T 2232/14 (Formulierung mit Überzug / HEXAL) of 26.9.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T223214.20180926
Datum der Entscheidung: 26 September 2018
Aktenzeichen: T 2232/14
Anmeldenummer: 04790997.3
IPC-Klasse: A61K 9/16
A61K 9/36
A61K 9/26
A61K 9/62
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: PHARMAZEUTISCHE WIRKSTOFFHALTIGE FORMULIERUNG MIT ÜBERZUG
Name des Anmelders: Hexal AG
Name des Einsprechenden: Acino Pharma AG
Kammer: 3.3.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Neuheit - Hauptantrag
Neuheit - Product-by-Process-Merkmal in Verfahrensanspruch (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsanträge 1 bis 4 (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Das europäische Patent Nr. 1 677 766 wurde mit 24 Ansprüchen erteilt, die auf ein Verfahren zur Herstellung einer wässerigen Dispersion gerichtet sind sowie auf ein Verfahren zur Herstellung einer pharmazeutischen wirkstoffhaltigen Formulierung unter Verwendung dieser Dispersion.

II. Gegen die Erteilung des Patents wurde ein Einspruch eingelegt. Als Einspruchsgründe wurden fehlende Neuheit und fehlende erfinderische Tätigkeit unter Artikel 100 a) EPÜ, unzureichende Offenbarung unter Artikel 100 b) EPÜ sowie unzulässige Erweiterung des Inhalts unter Artikel 100 c) EPÜ angeführt.

Im Verlauf des Einspruchsverfahrens wurden unter anderem die folgenden Beweismittel genannt:

D1: WO 02/34240

D3: US 2002/0160046| |

III. Der Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des Patents lagen ein Hauptantrag und drei Hilfsanträge zugrunde. Der Hauptantrag war das Patent in der erteilten Fassung. Die Hilfsanträge 1 bis 3 wurden in der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2014 vor der Einspruchsabteilung eingereicht.

IV. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 12 des ersten Hilfsantrags lauteten wie folgt:

"1. Verfahren zur Herstellung einer wässerigen Dispersion zur Herstellung eines Überzuges auf einer pharmazeutischen wirkstoffhaltigen Formulierung, umfassend die Schritte, dass zunächst mindestens ein Fettsäuresalz und mindestens ein Schichtsilikat gemischt werden, um eine Trennmittel-Mischung herzustellen, und dann die Trennmittel-Mischung zu einer wässerigen Suspension von (einem) filmbildenden Polymer(en) zugegeben wird".

"12. Verfahren zur Herstellung einer pharmazeutischen wirkstoffhaltigen Formulierung, umfassend das Aufbringen der wässerigen Dispersion zur Herstellung eines Überzuges, welche durch das Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche hergestellt wird, durch Aufsprühen auf einen wirkstoffhaltigen Kern".

Der zweite Hilfsantrag unterschied sich vom ersten Hilfsantrag lediglich durch das zusätzliche Merkmal in Anspruch 1, dass die Dispersion kein Antischaummittel umfasst.

Der dritte Hilfsantrag unterschied sich vom zweiten Hilfsantrag einzig und allein dadurch, dass die Ansprüche 12-24 gestrichen wurden.

V. In der angefochtenen Entscheidung kam die Einspruchsabteilung zu dem Ergebnis, dass der Hauptantrag nicht den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ genüge.

Bezüglich der drei Hilfsanträge führte die Einspruchsabteilung insbesondere folgendes aus:

a) Der erste Hilfsantrag erfülle die Kriterien der Artikel 123(2), 84 und 100(b) EPÜ, jedoch sei der Gegenstand des Anspruchs 12 nicht neu gegenüber Beispiel 1 von D1. Insbesondere weise die Dispersion dieses Beispiels keine Unterschiede gegenüber der in Anspruch 12 genannten Dispersion auf, da auch letztere Antischaummittel enthalten könne. Des Weiteren seien alle in Anspruch 12 genannten Verfahrensschritte in Beispiel 1 von D1 offenbart.

b) Der zweite Hilfsantrag sei nicht zulässig, da er verspätet eingereicht worden sei und Anspruch 12 dieses Antrags prima facie nicht neu gegenüber D3 sei. Insbesondere sei die in dem Verfahren nach Anspruch 12 verwendete Dispersion als "product-by-process" definiert, und könne somit nicht dem beanspruchten Verfahren Neuheit gegenüber dem Verfahren aus Beispiel 4 von D3 verleihen.

c) Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags erfülle nicht die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ ausgehend von D1 oder D3 als nächstliegenden Stand der Technik:

i) D1 als nächstliegender Stand der Technik:

Anspruch 1 unterscheide sich von Beispiel 1 von D1 in der Reihenfolge der Zugabe der Inhaltsstoffe sowie in der Abwesenheit des Antischaummittels. Jedoch könne dem Patent kein besonderer, auf diesen Unterschied beruhender Effekt entnommen werden, so dass die zu lösende technische Aufgabe in der Bereitstellung eines alternativen Verfahrens zur Herstellung eines Überzugs zu sehen sei. Die Lösung, d.h. das Verfahren nach Anspruch 1, sei naheliegend in der Abwesenheit eines durch die Verwendung einer unterschiedlichen Reihenfolge der Zugabe der Inhaltsstoffe verursachten nachweisbaren technischen Effekts.

ii) D3 als nächstliegender Stand der Technik:

Anspruch 1 unterscheide sich von Beispiel 4 der D3 lediglich in der Reihenfolge der Zugabe der Inhaltsstoffe. Folglich gelten die gleichen Erwägungen wie ausgehend von D1 als nächstliegenden Stand der Technik.

VI. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung legte die Patentinhaberin (nachfolgend Beschwerdeführerin) Beschwerde ein. Mit der Beschwerdebegründung reichte sie einen Hauptantrag und vier Hilfsanträge ein, und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung sowie die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage dieses Hauptantrags, hilfsweise auf der Grundlage eines dieser vier Hilfsanträge.

Der Hauptantrag entspricht dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Hilfsantrag 1.

Der erste Hilfsantrag unterscheidet sich vom Hauptantrag lediglich dadurch, dass die Verfahrensschritte des Anspruchs 1 in den Wortlaut des Anspruchs 12 aufgenommen wurden.

Der zweite Hilfsantrag unterscheidet sich vom Hauptantrag dadurch, dass die Ansprüche 12-22 gestrichen wurden und die Ansprüche 23 und 24 in die Ansprüche 12 und 13 umnummeriert wurden.

Der dritte Hilfsantrag unterscheidet sich vom Hauptantrag dadurch, dass die Ansprüche 12-24 gestrichen wurden.

Der vierte Hilfsantrag entspricht dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Hilfsantrag 3.

VII. Die Einsprechende (nachfolgend Beschwerdegegnerin) reichte keine Erwiderung auf die Beschwerdebegründung ein. Sie kündigte lediglich mit Schreiben vom 19. Mai 2017 an, dass sie nicht an der für ursprünglich den 5. Dezember 2017 anberaumten mündlichen Verhandlung teilnehmen werde. Ferner gab sie an, dass sie keinen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt habe.

VIII. Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2017 nahm die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurück.

IX. Die nach Verlegung für den 18. Oktober 2018 angesetzte mündliche Verhandlung wurde daraufhin abgesagt.

X. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

a) Anspruch 12 des Hauptantrags - Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ:

Das in Beispiel 1 von D1 beschriebene Verfahren zur Herstellung der wässerigen Dispersion unterscheide sich von dem in Anspruch 1 genannten Verfahren in der Reihenfolge der relevanten Verfahrensschritte. Auch würden beim Verfahren gemäß Anspruch 1 keine Dispersionen des Fettsäuresalzes und des Schichtsilikats hergestellt, sondern beide Komponenten trocken gemischt. Diese Unterschiede in den beiden Verfahren führten zu Unterschieden in den wässerigen Dispersionen als solche. So würden im Falle der wässerigen Dispersion gemäß Anspruch 12, welche nach dem Verfahren von Anspruch 1 hergestellt wird, weder das Schichtsilikat sedimentieren noch das Fettsäuresalz Schaum bilden, während diese Vorgänge bei der in D1 beschriebenen Dispersion unweigerlich auftreten würden. Daher sei der Gegenstand des Anspruchs 12 neu gegenüber D1.

b) Anspruch 1 des ersten bis vierten Hilfsantrags - Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ:

Dieser Anspruch unterscheide sich vom nächstliegenden Stand der Technik D1 in der Reihenfolge der Verfahrensschritte bezüglich des Mischens der Trennmittel-Mischung und der Polymerdispersion. Dieser Unterschied habe die Wirkung, dass bei Zugabe der Trennmittel-Mischung zu Wasser weder eine Sedimentation des Schichtsilikats noch eine Schaumbildung des Fettsäuresalzes auftreten, so dass die Dispersion besser verarbeitbar sei. Des Weiteren sei das erfindungsgemäße Verfahren ökologisch verträglicher, da keine Tenside oder Antischaummittel benötigt würden. Demzufolge sei die zu lösende technische Aufgabe wie in Absatz [0030] des Streitpatents angegeben. Die im Anspruch 1 vorgeschlagene Lösung sei erfinderisch, da der Stand der Technik dem Fachmann keine Anleitung zur Abwandlung des in D1 beschriebenen Verfahrens gebe, geschweige denn einen Hinweis darauf, dass sich durch eine solche Abwandlung die Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens ergeben.

XI. Anträge

Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrags, hilfsweise auf der Grundlage eines der mit dem gleichen Schreiben eingereichten Hilfsanträge 1 bis 4.

Seitens der Beschwerdegegnerin liegen keine Anträge vor.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag

1. Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ - Anspruch 12

1.1 Anspruch 12 betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer pharmazeutischen wirkstoffhaltigen Formulierung, welches das Aufbringen einer wässerigen Dispersion durch Aufsprühen auf einen wirkstoffhaltigen Kern zur Herstellung eines Überzugs umfasst. Anspruch 12 gibt weiter an, dass die in diesem Verfahren eingesetzte wässerige Dispersion "durch das Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche hergestellt wird", d.h. ein Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 bis 11.

1.2 In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung den Gegenstand des Anspruchs 12 für nicht neu gegenüber Beispiel 1 von D1 befunden. Sie argumentierte, dass alle in Anspruch 12 genannten Verfahrensschritte in Beispiel 1 von D1 offenbart seien. Des Weiteren weise die in Anspruch 12 verwendete Dispersion, die als "product-by-process" definiert sei, keine Unterschiede gegenüber der in Beispiel 1 genannten Dispersion auf, da auch sie Antischaummittel enthalten könne.

1.3 In ihrer Beschwerdebegründung bestritt die Beschwerdeführerin nicht, dass Beispiel 1 von D1 alle diejenigen Verfahrensmerkmale des Anspruchs 12 offenbart, welche sich an die Herstellung der wässerigen Dispersion anschließen. Jedoch machte sie geltend, dass sich das in Beispiel 1 von D1 beschriebene Verfahren zur Herstellung der wässerigen Dispersion von dem in Anspruch 1 genannten Verfahren unterscheide. Dieser Unterschied in den beiden Verfahren führe dazu, dass die wässerige Dispersion als solche gemäß Anspruch 12 eine andere sei als die in Beispiel 1 von D1 verwendete wässerige Dispersion.

1.4 Folglich ist zunächst zu erörtern, ob die beiden genannten Verfahren zur Herstellung der Dispersion tatsächlich unterschiedlich sind.

1.4.1 In dem Verfahren gemäß Beispiel 1 von D1 werden zunächst separat eine wässerige Magnesiumstearat-Dispersion und eine wässerige Talk-Dispersion hergestellt, bevor diese miteinander vermischt werden. Anschließend wird eine Eudragit NE30D-Dispersion zu der Magnesiumstearat-Talk-Dispersion hinzugefügt, gefolgt von der Zugabe des restlichen Wassers und einer fünfzehnminütigen Mischung der Dispersion (siehe Seite 18, Zeilen 20 bis 28 von D1).

1.4.2 Im Verfahren nach Anspruch 1 hingegen wird zunächst eine Trennmittel-Mischung aus mindestens einem Fettsäuresalz und einem Schichtsilikat hergestellt, bevor diese anschließend zu einer wässerigen Suspension von (einem) filmbildenden Polymer(en) zugegeben wird. Folglich stimmt die Kammer der Beschwerdeführerin dahingehend zu, dass die beiden Verfahren unterschiedlich sind.

1.5 Dieser Unterschied in den zwei Verfahren allein kann jedoch dem Verfahrensanspruch 12 noch keine Neuheit verleihen. Wie bereits von der Einspruchsabteilung in Punkt 31 ihrer Entscheidung zutreffend festgestellt, umfasst Anspruch 12 nicht die Verfahrensschritte des Anspruchs 1 als solche, sondern definiert das im beanspruchten Herstellungsverfahren der pharmazeutischen wirkstoffhaltigen Formulierung eingesetzte Erzeugnis der wässerigen Dispersion ausschließlich mittels der Verfahrensschritte des Anspruchs 1, d.h. es handelt sich bei der Dispersion gemäß Anspruch 12 um ein sogenanntes "Product-by-Process"-Merkmal. Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern kann solch ein Merkmal nur dann ein Unterscheidungsmerkmal gegenüber bekannten Erzeugnissen bilden, wenn Unterschiede im Verfahren zur Herstellung dieses Erzeugnisses tatsächlich zu Unterschieden in dem Erzeugnis als solches führen.

Demzufolge gilt es im vorliegenden Falle zu klären, ob der oben unter Punkt 1.4 festgestellte Unterschied in den beiden Verfahren dazu führt, dass sich die wässerige Dispersion gemäß Anspruch 12 als solche von der nach dem Verfahren von Beispiel 1 von D1 hergestellten Dispersion unterscheidet.

1.5.1 Die Beschwerdeführerin argumentierte diesbezüglich, dass sich die wässerige Dispersion gemäß Anspruch 12 dadurch auszeichne, dass weder das Schichtsilikat sedimentiere noch das Fettsäuresalz Schaum bilde, während diese Vorgänge bei der in D1 beschriebenen Dispersion unweigerlich auftreten würden.

Die Ursache für diesen Unterschied sei gemäß Absatz [0062] des Streitpatents darin zu sehen, dass im Falle des Verfahrens nach Anspruch 1, auf das sich Anspruch 12 rückbeziehe, das Fettsäuresalz und das Schichtsilikat zunächst trocken, d.h. in Abwesenheit von Wasser oder einem anderen Lösungsmittel, gemischt würden, so dass es zu einer Annäherung der Dichte der Trennmittel-Mischung an die Dichte von Wasser komme, bevor diese mit Wasser in Berührung komme.

Bei der Herstellung der Dispersion gemäß Beispiel 1 von D1 hingegen würden zunächst unabhängig voneinander eine wässerige Magnesiumstearat-Dispersion und eine Talk-Dispersion hergestellt, so dass keine Annäherung an die Dichte von Wasser erfolgen könne. Dementsprechend würden in diesem Falle unweigerlich eine Sedimentation des Talks und eine Schaumbildung durch das Magnesiumstearat auftreten.

1.5.2 Diese Argumentation vermag die Kammer jedoch aus den folgenden Gründen nicht zu überzeugen:

Absatz [0062] des Streitpatents gibt an, dass die wässerige Dispersion die von der Beschwerdeführerin postulierten Eigenschaften dann aufweist, wenn zwei Trennmittel sehr unterschiedlicher Dichte miteinander gemischt werden. Das in Anspruch 1 beschriebene Verfahren gibt jedoch weder die Dichte der Trennmittel-Mischung an, noch die der einzelnen Trennmittel, d.h. des Fettsäuresalzes und des Schichtsilikats. Daraus folgt, dass Anspruch 12 in Bezug auf die wässerige Dispersion nicht einzig und allein auf solche eingeschränkt ist, welche die von der Beschwerdeführerin behaupteten Eigenschaften besitzen, sondern dass er auch andere Dispersionen umfasst, inklusive solcher, die Antischaummittel enthalten können wie beispielsweise die in Beispiel 1 von D1 offenbarte Dispersion, wie die Einspruchsabteilung unter Punkt 28 ihrer Entscheidung ebenfalls angeführt hat. Dies wiederum hat zur Folge, dass die Kammer in Übereinstimmung mit der Einspruchsabteilung aber entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin die Ansicht vertritt, dass das Merkmal der wässerigen Dispersion dem Gegenstand des Anspruch 12 keine Neuheit gegenüber Beispiel 1 von D1 verleihen kann.

1.6 Aus den obigen Gründen nimmt D1 somit den Gegenstand des Anspruchs 12 neuheitsschädlich vorweg, so dass der Hauptantrag nicht die Erfordernisse des Artikels 54 EPÜ erfüllt.

Erster Hilfsantrag

2. Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ - Anspruch 1

2.1 Anspruch 1 dieses Hilfsantrags entspricht Anspruch 1 des der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden dritten Hilfsantrags mit der Ausnahme, dass Letzterer auf ein Herstellungsverfahren von wässerigen Dispersionen eingeschränkt ist, die kein Antischaummittel umfassen, während der vorliegende Anspruch 1 diese Limitierung nicht enthält. Somit umfasst der vorliegende Anspruch 1 den Gegenstand des von der Einspruchsabteilung für nicht erfinderisch befundenen Anspruchs 1 des der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden dritten Hilfsantrags, ist aber insgesamt breiter gefasst.

2.2 Nächstliegender Stand der Technik

2.2.1 In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung u.a. D1, und insbesondere deren Beispiel 1, als nächstliegenden Stand der Technik bezüglich Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags betrachtet. In ihrer Beschwerdebegründung ist die Beschwerdeführerin ebenfalls von diesem Beispiel als nächstliegenden Stand der Technik für Anspruch 1 des ersten Hilfantrags aus. Die Kammer sieht keine Veranlassung, hiervon abzuweichen.

2.2.2 Dieses Beispiel beschreibt insbesondere ein Verfahren zur Herstellung einer wässerigen Dispersion zur Herstellung eines Überzugs auf einer pharmazeutischen wirkstoffhaltigen Formulierung unter Verwendung von u.a. dem Fettsäuresalz Magnesiumstearat, dem Schichtsilikat Talk und einer wässerigen Suspension des filmbildenden Polymers Eudragit NE30D (siehe oben unter Punkt 1.4.1).

2.2.3 In Übereinstimmung mit der Einspruchsabteilung und der Beschwerdeführerin ist die Kammer der Auffassung, dass der Unterschied des Verfahrens nach Anspruch 1 gegenüber dem in Beispiel 1 von D1 beschriebenen Verfahren darin besteht, dass zunächst eine Trennmittel-Mischung aus mindestens einem Fettsäuresalz und einem Schichtsilikat hergestellt wird, bevor diese anschließend zu einer wässerigen Suspension von (einem) filmbildenden Polymer(en) zugegeben wird (siehe auch oben unter Punkt 1.4.1 und 1.4.2).

2.3 Objektive technische Aufgabe und Lösung

2.3.1 Im nächsten Schritt des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes ist zu untersuchen, welche technische Wirkung durch dieses Unterscheidungsmerkmal erzielt wird. Anhand dieser Wirkung ist dann die objektive technische Aufgabe zu formulieren.

2.3.2 Der Beschwerdeführerin zufolge führt der Unterschied gegenüber D1 dazu, dass weder eine Sedimentation des Schichtsilikats noch eine Schaumbildung des Fettsäuresalzes nach Zugabe der Trennmittel-Mischung zu der wässerigen Polymersuspension auftreten. Folglich sei die erfindungsgemäße Dispersion besser verarbeitbar als die des nächstliegenden Standes der Technik und benötige keine Tenside oder Antischaummittel, welche in der Regel schlecht biologisch abbaubar seien.

2.3.3 Dieser Ansicht kann sich die Kammer jedoch nicht anschließen. Sie teilt stattdessen die in Punkt 37 ihrer Entscheidung vertretene Auffassung der Einspruchsabteilung, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete technische Wirkung nicht auf das Unterscheidungsmerkmal zurückgeführt werden kann, sondern gemäß Seite 14, zweiter Absatz der Patentanmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung (i.e. Absatz [0062] des Streitpatents) auf der grundsätzlichen Mischung zweier Trennmittel sehr unterschiedlicher Dichte beruhe, durch die eine Annäherung an die Dichte von Wasser erreicht wird.

Da Anspruch 1 indes nicht auf diese Merkmale eingeschränkt ist, und diese somit nicht Teil des Unterschieds gegenüber D1 sind, kann die von der Beschwerdeführerin angeführte technische Wirkung nicht in die Formulierung der objektiven technischen Aufgabe einfließen.

2.3.4 Folglich sieht die Kammer die objektive technische Aufgabe ausgehend von D1 als die Bereitstellung eines weiteren Verfahrens zur Herstellung einer wässerigen Dispersion zur Herstellung eines Überzugs auf einer pharmazeutischen wirkstoffhaltigen Formulierung an.

2.3.5 Die Lösung dieser Aufgabe besteht in einem Verfahren gemäß Anspruch 1.

2.4 Naheliegen der Lösung

2.4.1 Nach Auffassung der Einspruchsabteilung war es für den mit der objektiven technischen Aufgabe befassten Fachmann naheliegend, die Reihenfolge der in Beispiel 1 von D1 offenbarten Verfahrenschritte so abzuändern, dass er zu dem Gegenstand von Anspruch 1 gelangt.

2.4.2 Die Kammer teilt diese Einschätzung, zumal D1 auf Seite 11, Zeilen 20 bis 22 offenbart, dass in einer bevorzugtesten Ausführungsform der freisetzungssteuernde Überzug eine Kombination aus dem Fettsäuresalz Magnesiumstearat und dem Schichtsilikat Talk enthält, welche dem wasserunlöslichen Polymer, vorzugsweise Eudragit NE30D, beigemischt wird.

2.5 Demzufolge genügt der erste Hilfsantrag nicht den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ.

Zweiter und dritter Hilfsantrag

3. Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ - Anspruch 1

3.1 Die zu Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags angestellten Erwägungen zu Artikel 56 EPÜ finden entsprechend auf Anspruch 1 des zweiten und dritten Hilfsantrags Anwendung, da dieser mit Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags identisch ist.

3.2 Folglich erfüllen der zweite und der dritte Hilfsantrag ebenfalls nicht die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ.

Vierter Hilfsantrag

4. Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ - Anspruch 1

4.1 Anspruch 1 dieses Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags dadurch, dass die nach dem Verfahren dieses Anspruchs hergestellte Dispersion frei von Antischaummitteln ist.

4.2 Dieses Merkmal bildet ein zusätzliches Unterscheidungsmerkmal gegenüber Beispiel 1 von D1. Folglich stellt sich die Frage, ob und wenn ja welche technische Wirkung durch dieses Unterscheidungsmerkmal erzielt wird.

4.2.1 Seitens der Beschwerdeführerin wurde bezüglich dieses Merkmals keine besondere technische Wirkung geltend gemacht.

4.2.2 Auch die Kammer kann keine besondere technische Wirkung in Zusammenhang mit diesem Merkmal erkennen. Die Abwesenheit eines Antischaummittels in der hergestellten Dispersion impliziert nicht, dass die mittels des durch die positiven Merkmale des Anspruchs 1 gekennzeichneten Verfahrens hergestellte Dispersion unweigerlich keinen Schaum bilden wird nach Zugabe der Trennmittel-Mischung zu der wässerigen Polymersuspension (siehe auch Punkt 1.5.2 oben).

4.3 Folglich gelten die zu Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags angestellten Erwägungen zu Artikel 56 EPÜ entsprechend für Anspruch 1 des vierten Hilfsantrags, so dass auch dieser nicht den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ genügt.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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