European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T190414.20190704 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 04 Juli 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1904/14 | ||||||||
Anmeldenummer: | 10710294.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | H02K 23/32 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Elektrische Maschine mit einer Bürstenanordnung | ||||||||
Name des Anmelders: | Robert Bosch GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
|
||||||||
Schlagwörter: | Zulässigkeit der Beschwerde - Keine Auseinandersetzung mit allen tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung Zulässigkeit der Beschwerde - Beschwerde hinreichend begründet (nein) |
||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin hat Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung eingelegt, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 10 710 294.9 zurückgewiesen wurde.
II. Mit der Beschwerdebegründung, eingegangen am 8. Juli 2014, reichte die Beschwerdeführerin einen neuen Hauptantrag ein, welcher dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Hilfsantrag 1 entsprach. Ferner reichte sie einen neuen Hilfsantrag ein, welcher im Wesentlichen dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Hilfsantrag 3 entsprach, wobei in Anspruch 1 der Wortlaut "gekreuzte eingängige" des Anspruchs 1 des vormaligen Hilfsantrags 3 entfallen ist.
III. In der angefochtenen Entscheidung war die Prüfungsabteilung zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags nicht neu sei und nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruhe. Unter Punkt 1.3 der Entscheidungsgründe wurde ferner ausgeführt, dass der Anspruch 1 des Hauptantrags nicht klar im Sinne von Artikel 84 EPÜ sei.
Die Prüfungsabteilung war weiterhin zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 der Hilfsanträge 1 bis 3 jeweils nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe und darüber hinaus die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ nicht erfüllt seien.
Zur Begründung des Zurückweisungsgrundes der mangelnden Klarheit hinsichtlich des Hilfsantrags 1 verwies die Prüfungsabteilung auf Punkt 1.3 der Entscheidungsgründe zum Hauptantrag, wo folgendes ausgeführt wurde:
"Die Anmeldung erfüllt nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ, weil der Anspruch 1 nicht klar ist.
Die Passage der Beschreibung auf Seite 6, Zeile 35-Seite 8, Zeile 15, sowie Seite 8, Zeilen 23-28 lässt den Leser über die Bedeutung der Merkmale des Anspruchs 1 im Ungewissen, weil es dem Leser überlassen ist, mögliche Ausschlüsse selber herauszufinden. Kurz zusammengefasst sieht diese Passage vor, dass die Erfindung alle Fälle mit einem konventionellen Bürstenabstand ausschließt, die möglicherweise vorgekannt sind, wobei die Anmeldung keine abgeschlossene Liste dieser bekannten Fälle gibt.
Nur die numerische Bedingung des Anspruchs 2 gibt einen Hinweis, dass ein erfindungsgemäßer Bürstenabstandwinkel von einem konventionellen Bürstenabstandwinkel abweicht.
Der Anspruch 1 ist daher nicht klar."
IV. In ihrer Beschwerdebegründung führte die Beschwerdeführerin aus, dass die eingereichten Haupt- und Hilfsanträge entgegen der Ansicht der Prüfungsabteilung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen würden. Zu den in der angefochtenen Entscheidung dargelegten Klarheitseinwänden äußerte sich die Beschwerdeführerin nicht.
V. In einer Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK informierte die Kammer die Beschwerdeführerin über ihre vorläufige Meinung und wies unter anderem darauf hin, dass die Zulässigkeit der Beschwerde mangels hinreichender Beschwerdebegründung im Sinne von Artikel 108 Satz 3 EPÜ in Verbindung mit Regel 99 (2) EPÜ fraglich erscheine, weil die Beschwerdebegründung sich nicht mit dem in der angefochtenen Entscheidung erhobenen Klarheitseinwand auseinandergesetzt habe.
VI. Eine mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 4. Juli 2019 statt.
Die Beschwerdeführerin beantragte am Ende der mündlichen Verhandlung, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der Ansprüche des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrags, hilfsweise auf der Grundlage der Ansprüche des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsantrags zu erteilen.
VII. Die für diese Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin waren wie folgt:
Eine Auseinandersetzung mit den in der angefochtenen Entscheidung erhobenen Klarheitseinwänden sei in der Beschwerdebegründung nicht notwendig gewesen. Unter Punkt 1.3 der Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung sei die Klarheit im Sinne von Artikel 84 EPÜ des Anspruchs 1 des ursprünglichen Hauptantrags beanstandet worden. In dem zweiten Absatz des entsprechenden Abschnittes sei jedoch seitens der Prüfungsabteilung zugestanden worden, dass der Anspruch 2 des Hauptantrags den notwendigen Hinweis für ein eindeutiges Verständnis des Anspruchs 1 gebe. Unter Punkt 2.2 der Entscheidungsgründe sei dann als Begründung eines Klarheitsmangels des Anspruchs 1 des damaligen Hilfsantrags 1, der dem jetzigen Hauptantrag entspreche, auf Abschnitt 1.3 der Entscheidungsgründe zum damaligen Hauptantrag verwiesen worden. Allerdings seien in dem damaligen Hilfsantrag 1 die Ansprüche 1 und 2 des damaligen Hauptantrags zusammengefasst worden, sodass der zum Hauptantrag geltend gemachte Klarheitsmangel überhaupt nicht mehr vorgelegen habe. Die Beschwerdeführerin sei daher davon ausgegangen, dass eine Äußerung zu diesem Punkt in der Beschwerdebegründung nicht notwendig sei.
Die Entscheidung der Prüfungsabteilung sei im Übrigen nach Regel 111 (2) EPÜ nicht hinreichend begründet. Der Zurückweisungsgrund der mangelnden Klarheit des Anspruchs 1 des damaligen Hilfsantrags 1 gemäß Punkt 2.2 der Entscheidungsgründe sei daher gegenstandslos. Die Anmelderin sei folglich hinsichtlich des damaligen Hilfsantrags 1, welcher dem jetzigen Hauptantrag entspreche, in Bezug auf Artikel 84 EPÜ nicht beschwert und müsse infolgedessen auch keine Begründung dazu abgeben.
Entsprechendes gelte auch für den jetzigen Hilfsantrag, welcher dem damaligen Hilfsantrag 3 im Wesentlichen entspreche.
Entscheidungsgründe
Zulässigkeit der Beschwerde
1. Aus Artikel 108 Satz 3 EPÜ in Verbindung mit Regel 99 (2) EPÜ ergibt sich, dass in der Beschwerdebegründung anzugeben ist, aus welchen Gründen die Entscheidung aufzuheben ist. Es ist dementsprechend ständige Rechtsprechung der Beschwerdekammern, dass sich eine für die Zulässigkeit einer Beschwerde ausreichende Begründung mit allen tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen muss (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 8. Auflage 2016, IV.E.2.6.3.b)). Dies gilt auch dann, wenn die Begründung in der angefochtenen Entscheidung falsch oder widersprüchlich ist.
2. In der angefochtenen Entscheidung war die Prüfungsabteilung zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des damaligen Hilfsantrags 1, der identisch mit dem jetzigen Hauptantrag ist, nicht klar im Sinne von Artikel 84 EPÜ sei (siehe die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung unter Punkt 2.2 in Verbindung mit Punkt 1.3).
Auch im Hinblick auf den damaligen Hilfsantrag 3, auf welchem der jetzige Hilfsantrag im Wesentlichen beruht, hat die Prüfungsabteilung unter Punkt 4.2 der Entscheidungsgründe mangelnde Klarheit gerügt und auf die Begründung unter Punkt 1.3 zum Hauptantrag verwiesen.
Unter Ziffer III, Punkt 1 der angefochtenen Entscheidung hat die Prüfungsabteilung ferner die Zurückweisungsgründe zu den einzelnen Anträgen zusammengefasst. Auch hieraus ergibt sich eindeutig, dass mangelnde Klarheit im Sinne von Artikel 84 EPÜ ein tragender Grund der angefochtenen Entscheidung für die fehlende Gewährbarkeit sämtlicher Anträge war.
3. Die Beschwerdeführerin hat sich zu dem Zurückweisungsgrund nach Artikel 84 EPÜ in der Beschwerdebegründung gleichwohl überhaupt nicht geäußert. Sie hat weder dargelegt, dass die beanstandeten Ansprüche klar wären (dazu Ziffer 3.1), noch dass die Entscheidungsbegründung zu Artikel 84 EPÜ hinsichtlich der damaligen Hilfsanträge 1 und 3, falsch, widersprüchlich oder sonst unzureichend gewesen wäre und sie hat auch keine neuen Anträge vorgelegt, um die beanstandeten Klarheitseinwände auszuräumen.
3.1 Einen Widerspruch in der Begründung der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdeführerin vielmehr erst in Reaktion auf die vorläufige Meinung der Kammer mit ihrem am 23. Mai 2019 eingegangenen Schreiben gerügt. Die Zulässigkeitsvoraussetzung gemäß Regel 99 (2) EPÜ, das heißt eine hinreichende Beschwerdebegründung, muss jedoch innerhalb der nach Artikel 108 Satz 3 EPÜ vorgesehenen Frist für die Einreichung der Beschwerdebegründung erfüllt sein und kann nicht durch einen verspäteten Vortrag nachträglich geheilt werden.
Dementsprechend hätte die Beschwerdeführerin auch den von ihr erst in dem vorgenannten Schreiben geltend gemachten Verfahrensfehler der Prüfungsabteilung aufgrund mangelhafter Entscheidungsgründe bereits mit der Beschwerdebegründung rügen müssen.
3.2 Die Beschwerdeführerin hat auch nicht etwa implizit durch die Einreichung neuer Anträge, die den Klarheitseinwand erkennbar ausräumen, reagiert. Die im Beschwerdeverfahren eingereichten Anträge entsprechen nämlich im Wesentlichen den der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Hilfsanträgen 1 und 3. Die einzige Änderung im Anspruch 1 des jetzigen Hilfsantrags (Streichung des Wortlauts "gekreuzte eingängige") steht in keinerlei Zusammenhang zu dem von der Prüfungsabteilung erhobenen Klarheitseinwand. Die Beschwerdeführerin hat somit weder Änderungen der Ansprüche noch der Beschreibung vorgenommen, die eine Auseinandersetzung mit den Klarheitseinwänden der Prüfungsabteilung erkennen lassen würden.
3.3 Wie bereits dargelegt, entbindet auch eine fehlerhafte, widersprüchliche oder unvollständige Entscheidung einen Beschwerdeführer nicht davon, sich in der Beschwerdebegründung mit solchen Mängeln auseinanderzusetzen.
Vorliegend kommt hinzu, dass die Beschwerdeführerin auf der Grundlage der Begründung der angefochtenen Entscheidung unter den Ziffern 1.3, 2.2 und 4.2 keineswegs davon ausgehen konnte, dass allein das Vorhandensein des Merkmals des Anspruchs 2, das auch schon in den Hilfsanträgen, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde lagen vorhanden war, die Klarheitseinwände überwinden würde. Unter Punkt 1.3 der angefochtenen Entscheidung hatte die Prüfungsabteilung nämlich lediglich ausgeführt, dass die numerische Bedingung des Anspruchs 2 "einen Hinweis" gebe, dass ein erfindungsgemäßer Bürstenabstandwinkel von einem konventionellen Bürstenabstandwinkel abweiche. Die Schlussfolgerung, das Merkmal des Anspruchs 2 räume die Klarheitseinwände aus, lässt sich aus dieser Äußerung der Prüfungsabteilung jedoch nicht zweifelsfrei ziehen. Vielmehr hat die Prüfungsabteilung den Klarheitseinwand auch im Hinblick auf die seinerzeitigen Hilfsanträge aufrechterhalten und dadurch implizit verdeutlicht, dass dieser Hinweis allein nicht genügt.
Wenngleich die Prüfungsabteilung bei der Prüfung der damaligen Hilfsanträge durch den pauschalen Verweis auf die Begründung des Klarheitseinwandes zu dem damaligen Hauptantrag keine ausreichende Würdigung der in den damaligen Hilfsanträgen 1 und 3 getätigten Änderungen, nämlich der Aufnahme des Merkmals des Anspruchs 2, vorgenommen hat und die Entscheidungsbegründung daher in diesem Punkt unvollständig ist, hätte die Beschwerdeführerin sich in ihrer Beschwerdebegründung mit den zugehörigen Passagen der Entscheidungsbegründung auseinandersetzen und zumindest das Vorliegen einer unzureichenden Entscheidungsbegründung rügen müssen.
4. Die Kammer ist daher zu dem Schluss gelangt, dass die Beschwerde die Voraussetzungen von Artikel 108 Satz 3 EPÜ in Verbindung mit Regel 99 (2) EPÜ nicht erfüllt. Sie ist daher als unzulässig zu verwerfen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.