T 2266/14 () of 17.4.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T226614.20180417
Datum der Entscheidung: 17 April 2018
Aktenzeichen: T 2266/14
Anmeldenummer: 06763998.9
IPC-Klasse: F04C 27/02
F04C 18/344
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VAKUUM-DREHSCHIEBERPUMPE
Name des Anmelders: Leybold GmbH
Name des Einsprechenden: Agilent Technologies Deutschland GmbH
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54(2)
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 83
Schlagwörter: Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung zur Post gegeben am 17. November 2014, das europäische Patent Nr. 1 899 608 nach Art 101(3) (b) EPÜ zu widerrufen.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Patentinhaberin als Beschwerdeführerin am 3. Dezember 2014 Beschwerde eingelegt und am selben Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 19. März 2015 eingereicht.

III. Der Einspruch gegen das Patent war auf die Gründe Art 100 a) i.V.m. 54 und 56 EPÜ und Art 100 b) EPÜ gestützt. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass die in Artikel 100(a) i.V.m. Art 56 EPÜ genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstünden.

In ihrer Entscheidung hat sie unter anderem folgende Entgegenhaltungen berücksichtigt:

E1: DE 102 27 772 A1

E7: US 3 053 439

E9: WO 2004/044431A2

E13: DE 1 123 076

E14: DE 27 55 328

E15: US 3 421 688

E16: JP 53-43209

E16': englische Übersetzung der E16

E19: Konvolut zur Vorbenutzung "BMW Vakuumpumpe"

IV. Mit Schreiben vom 5. August 2015 erwiderte die Einsprechende als Beschwerdegegnerin die Beschwerdebegründung. Mit dem Telefax vom 25. August 2017 nahm sie aber ihren Einspruch zurück und ist somit nicht mehr am Beschwerdeverfahren beteiligt.

V. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung (Hauptantrag), oder hilfsweise in der Fassung eines der Hilfsanträge I bis IV, eingereicht mit Schriftsatz vom 18. März 2015.

VI. Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags hat folgenden Wortlaut:

"Vakuum-Drehschieberpumpe, miteinem einen Schöpfraum (12) aufweisenden Gehäuse (10),einem exzentrisch in dem Schöpfraum (12) angeordneten Rotor (14),mit dem Rotor (14) verschiebbar verbundenen Schiebern (18), einer Ölkammer,einem mit dem Schöpfraum (12) und der Ölkammer (32) verbundenen Ausstoßkanal (30),einer zwischen der Ölkammer (32) und dem Ausstoßkanal (30) angeordneten Ventileinrichtung (38), um ein Zurückströmen von Medium aus der Ölkammer (32) in den Schöpfraum (12) zu unterbinden undmindestens einem mit dem Ausstoßkanal (30) verbundenen Ausgleichskanal (50), an dem im Wesentlichen Atmosphärendruck anliegt,dadurch gekennzeichnet,dass der Ausgleichskanal als teilweise abgedeckte Nut insbesondere in einem Flansch (34) des Gehäuses (10) ausgebildet ist."| |VII. Die Beschwerdeführerin hat zu den entscheidungserheblichen Punkten folgendes vorgetragen:- Die Vorbenutzung E19 wurde im Einspruchsverfahren verspätet vorgebracht und wurde zurecht nicht in das Verfahren zugelassen.- Die Neuheit des Hauptantrags wurde von der Einspruchsabteilung bestätigt. Zudem sei der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags neu gegenüber jedem der Dokumente E1, E13, E15, E16 und E19. E13 sei hinsichtlich der Neuheit nicht vor der Einspruchsabteilung in diesem Zusammenhang diskutiert worden.- Die Kombination von E14 mit E1 würde den Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags nicht nahelegen. Die Kombinationen von E1 mit E15, E1 mit dem Fachwissen, E1 mit E9, E15 mit E7 sowie E15 mit Fachwissen seien nicht zum Beschwerdeverfahren zuzulassen. VIII. In ihrer Erwiderung hat die Einsprechende und ehemalige Beschwerdegegnerin zu den entscheidungserheblichen Punkten folgendes substantiiert vorgetragen:- Die beanspruchte Erfindung sei nicht ausreichend offenbart.- Der Anspruch 1 sei in der angegriffenen Entscheidung zu eng ausgelegt worden.- Die Erfindung nach dem erteilten Anspruch 1 sei nicht neu gegenüber E1, E13, E15, E16, und E19. Dabei hätte die Einspruchsabteilung E19 zulassen müssen.- Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags werde nahegelegt durch eine Kombination von E14 mit E1, E1 mit E15, E1 mit dem Fachwissen, E1 mit E9, E15 mit E14, oder von E15 mit E7.|

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Anwendungsgebiet der Erfindung

Die Erfindung betrifft eine Vakuum-Drehschieberpumpe, bei der ein Ausgleichskanal (50) mit der Atmosphäre in Verbindung steht. Bei Stillstand der Pumpe belüftet der Ausgleichskanal den Schöpfraum (12) der Pumpe und verhindert dadurch ein Volllaufen des Schöpfraums mit Öl. Der Ausgleichskanal ist als teilweise abgedeckte Nut ausgebildet (Figur 1: der Ausgleichskanal (50) ist durch die Ventileinrichtung (38) teilweise abgedeckt).

3. Ausreichende Offenbarung

Auch die Kammer kommt zum Schluss, dass bei sinnvoller Lesung des Anspruchswortlauts im Lichte der Beschreibung die beanspruchte Erfindung ausreichend offenbart ist. Etwaige Unklarheiten oder Widersprüche zur Beschreibung kann der Fachmann ohne weiteres und im Kontext der Gesamtoffenbarung klären. Die Einspruchsabteilung entschied somit zutreffend, dass das Streitpatent die Erfordernisse von Art 100 (b) i.V.m Art 83 EPÜ erfüllt.

4. Auslegung von Anspruch 1

Für die nachfolgende Diskussion von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit ist es unerlässlich, zunächst die Bedeutung der Merkmale "Nut", "Ölkammer" und "im Wesentlichen Atmosphärendruck anliegt" in Anspruch 1 des Hauptantrags zu klären.

4.1 Nut

Eine Nut ist eine längliche Vertiefung ("Anlage B", eingereicht von der ehemaligen Einsprechenden am 30. Januar 2013; bestätigt durch die Definition im "Brockhaus").

Das Wort "Vertiefung" impliziert dabei, dass die Nut parallel zu ihrer Erstreckungsrichtung eine längliche Öffnung aufweist, welche gemäß Anspruch 1 teilweise abgedeckt werden kann. Im Gegensatz dazu wird ein zylindrischer Hohlraum nicht als Nut angesehen, da dort nur senkrecht zur Erstreckungsrichtung mindestens eine kreisförmige Öffnung vorhanden ist.

4.2 Ölkammer

Auf dem Gebiet der Technik ist eine Kammer ein abgeschlossener Raum (siehe z.B. die Definition in "Brockhaus Wahrig - Deutsches Wörterbuch").

Daher ist eine Ölkammer ein abgeschlossener Raum, der dazu geeignet ist, Öl aufzunehmen und zu enthalten.

4.3 im Wesentlichen Atmosphärendruck anliegt

4.3.1 Nach ständiger Rechtsprechung sind die in den Patentdokumenten verwendeten Begriffe so zu interpretieren, dass ihnen die im einschlägigen Stand der Technik übliche Bedeutung zu geben ist (RdBK, II.A.6.3.3.).

4.3.2 Ein Fachmann versteht unter Atmosphärendruck den Umgebungsluftdruck. Diese Auslegung wird durch den Inhalt des Streitpatents bestätigt (Absatz 8: "Luft mit Umgebungsdruck in den Ausstoßkanal gelangt").

4.3.3 Im Kontext des Vorrichtungsanspruchs 1 bedeutet das Merkmal "Ausgleichskanal, an dem im Wesentlichen Atmosphärendruck anliegt", dass die Vakuum-Drehschieberpumpe so ausgestaltet sein muss, dass der Ausgleichskanal mindestens eine Verbindung mit der Umgebungsluft hat.

Anspruch 1 ist nicht auf einen Ausgleichskanal gerichtet, an dem nur "bei Betrieb der Pumpe" im Wesentlichen Atmosphärendruck anliegt. Daher ist dieses Merkmal nicht auf den Betrieb der Pumpe beschränkt, so dass es auch Atmosphärendruck (nur) beim Stillstand der Pumpe umfasst.

5. Neuheit

5.1 Vorbenutzung E19

5.1.1 Die Vorbenutzung E19 wurde von der Einspruchsabteilung nicht in das Verfahren zugelassen. Nach geltender Rechtsprechung überprüft die Kammer nur, ob das Ermessen korrekt, d.h. nach den richtigen Kriterien und nicht willkürlich, ausgeübt wurde, siehe hierzu die Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 8. Auflage 2016, IV.E.3.6. Die Ermessensausübung durch die Einspruchsabteilung ist in diesem Sinne im vorliegenden Fall nicht gerügt worden. Auch scheint diese nach Ansicht der Kammer rechtsfehlerfrei zu sein. Auch die prima facie Würdigung der Beweismittel scheint nicht offensichtlich falsch zu sein.

5.1.2 Im Hinblick auf E19 offenbart keines der Dokumente E19.1 bis E19.7, wie der Ausstoßkanal der Pumpe mit dem Motor verbunden ist, und ob sich im Verbindungsbereich eine Kammer befindet, die als Ölkammer dienen kann (E19.5, Figur 4; E19.7: "oberes Kettengehäuse"). Daher offenbart E19 keine mit dem Ausstoßkanal verbundene Ölkammer.

Wegen dieses Unterschieds offenbart die E19 nicht alle Merkmale von Anspruch 1 des Hauptantrags. Die behauptete Relevanz der E19 für die Frage der erfinderischen Tätigkeit wurde von der ehemaligen Einsprechenden nicht substantiiert (Schreiben vom 19. Juli 2013, Seite 9).

5.2 Dokument E1

5.2.1 E1 offenbart eine Vakuum-Drehschieberpumpe zur Erzeugung des Unterdrucks im Bremskraftverstärker eines Kraftfahrzeuges (E1, Absatz 2). Eine solche Pumpe wird bei Dieselmotoren oder bei Ottomotoren ohne Drosselklappe verwendet, am Zylinderkopf montiert und üblicherweise von der Nockenwelle angetrieben. Zur Vermeidung von Festkörperreibung zwischen dem/den Pumpenflügel/n und dem Rotor und dem Pumpengehäuse wird bei einer solchen Pumpe üblicherweise Schmieröl zugeführt (siehe die vom Anmelder der E1 stammende E9, Seite 3, Absatz 1: "Öl ... Rotorinnenbohrung"). Daher wird ein Fachmann auch bei E1 eine Ölversorgung der Vakuumpumpe annehmen.

5.2.2 Die "Austrittsöffnung 12" der E1 wird aufgrund der Dicke des Pumpengehäuses 1 bzw. des Bodenteils 10 als Ausstoßkanal im Sinne von Anspruch 1 angesehen. E1 offenbart jedoch nicht, woran das Bodenteil 10 angeschlossen wird. Selbst wenn das Bodenteil der Pumpe über die drei in Figur 1 dargestellten Öffnungen auf fachübliche Weise an einen Motorblock angeflanscht wäre, offenbart E1 nicht, wie der Motorblock in diesem Bereich ausgestaltet ist. Da bei einer Vakuum-Drehschieberpumpe zur Erzeugung des Unterdrucks im Bremskraftverstärker eines Kraftfahrzeuges üblicherweise das den Ausstoßkanal der Pumpe verlassende Öl zusammen mit der Abluft in den Motorblock zurückgeführt wird, scheint eine Ölkammer nach dem Ausstoßkanal nicht zwingend nötig zu sein.

Daher offenbart E1 keinen an den Ausstoßkanal angeschlossenen abgeschlossenen Raum, der dazu geeignet ist, Öl aufzunehmen und zu enthalten.

5.3 Dokument E15

5.3.1 Das in Figur 1 der E15 gezeigte Ausführungsbeispiel offenbart ein Einlegeteil 10 aus Kunststoffschaum in einer Aufnahme am Ende von Ausstoßkanal 7.

Das Merkmal "Ausgleichskanal" impliziert jedoch ein freies Volumen zur Bildung des Kanals. Da das Einlegeteil seine Aufnahme ausfüllt, gibt an dieser Stelle kein freies Volumen, so dass kein Ausgleichskanal gebildet wird. Selbst wenn die gasgefüllten Zellen des Kunststoffschaums unter Atmosphärendruck stünden, bieten sie keine Möglichkeit zum "Ausgleich" des Drucks, da es sich um geschlossen-zelligen Kunststoffschaum handelt (Spalte 2, Zeilen 44 bis 46).

Figur 1 offenbart deswegen keinen "Ausgleichskanal, an dem im Wesentlichen Atmosphärendruck anliegt".

Wegen dieses Unterschieds muss von der Kammer nicht geklärt werden, ob die vermutlich zylindrische Aufnahme des Einlegeteils 10 eine Nut ist, oder ob die in Öl eingetauchte Pumpe eine Ölkammer offenbart (Spalte 2, Zeilen 31 und 32).

5.3.2 Das in Figur 3 der E15 gezeigte Ausführungsbeispiel offenbart eine Gastasche "gas pocket 13", die nach unten durch eine flexible Membran "flap or sealing member 5" begrenzt ist. In die Gastasche eingedrungenes Öl wird durch ein Entlüftungsrohr 15 ausgeworfen, indem die Membran durch Hochdruck im Bereich unterhalb der Membran zu einer Bewegung veranlasst wird (Spalte 2, Zeile 34; Spalte 2, Zeilen 64-66; Spalte 3, Zeilen 1-5). Der von unten auf die Membran wirkende Hochdruck "pressure surge" muss dabei größer als der Atmosphärendruck sein, damit sich die von oben über das Entlüftungsrohr mit Atmosphärendruck belastete Membran wie beschrieben bewegen kann.

Daher bildet der Bereich "recess ... in the pump face" keinen "Ausgleichskanal, an dem im Wesentlichen Atmosphärendruck anliegt".

Wegen dieses Unterschieds muss von der Kammer nicht geklärt werden, ob der Bereich "recess ... in the pump face" eine Nut ist, ob dieser Bereich bei der offenbarten vollständige Abdeckung durch die Membran noch als Ausgleichskanal wirken kann, oder ob die in Öl eingetauchte Pumpe eine Ölkammer offenbart (Spalte 2, Zeilen 31 und 32).

5.4 Dokument E13

E13 (Figur 6) offenbart eine Vakuum-Drehschieberpumpe mit einem Ausstoßkanal ("Auspuff 30") und einem damit verbundenen Ausgleichskanal (Inneres 13 der Rohre 8 und 10), an dem im Wesentlichen Atmosphärendruck anliegt (Öffnung 12). Da Rohre für einen Fachmann implizit zylindrisch sind, hat das Innere der Rohre 8 und 10 die Form eines zylindrischen Hohlraums. Dieser wird nicht als Nut angesehen (siehe Absatz 3.1).

5.5 Dokument E16

E16 offenbart eine Vakuum-Drehschieberpumpe mit einem Schöpfraum (Figur 1: 11), einem Ausstoßkanal ("exhaust hole 6") und einer Ventileinrichtung (Figur 2: 7', 8). Die Ventileinrichtung dient dazu, Öl aus einem als Ölkammer dienenden Tank in den Ausstoßkanal zu fördern (E16', Seite 4, Zeilen 17-21; Seite 5, Zeilen 17-19). Daher offenbart E16 keine Ventileinrichtung, die dazu geeignet ist, ein Zurückströmen von Medium aus der Ölkammer in den Schöpfraum zu unterbinden.

6. Erfinderische Tätigkeit

6.1 E14 kombiniert mit E1

6.1.1 Laut der angefochtenen Entscheidung ist das Merkmal "an dem im Wesentlichen Atmosphärendruck anliegt" nicht auf bestimmte Betriebszustände der Pumpe beschränkt und in E14 beim Stillstand der Pumpe erfüllt (Entscheidung, Punkt 5.1.2.1, Absätze 5 und 6; E14, Figur 2, Bezugszeichen 21). Vor diesem Hintergrund offenbart E14 bereits einen solchen Ausgleichskanal (Seite 4, Absatz 1; Seite 6, Absatz 3: Öffnung 18 in Ventilzunge 15).

6.1.2 Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich somit von der Offenbarung der E14 nur darin, dass der Ausgleichskanal als teilweise abgedeckte Nut ausgebildet ist.

6.1.3 Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist die objektive technische Aufgabe so zu formulieren, dass ihre technische Wirkung sich genau auf die Merkmale stützt, durch die sich der Anspruch vom Stand der Technik unterscheidet (siehe RdBK I.D.4.3.1).

Das Streitpatent nennt als technische Wirkung des Unterscheidungsmerkmals, dass der Ausgleichskanal auf einfache Weise herstellbar ist (SP, Absatz 13).

Daher wird die objektive technische Aufgabe im Gegensatz zur angefochtenen Entscheidung darin gesehen, den Ausgleichskanal auf einfache Weise herzustellen.

6.1.4 Ein Fachmann wird zur Lösung dieser Aufgabe nicht auf naheliegende Weise die E1 heranziehen:

- Laut E14 ist es zur Erzeugung des Enddrucks von besonderer Bedeutung, dass das Auslassventil während des Enddruckbetriebes ölüberlagert ist (Seite 4, Absatz 1). Dafür ist eine vollständige Abdichtung des Auslassventils mit Öl nötig (Seite 6, Absatz 2). Im Gegensatz dazu offenbart E1, dass im Bereich des Auslassventils ständig Luft in den Ausstoßkanal gelangt (Absatz 21: "Luft von außen permanent durch die Nut 14 in die Austrittsöffnung 12 gelangen kann"). Daher ist die Anordnung der Nut in E1 inkompatibel mit dem explizit in E14 genannten Ziel eines abgedichteten Auslassventils.

- E1 enthält keinen Hinweis darauf, dass ein Ausgleichskanal einfach herzustellen sei, wenn er als Nut ausgebildet ist. Die nierenförmige Kontur der Nut in E1 spricht sogar gegen eine einfache Herstellbarkeit.

Zudem ist die Nut 14 in E1 auf dem gleichen Kreisbogen angeordnet wie die Austrittsöffnung 12 (Absatz 21, Figur 2). Diese Konfiguration ist nicht auf E14 übertragbar, da die Schraube zur Befestigung des Auslassventils 14 sich in der gleichen Ebene befindet wie die Austrittsöffnung 17 (E14, Figuren). Das Konzept desselben "Kreisbogens" aus E1 würde aber bedeuten, dass eine Nut in E14 in der Ebene der Austrittsöffnung 17 angeordnet werden müsste, was mit der ebenfalls in dieser Ebene vorhandenen Schraube inkompatibel wäre.

6.2 E1 kombiniert mit E15

Die in E1 offenbarte Vakuum-Drehschieberpumpe zur Erzeugung des Unterdrucks im Bremskraftverstärker eines Kraftfahrzeuges befindet sich im Motorraum dieses Kraftfahrzeugs. Eine solche Pumpe wird üblicherweise am Zylinderkopf des Motorblocks befestigt. Dieses Konzept ist inkompatibel mit der in E15 offenbarten Pumpe, die zwingend in Öl eingetaucht ist (E15, Spalte 2, Zeilen 31 und 32). Ein Fachmann würde daher nicht E15 zur Weiterbildung der E1 heranziehen.

6.3 E1 kombiniert mit dem Fachwissen

Das Dokument E1 offenbart keine Kammer, und damit keine Ölkammer (siehe Punkt 6.1.2). Daher würde ein Fachmann selbst dann nicht zu einer Ölkammer gelangen, wenn das Fachwissen ihn dazu motivieren würde, die aus E1 bekannte Pumpe mit Öl zu betreiben.

6.4 E1 kombiniert mit E9

Das Dokument E9 offenbart nicht, woran das Gehäuse 3 angeschlossen wird. Selbst wenn es über die drei in Figur 1a dargestellten Öffnungen auf fachübliche Weise an einen Motorblock angeflanscht wäre, offenbart E9 nicht, wie der Motorblock in diesem Bereich ausgestaltet ist. Da bei einer Vakuum-Drehschieberpumpe zur Erzeugung des Unterdrucks im Bremskraftverstärker eines Kraftfahrzeuges üblicherweise das den Ausstoßkanal verlassende Öl zusammen mit der Abluft in den Motorblock zurückgeführt wird, scheint eine Ölkammer nach dem Ausstoßkanal nicht zwingend nötig zu sein. Daher offenbart E9 keinen an die Austrittsventile 13 und 15 angeschlossenen abgeschlossenen Raum, der dazu geeignet ist, Öl aufzunehmen und zu enthalten.

6.5 E15 (Figur 3) kombiniert mit E14

Ein Fachmann wird die E14 nicht zur Weiterbildung des in Figur 3 der E15 gezeigten Ausführungsbeispiels heranziehen:

- E15 offenbart eine komplett in Öl eingetauchte Pumpe (E14, Spalte 2, Zeilen 31 und 32), während die Ölkammer in E14 nur zur Abdichtung des Auslassventils vorgesehen ist (E14, Seite 6, Absatz 2). E15 und E14 betreffen daher verschiedene Öldichtungskonzepte in Vakuum-Drehschieberpumpen, die der Fachmann wegen der unterschiedlichen Anordnung des Öls nicht miteinander kombinieren würde.

- Die Öffnung 18 in der Ventilzunge der E14 wirkt nur dann als "Ausgleichskanal, an dem im Wesentlichen Atmosphärendruck anliegt", wenn bei Stillstand der Pumpe die Ölkammer 19 weitgehend leergelaufen ist (E14, Seite 6, Absatz 3). In E15 bleibt die Pumpe jedoch auch bei Stillstand im Öl eingetaucht. Ein Leerlaufen des die Pumpe umgebenden Ölbehälters wird in E15 nicht offenbart und wäre auch nicht mit dem Prinzip einer zwingend in Öl eingetauchten Pumpe vereinbar.

- Das Entlüftungsrohr 15 dient in E15 dazu, aus dem Ölbehälter in die Gastasche 13 eingedrungenes Öl nach oben auszuwerfen, um die Gastasche frei von Öl zu halten (Spalte 2, Zeilen 67-69: "gradually filled with oil due to seepage"; Spalte 3, Zeilen 2-4). Würde der Fachmann die Lehre der E14 auf E15 übertragen und eine Öffnung in der flexiblen Membran im Bereich der Gastasche 13 vorsehen, würde das weiterhin eindringende Öl über diese Öffnung in den Ausstoßkanal "duct 7" gelangen und den Schöpfraum der Pumpe füllen. Der von der Erfindung beabsichtigte Effekt, ein Volllaufen des Schöpfraumes zu vermeiden, würde dadurch ins Gegenteil verkehrt (Streitpatent, Absätze 5 und 8).

6.6 E15 (Figur 3) kombiniert mit E7

Bei dem Ausführungsbeispiel nach Figur 3 der E15 dient das Entlüftungsrohr 15 dazu, aus dem Ölbehälter in die Gastasche 13 eingedrungenes Öl auszuwerfen, um die Gastasche frei von Öl zu halten. Würde der Fachmann die Lehre der E7 auf E15 übertragen und das Entlüftungsrohr durch die Membran hindurch verlängern, stünde die Gastasche nicht mehr im Kontakt mit der Umgebungsluft. Das weiterhin eindringende Öl könnte daher nicht mehr aus der Gastasche ausgeworfen werden, so dass sie vollliefe und ihre Funktion verlöre. Der von E15 beabsichtigte Effekt der Geräuschverringerung wird jedoch nur dann erzielt, wenn eine Gastasche vorhanden ist (Spalte 1, Zeilen 54 und 55; Spalte 2, Zeilen 6-11; Spalte 3, Zeilen 24-28). Ein Fachmann wird daher die E7 nicht zur Weiterbildung des in Figur 3 der E15 gezeigten Ausführungsbeispiels heranziehen.

7. Die Kammer schließt aus den obengenannten Gründen, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gegenüber dem in der Entscheidung und weiterhin im Beschwerde-verfahren zitierten Stand der Technik neu ist und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, Art 100(a), 54 und 56 EPÜ, und dass die beanspruchte Erfindung ausreichend offenbart ist, Art 100(b) und 83 EPÜ.

Im Gegensatz zum Befund der angegriffenen Entscheidung stellt die Kammer somit fest, dass keiner dieser Gründe der Aufrechterhaltung des erteilten Patents entgegensteht, Art 101(2) EPÜ.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird in unveränderter Fassung aufrechterhalten.

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