführbar ist,

dadurch gekennzeichnet, dass

von dem mobilen Endgerät eine Anforderung zum Ausdruck der Daten an einen Druckserver, der auf einer von dem NSS-Server verschiedenen und den Ausdruck steuernden Datenverarbeitungseinrichtung installiert ist, gesendet,

die Übertragung der Daten vom NSS-Server auf den Druckserver automatisch durch ein auf dem mobilen Endgerät installiertes Computerprogramm veranlasst wird,

auf dem Druckserver ein Druckdatenerzeugungsvorgang zur Erzeugung von Druckdaten zu den übertragenen Daten gestartet wird und

die durch den Druckdatenerzeugungsvorgang erzeugten Druckdaten von dem Druckserver an das mobile Endgerät und von diesem mobilen Endgerät an einen vorgebbaren Drucker gesendet und dort ausgedruckt werden."

Anspruch 1 von Hilfsantrag 1 enthält alle Merkmale von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag mit dem Unterschied, dass dessen letzter Absatz nun wie folgt lautet (mit durch die Kammer hervorgehobenen Änderungen im Vergleich zu Anspruch 1 des Hauptantrags).

"die durch den Druckdatenerzeugungsvorgang erzeugten Druckdaten als Stream von dem Druckserver an das mobile Endgerät und von diesem mobilen Endgerät an einen vorgebbaren Drucker gesendet und dort ausgedruckt werden."

Anspruch 1 von Hilfsantrag 2 lautet wie folgt (mit von der Kammer hervorgehobenen Änderungen im Vergleich zu Anspruch 1 des Hauptantrags).

"Verfahren zum Ausdruck von in Form mindestens eines Email-Anhangs vorliegender Daten bei Nutzung eines Nachrichten-Signalisierungs-Services (NSS), wobei die Daten, wenn sie auf einem Server des

Nachrichten-Signalisierungs-Services (NSS) eingehen, einem mobilen Endgerät signalisiert werden und ein Zugriff des mobilen Endgerätes auf die bei dem

NSS-Server eingegangenen Daten unter Nutzung von Mobilfunktechnologie ausführbar ist,

dadurch gekennzeichnet, dass

von dem mobilen Endgerät eine Anforderung zum Ausdruck der Daten an einen Druckserver, der auf einer von dem NSS-Server verschiedenen und den Ausdruck steuernden Datenverarbeitungseinrichtung installiert ist, gesendet, die Übertragung der Daten vom NSS-Server auf den Druckserver automatisch durch ein auf dem mobilen Endgerät installiertes Computerprogramm veranlasst wird,

auf dem Druckserver ein Druckdatenerzeugungsvorgang zur Erzeugung von Druckdaten zu den übertragenen Daten gestartet wird und

das mobile Endgerät selbstständig eine Verbindung zu der den Ausdruck steuernden Datenverarbeitungs-einrichtung herstellt, wenn das mobile Endgerät vom Server nicht adressiert werden kann, und die durch den Druckdatenerzeugungsvorgang erzeugten Druckdaten über diese Verbindung an das mobile Endgerät übertragen werden und von diesem mobilen Endgerät an einen vorgebbaren Drucker gesendet und dort ausgedruckt werden."

Entscheidungsgründe

1. HAUPTANTRAG

Anspruch 1 des vorliegenden Hauptantrags umfasst die folgenden einschränkenden Merkmale (gemäß der Merkmalsgliederung durch die Kammer):

Verfahren zum Ausdruck von in Form eines Email-Anhangs vorliegender Daten bei Nutzung eines

Nachrichten-Signalisierungs-Services (NSS), wobei

A) die Daten, wenn sie auf einem NSS-Server eingehen, einem mobilen Endgerät signalisiert werden und ein Zugriff des mobilen Endgerätes auf die beim

NSS-Server eingegangenen Daten unter Nutzung von Mobilfunktechnologie ausführbar ist;

B) von dem mobilen Endgerät eine Anforderung zum Ausdruck der Daten an einen Druckserver gesendet wird;

C) die Übertragung der Daten vom NSS-Server auf den Druckserver automatisch durch ein auf dem mobilen Endgerät installiertes Computerprogramm veranlasst wird;

D) der Druckserver auf einer von dem NSS-Server verschiedenen und den Ausdruck steuernden Datenverarbeitungseinrichtung installiert ist;

E) auf dem Druckserver ein Druckdatenerzeugungs-vorgang zur Erzeugung von Druckdaten zu den übertragenen Daten gestartet wird;

F) die durch den Druckdatenerzeugungsvorgang erzeugten Druckdaten von dem Druckserver an das mobile Endgerät und von diesem mobilen Endgerät an einen vorgebbaren Drucker gesendet und dort ausgedruckt werden.

1.1 Anspruchsänderungen im Beschwerdeverfahren

Anspruch 1 des neuen Hauptantrags unterscheidet sich von dem durch die Prüfungsabteilung zurückgewiesenen Anspruch 1 des damaligen Hauptantrags im Wesentlichen darin, dass in Reaktion auf die Einwände der Kammer nach Artikel 84 und 123(2) EPÜ nunmehr spezifiziert wird, dass (mit Hervorhebungen durch die Kammer)

- die Anforderung zum Ausdruck vom mobilen Endgerät lediglich an den Druckserver gesendet wird,

- dieser Druckserver auf einer den Ausdruck steuernden Datenverarbeitungseinrichtung installiert ist,

- die Übertragung der Daten vom NSS-Server auf den Druckserver automatisch durch ein auf dem mobilen Endgerät installiertes Computerprogramm veranlasst wird,

- auf dem Druckserver ein Druckdatenerzeugungs-vorgang zur Erzeugung von Druckdaten zu den übertragenen Daten gestartet wird,

- die durch den Druckdatenerzeugungsvorgang erzeugten Druckdaten von dem Druckserver an das mobile Endgerät und von diesem mobilen Endgerät an einen vorgebbaren Drucker gesendet und dort ausgedruckt werden.

Die Kammer hat keine Zweifel, dass die obigen Änderungen durch die ursprünglich eingereichte Anmeldung gestützt sind (vgl. Seite 12, Zeilen 7-11; Fig. 4a, Schritte 442 und 444; Seite 16, Zeilen 4-7; Seite 22, Zeile 12 bis Seite 23, letzte Zeile in Verbindung mit Fig. 4b, Schritte 456, 458 und 460 und Fig. 4c, Schritt 491).

1.2 Neuheit und erfinderische Tätigkeit (Artikel 54 und 56 EPÜ)

Die Kammer befindet, dass der Gegenstand von Anspruch 1 zwar neu ist, aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber dem Stand der Technik D1 beruht. Die Gründe hierfür sind wie folgt:

1.2.1 Der nächstliegende Stand der Technik D1 beschreibt insbesondere in ihren den Datenausdruck betreffenden Ausführungsbeispielen ein Verfahren zum Ausdrucken von Email-Anhängen ("E-mail attachments 200B") unter Einsatz eines Servers zur Nachrichtensignalisierung ("host system 202" bzw. "host system 1808"), der den Eingang eines Anhangs einem mobilen Endgerät ("mobile device 214B" bzw. "mobile device 1802") über ein Funknetz ("wireless network 212" bzw. "wireless network 1804") anzeigt (siehe z.B. Absatz [0092] in Verbindung mit Fig. 6 und Fig. 7, Schritte 220 und 222 bzw. Absatz [0194] in Verbindung mit Fig. 18), in Übereinstimmung mit Merkmal A) von Anspruch 1.

1.2.2 In Bezug auf Merkmale B) und C) wird hierbei auch eine Anforderung ("communication signal") zum Ausdruck des Anhangs durch das mobile Endgerät an einen Druckserver ("network interface and printer gateway 1814") gesendet (siehe z.B. Absatz [0192]: "... the mobile device 1802 forwards a communication signal, in the form of an E-mail message (S418), with or without attachments, to ... a selected service ... in the network interface and gateway component 1814." in Verbindung mit Fig. 18, Schritt S418) und eine Übertragung der auszudruckenden Daten vom "host system 1808" auf den Druckserver automatisch und inhärenterweise softwarebasiert durch das mobile Endgerät veranlasst (siehe z.B. Absatz [0198], letzter Satz: "... an E-mail or attachment may be forwarded to ... other information processor by a host system in response to a communication signal sent to the host system from a mobile device ..." in Verbindung mit Fig. 18, Pfad S418).

1.2.3 Betreffend Merkmal D) lehrt D1 zudem auch, dass der Server, der auch die Druckdaten mittels eines Datenkonversionsmoduls ("document rendering and conversion engine 1514"; siehe Fig. 15) erzeugt, d.h. der Druckserver, in einer vom "host system 1808" verschiedenen Datenverarbeitungseinrichtung ("network interface and printer gateway 1814") installiert ist (siehe vor allem Absatz [0167], vierter Satz: "The network interface and printer gateway 1614 includes such components or modules as 1504 through 1520 (FIG. 15) ..." und Absatz [0193]: "... in the network interface and printer gateway 1814 ... which will separate the E-mail into its different components ... and create multiple print jobs ... for each attachment ... The information associated with each print job ... is passed to the rendering and conversion engine 1514, which renders ... each job ..."). Daher ist die Kammer der Ansicht, dass im Gegensatz zur Auffassung der Prüfungsabteilung (vgl. angefochtene Entscheidung, Gründe 1.1.2.2) auch Merkmal D) aus der Druckschrift D1 bekannt ist.

Im Zusammenhang mit der Frage der Vorwegnahme von Merkmal D) durch D1 brachte die Beschwerdeführerin im schriftlichen Verfahren das Gegenargument vor, dass es unerheblich sei, dass das entsprechende Druckdatenerzeugungsmodul ("document rendering and conversion engine 1514") von D1 auch in einer vom "host system 1808", d.h. dem NSS-Server, verschiedenen Datenverarbeitungseinrichtung installiert sein könnte, da auch dann das "host system" die den Ausdruck steuernde Datenverarbeitungseinrichtung sei und nicht das "network interface and printer gateway 1814".

Die Kammer ist davon nicht überzeugt. Die Komponente, welche letztendlich die entsprechenden Druckdaten erzeugt und auch den Ausdruck bewirkt wie das im "network interface and printer gateway 1614" gemäß D1 enthaltene Datenkonversionsmodul, "steuert" nach Einschätzung der Kammer logischerweise auch den eigentlichen Ausdruck (siehe hierzu auch D1, Absatz [0193], zweiter Satz: "... the rendering and conversion engine 1514, which renders and prints ... each job ... on the printer 1816 ..."). Dies hat die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer auch nicht mehr bestritten.

1.2.4 In Bezug auf Merkmal F) lehrt D1 zwar, dass die auszudruckenden Daten auch vom mobilen Endgerät an den jeweiligen Drucker ("attachment displayer 216"; "printer 1816") zum Ausdrucken gesendet werden können (siehe z.B. Absatz [0198] in Verbindung mit Fig. 19, Schritte S1912, S1914 und S1922). Die Kammer stimmt jedoch der Auffassung der Beschwerdeführerin zu, dass im Gegensatz zu Merkmal F) D1 nicht eindeutig und unmittelbar offenbart, dass hierbei auch die durch den Druckdatenerzeugungsvorgang erzeugten Druckdaten von dem Druckserver (d.h. "network interface and printer gateway 1814" mit dem "document rendering and conversion engine 1514") an das mobile Endgerät gesendet werden, bevor diese an einem vorgebbaren Drucker ausgedruckt werden können. Stattdessen sieht D1 offenbar das Senden der erzeugten Druckdaten vom Druckserver direkt zum Drucker ("attachment displayer 216" bzw. "printer 1816") vor (siehe z.B. Fig. 6, 200B und Fig. 7, Schritt 234 bzw. Fig. 18, Schritt S518).

1.2.5 Somit ist die Kammer der Ansicht, dass sich der Gegenstand vom vorliegenden Anspruch 1 durch das Unterscheidungsmerkmal F) von der Offenbarung von D1 abgrenzt und dieser folglich neu gegenüber D1 ist (Artikel 54 EPÜ).

1.2.6 Hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit wurde in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer intensiv erörtert, welche glaubhafte technische Wirkung dem vorliegenden Unterscheidungsmerkmal F) zuzuschreiben ist. Die Beschwerdeführerin brachte hierzu vor, dass durch das direkte Verschicken der Druckdaten an das mobile Endgerät eines Nutzers zum Zwecke des späteren Ausdruckens dem Nutzer eine bessere Kontrolle über den Druckvorgang bzw. eine Flexibilisierung des Druckens ermögliche.

1.2.7 Auch wenn die Kammer Zweifel hat, dass ein mobiles Endgerät, das nach Erhalt der entsprechenden Druckdaten vom Druckserver - ohne weitere Bedingungen und insbesondere ohne Nutzereingriff - diese nach dem Wortlaut von Merkmal F) an den vorgebbaren Drucker sendet, d.h. die Daten lediglich als sozusagen passive Systemkomponente weiterleitet, überhaupt imstande ist, diesen Druckvorgang entscheidend zu beeinflussen bzw. flexibler zu gestalten, legt die Kammer zu Gunsten der Beschwerdeführerin hierbei als zu lösende objektive technische Aufgabe die "Verbesserung der Kontrollmöglichkeit des Druckvorgangs durch einen Nutzer des mobilen Endgeräts in einem Druckernetzwerksystem gemäß D1" zugrunde. Eine solche Aufgabe wendet sich nach Ansicht der Kammer an einen Fachmann auf dem Gebiet der vernetzten Druckersysteme.

1.2.8 Die Kammer ist jedoch der Ansicht, dass der vorgenannte Fachmann - ausgehend von D1 - prinzipiell zwei mögliche Lösungsoptionen zum Ausdrucken der erzeugten Druckdaten mittels des mobilen Endgeräts ins Auge fassen würde, nämlich entweder (i) die Steuerung des Ausdrucks der Druckdaten vollständig einer zwischengeschalteten Datenverarbeitungseinrichtung eines Netzwerks und damit wie in D1 dem "host system" bzw. "network interface and printer gateway" zu überlassen oder (ii) die Druckdaten direkt vom Netzwerk auf das Endgerät zu übertragen, so dass dieses Endgerät selbst jene Daten über einen auszuwählenden Drucker auszudrucken vermag. Die Wahl einer dieser beiden offensichtlichen Optionen hängt nach Ansicht der Kammer wiederum in erster Linie von sicherheitsspezifischen Erwägungen des Druckdienstanbieters bzw. von den Präferenzen des Nutzers oder den Eigenschaften seines Mobilgeräts ab.

Der Offenbarung von D1 würde der Fachmann in diesem Zusammenhang beispielsweise entnehmen, dass die Motivation für die netzwerkseitige Steuerung des entsprechenden Ausdrucks, d.h. für Option (i), vornehmlich auf die Annahme zurückgeht, dass die besagten Email-Anhänge nicht problemlos vom Mobilgerät verarbeitet werden können (siehe Absatz [0012]: "There remains an additional need for ... a flexible means of processing message attachments that may be too large or incompatible with the configuration of the mobile device."). Falls aber nun der Fachmann mit der Lösung der oben formulierten objektiven technischen Aufgabe betraut werden würde, sähe er nach Überzeugung der Kammer keinen triftigen Grund nicht von Option (ii) gemäß Merkmal F) Gebrauch zu machen, wobei er deren Vor- und Nachteile selbstverständlich kennen würde.

Dies umso mehr, als D1 an mehreren Stellen der mit zahlreichen Ausführungsbeispielen gespickten Lehre auf ein mögliches netzwerkseitiges Senden von auszudruckenden Daten an ein Mobilgerät, z.B. im Falle von bereits an das Mobilgerät angepassten, vorformatierten Email-Anhängen, eingeht (siehe z.B. Absatz [0095], vorletzter Satz: "Alternatively, it is possible that automatic forwarding of attachments is possible; especially if the attachment is in a format that can be handled by the mobile device." oder Absatz [0104], dritter Satz: "The attachment processing component 202C converts attachments 200B into one or more formats that are acceptable for the mobile device 214B, prior to transmission to the mobile device 214B ...") und auch das Verschicken von auszudruckenden, im Mobilgerät zwischengespeicherten Daten an einen geeigneten Drucker behandelt (siehe z.B. Absatz [0198], zweiter Satz: "... if the information to be printed is resident on the mobile device, ... a communication signal including the information is sent to the printer ..." in Verbindung mit Fig. 19, Schritte S1920 und S1922). Zum anderen wird gemäß D1 die Netzadresse ("routing address") des vorgebbaren Druckers bereits dem mobilen Endgerät bekanntgegeben (siehe z.B. Absatz [0104], dritter Satz bzw. Fig. 7, Schritt 230), so dass es die eventuell bei ihm zwischengespeicherten Druckdaten nur noch zum Zwecke des Ausdrucks an diese Netzadresse zu übertragen bräuchte.

In diesem Zusammenhang argumentierte die Beschwerdeführerin, dass es beim Ausdrucken der Druckdaten noch eine dritte Option (iii) gäbe, nämlich dass eine Netzadresse der entsprechenden Druckdaten vom Druckserver an das mobile Endgerät und von diesem an einen vorgebbaren Drucker gesendet wird und man daher auf Option (ii) nur durch eine rückschauende Betrachtungsweise gelangen würde.

Auch dieses Argument vermag die Kammer nicht zu überzeugen. Zum einen haben nämlich nur Netzkomponenten typischerweise eine "Netzadresse" (wie z.B. eine

IP-Adresse), wohingegen Daten allenfalls über eine

Web-Adresse (wie z.B. eine URL-Adresse) abgerufen werden. Zweitens wäre die von der Beschwerdeführerin angeführte Option (iii) nach Einschätzung der Kammer nicht nur die umständlichste, sondern auch die verzögerungsbehaftetste und bandbreitenineffizienteste Lösung, so dass der Fachmann auf dem Gebiet der vernetzten Druckersysteme diese Option nicht als technisch sinnvolle Maßnahme erachten würde.

Zum Argument der rückschauenden Betrachtungsweise (der sog. "Ex-post-facto-Analyse") bemerkt die Kammer, dass gerade zur Vermeidung einer solchen rückschauenden Betrachtungsweise der beim EPA prinzipiell angewandte "Aufgabe-Lösungs-Ansatz" von den Beschwerdekammern entwickelt wurde. Zu den Eckpfeilern dieser Methodik gehören bekanntlich die Bestimmung des nächstliegenden Stands der Technik und - darauf basierend - die Formulierung der objektiven technischen Aufgabe (siehe z.B. die von der Beschwerdeführerin herangezogenen Entscheidungen T 645/92, Gründe 2.1, letzter Satz oder T 795/93, Gründe 5.1.5). Da die Beschwerdeführerin einerseits die Wahl von D1 als nächstliegendem Stand der Technik generell nicht in Frage gestellt hat und andererseits die Kammer die von der Beschwerdeführerin selbst vorgeschlagene Formulierung der objektiven Aufgabe zugrunde legt (vgl. Punkt 1.2.7 oben), vermag die Kammer im vorliegenden Fall keinerlei "Ex-post-facto-Analyse" zu erkennen.

1.3 Aus dem Obigen folgert die Kammer, dass der Hauptantrag nicht nach Artikel 56 EPÜ gewährbar ist.

2. HILFSANTRÄGE

Anspruch 1 der vorliegenden Hilfsanträge 1 und 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags darin, dass er zusätzlich angibt, dass (mit Hervorhebungen durch die Kammer)

G) die durch den Druckdatenerzeugungsvorgang erzeugten Druckdaten als Stream von dem Druckserver an das mobile Endgerät gesendet werden (Hilfsantrag 1);

H) wenn das mobile Endgerät vom Server nicht addressiert werden kann, die durch den Druckdatenerzeugungsvorgang erzeugten Druckdaten über eine vom mobilen Endgerät zur den Ausdruck steuernden Datenverarbeitungseinrichtung selbstständig hergestellte Verbindung an das mobile Endgerät übertragen werden (Hilfsantrag 2).

2.1 Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

2.1.1 Die Feststellungen bezüglich Anspruch 1 des Hauptantrags gelten mutatis mutandis auch für Anspruch 1 der neuen Hilfsanträge 1 und 2.

2.1.2 Betreffend Merkmal G) brachte die Beschwerdeführerin vor, dass das Senden der erzeugten Druckdaten als "Stream" an das Mobilgerät eine andere Art der Übertragung darstelle und, obgleich das Verschicken von solchen paketbasierten Datenstreams dem Fachmann generell bekannt sei, dieses Merkmal ausgehend von D1 aufgrund der dort fehlenden Übertragung von Druckdaten vom Druckserver zum Mobilgerät nicht nahegelegt sei.

Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass der Fachmann im Lichte der Lehre von D1, wonach auch das Druckdatenerzeugungsmodul ("document rendering and conversion engine") des Druckservers ("network interface and printer gateway") nicht nur Datenstreams empfängt, sondern auch Daten als Stream im Sinne von Option (i) z.B. zum jeweiligen Drucker weiterleitet (siehe Absatz [0160]: "A rendering and conversion engine 1514 accepts data streams ... Once information has been converted, the rendering and conversion engine 1514 uses the suitable printer driver 1516 to prepare a data stream appropriate for the printer ..."), die Maßnahme gemäß Merkmal G) im Zusammenhang mit der Verbesserung der Kontrollmöglichkeiten des Druckvorgangs durch den Nutzer auch im Falle der Option (ii) nicht nur anwenden könnte, sondern auch würde.

2.1.3 Hinsichtlich Merkmal H) bemerkt die Kammer zunächst, dass die hier vorgesehene Maßnahme nur dann eine technisch sinnvolle Lösung der objektiven Aufgabe der Verbesserung der Kontrollmöglichkeiten des Druckvorgangs durch den Nutzer für den hier speziellen Fall der mangelnden netwerkseitigen Erreichbarkeit des Mobilgeräts darstellt, wenn das mobile Endgerät für die Detektion dieser Unerreichbarkeit verantwortlich ist. Dies könnte - wie die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung einräumte - typischerweise und notorisch durch das Setzen eines "Timers" und das entsprechende Abwarten auf Seiten des Mobilgeräts nach Verschicken eines Druckauftrags an den Druckserver erfolgen. Dass in einem solchen speziellen Fall - in Ermangelung von netzwerkseitigen Möglichkeiten aufgrund der Unerreichbarkeit des Mobilgeräts - das Mobilgerät selbst von sich aus versucht, den jeweiligen Druckserver zu erreichen und im erfolgreichen Fall eine Verbindung zu ihm aufzubauen, ist eine bloße Selbstverständlichkeit und daher eine zwangsläufige Implementierungsmaßnahme zur Sicherstellung der Kommunikationsmöglichkeit zwischen dem "Server" (d.h. dem Druckserver) und dem Endgerät. Da demnach sowohl die Erkennung des oben beschriebenen speziellen Fehlerfalls als auch die zugehörige Gegenmaßnahme naheliegend ist, kann auch Merkmal H) nicht zur erfinderischen Tätigkeit des vorliegenden Gegenstands beitragen.

2.2 Folglich sind auch die vorliegenden Hilfsanträge 1 und 2 nicht nach Artikel 56 EPÜ gewährbar.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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