T 2061/14 (Tetrahydrobenzoxazine THB / BASF) of 6.6.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T206114.20190606
Datum der Entscheidung: 06 Juni 2019
Aktenzeichen: T 2061/14
Anmeldenummer: 10167054.5
IPC-Klasse: C07D 265/16
C07D 498/04
C10L 1/22
C09K 15/20
C10M 133/48
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Tetrahydrobenzoxazine
Name des Anmelders: BASF SE
Name des Einsprechenden: Afton Chemical Corporation
Kammer: 3.3.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 52(1)
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Spät eingereichter Antrag - zugelassen (ja)
Erfinderische Tätigkeit aller Anträge (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentinhaberin (nachstehend "Beschwerdeführerin") richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 2 239 258 zu widerrufen.

II. Der vor der Einspruchsabteilung anhängige Hauptantrag enthielt drei unabhängige Ansprüche. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 2 lauteten wie folgt:

"1. Tetrahydrobenzoxazine der allgemeinen Formel Ia

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

in der der Substituent R**(1) einen Hydrocarbylrest mit 1 bis 3000 Kohlenstoffatomen, welcher durch ein oder mehrere Heteroatome aus der Gruppe O und S unterbrochen sein kann, bezeichnet, und die Substituenten R**(2), R**(3), R**(4)und R**(5)unabhängig voneinander für Wasserstoffatome oder Hydrocarbylreste mit jeweils 1 bis 3000 Kohlenstoffatomen stehen, welche durch ein oder mehrere Heteroatome aus der Gruppe O und S unterbrochen sein können,

wobei der Substituent R**(4)auch für einen Rest der Formel Y stehen kann

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

in dem die Substituenten R**(1), R**(2), R**(3)und R**(5) die vorgenannten Bedeutungen haben und der Substituent X ein Kohlenwasserstoff-Brückenglied bezeichnet, welches aus einem oder mehreren Isobuten-Einheiten und gegebenenfalls weiteren Kohlenwasserstoff-Baueinheiten, ausgewählt aus mittenständig angeordneten Initiatormolekül-Baueinheiten in Form von aromatischen Ringsystemen und Kohlenwasserstoff-Baueinheiten mit funktionellen Gruppen zur Verknüpfung als beidseitiger Kettenabschluß, besteht, oder

wobei der Substituent R**(4)auch für einen Rest der Formel Z oder Z' stehen kann

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

in denen die Substituenten R**(1), R**(2), R**(3)und R**(5)die vorgenannten Bedeutungen haben und die Substituenten R**(10) und R**(11)gleich oder verschieden sein können und Wasserstoff oder einen C1- bis C10-Alkylrest bezeichnen,

und in der die Substituenten R**(2) und R**(3)oder R**(3)und R**(4)oder R**(4) und R**(5) mit der an den Benzolkern angebundenen Teilstruktur -O-CH2-NR**(7)-CH2- auch einen zweiten Tetrahydrooxazin-Ring oder die Substituenten R**(2) und R**(3)und R**(4)und R**(5)mit den an den Benzolkern angebundenen Teilstrukturen -O-CH2-NR**(7)-CH2- und -O-CH2-NR**(8)-CH2- auch einen zweiten und einen dritten Tetrahydrooxazin-Ring ausbilden können,

wobei R**(7) und R**(8) unabhängig voneinander Hydrocarbylreste mit jeweils 1 bis 3000 Kohlenstoffatomen bedeutet, welche durch ein oder mehrere Heteroatome aus der Gruppe O und S unterbrochen sein können,

mit der Maßgabe, dass mindestens einer der Substituenten R**(1) oder R**(7)oder R**(8) 25 bis 3000 Kohlenstoffatome aufweist und die übrigen Substituenten aus der Gruppe R**(1), R**(2), R**(3),**()R**(4), R**(5), R**(7) und R**(8), wenn sie für Hydrocarbylreste stehen, jeweils 1 bis 20 Kohlenstoffatome aufweisen."

"2. Tetrahydrobenzoxazine der allgemeinen Formel Ib

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

in der der Substituent R**(1) einen Hydrocarbylrest mit 1 bis 3000 Kohlenstoffatomen, welcher durch ein oder mehrere Heteroatome aus der Gruppe O und S unterbrochen sein kann, bezeichnet, und die Substituenten R**(2), R**(3), R**(4)und R**(5)unabhängig voneinander für Wasserstoffatome, Hydroxylgruppen oder Hydrocarbylreste mit jeweils 1 bis 3000 Kohlenstoffatomen stehen, welche durch ein oder mehrere Heteroatome aus der Gruppe O und S unterbrochen sein können,

wobei der Substituent R**(4)auch für einen Rest der Formel Y stehen kann

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

in dem die Substituenten R**(1), R**(2), R**(3)und R**(5) die vorgenannten Bedeutungen haben und der Substituent X ein Kohlenwasserstoff-Brückenglied bezeichnet, welches aus einem oder mehreren Isobuten-Einheiten und gegebenenfalls weiteren Kohlenwasserstoff-Baueinheiten, ausgewählt aus mittenständig angeordneten Initiatormolekül-Baueinheiten in Form von aromatischen Ringsystemen und Kohlenwasserstoff-Baueinheiten mit funktionellen Gruppen zur Verknüpfung als beidseitiger Kettenabschluß, besteht, oder

wobei der Substituent R**(4)auch für einen Rest der Formel Z oder Z' stehen kann

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

in denen die Substituenten R**(1), R**(2), R**(3)und R**(5)die vorgenannten Bedeutungen haben und die Substituenten R**(10) und R**(11)gleich oder verschieden sein können und Wasserstoff oder einen C1- bis C10-Alkylrest bezeichnen,

und in der die Substituenten R**(2) und R**(3)oder R**(3)und R**(4)oder R**(4) und R**(5) mit der an den Benzolkern angebundenen Teilstruktur -O-CH2-NR**(7)-CH2- auch einen zweiten Tetrahydrooxazin-Ring ausbilden können,

wobei R**(7) einen Hydrocarbylrest mit 1 bis 3000 Kohlenstoffatomen bedeutet, welche durch ein oder mehrere Heteroatome aus der Gruppe O und S unterbrochen sein kann,

mit der Maßgabe, dass mindestens einer der Substituenten R**(1) oder R**(7)16 bis 3000 Kohlenstoffatome aufweist und die übrigen Substituenten aus der Gruppe R**(1), R**(2), R**(3),**()R**(4), R**(5) und R**(7), wenn sie für Hydrocarbylreste stehen, jeweils 1 bis 20 Kohlenstoffatome aufweisen,

und mit der Maßgabe, dass die Substituenten R**(2) und/oder R**(4)für Hydroxylgruppen stehen."

III. Im Einspruchsverfahren wurden unter anderem folgende Dokumente zitiert:

D1: US 4 025 316

D11: EP 0 376 563 A1

Bezüglich der damals anhängigen Anträge (Hauptantrag und Hilfsanträge 1 und 2) kam die Einspruchsabteilung u.a. zu den folgenden Schlüssen:

- Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag war nicht neu gegenüber D11.

- Hilfsantrag 1 verstieß gegen Regel 80 EPÜ und wurde unter Regel 116(2) EPÜ nicht zum Verfahren zugelassen.

- Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2, der identisch mit dem Gegenstand des Anspruchs 2 gemäß Hauptantrag war, war nicht erfinderisch, ausgehend von D1 als nächstliegendem Stand der Technik.

IV. In ihrer Beschwerdebegründung sowie in einem weiteren Schriftsatz widersprach die Beschwerdeführerin der Entscheidung der Einspruchsabteilung und führte aus, dass der Gegenstand des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrags und der Hilfsanträge AR1 und AR2 neu und erfinderisch sei. Sie untermauerte ihre Argumentation durch neu eingereichte Versuchsberichte D12 und D16.

V. In ihrer Erwiderung auf die Beschwerdebegründung sowie in einem weiteren Schriftsatz vertrat die Einsprechende (nachstehend "Beschwerdegegnerin") u.a. die Auffassung, dass der Gegenstand aller Anträge ausgehend u.a. von D1 als nächstliegendem Stand der Technik nicht erfinderisch sei. Sie untermauerte ihre Argumentation durch die neu eingereichten Beweismittel D13 bis D15.

VI. Am 4. März 2019 erging eine Mitteilung der Kammer zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung.

VII. Mit Schriftsatz vom 12. April 2019 reichte die Beschwerdeführerin Anspruchssätze gemäß einem neuen Hauptantrag und den neuen Hilfsanträgen MRa, AR1, AR1a und AR2a sowie die neuen Beweismittel D18 und D19 ein.

VIII. In weiteren Schriftsätzen hielt die Beschwerdegegnerin ihre Einwände aufrecht und untermauerte ihre Argumentation durch die neuen Beweismittel D17 und D20. Ferner bestritt sie u.a. die Zulassung aller neu eingereichten Anträge und Beweismittel der Beschwerdeführerin.

IX. Am 6. Juni 2019 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Im Laufe der Verhandlung entschied die Kammer, alle neu im Beschwerdeverfahren eingereichten Beweismittel D12 bis D20 (siehe oben) zuzulassen. Diese Dokumente wurden von den Parteien im Laufe des Beschwerdeverfahrens eingereicht, um die Frage zu beantworten, ob die Mannich-Reaktion zwischen einem Hydrocarbyl-substituierten Phenol, Formaldehyd und einem primären Amin zwangsläufig zur Bildung eines THB enthaltenden Adduktes führt. Da diese Frage jedoch unerheblich für die vorliegende Entscheidung ist (Punkte 2 bis 5, infra), wird im Folgenden auf die besagten Dokumente nicht mehr Bezug genommen.

Im Laufe der mündlichen Verhandlung nahm die Beschwerdegegnerin den Einwand der Nicht-Zulassung aller Hilfsanträge zurück.

X. Anträge

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der Ansprüche gemäß Hauptantrag oder hilfsweise gemäß den Hilfsanträgen MRa, AR1, AR1a, AR2 und AR2a - Ansprüche des Hilfsantrags AR2 eingereicht mit der Beschwerdebegründung, und die des Hauptantrags und aller übrigen Hilfsanträge mit Schriftsatz vom 12. April 2019.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

XI. Die Argumente der Beschwerdeführerin, die von Relevanz für die vorliegende Entscheidung sind, können wie folgt zusammengefasst werden:

Zulassung des Hauptantrags:

- Der Hauptantrag entspreche dem der Einspruchsabteilung vorliegenden Hauptantrag. Er stelle eine direkte Reaktion auf den unter Punkt 7.3 der Mitteilung der Kammer genannten Klarheitseinwand dar. Er reduziere die Komplexität der zu erörternden Fragen und führe keinen neuen Sachverhalt ein, so dass er zum Verfahren zuzulassen sei.

Anspruch 2 - Erfinderische Tätigkeit:

- Ausgehend von D1 als nächstliegendem Stand der Technik, insbesondere aus dem darin beschriebenen Beispiel 7, unterscheide sich der beanspruchte Gegenstand in der Struktur der Tetrahydrobenzoxazine (nachstehend "THB").

- Die auf Seite 28, Zeilen 7 bis 14 der Stammanmeldung WO 2007/012580 (nachstehend "Stammanmeldung") offenbarten Ergebnisse über die thermische Stabilität von Turbinenkraftstoffen (Beispiel 11) zeigten eine bessere Leistung der anspruchsgemäßen Verbindung der Formel (Vd) im Vergleich zur nicht anspruchsgemäßen Verbindung der Formel (IIIa). Die Menge der Ablagerungen nach einer Belastung des Kraftstoffes mit Luft und Hitze reduziere sich nämlich von 4.6 mg auf 2.2 mg.

- Die technische Aufgabe sei daher entsprechend zu formulieren.

- Selbst unter der Annahme, dass die technische Aufgabe lediglich in der Bereitstellung alternativer THB liege, sei der beanspruchte Gegenstand erfinderisch.

- D1 offenbare nämlich in Spalte 3, Zeile 63 bis Spalte 4, Zeile 3, dass Monohydroxyphenole bevorzugt seien. Auf der Suche nach alternativen THB würde der Fachmann solche Phenole für die zu THB führende Mannich-Reaktion mit Formaldehyd und Amin auswählen. Diese Reaktion würde aber nicht zum beanspruchten Gegenstand führen.

- Somit beruhe der Gegenstand des Anspruchs 2 gemäß Hauptantrag auf einer erfinderischen Tätigkeit.

- Die gleiche Argumentation treffe für den entsprechenden Gegenstand sämtlicher Hilfsanträge zu, der auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

XII. Die Beschwerdegegnerin trug im Wesentlichen Folgendes vor:

Zulassung des Hauptantrags:

Das Einreichen des Hauptantrags verstoße gegen das Prinzip der Verfahrensökonomie. Dieser Antrag hätte früher eingereicht werden können und solle daher nicht zum Verfahren zugelassen werden.

Anspruch 2 - erfinderische Tätigkeit:

- D1 stelle einen angemessenen nächstliegenden Stand der Technik dar. Insbesondere offenbare Beispiel 7 der D1 das THB enthaltende Addukt der Mannich-Reaktion zwischen Paraformaldehyd, Dimethylaminopropylamin (nachstehen "DMAPA") und Octadecylphenol. Die Struktur dieses THBs sei der in Anspruch 2 definierten Struktur (Ib) sehr ähnlich. Sie unterscheide sich davon durch das Merkmal, dass R**(2) und R**(4)keine Hydroxylgruppen seien, und durch die Natur des Substituenten R**(1).

- Die von der Beschwerdeführerin herangezogenen Ergebnisse auf Seite 28 der Stammanmeldung könnten keinen Effekt dieser Unterscheidungsmerkmale belegen. Insbesondere würde die nicht anspruchsgemäße Verbindung der Formel (IIIf) besser als die anspruchsgemäße Verbindung der Formel (Vd) abschneiden.

- Somit liege die technische Aufgabe lediglich in der Bereitstellung alternativer THB.

- Die in Anspruch 2 vorgeschlagenen THB der Formel (Ib) stellten lediglich eine willkürliche Auswahl dar, die durch D1 selber nahegelegt werde. D1 offenbare nämlich in Spalte 3, Zeile 43 bis Spalte 5, Zeile 64, dass die gewünschten THB enthaltene Additive durch die Mannich-Reaktion zwischen einer Alkyl-substituierten hydroxyaromatischen Verbindung, einem Aldehyd und einem Amin hergestellt werden.

- Insbesondere seien Hydrochinon und Brenzcatechin als hydroxyaromatische Verbindung explizit genannt, während Formaldehyd das bevorzugte Aldehyd sei. Ferner sei Octadecylamin als mögliches Amin offenbart. Die Mannich-Reaktion zwischen diesen Komponenten führe zu einem anspruchsgemäßen THB.

- Es würde somit dem Fachmann genügen, innerhalb der technischen Lehre der D1 zu arbeiten, um zum beanspruchten Gegenstand zu gelangen. Der Gegenstand des Anspruchs 2 des Hauptantrags beruhe somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

- Die gleiche Argumentation treffe auch für den entsprechenden Gegenstand sämtlicher Hilfsanträge zu, dem es folglich auch an einer erfinderischen Tätigkeit mangele.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag - Zulassung

1. Der vorliegende am 12. April 2019 eingereichte Hauptantrag (VII, supra) entspricht dem der Einspruchsabteilung vorliegenden Hauptantrag (II, supra). Im Vergleich zum mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrag wurde lediglich das Wort "unterbrochen" in Anspruch 1 nach dem Ausdruck "aus der Gruppe O und S" im Bezug auf R**(7) und R**(8) wieder eingeführt.

Diese Änderung stellt eine direkte Reaktion auf den unter Punkt 7.3 der Mitteilung der Kammer genannten Klarheitseinwand bezüglich des Fehlens dieses Wortes dar. Sie führt keinen neuen Sachverhalt ein, so dass die Kammer entschieden hat, den Hauptantrag zum Verfahren zuzulassen (Artikel 13 (1) VOBK).

Hauptantrag - Anspruch 2 - erfinderische Tätigkeit nach Artikel 56 EPÜ

2. Der nächstliegende Stand der Technik

2.1 Beide Parteien sahen D1 als den nächstliegenden Stand der Technik an. Angesichts der Ähnlichkeiten zwischen der im Streitpatent bzw. in D1 angesprochenen technischen Problematik und den offenbarten THB-Strukturen hatte die Kammer keine Veranlassung, einen anderen Standpunkt einzunehmen.

2.2 Das Dokument D1 betrifft nämlich (Spalte 3, Zeile 43 bis Spalte 6, Zeile 16 und die Beispiele 1 bis 11), wie auch das Streitpatent (Beispiele 2 bis 10), die Herstellung von THB enthaltenden Additiven durch die Mannich-Reaktion zwischen einem Hydrocarbyl-substituierten Phenol, Formaldehyd/Paraformaldehyd und einem Amin. Es wurde während der mündlichen Verhandlung nicht bestritten, dass insbesondere das in Beispiel 7 der D1 offenbarte Addukt der Mannich-Reaktion zwischen Octadecylphenol, Paraformaldehyd und DMAPA ein THB enthält, das dem in Anspruch 2 definierten THB (II, supra) am nächsten kommt.

2.3 Die Kammer ist daher überzeugt, dass D1, insbesondere das darin beschriebene Beispiel 7, einen angemessen Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit darstellt.

3. Die technische Aufgabe

3.1 Es ist unstrittig, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 2 gemäß Hauptantrag vom THB gemäß Beispiel 7 der D1 dadurch unterscheidet, dass R**(2) und/oder R**(4)Hydroxylgruppen sind, und dass R**(1) ein Hydrocarbylrest mit 16 bis 3000 Kohlenstoffatomen ist, welcher durch ein oder mehrere Heteroatome aus der Gruppe O und S unterbrochen sein kann. Der Hydrocarbylrest R**(1) des THBs gemäß Beispiel 7 der D1 ist durch ein aus dem eingesetzten DMAPA stammendes Stickstoffatom unterbrochen. Diese Möglichkeit ist in Anspruch 2 (II, supra) nicht umfasst. Außerdem sind die Reste R**(2) und R**(4)im THB gemäß Beispiel 7 keine Hydroxylgruppen.

3.2 Bezüglich der technischen Aufgabe hat sich die Beschwerdeführerin (XI, supra) auf Beispiel 11 der Stammanmeldung bezogen, insbesondere auf die auf Seite 28, Zeilen 7 bis 14 offenbarten Ergebnisse. Diese würden eine bessere Leistung (reduzierte Menge der Ablagerungen) der anspruchsgemäßen Verbindung der Formel (Vd) (Seite 9) gegenüber der Verbindung der Formel IIIa (Seite 8), die keine Hydroxylgruppe enthält, zeigen. Dieser Effekt der Hydroxylgruppe sollte bei der Formulierung der technischen Aufgabe berücksichtigt werden.

3.3 Die Kammer merkt allerdings an, dass keine der in diesem Beispiel getesteten Verbindungen dem THB des Beispiels 7 der D1 entspricht oder diesem zumindest ähnelt. Keine Verbindung enthält nämlich einen durch ein Stickstoffatom unterbrochenen Hydrocarbylrest als R**(1). Zudem schließt sich die Kammer der Argumentation der Beschwerdegegnerin an (XII, supra), wonach die nicht anspruchsgemäße Verbindung der Formel (IIIf) (Seite 9 der Stammanmeldung), die eben keine Hydroxylgruppe enthält, im besagten Beispiel 11 der Stammanmeldung eine deutlich bessere Leistung als die anspruchsgemäße Verbindung der Formel (Vd) zeigt (1.0 mg Ablagerungen gegenüber 2.2 mg).

Somit liegt kein experimenteller Vergleich vor, der einen technischen Effekt der oben genannten Unterscheidungsmerkmale gegenüber D1 glaubhaft machen könnte.

3.4 In Abwesenheit eines anzuerkennenden technischen Effekts liegt die aus den oben genannten Unterscheidungsmerkmalen resultierende technische Aufgabe in der Bereitstellung alternativer THB.

4. Naheliegen der beanspruchten Lösung

4.1 Ausgehend vom Beispiel 7 der D1 und auf der Suche nach alternativen THB würde der mit der oben genannten technischen Aufgabe befasste Fachmann unmittelbar in D1 (Spalte 3, Zeilen 54 bis 56 und Spalte 5, Zeile 64) den Hinweis finden, dass Hydrochinon und Brenzcatechin als hydroxyaromatische Verbindung und Octadecylamin als Amin als Reaktanden der zu THB enthaltenden Addukten führenden Mannich-Reaktion benutzt werden können.

Selbst wenn D1, wie von der Beschwerdeführerin ausgeführt (XI, supra), in Spalte 3, Zeile 63 bis Spalte 4, Zeile 3, eine allgemeine Präferenz für Monoxydroxyphenole offenbart, werden trotzdem Hydrochinon und Brenzcatechin in D1 klar als repräsentative hydroxyaromatische Verbindungen identifiziert und würden somit vom mit der oben genannten technischen Aufgabe befassten Fachmann in Betracht gezogen.

Demzufolge wird der Ersatz des in Beispiel 7 benutzten Octadecylphenols und des DMAPAs durch Hydrochinon bzw. Brenzcatechin und Octadecylamin dem Fachmann durch D1 selber nahegelegt.

4.2 In der mündlichen Verhandlung wurde nicht bestritten, dass ein solcher Ersatz zu einem anspruchsgemäßen THB (II, supra) führen würde. In der Tat verläuft die in Beispiel 7 der D1 offenbarte Mannich-Reaktion in Anwesenheit eines Formaldehyd-Überschusses. Ein solcher Formaldehyd-Überschuss wird in D1 als unentbehrlich identifiziert (Spalte 13, Zeilen 30 bis 39), damit eine THB Struktur durch die besagte Mannich-Reaktion erhalten werden kann. Der Einsatz von Hydrochinon bzw. Brenzcatechin würde dazu führen, dass der Rest R**(4) bzw. R**(2)im erhaltenen THB eine Hydroxylgruppe wäre, wohingegen als Folge des Einsatzes von Octadecylamin der Rest R**(1) ein Hydrocarbylrest mit 18 Kohlenstoffatomen wäre. R**(1), R**(2) und R**(4) wären somit anspruchsgemäß (Anspruch 2).

Durch die Verwendung von Hydrochinon bzw. Brenzcatechin und Octadecylamin in Beispiel 7 würde der Fachmann somit ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des Anspruchs 2 gelangen.

4.3 Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 2 des Hauptantrags im Lichte der D1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ).

Der Hauptantrag ist somit nicht gewährbar.

Hilfsanträge MRa, AR1, AR1a, AR2 und AR2a - erfinderische Tätigkeit

5. Anspruch 2 gemäß Hilfsantrag AR1 und Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag AR2 sind mit Anspruch 2 gemäß Hauptantrag identisch.

Im Vergleich zu Anspruch 2 gemäß Hauptantrag wurde ferner in Anspruch 2 gemäß den Hilfsanträgen MRa und AR1a sowie in Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag AR2a lediglich das fakultative Merkmal gestrichen, wonach R**(4) für einen Rest der Formel (Y) stehen kann (II, supra).

Folglich treffen die oben genannten Überlegungen der Kammer bezüglich der mangelnden erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 2 gemäß Hauptantrag auch für den Gegenstand des Anspruchs 2 gemäß den Hilfsanträgen MRa, AR1 und AR1a und des Anspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen AR2 und AR2a zu (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ).

Die Hilfsanträge sind somit ebenfalls nicht gewährbar.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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