T 2050/14 (Katalysatoroptimierung / CLARIANT) of 26.9.2017

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2017:T205014.20170926
Datum der Entscheidung: 26 September 2017
Aktenzeichen: T 2050/14
Anmeldenummer: 06707387.4
IPC-Klasse: B01J 23/22
B01J 27/198
B01J 21/06
C07C 51/265
B01J 37/02
B01J 8/04
B01J 8/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Herstellung eines Mehrlagen-Katalysators zur Erzeugung von Phthalsäureanhydrid
Name des Anmelders: Clariant International Ltd
Name des Einsprechenden: BASF SE
Kammer: 3.3.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 52(1)
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Neuheit (Hauptantrag) : ja
Neuheit - bei korrekter Auslegung des Anspruchs
Erfinderische Tätigkeit (Hauptantrag) : ja
Erfinderische Tätigkeit - technische Aufgabe soll keinen Lösungsansatz enthalten
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0229/85
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 1 853 381 zu widerrufen.

II. Anspruch 1 des erteilten Patents hat folgenden Wortlaut:

"1. Verfahren zur Verbesserung bzw. Optimierung eines Katalysators zur Herstellung von Phthalsäureanhydrid durch Gasphasenoxidation von o-Xylol und/oder Naphthalin, umfassend die folgenden Schritte:

a) Bereitstellen eines Ausgangskatalysators enthaltend mindestens eine erste, zur Gaseintrittsseite hin gelegene Katalysatorlage und eine zweite, näher zur Gasaustrittsseite hin gelegene Katalysatorlage wobei die Katalysatorlagen vorzugsweise jeweils eine Aktivmasse enthaltend TiO2 aufweisen,

b) Ersetzen eines Teils der ersten Katalysatorlage durch eine vorgeschaltete Lage eines Katalysators mit einer höheren Aktivität als die erste Katalysatorlage, um einen verbesserten Katalysator bereitzustellen, wobei ausgehend vom Katalysator nach Schritt a)

- die Lage des Temperaturmaximums (Hot-Spots) in der ersten Katalysatorlage des Ausgangskatalysators bestimmt wird, berechnet als Abstand A vom Beginn der ersten Katalysatorlage (Gaseintrittsseite) bei dem Einsatz (Betrieb) des Katalysators;

- ein verbesserter Katalysator gemäß Schritt b) bereitgestellt wird, wobei die Länge der vorgeschalteten Katalysatorlage kleiner als A ist, und das Temperaturmaximum im verbesserten Katalysator in der ehemals ersten Katalysatorlage des Ausgangskatalysators liegt, jedoch näher zum Beginn der Katalysatorschüttung (Gaseintrittsseite) als im Ausgangskatalysator."

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 25 wie erteilt beziehen sich auf besondere Ausgestaltungen des Verfahrens laut Anspruch 1.

III. Im Einspruchsverfahren hatte die Einsprechende mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit sowie unzureichende Offenbarung geltend gemacht (Artikel 100(a) bzw. (b) EPÜ). Die Einsprechende bezog sich unter anderem auf folgende Beweismittel:

D1: P.Sadukhan und E.E.Petersen "Oxidation of Naphthalene in Packed-Bed Reactor with Catalyst Activity Profile: A Design Scheme for Improved Reactor Stability and Higher Product Yield", AIChE Journal (Vol. 22, No 4), July 1976, pages 808-810;

D2: DE 198 23 262 A1; und

D4: WO 2004/000455 A1.

IV. Die Einspruchsabteilung hat insbesondere entschieden, dass

- das beanspruchte Verfahren ausreichend offenbart sei;

- jedoch der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt, und jener des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1, gegenüber D1 nicht neu seien; und

- der Gegenstand des Anspruchs 1 der Hilfsanträge 2 und 3 im Hinblick auf eine Zusammenschau von D2 und D1 nicht erfinderisch sei.

V. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) verteidigte in ihrer Beschwerdebegründung das Streitpatent in seiner erteilten Fassung, reichte aber mit der Begründung auch fünf geänderte Anspruchssätze als Hilfsanträge 1 bis 5 ein.

Die Beschwerdeführerin machte insbesondere geltend, dass die Verfahren laut den Ansprüchen des erteilten Patents im Hinblick auf den von der Einspruchsabteilung herangezogenen Stand der Technik auch neu und erfinderisch seien.

VI. In ihrer Erwiderung vertrat die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) nach wie vor die Ansicht, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 wie erteilt gegenüber D1 nicht neu sei und im Hinblick auf eine Kombination von D2 mit D1 auch nicht erfinderisch.

VII. Die Parteien wurden zur mündlichen Verhandlung geladen, und in einem von der Kammer erlassenen Bescheid wurde auf voraussichtlich zu erörternde Punkte hingewiesen.

VIII. Die Beschwerdeführerin wies in einem weiteren Schreiben alle Beanstandungen der Beschwerdegegnerin substantiiert zurück. Sie machte insbesondere geltend, dass die Einspruchsabteilung die Offenbarung des Dokuments D1 falsch interpretiert habe. Insbesondere habe, ausgehend von D2 - anstatt von D1 - als dem korrekten nächstliegenden Stand der Technik, die Erfindung nicht nahegelegen.

IX. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 26. September 2017 statt. Erörtert wurden insbesondere die Neuheit des beanspruchten Verfahrens gegenüber D1 sowie die erfinderische Tätigkeit im Hinblick auf D2, wobei auch die Relevanz einer Passage von D4 zur Sprache kam.

X. Finale Anträge der Parteien

Die Beschwerdeführerin beantragte als Hauptantrag die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrecherhaltung des Patents wie erteilt (Hauptantrag), hilfsweise im Umfang der Ansprüche gemäß einem der Hilfsanträge 1 - 5, alle eingereicht mit Schreiben vom 12. Dezember 2014.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

XI. Die für die Entscheidung relevanten Argumente der Parteien können folgendermaßen zusammengefasst werden:

Auslegung des Anspruchs 1

- In der mündlichen Verhandlung erklärte die Beschwerdeführerin, Anspruch 1 sei wortsinngemäß zu verstehen. Folglich erfordere der Anspruch 1 zunächst die faktische (nicht lediglich gedankliche) Bereitstellung eines Ausgangskatalysators sowie Bestimmung der Lage seines Hotspots (Parameter A) in der ersten Katalysatorlage. Diese Verfahrensschritte seien, zum Beispiel, im Absatz [0086] des Streitpatents erläutert. Erst im Anschluss an diese Schritte sei dann eine frische Schüttung des verbesserten Katalysators bereitzustellen, in dem ein Teil der ersten Katalysatorlage des Ausgangskatalysators wie von Anspruch 1 gefordert ersetzt werde.

- Die Beschwerdegegnerin erachtete den Wortlaut des Anspruchs 1 als unklar. Dieser könne daher breiter ausgelegt werden. Insbesondere erfordere Anspruch 1 eben nicht die faktische Bereitstellung eines Ausgangskatalysators und die Bestimmung der Lage des Hotspots in der ersten Katalysatorlage (Parameter A), vielmehr können diese Schritte auch nur gedanklich durchgeführt werden. Diese Auslegung des Anspruchs sei insbesondere durch Absatz [0025] des Streitpatents gestützt, in dem die Position des Hotspots im verbesserten Katalysator mit der eines "fiktiven Hotspots" (Betonung durch die Kammer) verglichen werde. Daher seien die Bereitstellung des Ausgangskatalysators und die Bestimmung der Lage des Hotspots keine notwendigen technischen Merkmale des Verfahrens nach Anspruch 1, und demnach bei der Beurteilung der Neuheit bzw. erfinderischen Tätigkeit auch nicht zu berücksichtigen.

Neuheit

- Laut der Beschwerdeführerin offenbare D1 nicht die gemäß Anspruch 1 zwingend erforderliche faktische Bereitstellung eines Ausgangskatalysators und Bestimmung von dessen Hotspot-Lage. Schon allein deshalb sei der beanspruchte Gegenstand neu.

- Die Beschwerdegegnerin bestritt in der mündlichen Verhandlung nicht, dass der Anspruchsgegenstand im Hinblick auf D1 neu sei, wenn Anspruch 1 enger - entsprechend den Ausführungen der Beschwerdeführerin - ausgelegt werde.

Erfinderische Tätigkeit

- Die Beschwerdeführerin erachtetet D2 als den nächstliegenden Stand der Technik. Ausgehend von der Offenbarung dieses Dokuments sei die technische Aufgabe in der Bereitstellung eines verbesserten Katalysators mit höherer Lebensdauer zu sehen. Wie im Streitpatent (Absatz [0108]) angegeben, werde diese Aufgabe durch das Verfahren laut Anspruch 1 auch tatsächlich gelöst, da der Hotspot in dem durch das Verfahren bereitgestellten, verbesserten Katalysator zwar in der gleichen Katalysatorlage wie im Ausgangskatalysator liege, aber näher zum Beginn der Katalysatorschüttung (nachfolgend Gaseintrittsseite), liege und daher bei fortschreitender Reaktion und "Wanderung" des Hotspots in Richtung Gasaustrittseite länger in besagter Katalysatorlage verbleibe. Dadurch werde die Lebensdauer des Katalysators erhöht.

- In dem viel älteren Dokument D1 sei die Vorschaltung einer aktiveren Katalysatorlage zum schnelleren Starten/Zünden der Reaktion offenbart. Eine Maßnahme dieser Art hätte der mit der Lösung der technischen Aufgabe befasste Fachmann nicht in Betracht gezogen, da ihm bekannt war (siehe D1, Seite 808, linke Spalte, Zeilen 8 bis 12 und D2, Seite 2, Zeilen 15 bis 19), dass eine zu schnelle Erhöhung der Temperatur im Reaktor eine Beschädigung des Katalysators und weitere negative Folgen nach sich ziehen könne. Daher wäre er von einer Katalysatorschichtanordnung, wie sie etwa in D2 beschrieben ist, und die sich auch in der Praxis durchgesetzt hatte, nicht abgewichen.

- Die Abbildung des Hotspots in Figur 1 von D1 basiere zudem auf einem alten Rechenmodell, das nicht geeignet sei, dessen Lage in einem realen Reaktor wirklichkeitsnah darzustellen. Daher könne der Fachmann aus dieser Figur keine belastbaren Erkenntnisse bezüglich der eventuellen Vorteilhaftigkeit einer Verschiebung des Hotspots näher zur Gaseintrittsseite herleiten. Außerdem beziehe sich der in besagter Figur 1 von D1 dargestellte Vergleich nicht wie Anspruch 1 auf einen mindestens zwei Katalysatorlagen enthaltenden Ausgangskatalysator.

- Der Fachmann habe im Hinblick auf das relevante allgemeine Fachwissen vielfältige andere Möglichkeiten zur Verfügung gehabt, die Lebensdauer des aus D2 bekannten Katalysators zu erhöhen. Zum Beispiel habe er die Geometrie des Katalysators oder die Temperatur-Regelung des Reaktors verändern können. Im Gegensatz dazu hätte er die eher theoretische Lehre des viel älteren Dokuments D1, die in der Praxis im Stand der Technik nicht umgesetzt worden sei, nicht in Betracht gezogen.

- Außerdem hätte der Fachmann, auch bei Berücksichtigung von D1, eher eine geänderte Anordnung der Katalysator-Schichten im Katalysator von D2 in Betracht gezogen, nicht jedoch das Ersetzen von lediglich einem Teil der ersten Katalysatorlage des bekannten Katalysators durch eine zusätzliche, aktivere Schicht.

- Da es sich bei D4 um eine veröffentlichte Patentanmeldung handle, stelle die darin enthaltene Erwähnung der Vorteilhaftigkeit der Anordnung einer Lage eines sehr aktiven Katalysators am Reaktoreingang kein allgemeines Fachwissen dar.

- Daher beruhe der beanspruchte Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit.

- Die Beschwerdegegnerin sah, ausgehend aus D2 als nächstliegendem Stand der Technik, die technische Aufgabe in der Bereitstellung eines verbesserten Katalysators, dessen Hotspot näher zur Gaseintrittsseite liege. Diese Formulierung der technischen Aufgabe sei durch die Absätze [0108] und [0004] des Streitpatents gestützt.

- Angesichts der Lehre und der Figur 1 von D1 habe es für den Fachmann nahegelegen, die Vorschaltung einer aktiveren Katalysatorlage im Katalysator gemäß D2 auszuprobieren, um die Lage des Hotspots näher zur Gaseintrittsseite hin zu verschieben. Zudem habe besagte Figur 1 nicht weniger Beweiskraft, nur weil sie auf einem alten Rechenmodell basiere. Dass die Lebensdauer des Katalysators durch die Verschiebung des Hotspots beeinflusst werde, sei dem Fachmann zudem bekannt gewesen. Eine derartige Vorschaltung einer aktiveren Katalysatorlage sei dem von Anspruch 1 geforderten "Ersetzen eines Teils der ersten Katalysatorlage" gleichzusetzen.

- Dokument D4 bestätige, dass die Vorschaltung einer aktiveren Katalysatorlage zur Erhöhung der Katalysatorlebensdauer allgemeines Fachwissen gewesen sei.

- Daher beruhe das beanspruchte Verfahren nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag (Patent wie erteilt) - Auslegung von Anspruch 1

1. Das Verfahren nach Anspruch 1 (gesamter Wortlaut unter II, supra) umfasst als Schritte unter anderem das

"a) Bereitstellen eines Ausgangskatalysators enthaltend mindestens eine erste, zur Gaseintrittsseite hin gelegene Katalysatorlage und eine zweite, näher zur Gasaustrittsseite hin gelegene Katalysatorlage",

wobei

"die Lage des Temperaturmaximums (Hot-Spots) in der ersten Katalysatorlage des Ausgangskatalysators bestimmt wird, berechnet als Abstand A vom Beginn der ersten Katalysatorlage (Gaseintrittsseite) bei dem Einsatz (Betrieb) des Katalysators" (Betonungen durch die Kammer).

2. Die Kammer ist der Überzeugung, dass der Fachmann Anspruch 1 im Hinblick auf den verwendeten Wortlaut eindeutig dahingehend versteht, dass zunächst die Lage des Hotspots (als Parameter A) in der ersten Lage eines im jeweiligen Reaktor physisch vorliegenden Ausgangskatalysators und unter den gewählten Reaktionsbedingungen bestimmt werden muss.

2.1 Das dahingehende Verständnis von Anspruch 1 steht auch völlig im Einklang mit den anderen wesentlichen Schritten des beanspruchten Verfahrens, wonach ein "verbesserter Katalysator" durch "Ersetzen eines Teils der ersten Katalysatorlage durch eine vorgeschaltete Lage eines Katalysators mit einer höheren Aktivität als die erste Katalysatorlage" bereitgestellt wird, "wobei die Länge der vorgeschalteten Katalysatorlage kleiner als A ist, und das Temperaturmaximum im verbesserten Katalysator in der ehemals ersten Katalysatorlage des Ausgangskatalysators liegt, jedoch näher zum Beginn der Katalysatorschüttung (Gaseintrittsseite) als im Ausgangskatalysator."

2.2 Es ist also rein aus dem Wortlaut des Anspruchs 1 ersichtlich, dass sich sowohl die "Länge der vorgeschalteten Katalysatorlage" als auch die Lage des Hotspots im bereitgestellten, "verbesserten Katalysator" auf den zuvor im jeweiligen Reaktor physisch vorliegenden Ausgangskatalysator und die unter den gewählten Reaktionsbedingungen bestimmte Lage des Hotspots (als Parameter A) beziehen.

Daher ergibt sich aus dem Wortlaut des Anspruchs 1 eine eindeutige und klare technische Verknüpfung zwischen allen Schritten des beanspruchten Verfahrens.

2.3 Ferner steht dieses Verständnis von Anspruch 1 auch im Einklang mit der restlichen Beschreibung des Streitpatents, siehe etwa Absatz [0086], der wie folgt lautet:

"Soweit nach einer möglichen erfindungsgemäßen Ausführungsform zunächst in einem Testbetrieb des Ausgangskatalysators gemäß Stand der Technik die genaue Lage des Hotspots in der ersten Katalysatorlage des Ausgangskatalysators bestimmt werden soll, wird es in der Praxis nicht einfach und somit auch in der Regel nicht ratsam sein, am gebrauchten Ausgangskatalysator selbst einen Teil der ersten Katalysatorlage durch die vorgeschaltete Katalysatorlage zu ersetzen. In der Regel wird es einfacher durchzuführen und bevorzugt sein, aufgrund der Ergebnisse des Testbetriebs mit dem Ausgangskatalysator eine frische Katalysatorschüttung herzustellen, wobei in der Katalysatorrezeptur der wie hierin beschrieben berechnete Teil der ersten Katalysatorlage des Ausgangskatalysators zur Gaseintrittsseite hin durch die vorgeschaltete Katalysatorlage mit höher Aktivität ersetzt wird."

3. Absatz [0025] der Beschreibung, auf den sich die Beschwerdegegnerin bei ihrer breiteren Auslegung von Anspruch 1 berief, enthält insbesondere die folgenden Angaben (Betonung durch die Kammer):

"In jedem Fall ist die Länge der vorgeschalteten Katalysatorlage kleiner, als es der Position eines fiktiven Hotspots, gemessen als Abstand von Beginn der Katalysatorschüttung bis zum Erreichen der maximalen Temperatur entspräche, der sich ausbilden würde, wenn man anstelle der vorgeschalteten Lage den entsprechenden Bereich auch mit Katalysator der zweiten Lage (entsprechend dem Katalysator der ersten Lage des Ausgangskatalysators) füllen würde."

3.1 Hier werden nach dem Dafürhalten der Kammer Merkmale des "verbesserten Katalysators" beschrieben, und nicht Merkmale des Verfahrens zu seiner Herstellung. Allerdings wird der "verbesserte Katalysator" hier

- ebenso wie in Anspruch 1 - unter Bezugnahme auf die Lage des Hotspots (Parameter A) im "Ausgangskatalysator" definiert. Bei Betrachtung des fertigen, "verbesserten Katalysators" ist diese Lage des Hotspots natürlich nur noch "fiktiv", da der "Ausgangskatalysator" im betrachten Teil des Reaktors ja nicht mehr unverändert vorliegt, sondern gaseintrittsseitig zum Teil durch die "vorgeschaltete Lage" mit höherer Aktivität ersetzt ist.

3.2 Daher vermag für die Kammer Absatz [0025] nicht eine Auslegung zu stützen, wonach die Bereitstellung des Ausgangskatalysators und die Bestimmung seines Hotspots auch lediglich als gedankliche/rechnerische Schritte durchgeführt werden können.

4. Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass tatsächlich alle Merkmale/Schritte des in Anspruch 1 definierten Verfahrens technischer Natur sind und demnach bei der Bewertung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit auch zu berücksichtigen sind.

Hauptantrag - Neuheit

5. Es ist unbestritten, dass D1 nicht die laut Anspruch 1 (ausgelegt gemäß Punkt 2, supra) erforderliche Bereitstellung eines Ausgangskatalysators mit mindestens zwei Schichten mit anschließender Bestimmung der Lage seines Hotspots (als Parameters A) offenbart.

Daher ist der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber D1 neu (Artikel 52(1) und 54 EPÜ).

Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit

6. Die Erfindung

6.1 Das Streitpatent betrifft (Absatz [0001] und Anspruch 1) ein Verfahren zur Optimierung bzw. Verbesserung eines Katalysators zur Herstellung von Phthalsäureanhydrid durch Gasphasenoxidation von o-Xylol und/oder Naphthalin.

6.2 In der Beschreibung des Streitpatents (Absatz [0003]) wird Folgendes dargelegt:

"Heutzutage werden für die Oxidation von o-Xylol und/oder Naphthalin zu Phthalsäureanhydrid Mehrlagen-katalysatorsysteme eingesetzt ... Üblicherweise weist die 1. Lage (= die am nächsten zum Reaktoreingang gelegene Schicht) die geringste Aktivität auf, da im reaktoreingangsnahen Bereich die höchsten Eduktkonzentrationen und damit die größten Reaktionsgeschwindigkeiten auftreten. Durch die bei der chemischen Umsetzung frei werdende Wärme wird das Reaktionsgas aufgeheizt bis zu der Stelle, an der die durch Reaktion erzeugte Energie gerade so groß ist wie die an das Kühlmittel abgegebene Energie. Diese heißeste Stelle im Reaktionsrohr wird Hotspot genannt. Eine zu hohe Aktivität in der 1. Lage würde zu einem unkontrollierten Ansteigen der Hotspot-Temperatur führen, die üblicherweise zu einer Selektivitätsreduktion oder gar zu einem "runaway" führen kann."

Ferner enthält die Beschreibung (Absatz [0004]) folgende Angaben:

"Ein weiterer wesentlicher Aspekt, der bei der Auslegung der Aktivität der einzelnen Katalysatorlagen beachtet werden muss, ist die Position des Hotspots in der 1. Katalysatorlage. Da sich mit zunehmender Betriebszeit die Katalysatoraktivität verringert, verschiebt sich die Position des Hotspots immer weiter in zum Reaktorausgang hin. Dies kann sogar so weit führen, dass der Hotspot aus der 1. Lage in die 2. Lage oder sogar in eine noch später folgende Lage wandert. Häufig muss aufgrund der damit einhergehenden signifikant abfallenden PSA-Ausbeute in einem solchen Fall der Katalysator ausgetauscht werden, was zu hohen Betriebsausfällen führt."

6.3 Im Bezug auf den Stand der Technik sagt die Beschreibung (Absatz [0012]) Folgendes aus:

"Nachteilig an den dort angegebenen erfindungsgemäßen Katalysatoren ist, dass trotz des Einsatzes solcher strukturierter Katalysatoren die Lebensdauer des Katalysators insbesondere im Hinblick auf die zunehmende Verlagerung des Hotspots in der Richtung des Gasstroms nicht zufriedenstellend ist."

Dementsprechend nennt das Streitpatent als technische Aufgabe (Absatz [0016]) "ein Verfahren zur Herstellung eines verbesserten Katalysators zur Herstellung von Phthalsäureanhydrid durch Gasphasenoxidation von o-Xylol und/oder Naphthalin bereitzustellen, das die Nachteile des Standes der Technik vermeidet und insbesondere eine vorteilhafte Positionierung des Hotspots und eine höhere Lebensdauer des verbesserten Katalysators ermöglicht. Ziel der vorliegenden Erfindung ist es insbesondere, eine Erhöhung der Katalysatorlebensdauer bei gleichbleibender oder sogar verbesserter Produkt-Ausbeute herbeizuführen."

7. Der nächstliegende Stand der Technik

7.1 Beide Parteien erachteten D2 als nächstliegenden Stand der Technik. Angesichts der Ähnlichkeiten zwischen der Erfindung und der Offenbarung von D2 bezüglich der jeweils angesprochenen technischen Problematik und der offenbarten Katalysatorstrukturen hat die Kammer keine Veranlassung, diesbezüglich einen anderen Standpunkt einzunehmen.

7.2 In der Tat bezieht sich D2 (Seite 2, Zeilen 3 bis 5) auf die Verwendung eines mindestens drei Schichten aufweisenden Katalysators zur Herstellung von Phthalsäureanhydrid durch Gasphasenoxidation von o-Xylol und/oder Naphthalin, wobei die Katalysatorschichten eine von der Gaseintrittsseite zur Gasaustrittsseite hin zunehmende Aktivität aufweisen. Die in D2 behandelte Aufgabe (Seite 2, Zeilen 47 bis 56) bestand darin, durch die Auswahl und Kombination diverser Faktoren - inklusive der "Katalysatorschichtung" - das Gasphasenoxidations-Verfahren zu optimieren, ohne den Katalysator irreversibel zu schädigen oder dessen Lebensdauer stark zu beeinträchtigen.

8. Die technische Aufgabe

8.1 Die Kammer sieht die technische Aufgabe im Lichte des nächstliegenden Standes der Technik in der Bereitstellung eines Verfahrens, durch welches ein in punkto Lebensdauer verbesserter Katalysator für die besagte Gasphasenoxidations-Reaktion bereitgestellt wird (Streitpatent, Absatz [0016]).

8.2 Die Verschiebung des Hotspots näher an die Gaseintrittsseite, die durch das beanspruchte Verfahren erzielt wird (siehe Absatze [0016] und [0108] des Streitpatents), ist ein technisches Merkmal und ein wesentlicher Aspekt des beanspruchten Verfahrens (siehe letzter Absatz des Anspruchs 1, II, supra; und Absatz [0004], 6.2, supra), und Teil der Lösung der objektiven, unter Punkt 8.1 supra, formulierten technischen Aufgabe. Die von der Beschwerdegegnerin vorgeschlagene Aufgabenformulierung (XI, supra) enthält somit einen Lösungsansatz, was nach ständiger Rechtsprechung (siehe etwa T 229/85, ABl. 1987, Gründe, 5.) im Rahmen der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nach dem Aufgabe-Lösung Ansatz zu vermeiden ist.

9. Die Lösung

Als Lösung der oben formulierten technischen Aufgabe schlägt das Streitpatent das Verfahren gemäß Anspruch 1 vor (Wortlaut unter Punkt II, supra).

10. Erfolg der Lösung

10.1.1 Die Beispiele des Streitpatents zeigen (siehe insbesondere Absätze [0103] bis [0106]), dass

- ausgehend von einem dreilagigen Ausgangskatalysator, bei dem der Hotspot in Lage 1 (150 cm Länge) bei einer Position (Abstand zur Gaseintrittsseite) von 90 - 100 cm bestimmt wurde,

- im erfindungsgemäß verbesserten Katalysator, bei dem 50 cm der Lage 1 des Ausgangskatalysators durch eine aktivere, vorgeschaltete Lage (50 cm Länge) ersetzt wurde, der Hotspot bei einer Position von 75 - 85 cm gemessen wurde (d.h. innerhalb der nunmehr 2. Lage, aber signifikant näher zur Gaseintrittsseite).

10.1.2 Eine derartige Verschiebung des Hotspots zur Gaseintrittsseite hin bewirkt (Absatz [0108] der Beschreibung) Folgendes:

"Daraus können die folgenden Vorteile für den erfindungsgemäßen verbesserten Katalysator abgeleitet werden, die nicht nur für das spezifische Beispiel, sondern allgemein für die vorliegende Erfindung gelten:

- Längere Lebensdauer, da der Hotspot bei Reaktionsbeginn und demzufolge auch bei fortschreitender Desaktivierung näher zur Gaseintrittsseite liegt, insbesondere länger in der 2. Lage, (vormals 1. Lage) verbleibt ...".

10.1.3 Die Ergebnisse dieser Beispiele und die in den Absätzen [0107] und [0108] enthaltenen Angaben wurden von der Beschwerdegegnerin nicht in Frage gestellt.

Für die Kammer ist demnach plausibel dargelegt worden, dass die technische Aufgabe (8.1, supra) durch das beanspruchte Verfahren auch tatsächlich gelöst wird.

11. (Nicht-)Naheliegen der Lösung

11.1 Dokument D2 für sich genommen

11.1.1 In dem in D2 offenbarten mehrschichtigen Katalysator liegt die am wenigsten aktive Katalysatorlage an der Gaseintrittsseite, während die darauf folgenden Katalysatorlagen zur Gasaustrittsseite hin zunehmende Aktivitäten aufweisen.

In der Tat offenbart D2 (Seite 2, Zeilen 57 bis 62) ein "Verfahren zur Herstellung von Phthalsäureanhydrid durch katalytische Gasphasenoxidation von Xylol und/oder Naphthalin mit einem molekularen Sauerstoff enthaltenden Gas in einem Festbett, bei erhöhter Temperatur und mittels mindestens drei in Schichten übereinander angeordneter Schalenkatalysatoren, auf deren Kern aus Trägermaterial eine Schicht aus katalytisch aktiven Metalloxiden schalenförmig aufgebracht ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Katalysatoraktivität von Schicht zu Schicht von der Gaseintrittsseite zur Gasaustrittsseite ansteigt..." und die Katalysatorschichten (Seite 2, Zeile 62 bis Seite 3, Zeile 8) weitere besondere Merkmale aufweisen.

11.1.2 D2 vermag demnach für sich genommen nicht, eine Abwandlung des Katalysator-Bereitstellungsverfahrens anzuregen, die zu einem Verfahren nach Anspruch 1 führen würde.

11.2 Es stellt sich demnach die Frage, ob sich für den von D2 ausgehenden, mit der Lösung der technischen Aufgabe (siehe 8.1, supra) befassten Fachmann, ein Verfahren gemäß Anspruch 1 in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik und/oder dem allgemeinen Fachwissen ergibt.

11.3 Kombination von D2 mit D1

11.3.1 D1 betrifft (Seite 808, Titel und linke Spalte, erster Absatz) ein Verfahren zur Herstellung von Phthalsäureanhydrid durch Gasphasenoxidation von Naphthalin.

In diesem Dokument aus dem Jahre 1976 (mehr als 20 Jahre älter als D2) war bereits erkannt worden (Seite 808, linke Spalte, Zeilen 8 bis 20), dass in einer solchen exothermen chemischen Reaktion einerseits die Hotspot-Temperatur in gewissen Grenzen gehalten werden muss, um eine mögliche Beschädigung des Katalysators, bzw. eine Instabilität der Reaktion und ein thermisches Durchgehen der Reaktion ("runaway") zu vermeiden, obwohl andererseits im Reaktor eine hohe Temperatur aufrechterhalten werden muss, um eine ausreichende Ausbeute zu gewährleisten.

Laut D1 (Seite 808, rechte Spalte, Zeilen 17 bis 30, und Seite 809, rechte Spalte, letzter Absatz), war es auch bereits bekannt, die ähnliche Oxydation von

o-Xylol zu Phthalsäureanhydrid in einem Reaktor durchzuführen, der vier verschiedene, zum Reaktorausgang hin zunehmende Aktivität aufweisende Katalysatorlagen enthält (im Folgenden als Watanabe-Anordnung bezeichnet). Eine derartige Anordnung entspricht der mehrschichtigen Katalysatorausgestaltung gemäß D2 (11.1.1, supra), und ermöglicht laut D1, die Gasphasenoxidation mit höherer Selektivität und Reaktionsstabilität durchzuführen, als wenn mit einem Katalysatorfestbett von einheitlicher Aktivität gearbeitet wird.

Diese Lehre von D1 steht im Einklang mit den folgenden Angaben in der Beschreibung von D2 (Seite 2, Zeilen 19 bis 25; Betonung durch die Kammer), wonach "... bei einer bestimmten hot spot-Temperatur der Katalysator irreversibel geschädigt werden kann ... Zur Abschwächung dieser "hot spots" wurde in der Technik dazu übergegangen, unterschiedlich aktive Katalysatoren schichtweise in der Katalysatorschüttung anzuordnen, wobei in der Regel der weniger aktive Katalysator so im Festbett angeordnet ist, dass das Reaktionsgasgemisch mit ihm als erstes in Kontakt kommt, d. h. er liegt in der Schüttung zum Gaseintritt hin, wohingegen sich der aktivere Katalysator zum Gasaustritt aus der Katalysatorschüttung hin befindet."

Laut D2 (Seite 2, Zeilen 51-52; Betonung durch die Kammer): "... ist vor allem darauf zu achten, dass der Hot-Spot einen gewissen kritischen Wert nicht überschreitet..., da sonst die PSA-Selektivität, die PSA-Produktqualität sowie die Lebensdauer des Katalysators stark beeinträchtigt werden.".

Daher geht auch die Kammer im Folgenden davon aus, dass sich in der industriellen Praxis in der Tat die bereits in der älteren Druckschrift D1 beschriebene Watanabe-Anordnung durchgesetzt hatte, insbesondere im Hinblick auf ihre Vorteile im Bezug auf die Kontrolle des Hotspots, die Selektivität und Stabilität der Reaktion und das Bewahren vor Katalysatorschäden und einer Beeinträchtigung der Katalysatorlebensdauer.

11.3.2 In D1 wird dennoch für die von Naphthalin ausgehende Oxydation (Seite 808, rechte Spalte, Zeilen 32 bis 38 und Seite 809, rechte Spalte, Absatz "RESULTS AND DISCUSSION", Zeilen 10 bis 15) eine von der Watanabe-Anordnung abweichende Anordnung (im Folgenden alternative Anordnung) der Katalysatorschichten im Reaktor vorgeschlagen:

Auf eine kurze hochaktive Schicht an der Gaseintrittsseite (zum Starten der Reaktion) folgt zunächst eine längere Schicht von reduzierter Aktivität in der Umgebung des Hotspots (um Stabilität zu gewährleisten) und anschließend zwei weitere Schichten zunehmender Aktivität.

In D1 wird diese alternative Anordnung aber nicht als vorteilhaft im Vergleich zur Watanabe-Anordnung präsentiert. Vorteile in punkto Selektivität oder Stabilität der Reaktion (siehe Seite 810, linke Spalte, Zeilen 27 bis 34) werden lediglich im Vergleich zu einer Reaktionsführung in einem Reaktor mit über die Länge gleichmäßiger Katalysatoraktivität geltend gemacht, und der Aspekt der Lebensdauer des Katalysators wird nicht thematisiert.

Nach dem Dafürhalten der Kammer hätte sich der Fachmann angesichts des sowohl in D1 und D2 (11.3.1, supra) angesprochenen Fachwissens in Bezug auf die bei diesen exothermen chemischen Reaktionen entstehenden Gefahren, eher nicht von der in der Praxis etablierten Watanabe-Anordnung abgewendet. Vor allem enthält D1 keinerlei Hinweis darauf, dass mit der lediglich theoretisch untersuchten alternativen Anordnung gemäß D1, die Lage des Hotspots so kontrolliert werden kann, dass eine frühzeitige Beschädigung des Katalysators vermieden und dessen Lebensdauer erhöht wird.

11.3.3 Die Beschwerdeführerin hat sich in ihrem diesbezüglichen Vortrag insbesondere auf Figur 1 von Dokument D1 (Seite 809) bezogen. Figur 1 zeigt die berechneten Temperaturprofile (gestrichelte bzw. durchgehende Kurve) für eine mit der in diesem Dokument vorgeschlagenen alternativen Anordnung der Katalysatorschichten bzw. mit Katalysatorbetten unterschiedlicher, aber über deren jeweilige Länge unveränderter Aktivität für die durchgeführte Reaktion. Die Kurven des Diagramms wurden mittels eines auf Seite 809 näher erläuterten Rechenmodells erstellt.

Jedoch enthält weder diese Figur 1 (noch eine andere Stelle von D1) einen Vergleich mit einer Verfahrensführung mit einer "Watanabe-Anordnung" der Katalysator-Schichten. Verglichen wird lediglich mit dem Betrieb von Katalysatorbetten über deren jeweilige Länge unveränderter Aktivität (siehe Seite 808, rechte Spalte, Zeilen 32 bis 39; Seite 809, rechte Spalte, "RESULTS AND DISCUSSION", Zeilen 1 bis 15).

Aus dem Vergleich in Figur 1 lässt sich jedenfalls keine Vorteilhaftigkeit der alternativen Anordnung gegenüber der Watanabe-Anordnung (und der Anordnung gemäß D2) herleiten, die ja bereits eine höhere Selektivität und Reaktionsstabilität ermöglichen, als ein Katalysatorbett, das über seine Länge die gleiche Aktivität aufweist (siehe 11.3.1, supra und D1, Seite 810, linke Spalte, Zeilen 1 bis 8).

Selbst unter der Annahme (arguendo), dass das laut D1 verwendete Rechenmodell hinreichend genau bzw. realitätsnah ist, was von der Beschwerdeführerin angezweifelt wurde, hätte der Fachmann nach dem Dafürhalten der Kammer die in der Figur 1 gezeigte Verschiebung des Hotspots in Richtung der Gaseintrittsseite im Fall der alternativen Anordnung, mindestens aufgrund der schneller erreichten hohen Reaktionstemperatur, nicht unmittelbar mit einer längeren Lebensdauer des (gesamten) Katalysators in Zusammenhang gebracht.

Daher stellt auch die Figur 1 des D1 keine Lehre dar, die den Fachmann hätte bewegen können, die alternative Anordnung der D1 der Watanabe-Anordnung vorzuziehen, um derart die Lebensdauer des Katalysators zu erhöhen.

11.3.4 Nicht zuletzt blieb der Hinweis der Beschwerdeführerin unbestritten, wonach der Fachmann angesichts des allgemeinen Fachwissens vielfältige Möglichkeiten zur Erhöhung der Lebensdauer des Katalysators hatte, z.B. durch Maßnahmen wie die Veränderung der Geometrie des Katalysators oder der Temperaturregelung des Reaktors.

11.3.5 Schlussendlich wäre der Fachmann, selbst wenn er dennoch erwogen hätte (arguendo), die alternative Anordnung gemäß D1 zum Einsatz zu bringen, ausgehend von der Bereitstellung eines Katalysators mit der Schichtanordnung gemäß D2, nicht zu einem Verfahren gemäß Anspruch 1 gelangt.

In der Tat hätte er dann, wenn überhaupt, der Lehre von D1 (11.3.2, supra) folgend, unmittelbar einen Katalysator mit der dort beschriebenen Anordnung von vier Schichten bereitgestellt, oder die Anordnung der drei Schichten des Katalysators von D2 so verändert, dass eine erste kurze, hochaktive Schicht nahe der Gaseintrittsseite von einer längeren Schicht von reduzierter Aktivität in der Umgebung des Hotspots und einer dritten Schicht von zunehmender Aktivität gefolgt wird.

Nach dem Dafürhalten der Kammer hätte er sich jedenfalls nicht durch D1 veranlasst gesehen, einen Teil der ersten Katalysatorlage des gemäß D2 bereitgestellten Katalysators mit drei Schichten (entsprechend Schritt "a)" des Verfahrens nach vorliegendem Anspruch 1) durch eine Lage höherer Aktivität und mit erfindungsgemäß zu bestimmender Länge zu ersetzen (entsprechend Schritt "b)" des vorliegenden Anspruchs 1), wobei er zu einer Anordnung mit einer zusätzlichen Katalysatorlage gelangt wäre.

11.4 Dokument D4

11.4.1 D4 betrifft, wie auch das Streitpatent, die Bereitstellung von Katalysatoren für die Herstellung von Phthalsäurenahydrid durch Gasphasenoxidation (D4, Seite 1, Zeilen 3 bis 6: "The present invention relates to a catalyst for the selective oxidation of o-xylene, naphthalene, or a mixture of both to phthalic anhydride in the gas-phase, using a gas containing molecular oxygen, preferably air. The catalyst is characterised by a high activity and a high selectivity to phthalic anhydride.")

11.4.2 In der Beschreibung von D4 ist ferner Folgendes angegeben (Seite 1, Zeilen 21 bis 29; Hervorhebung durch die Kammer): "In order to limit the formation of hot spots, catalyst beds with two or three different catalysts, with graduated activity, are often used. Their activity is lowest at the entrance of the reactants, where most of the heat is formed, and highest at the outlet of the catalyst bed (US patent 6,362, 345). The use of a highly active catalyst, especially in the lower part of the bed, i.e., near the entrance of the reactants, allows to carry out the reaction at lower temperature, with advantages for the yield of the reaction and the life of the catalyst."

i) Dieser Teil der Beschreibung bezieht sich zunächst offensichtlich auf gattungsgemäße, in einem US Patent offenbarte Verfahren, in denen eine Watanabe-Anordnung eingesetzt wurde.

ii) Der letzte Satz der zitierten Passage bezieht sich hingegen, wie von der Beschwerdegegnerin zutreffend angemerkt wurde, auf die Verwendung eines hochaktiven Katalysators nahe der Gaseintrittsseite, was ein Ausführen der Reaktion bei niedriger Temperatur ermöglicht, wodurch wiederum unter anderem die Lebensdauer des Katalysators erhöht werden soll.

11.4.3 Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin sei dieser letzte Satz als Hinweis auf allgemeines Fachwissen bezüglich der allgemeinen Vorteilhaftigkeit, auch bezüglich der Lebensdauer eines mehrschichtigen Katalysators, des Vorschaltens einer höheraktiven Katalysatorschicht nahe der Gaseintrittsseite zu werten.

11.4.4 Dieses Argument überzeugt die Kammer jedoch aus folgenden Gründen nicht.

i) Zum einen handelt es sich bei D4 um eine veröffentlichte Patentanmeldung. Folglich spiegeln darin getroffene Aussagen nicht notwendigerweise allgemeines Fachwissen wider. D4 selbst enthält jedenfalls keinen Hinweis darauf, dass der besagte letzte Satz tatsächlich allgemeingültiges Fachwissen wiedergibt.

ii) Zum anderen ist bei dem besagten letzten Satz nicht eindeutig klar, ob er als generell gültig zu verstehen ist, oder sich auf eine Abwandlung der unmittelbar davor angesprochene Watanabe-Anordnung bezieht.

iii) Für die Kammer ist zum einen höchst fraglich, ob diese Passage von D4 überhaupt als konkretes allgemeines Fachwissen gewertet werden kann. Zudem ist aber speziell die Bedeutung des letzten Satzes nicht eindeutig klar, und vermag demnach nicht anzuregen, im Fall mehrlagiger Katalysatoren von der industriell üblichen Watanabe-Anordnung abzuweichen.

11.5 Auf Basis der oben angestellten Überlegungen gelangt die Kammer zu dem Schluss, dass der Fachmann, ausgehend von einem Verfahren zur Bereitstellung einer Katalysatorschichtung gemäß D2, und ohne rückschauende Betrachtungsweise, nicht in naheliegender Weise in Betracht gezogen hätte, zur Bereitstellung eines Katalysators mit erhöhter Lebensdauer so vorzugehen, wie in den Schritten a) und b) von Anspruch 1 angegeben.

11.6 Folglich beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 (und der abhängigen Ansprüche 2 bis 25) auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 52(1) und 56 EPÜ).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird im erteilten Umfang aufrechterhalten.

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