T 2208/14 () of 6.6.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T220814.20180606
Datum der Entscheidung: 06 Juni 2018
Aktenzeichen: T 2208/14
Anmeldenummer: 07846330.4
IPC-Klasse: B23B 27/16
B23C 5/24
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: SPANABHEBENDES WERKZEUG
Name des Anmelders: Gühring KG
Name des Einsprechenden: Iscar Ltd.
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(a)
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 114(2)
Schlagwörter: Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Verspätetes Vorbringen - Dokument zugelassen (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit der am 25. September 2014 zur Post gegebenen Entscheidung der Einspruchsabteilung wurde das europäische Patent Nr. 2 146 812 widerrufen.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.

III. Die Einspruchsabteilung hat in der angefochtenen Entscheidung über die Zulassung des Dokuments D8, das die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) am 1. August 2014, d.h. nach Ablauf der neunmonatigen Einspruchsfrist eingereicht hat, nicht entschieden.

IV. Am 6. Juni 2018 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

Am Ende der mündlichen Verhandlung war die Antragslage wie folgt:

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückweisung des Einspruchs.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

V. Für die vorliegende Entscheidung haben die folgenden Entgegenhaltungen eine Rolle gespielt:

D1: US-B-6 254 319;

D2: JP-A-11010434;

D2a: Englische Übersetzung von D2;

D3: US-A-5,209,610;

D4: US-B-7,037,050;

D6: US-B-6,692,198;

D7': EP-A-1 454 694;

D8: JP-A-2841974;

D8a: englische Übersetzung von D8.

VI. Anspruch 1 des erteilten Patents hat folgenden Wortlaut:

"Spanabhebendes Werkzeug (1) mit einem Werkzeugträger, einer austauschbaren Schneidplatte (3) für einen Spanabtrag sowie einem über Schraubmittel angebrachten Justierelement (7), mit dem die Position der Schneidplatte am Werkzeugträger einstellbar ist, wobei die Schraubmittel ein mit dem Justierelement (7) zusammenwirkendes Gewindeelement (8) umfassen, wobei das Gewindeelement (8) im Werkzeugträger lagefixiert ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Gewindeelement (8) einen radialen Vorsprung (8a) aufweist, der in einen Rücksprung (10a) am Werkzeugträger eingreift."

VII. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdegegnerin im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Zulassung des Dokuments D8 in das Verfahren

Das Dokument D8 sei nach Ablauf der neunmonatigen Einspruchsfrist erstmals am 1. August 2014 im Einspruchsverfahren vor der Einspruchsabteilung eingereicht worden, da es erst im Zuge einer nicht mit dieser Sache in Zusammenhang stehenden Recherche zufällig gefunden worden sei. Es sei dann aber unverzüglich und in Reaktion auf den Ladungsbescheid der Einspruchsabteilung noch vor dem von der Einspruchsabteilung gemäß Regel 116 EPÜ bestimmten Zeitpunkt eingereicht worden. Es sei zudem kurz und wenig komplex und lasse prima facie erkennen, dass aufgrund des in D8a, Paragraph [0008] beschriebenen Spiels zwischen Vorsprung 39 und Ausnehmungen 33, 34 eine Einstellbarkeit der Schneidplatte relativ zum Werkzeugköper mittels Justierelement 26 und Gewindeelement 41 gegeben sei.

D8 sei daher auf den ersten Blick relevant und solle deshalb in das Verfahren zugelassen werden.

Mangelnde Neuheit

Anspruch 1 definiere ein über Schraubmittel angebrachtes Justierelement, mit dem die Position der Schneidplatte am Werkzeugträger einstellbar sei. Dabei verlange der Begriff Justierelement lediglich eine Eignung bzw. ein Mitwirken am Justieren, ohne jegliche Einschränkung bezüglich der Genauigkeit, der Art oder der Richtung dieser Justierung. Auch eine Festlegung in einer vordefinierten Position am Werkzeugträger sei als (Selbst-) Justieren in diese Position anzusehen. Somit stelle jedes eine Bewegung der Schneidplatte bewirkende Element ein Justierelement im Sinne des Anspruchs dar.

D2, Abbildung 3 offenbare daher mit "wedge" 29 gleich in mehrfacher Hinsicht ein Justierelement, mit dem die Position der Schneidplatte am Werkzeugträger einstellbar sei. Zum einen wirke Element 29 an der durch die Sägezahnstrukturen 24, 28 vermittelten Makrojustierung der Schneidplatte mit, indem es diese in der eingestellten Position festklemme. Bereits dieses Mitwirken rechtfertige die Bezeichnung von Element 29 als "Justierelement". Weiterhin stelle der Befestigungsvorgang selbst, bei welchem die Sägezahnstrukturen in die voreingestellte Position hineingedrückt würden eine mikrojustierende Selbstjustage dar. Letztlich bewirke das Betätigen des Gewindeelements 32 auch eine Verschiebung des Keilelements 29 und damit der Schneidplatte nach radial außen. Die so vermittelte Einstellung der Position der Schneidplatte stelle ebenfalls eine Justierung dar. Keilelement 29 sei daher ein Justierelement, mit dem die Position der Schneidplatte am Werkzeugträger einstellbar sei, und somit ein Justierelement im Sinne des unabhängigen Anspruchs 1.

D2 zeige weiterhin ein Gewindeelement umfassende Schraubmittel 32, mit einem radialen Vorsprung 33, der in einen Rücksprung 34b am Werkzeugträger eingreife.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei somit nicht neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments D2.

Auch Dokument D8 offenbare mit Keilelement 26 ein Justierelement im Sinne des Anspruchs. Zum einen könne - siehe Figuren 2 und 3 - aufgrund des in Paragraph [0008] explizit offenbarten Spiels zwischen Vorsprung 39 und Aufnahme 33, 34 die Schneidplatte relativ zum Werkzeugträger in unterschiedlichen Positionen mittels des Keilelements 26 fixiert werden. Zum anderen bewirke die Bewegung des Keilelements eine selbst-justierende Positionierung der Schneidplatte an den Referenzflächen 37 und 38. Beides rechtfertige die Bezeichnung des Keilelements als Justierelement, mit dem die Position der Schneidplatte am Werkzeugträger einstellbar sei. D8 offenbare auch die weiteren Anspruchsmerkmale, d.h. ein Gewindeelement 41 mit radialem Vorsprung 45, der in einen Rücksprung am Werkzeugträger 32 eingreife.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher auch nicht neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments D8.

Mangelnde erfinderische Tätigkeit

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe ausgehend von D3, D4 oder D6 als nächstliegendem Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Dokument D3 offenbare in Figur 3 eine austauschbare Schneidplatte 13 und ein über eine Differential­schraube 7, d.h. über Schraubmittel, angebrachtes Justierelement 8A, mit dem die Position der Schneidplatte am Werkzeugträger einstellbar sei, wobei die Schraubmittel ein mit dem Justierelement zusammenwirkendes Gewindeelement umfassen. Die Differenzialschraube 7 sei dabei zwar axial ein- und ausschraubbar, jedoch im Werkzeugträger lagefixiert. Die Offenbarung der Dokumente D4 und D6 sei diesbezüglich analog, vgl. D4, Abbildung 6B; D6, Figur 1.

Der distale Gewindegang der jeweiligen Differenzialschraube stelle weiterhin einen radialen Vorsprung dar, welcher in einen Rücksprung am Werkzeugträger eingreife. Die genannten Dokumente D3 und D4 offenbarten daher alle Merkmale des Anspruchs 1 und seien somit sogar als neuheitsschädlich anzusehen.

Selbst wenn der distale Gewindegang der Differenzialschraube nicht als ein in einen Rücksprung am Werkzeugträger eingreifender radialer Vorsprung angesehen werden sollte, so unterscheide sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von der Offenbarung der genannten Dokumente allenfalls durch das Kennzeichen.

Da die in Paragraph [0009] des Patents als Kern der Erfindung genannte Unverlierbarkeit des Justierelements erst durch eine bestimmte - allerdings nicht beanspruchte - Geometrie der Bohrungen in Werkzeugträger und Justierelement erreicht werde, könne die zu lösende Aufgabe nicht darin gesehen werden, einen sicheren Halt des Justierelements am Werkzeugträger zu erreichen. Vielmehr werde lediglich die in Paragraph [0012] des Patents mit einem radialen Vorsprung / Rücksprung assoziierte Lagefixierung der Schraubmittel zusammen mit dem Justierelement am Werkzeugträger bewirkt. Eine solche sei allerdings in den Ausführungsformen gemäß der Dokumente D3, D4 und D6 bereits realisiert.

Als zu lösende Aufgabe käme daher lediglich die Bereitstellung einer alternativen Lagefixierung des Gewindeelements, über welches das Justierelement angebracht ist, in Betracht.

Eine alternative Lagefixierung sei aber den Dokumenten D2 und D8 zu entnehmen. Dabei zeige D2 die Lagerung mittels radialem Vorsprung / Rücksprung sogar explizit als Alternative zur Lagefixierung mittels einer Differentialschraube, vgl. die Figuren 3 und 8. Die alternative Lagefixierung mittels radialem Vorsprung / Rücksprung sei daher für den Fachmann naheliegend und der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe ausgehend von D3, D4 oder D6 zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Auch ausgehend von der Offenbarung des Dokuments D1 als nächstliegendem Stand der Technik könne keine erfinderische Tätigkeit zuerkannt werden. Einziger Unterschied sei, dass der radiale Vorsprung des das Gewindeelement umfassenden Schraubmittels hier in einen Rücksprung des Justierelements statt des Werkzeugträgers eingreife. Dies stelle aber lediglich eine naheliegende kinematische Umkehr dar, wobei D2 oder D8 zeige, dass der entsprechenden Modifikation des Werkzeugträgers keine grundsätzlichen fertigungs­technischen Hindernisse entgegenstünden.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe daher auch ausgehend von D1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

VIII. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Zulassung des Dokuments D8 in das Verfahren

Das Dokument D8 sei nach der Einspruchsfrist und somit schon allein deshalb verspätet eingereicht worden. Da es in einem bereits im Verfahren befindlichen Dokument referenziert werde, hätte es bei einer mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführten Recherche leicht bereits vor Ablauf der Einspruchsfrist gefunden werden können. Zudem offenbare es lediglich die Befestigung der Schneidplatte in einer einzigen unveränderbaren Position am Werkzeugträger und sei somit prima facie nicht relevant.

Das Dokument D8 solle daher gemäß Artikel 114 (2) EPÜ nicht in das Verfahren zugelassen werden.

Neuheit

Die Erfindung gehe aus von Dokument D7' als nächstliegendem Stand der Technik. Dieser sei dem Fachmann bekannt, der somit den Begriff des "Justierens" nicht lediglich als ein Festlegen in einer einzigen vordefinierten Position ansähe, sondern darunter die Möglichkeit zu einem "Verrücken" in eine bestimmte axiale oder radiale Position verstehe.

Dokument D2 offenbare zwar ein Justieren der Position der Schneidplatte am Werkzeugträger. Dieses Justieren erfolge jedoch durch interagierende, sägezahnartige Strukturen an Schneidplatte und Werkzeugträger bzw. durch die "adjustment screw 37". Dagegen diene das Keilelement 29 nur zur Festlegung der Schneidplatte am Werkzeugträger und entspreche daher allenfalls der Befestigungsschraube des Patents. Keilelement 29 könne somit nicht als Justierelement, mit dem die Position der Schneidplatte am Werkzeugträger einstellbar sei, angesehen werden. Im Übrigen habe die "locking section" des von der Beschwerdegegnerin als Schraubelement angesehenen "bolts 32" den gleichen Durchmesser wie das Gewinde, so dass diesem Gewindeelement auch kein radialer Vorsprung im Sinne des Anspruchs zuerkannt werden könne.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments D2.

D8 dagegen offenbare überhaupt keine Justierfunktion und folglich auch kein Justierelement, mit dem die Position der Schneidplatte am Werkzeugträger einstellbar sei. Wie dem Dokument D8a, Paragraph [0008] zu entnehmen sei, komme die Schneidplatte an den Referenzflächen 37 und 38 zur Anlage, womit ihre Position eindeutig definiert und die Einstellung ihrer Position am Werkzeugträger durch ein Justierelement unmöglich sei. Das in Paragraph [0008] beschriebene Spiel zwischen Vorsprung 39 und Aufnahme 33, 34 stelle keine Einstellmöglichkeit dar, sondern sei schlicht notwendig, um in Hinblick auf mögliche Fertigungstoleranzen eine Anlage an den Referenzflächen 37 und 38 zu gewährleisten.

Anspruch 1 sei daher neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments D8.

Erfinderische Tätigkeit

Keines der Dokumente D3, D4 oder D6 offenbare die Merkmale des Kennzeichens. Insbesondere weise die von der Beschwerdegegnerin als Gewindeelement angesehene Differenzialschraube keinen radialen Vorsprung auf, der in einen Rücksprung am Werkzeugträger eingreife. Die von der Beschwerdegegnerin vorgetragene Interpretation, wonach das distale Gewinde der Differenzialschraube einen in einen Rücksprung eingreifenden Vorsprung darstelle, sei für den Fachmann im relevanten Gebiet völlig fernliegend. Allein aus diesem Grund greife der von der Beschwerdegegnerin verspätet vorgebrachte und daher nicht zuzulassende Einwand der fehlenden Neuheit basierend auf den Dokumenten D3 und D4 nicht. Auch sei das Gewindeelement im Werkzeugträger nicht lagefixiert, sondern in axialer Richtung beweglich.

Selbst ausgehend von den Merkmalen des Kennzeichens als einzigem Unterschied sei der Gegenstand nicht naheliegend. Wie Paragraph [0009] des Patents zu entnehmen sei, sei die technische Aufgabe der Merkmale des Kennzeichens die Bereitstellung des Justierelements am Werkzeugträger mit wenig Aufwand derart, dass bei entfernter Wendeschneidplatte ein sicherer Halt des Justierelements am Werkzeugträger, sozusagen als unverlierbares Teil, gewährleistet werde.

Wie bereits diskutiert offenbare weder D2, noch D8 ein Justierelement im Sinne des Anspruchs, mit dem die Position der Schneidplatte am Werkzeugträger einstellbar sei. Das dort offenbarte Gewindeelement sei zudem nicht unverlierbar gelagert. Weiterhin wäre es überaus aufwändig, den Werkzeugträger mit den notwendigen Hinterschneidungen zu versehen.

Der Fachmann habe somit keinerlei Grund, die Lehre dieser Dokumente zur Lösung der technischen Aufgabe zu berücksichtigen.

Auch ausgehend von der Lehre des Dokuments D1 habe der Fachmann keinen Anlass zu einer kinematischen Umkehr der dort offenbarten verstellbaren Befestigung der Schneidplatte, die zudem weitreichende Modifikationen des Werkzeugträgers notwendig machen würde.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe folglich auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Zulassung des Dokuments D8 in das Verfahren

1.1 D8 wurde erstmals am 1. August 2014 im Verlauf des Einspruchsverfahrens eingereicht, d.h. nach Ablauf der neunmonatigen Einspruchsfrist, aber vor dem von der Einspruchsabteilung zur Einreichung von Unterlagen in Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung festgesetzten Zeitpunkt.

1.2 Artikel 12 (4) VOBK stellt es in das Ermessen der Beschwerdekammer, Tatsachen, Beweismittel oder Anträge nicht zuzulassen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können oder dort nicht zugelassen worden sind.

Das Dokument D8 wurde von der Beschwerdegegnerin im Verfahren vor der Einspruchsabteilung eingereicht. Die Einspruchsabteilung hat die Frage der Neuheit bereits auf der Grundlage des Stands der Technik gemäß dem Dokument D2 verneint. Daher gab es für die Einspruchsabteilung keine Veranlassung, über die Zulassung oder die Relevanz eines anderen geltend gemachten Stands der Technik zu entscheiden. Da keine Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zulassung des Dokuments D8 getroffen wurde, kommt ein Ermessen der Beschwerdekammer nach dem Wortlaut des Artikels 12 (4) VOBK vorliegend nicht in Betracht.

1.3 Da das Dokument D8 unstreitig verspätet eingereicht wurde, ist für die Frage der Berücksichtigung dieses Dokuments der Artikel 114 (2) EPÜ von Bedeutung. Danach braucht ein Beweismittel (wie das vorliegende Dokument D8), das von dem Beteiligten verspätet vorgebracht wird, im Verfahren nicht berücksichtigt werden. Daher lag es im Ermessen der Einspruchsabteilung, das Dokument D8 in das Einspruchsverfahren zuzulassen. Nachdem die Einspruchsabteilung aus nachvollziehbaren Gründen darüber keine Entscheidung getroffen hat, obliegt es nun der Kammer, in Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 114 (2) EPÜ über die Zulassung des Dokuments D8 in das Verfahren zu entscheiden. Nach Ansicht der Kammer war beim Ausüben dieses Ermessens vorliegend auf den Zeitpunkt der Einreichung des Dokuments D8 abzustellen.

Nach gefestigter Rechtsprechung (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 8. Auflage 2016, IV.C.1.2.2a)) war das bei der Zulassung des Dokuments zum damaligen Einreichungszeitpunkt im Einspruchsverfahren zu berücksichtigende Hauptkriterium, ob dessen Offenbarung prima facie relevant ist. Anders als bei einem verspäteten Vorbringen im Beschwerdeverfahren ist - beim damaligen Verfahrensstand - die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage, ob das Dokument bei sorgfältigem Recherchieren hätte früher gefunden werden können und müssen, von untergeordneter Bedeutung, zumal die Kammer im damaligen Verhalten der Beschwerdegegnerin auch keinen Verfahrensmissbrauch erkennen kann.

D8 betrifft wie die Erfindung ein spanabhebendes Werkzeug mit einem Werkzeugträger und einer austauschbaren Schneidplatte für einen Spanabtrag. Die Schneidplatte ist am Werkzeugträger mit leichtem Spiel gelagert (Paragraf [0008], letzte Zeile), was gemäß dem Vortrag der Beschwerdegegnerin zusammen mit der Fixierung über ein in D8, Abbildung 2 erkennbares Keilelement eine Justierung bzw. Einstellbarkeit der Position der Schneidplatte am Werkzeugträger bedingen soll.

Diese prima facie plausible Interpretation der Ausführungsform könnte die Neuheit und damit den Bestand des Patents durchaus in Frage stellen, so dass eine prima facie Relevanz des Dokuments gegeben ist. Die Kammer hielt es daher für angemessen, das Dokument D8 ins Verfahren zuzulassen.

2. Einspruchsgrund der mangelnden Neuheit (Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 54 (1) EPÜ)

2.1 Dokument D2

2.1.1 Das Dokument D2 offenbart ein spanabhebendes Werkzeug (D2, Fig. 3) mit einem Werkzeugträger (18), einer austauschbaren Schneidplatte (22) für einen Spanabtrag sowie einem über Schraubmittel angebrachten Element (29), wobei die Schraubmittel ein mit dem Element (29) zusammenwirkendes Gewindeelement (32) umfassen, wobei das Gewindeelement (32) im Werkzeugträger lagefixiert ist, und das Gewindeelement (32) einen radialen Vorsprung (33, "locking section") aufweist, der in einen Rücksprung (34b) am Werkzeugträger eingreift.

2.1.2 Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht, dass die "locking section" (33) des Gewindeelements (D2, Figur 3, 32) den gleichen Außendurchmesser aufweise wie der gewindetragende Teil, so dass kein radialer Vorsprung, sondern vielmehr eine radiale Einschnürung vorliege. Da jedoch die "locking section" (33) im Vergleich zum axial unmittelbar benachbarten Bereich des Gewindeelementes (32a, "axis of tapped bolt") radial vorspringt, sieht die Kammer den beanspruchten radialen Vorsprung als in D2 offenbart an.

2.1.3 Die entscheidende Frage ist, ob das Element (29) als "Justierelement, mit dem die Position der Schneidplatte am Werkzeugträger einstellbar ist" im Sinne des Anspruchs angesehen werden kann.

Unstreitig offenbart D2 eine Vorrichtung, mit der die austauschbare Schneidplatte relativ zum Werkzeugträger in unterschiedliche Positionen gebracht werden kann. Diese Vorrichtung besteht zum einen aus interagierenden, sägezahnartigen Strukturen (24, 28) an Schneidplatte (22) und Werkzeugträger (18), wobei die durch die sägezahnartigen Strukturen manuell eingestellte Position mittels eines Keilelementes (29) und eines Gewindeelements (32) fixiert wird. Zusätzlich erlaubt die Vorrichtung die Einstellung unterschiedlicher Positionen in Längsrichtung der Berge und Täler der sägezahnartigen Strukturen, definiert durch die Stellung einer "adjustment screw" (Figur 4, 37).

Sowohl das Gewindeelement (32), als auch die "adjustment screw" (37) sind im Werkzeugträger lagefixiert, wobei nur das Gewindeelement (32) einen radialen Vorsprung aufweist, der in einen Rücksprung am Werkzeugträger eingreift. Über das Gewindeelement (32), i.e. über Schraubmittel, ist das Keilelement (29) angebracht.

Die Beschwerdegegnerin war der Ansicht, dass dieses Keilelement (29) ein "Justierelement" darstellt, "mit dem die Position der Schneidplatte am Werkzeugträger einstellbar ist".

Im oben beschriebenen Mechanismus erfolgt die Justierung, d.h. die Einstellung einer bestimmten Position der Schneidplatte am Werkzeugträger jedoch durch Einstellen der "adjustment screw" (37) bzw. durch (wohl manuelles) Positionieren der Sägezahnstruktur der Schneidplatte in der Sägezahnstruktur des Werkzeugträgers. Das Keilelement (29) bringt dann lediglich - bei Betätigung des Gewindeelementes - die Sägezahnstrukturen tiefer in Eingriff miteinander, um so die bereits durch die relative Stellung der Sägezahnstrukturen zueinander eindeutig definierte bzw. justierte Position der Schneidplatte am Werkzeugträger zu fixieren.

Das Keilelement (29) kann daher, obwohl zusammen mit Gewindeelement und interagierenden Sägezahnstrukturen an einer Justierung der Position der Schneidplatte relativ zum Werkzeugträger beteiligt, nicht als "Justierelement, mit dem die Position der Schneidplatte am Werkzeugträger einstellbar ist" im Sinne des Anspruchs angesehen werden.

Anders ausgedrückt, bricht man die Funktionalität der oben diskutierten Justier-Vorrichtung (bestehend aus interagierenden Sägezahnstrukturen, Keilelement und Gewindeelement) auf die Einzelkomponenten herunter, so würde der Fachmann allenfalls die interagierenden Sägezahnstrukturen als "Justierelement" ansehen, nicht jedoch das lediglich eine Fixierung bewirkende Keilelement (29). Damit offenbart D2 kein "über Schraubmittel angebrachtes Justierelement, mit dem die Position der Schneidplatte am Werkzeugträger einstellbar ist".

2.1.4 Die Beschwerdegegnerin hat weiter vorgebracht, dass bereits die durch das Keilelement vermittelte, die sägezahnartigen Strukturen weiter in Eingriff bringende Bewegung senkrecht zur Aufnahmefläche (23) eine Justierung, mit der die Position der Schneidplatte am Werkzeugträger einstellbar ist, darstelle.

Jedoch ist eine Fixierung, d.h. eine Reduktion eines eventuell vorhandenen Spiels einer bereits definierten Position, keine Justierung im Sinne des Anspruchs. Bevor die Schneidplatte in der Sägezahnstruktur festgelegt ist, besteht gar keine "eingestellte Position", sondern ein nicht fixierter Zustand mit Spiel. Das Spannen des Keilelements mittels des Gewindeelements fixiert dann die bereits durch die Sägezahnstrukturen und die "adjustment screw (37)" definierte Position, ermöglicht jedoch selbst keinerlei weitere Anpassung der Position.

Eine "Justierung der Position der Schneidplatte am Werkzeugträger" im Sinne des Anspruchs erfordert nach dem Verständnis der Kammer dagegen die Möglichkeit aus mehreren diskret oder kontinuierlich einstellbaren Positionen der Schneidplatte eine geeignete Position gezielt auszuwählen (z.B. eine Position, bei der ein durch die spanende Bearbeitung hervorgerufener Abrieb der Schneidplatte ausgeglichen wird). Dies erfolgt in D2 durch entsprechendes Einsetzen der einen Sägezahnstruktur in die andere bzw. durch Einstellen der "adjustment screw" (37), nicht jedoch durch Bewegung des Keilelements. Dieses stellt daher kein "Justierelement" im Sinne des Anspruchs dar.

2.1.5 Die Beschwerdegegnerin hat außerdem geltend gemacht, dass durch Betätigung des Gewindeelements auch eine Bewegung des Keilelements (29) und somit der Schneidplatte nach radial außen bewirkt werde, die ebenfalls als Justierung anzusehen sei.

Zwar ist es richtig, dass bei einer die Schneidplatte fixierenden Betätigung des Gewindeelements das Keilelement eine Bewegung nach radial außen ausführt. Die aus der Bewegung des Keilelements folgende Bewegung der Schneidplatte kann jedoch, abhängig davon, welche Flanken der Sägezahnstruktur in Anlage stehen, zu einer Bewegung der Schneidplatte nach radial außen oder auch nach radial innen führen. In beiden Fällen rutscht die Sägezahnstruktur der Schneidplatte aufgrund der Keilform tiefer in die Sägezahnstruktur des Werkzeugträgers, um schließlich die bereits durch die Position der Sägezahnstrukturen zueinander vordefinierte Position einzunehmen. Dies stellt wie bereits in Punkt 2.1.4 diskutiert keine "Justierung der Position der Schneidplatte am Werkzeugträger" im Sinne des Anspruchs dar.

2.1.6 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments D2.

2.2 Dokument D8

Die Offenbarung des Dokuments D8 weist zahlreiche Ähnlichkeiten mit der Offenbarung des Dokuments D2 auf. Auch hier wird eine Schneidplatte (23) mittels eines über Schraubmittel (41) angebrachten Keilelementes (26) an einem Werkzeugträger (21) befestigt. Die Position der Schneidplatte ist dabei jedoch nicht durch interagierende Sägezahnstrukturen oder eine "adjustment screw" einstellbar. Vielmehr greift ein Vorsprung des Werkzeugträgers (Figuren 2 und 3, 39) in eine Ausnehmung (33) der Schneidplatte ein.

Die Beschwerdegegnerin hat vorgebracht, dass aufgrund des in D8a, Paragraph [0008], letzte Zeile beschriebenen Spiels zwischen Vorsprung und Ausnehmung die Position der Schneidplatte am Werkzeugträger kontinuierlich verändert und durch anschließende Betätigung des aus Keilelement und Schraubmitteln bestehenden Klemmmechanismus eingestellt werden könne, so dass das Keilelement als Justierelement im Sinne des Anspruchs anzusehen sei.

Allerdings offenbart Paragraph [0008] im vorangehenden Satz, dass die Schneidplatte an den positionierenden Referenzflächen (Figur 3, 37 und 38) zur Anlage kommt ("abuts"). Durch diese Referenzflächen ist die Position der Schneidplatte am Werkzeugträger eindeutig definiert.

Es besteht daher keine Möglichkeit aus mehreren diskret oder kontinuierlich einstellbaren Positionen der Schneidplatte eine geeignete im Sinne einer Justierung gezielt auszuwählen (vgl. Punkt 2.1.4). Das Keilelement ist daher nicht als "Justierelement, mit dem die Position der Schneidplatte am Werkzeugträger einstellbar ist" anzusehen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit neu gegenüber der Offenbarung des Dokuments D8

3. Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit (Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 56 EPÜ)

3.1 Dokumente D3, D4 und D6 als nächstliegender Stand der Technik

3.1.1 Die Dokumente D3, D4 und D6 sind insofern technisch ähnlich, als jeweils mittels einer Differentialschraube (D3, Figur 3, 7; D4, Figur 6b, 181; D6, Figur 1, 31) als Schraubelement eine Relativbewegung zwischen einem Werkzeugträger und einem Keilelement (D3, Figur 3, 8A; D4, Figur 6b, 180; D6, Figur 1, 27) erzeugt wird, wobei durch das Keilelement eine Schneidplatte im Sinne eines Keiltriebs in ihrer Position zum Werkzeugträger eingestellt wird.

Das entsprechende Keilelement ist unstreitig als Justierelement im Sinne des Anspruchs anzusehen.

Das in den Werkzeugträger eingeschraubte Gewinde der Differentialschraube bewirkt zudem eine Lagefixierung des Gewindeelements im Werkzeugträger. Diese Lagefixierung besteht zwar nicht in axialer Richtung des Gewindeelements (vgl. Patent, Paragraph [0009]), eine axiale Lagefixierung ist jedoch vom Anspruchswortlaut auch nicht gefordert.

3.1.2 Die Beschwerdegegnerin war der Ansicht, dass der Gewindegang des distalen Gewindes der jeweiligen Differentialschraube einen radialen Vorsprung darstelle, der in einen durch das die Schraube aufnehmende Innengewinde gebildeten Rücksprung am Werkzeugträger eingreife.

Dieser Interpretation kann sich die Kammer nicht anschließen. Zum einen unterscheidet der Anspruch semantisch klar zwischen einem Gewinde / Gewindeelement und einem in einen Rücksprung eingreifenden radialen Vorsprung. Zum anderen ist für den Fachmann ein Gewinde einfach ein Gewinde und eben keine Sonderform eines radialen Vorsprungs, der in einen Rücksprung eingreift.

Da die Dokumente D3, D4 und D6 kein Gewindeelement mit radialem Vorsprung aufweisen, der in einen Rücksprung am Werkzeugträger eingreift, besteht Neuheit gegenüber diesen Dokumenten.

3.1.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich somit von der Offenbarung der genannten drei Dokumente durch die Merkmale des Kennzeichens. Eine Diskussion des von der Beschwerdeführerin erstmalig in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer vorgebrachten und von der Beschwerdeführerin als verspätet beanstandeten Einwands der mangelnden Neuheit gegenüber den Dokumenten D3 und/oder D4 erübrigt sich daher.

3.1.4 Der technische Effekt der Unterscheidungsmerkmale besteht gemäß Paragraph [0012] der Patentschrift darin, dass sich "mit vergleichsweise wenig Aufwand eine Lagefixierung der Schraubmittel zusammen mit dem Justierelement am Werkzeugträger bewerkstelligen lässt". Gemäß Paragraph [0009] kann durch die Lagefixierung des Gewindeelements im Werkzeugträger zumindest in axialer Richtung auch bei entfernter Wendeschneidplatte ein sicherer Halt des Justierelements am Werkzeugträger, sozusagen als unverlierbares Teil, gewährleistet werden.

Die Unverlierbarkeit des Justierelements beruht allerdings darauf, dass der Vorsprung am Gewindeelement den Rücksprung am Werkzeugträger nicht mehr verlassen kann. Dafür müssen gemäß Paragraph [0013], letzter Satz die Geometrien in einer bestimmten Art und Weise festgelegt werden, nämlich derart, dass das Gewindeelement in Bezug auf einen Führungsabschnitt des Keilelementes, der in einer Ausnehmung des Werkzeugträgers verschieblich angeordnet ist, nicht koaxial läuft (Paragraph [0015], letzter Satz). Da der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf derartige Geometrien mit nicht koaxialem Lauf eingeschränkt ist, ist ein Anbringen des Justierelementes am Werkzeugträger sozusagen als unverlierbares Teil beim beanspruchten Gegenstand nicht notwendig gewährleistet.

Eine Formulierung der Aufgabe ausgehend von Paragraph [0009] der Patentschrift als Bereitstellung einer Lagefixierung, bei der das Justierelement am Werkzeugträger sozusagen als unverlierbares Teil gehalten ist, ist daher nicht gerechtfertigt.

Weiterhin muss die aus Paragraph [0012] der Patentschrift abzuleitende Aufgabe, mit wenig Aufwand eine Lagefixierung der Schraubmittel zusammen mit dem Justierelement am Werkzeugträger zu bewerkstelligen, als im Stand der Technik bereits gelöst angesehen werden. Denn auch bei der Befestigung über eine Differentialschraube ist eine Lagefixierung gegeben und der Anspruch ist (im Gegensatz zu Paragraph [0009] der Beschreibung) nicht auf eine Lagefixierung zumindest in axialer Richtung eingeschränkt.

Die zu lösende Aufgabe ist somit ausgehend von der Aufgabe der Patentschrift umzuformulieren und liegt in der Bereitstellung einer alternativen Lagefixierung der Schraubmittel zusammen mit dem Justierelement am Werkzeugträger.

3.1.5 Berücksichtigung der Dokumente D2 und D8

Die Dokumente D2 und D8 offenbaren jedoch, wie in Hinblick auf die Neuheit des Anspruchsgegenstands ausführlich diskutiert, kein Justierelement und somit auch keine Lagefixierung von Schraubmitteln zusammen mit dem Justierelement am Werkzeugträger. Der Fachmann hätte somit keine Veranlassung zur Lösung der gestellten Aufgabe auf die Lehre der Dokumente D2 oder D8 zurückzugreifen.

Zwar zeigt insbesondere D2 beim Vergleich der Abbildungen 3 und 8, dass ein Gewindeelement statt mit einem zweiten Gewinde (Figur 8) auch mittels einem in einen Rücksprung am Werkzeugträger eingreifenden radialen Vorsprung (Figur 2) lagefixiert werden kann. Um zur Verwendung dieser Lehre in D3, D4 oder D6 veranlasst zu werden, müsste der Fachmann jedoch gezielt nach einer alternativen Lagefixierung des Gewindeelements per se suchen. Die Formulierung einer derartigen Teilaufgabe stellt aber eine rückschauende Betrachtungsweise dar.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher ausgehend von D3, D4 und D6 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3.2 Dokument D1 als nächstliegender Stand der Technik

3.2.1 Das Dokument D1 offenbart ein spanabhebendes Werkzeug (Figur 12) mit einem Werkzeugträger (2), einer austauschbaren Schneidplatte (20) für einen Spanabtrag sowie einem über Schraubmittel angebrachten Justierelement (30a), mit dem die Position der Schneidplatte am Werkzeugträger einstellbar ist, wobei die Schraubmittel ein mit dem Justierelement (30a) zusammenwirkendes Gewindeelement (40') umfassen, wobei das Gewindeelement im Werkzeugträger lagefixiert ist, wobei das Gewindeelement einen radialen Vorsprung (s. Figur 13) aufweist, der in einen Rücksprung am Justierelement eingreift.

3.2.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich somit darin von der Offenbarung des Dokuments D1, dass Lagefixierung mittels Gewinde und Vorsprung/Rücksprung vertauscht sind. Daraus resultiert wiederum die Aufgabe einer alternativen Lagefixierung der Schraubmittel zusammen mit dem Justierelement am Werkzeugträger.

3.2.3 Wie in Punkt 3.1.5 bereits ausgeführt, würde der Fachmann zur Lösung dieser Aufgabe die Lehren der Dokumente D2 und D8 nicht berücksichtigen.

3.2.4 Die Beschwerdegegnerin hat weiter ausgeführt, dass der identifizierte Unterschied lediglich eine für den Fachmann naheliegende kinematische Umkehr darstelle, wobei das Einbringen eines Rücksprungs am Werkzeugträger auch in D2 und D8 gelehrt werde und daher als technisch problemlos durchführbar angesehen werden müsse.

Allerdings gibt es - wie das Dokument D1 selbst zeigt - viele Möglichkeiten, eine alternative Lagefixierung von Justierelement und Schraubelement zu realisieren. Es ist nicht ersichtlich, warum der Fachmann ausgerechnet die Lagefixierung mittels radialem Vorsprung / Rücksprung in den Werkzeugträger verlegen sollte. Dieses würde zudem weitreichende Veränderungen erfordern: Nicht nur muss das Justierelement mit einem Gewinde und der Werkzeugträger mit einem entsprechenden Rücksprung versehen werden. Weiter sind Modifikationen des Werkzeugträgers notwendig, die es erlauben, das Gewindeelement mit seinem Vorsprung in den Rücksprung des Werkzeugträgers einzubringen. Diese sind zwar technisch machbar, gehen aber weit über das hinaus, was dem Fachmann an ohne erfinderisches Zutun durchführbaren fachüblichen Modifikationen zuzuschreiben ist.

Der Fachmann würde daher ausgehend von D1 auch unter Verwendung des allgemeinen Fachwissens nicht zum Anspruchsgegenstand gelangen.

3.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.

4. Da keiner der geltend gemachten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des erteilten Patents entgegensteht, ist der Einspruch zurückzuweisen (Artikel 101 (2) EPÜ).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Der Einspruch wird zurückgewiesen.

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