T 2099/14 () of 23.2.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T209914.20180223
Datum der Entscheidung: 23 Februar 2018
Aktenzeichen: T 2099/14
Anmeldenummer: 05106163.8
IPC-Klasse: A61C 13/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Konstruktion der Oberfläche eines aus dreidimensionalen Daten bestehenden Zahnersatzteils
Name des Anmelders: Sirona Dental Systems GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.08
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention Art 84
European Patent Convention R 103(1)(a)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Spät eingereichter Hauptantrag - Rechtfertigung für späte Vorlage (nein)
Patentansprüche - Klarheit
Patentansprüche - Hilfsantrag (ja)
Änderungen - Erweiterung des Patentanspruchs
Änderungen - Hilfsantrag (nein)
Wesentlicher Verfahrensmangel - (nein)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr - (nein)
Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung zur weiteren Prüfung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Mit der am 22. April 2014 zur Post gegebenen Entscheidung hat die Prüfungsabteilung die europäische Patentanmeldung No. 05106163.8 zurückgewiesen.

II. Die Prüfungsabteilung war zu der Auffassung gekommen, dass Anspruch 1 gemäß dem in der mündliche Verhandlung eingereichten Hauptantrag die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ nicht erfülle, da die Merkmale [A], [B] und [C] (siehe Punkt VI) nicht ursprünglich offenbarte Zwischenverallgemeinerungen darstellten.

III. Gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung hat die Beschwerdeführerin (Anmelderin) form- und fristgerecht Beschwerde eingereicht.

IV. Am 23. Februar 2018 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

V. Am Ende der mündlichen Verhandlung war die Antragslage wie folgt:

Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent zu erteilen auf der Grundlage des Hauptantrags oder eines der Hilfsanträge 1 oder 2 eingereicht mit Schreiben vom 22. Januar 2018. Zudem beantragte sie die Rückerstattung der Beschwerdegebühr.

VI. Die unabhängigen Ansprüche gemäß Hauptantrag haben folgenden Wortlaut (Die Merkmalsbezeichnung [A]-[C] entspricht derjenigen in der Entscheidung der Prüfungsabteilung):

Anspruch 1:

"Verfahren zur Konstruktion der Oberfläche eines aus dreidimensionalen Daten bestehenden Zahnersatzteils, wobei dreidimensionale Daten einer Zahnoberfläche (30) eines gespeicherten Zahns (11) als Teil der Oberfläche des herzustellenden Zahnersatzteils verwendet werden, wozu die Zahnoberfläche (30) in ihrer Ausdehnung zunächst bestimmt wird und danach im Bereich einer als dreidimensionale Daten vorliegenden Präparationsstelle (1; 21) angeordnet wird, und wobei die Lage der digitalen Zahnoberfläche (30) an der Präparationsstelle (1; 21) in mindestens einer Raumachse und/oder einer Drehrichtung bestimmbar ist, wobei eine Anordnung der Zahnoberfläche (30) an die Präparationsstelle (1, 21) stattfindet, wobei ausgehend von der Anordnung der Zahnoberfläche zu der Präparationsstelle die Konstruktion des Zahnersatzteils unter Verwendung der Daten der Präparationsstelle einerseits und der Zahnoberfläche (30) andererseits stattfindet, wobei eine rechnerische Anpassung der Grenzen der einzufügenden Zahnoberfläche an die Oberfläche der Präparationsstelle erfolgt,

wobei die Zahnoberfläche (30) eine Labialfläche eines Frontzahns oder eine Kaufläche eines Seitenzahns ist [Merkmal A],

die aus dem gespeicherten Zahn (11) mit Mitteln zum Auswählen ausgewählt wird [Merkmal B]."

Anspruch 7:

"Vorrichtung zur Konstruktion der Oberfläche eines aus dreidimensionalen Daten bestehenden Zahnersatzteils, wobei Mittel zum Auswählen der dreidimensionale Daten einer Zahnoberfläche eines digital gespeicherten Zahns als Teil der Oberfläche des herzustellenden Zahnersatzteils und zur Anordnung der Zahnoberfläche im Bereich einer als dreidimensionale Daten vorliegenden Präparationsstelle vorhanden sind und wobei Mittel zur Anpassung des ausgewählten Teils der Zahnoberfläche zumindest bezüglich der Orientierung zur Präparationsstelle vorgesehen sind, wobei Mittel zur rechnerischen Anpassung der Grenzen der einzufügenden Zahnoberfläche an die Oberfläche der Präparationsstelle vorgesehen sind, wobei die Konstruktion des Zahnersatzteils ausgehend von der Anordnung der Zahnoberfläche zu der Präparationsstelle unter Verwendung der Daten der Präparationsstelle einerseits und der Zahnoberfläche (30) andererseits ausführbar ist,

wobei die Zahnoberfläche (30) eine Labialfläche eines Frontzahns oder eine Kaufläche eines Seitenzahns ist [Merkmal A],

die aus dem gespeicherten Zahn (11) mit Mitteln zum Auswählen auswählbar ist [Merkmal B]."

VII. Hilfsantrag 1:

Anspruch 1 und 7:

Die Ansprüche 1 und 7 des Hilfsantrags 1 definieren zusätzlich zu den Merkmalen von Anspruch 1 und 7 gemäß Hauptantrag, dass

"... das Zahnersatzteil ein Veneer ist [Merkmal C]".

VIII. Hilfsantrag 2 hat für diese Entscheidung keine Rolle gespielt.

IX. Zur Stützung ihrer Anträge hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Zulassung des Hauptantrags in das Verfahren

Das Schutzbegehren sei ursprünglich nicht auf ein Verfahren zur Konstruktion der Oberfläche eines aus dreidimensionalen Daten bestehenden Veneers eingeschränkt gewesen. Lediglich aufgrund eines Einwands der Prüfungsabteilung unter Artikel 123(2) EPÜ, habe sich die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung dahingehend beschränken müssen.

Aus den in der vorläufigen Auffassung der Beschwerdekammer genannten Gründen wäre jedoch auch der ursprünglich in der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung diskutierte Hauptantrag als nicht in unerlaubter Art und Weise über die ursprüngliche Offenbarung erweitert anzusehen.

Zudem führe die vorgenommene Streichung - auch in Hinblick auf die von der Kammer nun vorgebrachten Einwände unter Artikel 84 EPÜ - nicht zu einer Erhöhung sondern eher zu einer Verringerung der Komplexität des zu beurteilenden Sachverhalts, bringe im Vergleich zum Prüfungsverfahren keinen neuen Sachverhalt ein und beeinträchtige somit die Verfahrensökonomie nicht.

Der neue Hauptantrag solle daher in das Verfahren zugelassen werden.

Ursprüngliche Offenbarung des Gegenstands von Hilfsantrag 1

Die unter Punkt 3.1 der Mitteilung der Beschwerdekammer genannten Argumente bezüglich der ursprünglichen Offenbarung des Gegenstands des damals gültigen Hauptantrags gälten analog für den, diesem sinngemäß entsprechenden, nun vorgelegten Hilfsantrag 1. Dieser erfülle somit die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.

Rückzahlung der Beschwerdegebühr

Die angefochtene Entscheidung gehe von einem unzutreffenden Verständnis des Anspruchs 1 und einer unzutreffenden Beurteilung des ursprünglichen Offenbarungsgehalts aus.

Darüber hinaus sei die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit nicht anhand des Aufgabe-Lösung-Ansatzes durchgeführt, sondern in unzulässiger Weise mit der Prüfung der Zulässigkeit der Anspruchsänderungen betreffend der Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ verknüpft worden.

Aufgrund dieser Verfahrensmängel, die letztlich das Beschwerdeverfahren notwendig gemacht hätten, sei eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr gerechtfertigt.

Entscheidungsgründe

1. Zulassung des Hauptantrags in das Verfahren

1.1 Der mit Schreiben vom 22. Januar 2018 in Antwort auf die Mitteilung der Kammer eingereichte Hauptantrag entspricht im Wesentlichen dem Hauptantrag vom 26. Februar 2014, der in der Verhandlung vor der Prüfungsabteilung als nicht Artikel 123(2) EPÜ konform beanstandet und dann durch einen neuen Hauptantrag (entsprechend im Wesentlichen dem ursprünglich im Beschwerdeverfahren verfolgten Hauptantrag bzw. dem Hilfsantrag 1 der Eingabe vom 22. Januar 2018) ersetzt wurde.

Es besteht somit bezüglich der Zulassung in das Verfahren ein Ermessen gemäß Artikel 13(1) VOBK. Bei der Ausübung des Ermessens werden insbesondere die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie berücksichtigt. Ein weiterer Gesichtspunkt, der bei der Zulassung verspätet eingereichter Änderungen zu berücksichtigen ist, ist ob die geänderten Ansprüche prima facie gewährbar sind, oder ob sie neue Einwände aufwerfen.

1.2 Durch die Streichung der Einschränkung auf ein Veneer im Vergleich zu dem im Beschwerdeverfahren zunächst verfolgten Hauptantrag entstehen aus Sicht der Kammer Klarheitsprobleme unter Artikel 84 EPÜ:

Gemäß der in Anspruch 1 definierten Erfindung wird eine Labialfläche eines Frontzahns oder eine Kaufläche eines Seitenzahns mit Mitteln zum Auswählen aus einem gespeicherten Zahn ausgewählt. Es handelt sich somit um eine Teilfläche eines Zahnes. Aus dieser Teilfläche und den Daten der Oberfläche der Präparationsstelle erfolgt anspruchsgemäß die Konstruktion des Zahnersatzteils, wobei eine rechnerische Anpassung der Grenze der einzufügenden Oberfläche an die Oberfläche der Präparationsstelle erfolgt.

Diese Definition ist klar für ein Veneer (sei es für einen Frontzahn oder für die Kaufläche eines Seitenzahns im Sinne eines Table-Top Kauflächenveneers), das im Wesentlichen durch die zur Präparationsfläche komplementäre Fläche und die Zahnoberfläche definiert ist.

Sie ist aber unvollständig für die Konstruktion der Oberfläche eines Zahnersatzteils im Allgemeinen, wie z.B. für die auf Seite 9, Zeilen 17-26 der ursprünglichen Beschreibung erwähnte Konstruktion einer Krone. Im Fall der Krone fehlen zwischen der einzufügenden Zahnoberfläche und der Oberfläche der Präparationsstelle die gesamten weiteren Seitenflächen des Zahns. Eine "rechnerische Anpassung der Grenzen" ist daher nicht ausreichend, um - wie beansprucht - ein aus dreidimensionalen Daten bestehendes derartiges Zahnersatzteil zu konstruieren. Vielmehr muss eine "Ergänzung des Bereichs von der Okklusalfläche bis zur Präparationsgrenze" erfolgen (vgl. Seite 9, Zeilen 17-26; die Beschreibung unterscheidet semantisch klar zwischen "rechnerischer Anpassung" und "Ergänzung"), bzw. ein "Anordnen an einem gespeicherten Zahn" (Anspruch 1 wie eingereicht). Der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 ist daher nicht klar bzw. enthält nicht alle wesentlichen Merkmale der Erfindung.

1.3 Der neu eingereichte Hauptantrag ist somit nicht prima facie gewährbar und wirft neue Einwände auf. Die Kammer hält deshalb eine Zulassung dieses Antrags in das bereits weit fortgeschrittene Beschwerdeverfahren für nicht angemessen.

2. Ursprüngliche Offenbarung des Gegenstands von Hilfsantrag 1

2.1 Merkmal A:

Die von der Prüfungsabteilung in Punkt 2a) der Entscheidungsgründe genannte Textstelle im Ausführungsbeispiel auf Seite 9, Zeilen 27-32 der Beschreibung (hinsichtlich derer eine Zwischen­verallgemeinerung festgestellt wurde) ist nicht die einzige Offenbarung für das Merkmal, gemäß dem die Zahnoberfläche (30) eine Labialfläche eines Frontzahns oder eine Kaufläche eines Seitenzahns ist. So nennt bereits die Einleitung (Seite 1, Zeilen 8-15) im Zusammenhang der durch direkte oder spiegelbildliche Kopie zu erzeugenden Rekonstruktionsflächen die Labialflächen im Frontzahnbereich oder die Kaufläche als geeignet.

Es wird dort weiter ausgesagt, dass für die ästhetische und funktionale Restauration die direkte, bzw. spiegelbildliche Kopie einer oder mehrerer Zahnoberflächen erzeugt werden soll (Seite 1, Zeilen 8-11).

Auch auf Seite 3, Zeilen 18-21 wird als einzufügende Zahnoberfläche auf die sichtbare Vorderfläche eines Zahns im Frontbereich verwiesen, die gerade die Labialfläche des Frontzahns darstellt (labial = lippenseitig). Ebenso erwähnt wird auf Seite 3, Zeilen 22-24 die Kaufläche im Seitenzahnbereich.

Zwar verweisen beide Textstellen auf die Eignung insbesondere der Oberfläche des kontralateralen Zahns (Labialfläche soll symmetrisch sein) bzw. die Okklusion des entsprechenden Zahns der Gegenseite als geeignete zu verwendende Zahnoberfläche (30). Erwähnt wird jedoch auch, dass es möglich ist, aus Zahnbibliotheken stammende Zähne als Vorlage für eine Zahnoberfläche zu verwenden (Seite 3, Zeilen 29-31), wobei dieses Verfahren als besonders vorteilhaft für die Konstruktion eines Veneers anzusehen ist (Seite 4, Zeilen 1-2).

Es stimmt zwar, dass - wie von der Prüfungsabteilung ausgeführt - im konkreten Ausführungsbeispiel die Daten (a) der Präparationsstelle und (b) von dem kontralateralen Zahn oder der Originalfläche des Zahns vor der Präparation mittels einer Intraoralkamera erhalten wurden (Seite 6, Zeilen 10-15 und Zeilen 23 - 26). Jedoch war (a) bereits in Anspruch 1 wie eingereicht zu einer "als dreidimensionale Daten vorliegenden Präparationsstelle" verallgemeinert. Dem Fachmann ist diesbezüglich insbesondere auch die Gewinnung dreidimensionaler Daten durch Digitalisieren eines Abdrucks geläufig. Bezüglich (b) rechtfertigt die bereits diskutierte allgemeinere Offenbarung der Verwendung von aus Zahnbibliotheken stammenden Zähnen als Vorlage für eine Zahnoberfläche, insbesondere zur Konstruktion eines Veneers (Seite 3, Zeile 29 - Seite 4, Zeile 2) die Verallgemeinerung zu einem "gespeicherten Zahn". Wie die dreidimensionalen Daten von "Präparationsstelle" oder "Zahnoberfläche eines gespeicherten Zahns" entstanden sind, hat zudem keine funktionelle Bedeutung für die beanspruchte Erfindung. Auch bei Verwendung einer Intraoralkamera liegen die Daten des Zahns bzw. der Zahnoberfläche letztlich als "gespeicherte Daten" und damit als "Zahnoberfläche eines gespeicherten Zahns" vor, so dass sich kein Widerspruch zum Ausführungsbeispiel ergibt.

Merkmal A stellt daher keine unerlaubte Zwischenverallgemeinerung dar.

2.2 Merkmal B: "Mittel zum Auswählen der dreidimensionalen Daten einer Zahnoberfläche eines digital gespeicherten Zahns als Teil der Oberfläche des herzustellenden Zahnersatzteils und zur Anordnung im Bereich einer als dreidimensionale Daten vorliegenden Präparationsstelle" sind in Anspruch 9 wie eingereicht und auf Seite 4, Zeilen 9-15 offenbart. Dabei ist aus den bereits diskutierten Textstellen der allgemeinen Offenbarung bekannt, dass es sich bei den besagten Zahnoberflächen insbesondere um eine Labialfläche eines Frontzahns oder eine Kaufläche eines Seitenzahns handeln kann (Seite 1, Zeilen 11-15 und Spalte 3, Zeilen 18-24). Ein Rückgriff auf die spezifische Offenbarung des Ausführungs­beispiels ist hier nicht notwendig. Damit ist auch das Argument hinfällig, dass wegen der spezifischeren Offenbarung im Ausführungsbeispiel eine nicht gewährbare Zwischenverallgemeinerung vorliege.

2.3 Merkmal C: Dass das herzustellende Zahnersatzteil ein Veneer sein kann, ist in Anspruch 8 wie eingereicht, sowie im allgemeinen Teil der Beschreibung, Seite 4, Zeilen 1, 2 offenbart. Daher kann ein spezifischerer Kontext im Ausführungsbeispiel (die angegriffene Entscheidung nennt hier Seite 5, Zeilen 27, 28) keine nicht gewährbare Zwischenverallgemeinerung begründen.

2.4 Zusammenfassend erfüllen die unabhängigen Ansprüche 1 und 7 des Hilfsantrags 1 die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.

3. Artikel 84

Die in der Mitteilung vom 22. November 2017 (Punkt 3.2) genannten Klarheitsmängel wurden in Hilfsantrag 1 sämtlich beseitigt. Weitere Einwände unter Artikel 84 EPÜ sieht die Kammer nicht.

4. Rückverweisung an die Prüfungsabteilung

Einziger Zurückweisungsgrund ist Artikel 123(2) EPÜ. Nur dieser ist unter dem Punkt "Entscheidung" der angegriffenen Entscheidung genannt (Punkt 3) und nur dieser wurde in der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung diskutiert. Die ebenfalls in der Entscheidung enthaltenen Argumente zu Neuheit und erfinderischer Tätigkeit sind daher lediglich im Sinne eines "obiter dictums" zu interpretieren.

Im Verlauf des Prüfungsverfahrens hat sich der Anspruchsgegenstand von einem Verfahren / einer Vorrichtung zur Konstruktion eines "Zahnersatzteils" im Allgemeinen (also insbesondere auch einer Krone) in ein Verfahren / eine Vorrichtung zur Konstruktion eines Veneers geändert. Als nächstliegender Stand der Technik sollte daher ein Dokument Verwendung finden, welches ein Verfahren / eine Vorrichtung zur Konstruktion eines Veneers betrifft. Da im Recherchenbericht kein derartiges Dokument zitiert wird, ist eine Rückverweisung mit der Möglichkeit einer diesbezüglichen Nachrecherche angebracht. Im Rahmen der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit könnte dann ggf. die Lehre der D1 (EP-A-1 252 867), insbesondere bezüglich der Verwendung von gespiegelten Zahnoberflächen (s. Paragraph [0026]), Berücksichtigung finden.

5. Rückzahlung der Beschwerdegebühr

Gemäß Regel 103(1)(a) EPÜ ist die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen, wenn der Beschwerde durch die Beschwerdekammer stattgegeben wird und die Rückzahlung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit entspricht.

Dabei ist gemäß ständiger Rechtsprechung eine fehlerhafte Rechtsanwendung bzw. Fehlbeurteilung der Prüfungsabteilung kein Verfahrensmangel im Sinne der oben genannten Regel (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 8. Auflage 2016, IV.E.8.4.5). Die hier vorliegende, von der der Kammer abweichende Beurteilung der Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ, kann nicht als wesentlicher Verfahrensmangel angesehen werden.

Bezüglich der als verfahrensfehlerhaft gerügten Nicht-Anwendung des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes ist darauf hinzuweisen, dass die Zurückweisungsentscheidung ausschließlich auf Artikel 123(2) EPÜ basiert (Entscheidung, Seite 7, Punkt 3). Die Bemerkungen zum Stand der Technik sind daher im Sinne eines obiter dictums zu verstehen und können weder einen Begründungsmangel noch einen Verfahrensfehler bedingen.

Da kein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegt, ist die Beschwerdegebühr nicht zurückzuerstatten.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Prüfung an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen auf der Grundlage des Hilfsantrags 1.

3. Der Antrag auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

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