T 1858/14 () of 6.8.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T185814.20180806
Datum der Entscheidung: 06 August 2018
Aktenzeichen: T 1858/14
Anmeldenummer: 09169213.7
IPC-Klasse: B65G 1/137
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zur visuellen Unterstützung von Kommissioniervorgängen
Name des Anmelders: KNAPP Systemintegration GmbH
Name des Einsprechenden: SSI Schäfer Peem GmbH
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 111(1)
European Patent Convention Art 114(1)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 15(1)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Spät eingereichte Beweismittel - Antrag hätte bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht werden können (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung, mit der der gegen das europäische Patent Nr. 2 161 219 gerichtete Einspruch zurückgewiesen wurde, Beschwerde eingelegt.

II. Die vorliegende Entscheidung stützt sich auf folgenden Stand der Technik:

E1: US 2005/0071234;

E9: "Evaluierung eines Augmented Reality-unterstützten Kommissioniersystems", IFF-Wissenschaftstage 25.-26.06.2008, S. 252-260;

E3-1: "Augmented Reality Applications for Warehouse Logistics", in "Soft Computing as Transdisciplinary Science and Technology", Proceedings of the 4th IEEE International Workshop WSTST'05;

E16: Thomas Alt "Augmented Reality in der Produktion", Dissertation 2002;

E17: DE 102 15 885 A1.

III. Am 6. August 2018 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, in der die Sach- und Rechtslage mit den Parteien erörtert wurde. Zur Vorbereitung dieser hatte die Kammer mit einer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK den Parteien zuvor ihre vorläufige Beurteilung des Falles mitgeteilt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll Bezug genommen.

Die Entscheidung wurde am Schluss der mündlichen Verhandlung verkündet.

IV. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte

die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und

den Widerruf des Streitpatents.

V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte

die Zurückweisung der Beschwerde (d.h. die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung - Hauptantrag) oder

hilfsweise bei Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Basis eines der mit Schriftsatz vom 1. Juni 2015 eingereichten Hilfsanträge 1 bis 4.

VI. Der unhabhängige Anspruch 1 des Patents in der erteilten Fassung (Hauptantrag) lautet wie folgt (die in der angefochtene Entscheidung angewendete Merkmalsnummerierung wurde von der Kammer übernommen und hier hinzugefügt):

1.1 "Verfahren zur visuellen technischen Unterstützung von manuellen Kommissioniervorgängen

1.2 durch eine Vorrichtung mit zumindest einer mobilen Einheit (200),

1.3 aufweisend eine optosensorische Erfassungseinrichtung (202),

1.4 eine optische Anzeigevorrichtung (201),

1.5 eine Datenverarbeitungseinrichtung (203) und

1.6 eine Datenschnittstelle zur kabellosen Verbindung (206) mit einer stationären EDV-Anlage (100), welche neben Warenmanagement-Software eine Verbindungseinrichtung (102) für alle aktiven mobilen Einheiten (200) aufweist,

dadurch gekennzeichnet, dass

1.7 jede mobile Einheit (200) zyklisch Navigationsinformationen empfängt,

1.8 welche in Form von Wegweisern, insbesondere Pfeilen (205), über die optische Anzeigevorrichtung (201) ausgegeben werden,

1.9 wobei Daten zur spezifischen Navigation aufgrund eines Datenvergleiches der Daten aus der jeweiligen optosensorischen Erfassungseinrichtung (202) mit Referenz- oder Modelldaten eines Lagers in der EDV-Anlage (100) oder der mobilen Einheit (200) einerseits und der von der EDV-Anlage (100) an die mobile Einheit (200) übermittelten Lage Position eines aktuellen Zielobjektes (500) einer zugeordneten wegoptimierten Warenliste andererseits zyklisch ermittelt und

1.10 adressiert an die zugeordnete mobile Einheit (200) gesendet werden und

1.11 die neue Navigationsinformation für das nächste Objekt der Warenliste erst nach der optischen Erfassung des aktuellen Zielobjektes (500) oder eines Platzhalter-Ersatzobjektes (202) durch die Erfassungsvorrichtung und eindeutiger Identifizierung desselben durch die EDV-Anlage (100) sowie

1.12 eindeutige Erfassung und Protokollierung des Kommissioniervorgangs eines Waren-Objekts vom Lagerplatz in den Zielplatz erfolgt."

Der unhabhängige Anspruch 6 des Hauptantrags lautet wie folgt (die durch die Beschwerdeführerin angewendete Merkmalnummerierung wurde durch die Kammer übernommen und hier hinzugefügt):

6.1 "Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 5,

6.2 mit zumindest einer mobilen Einheit (200)

6.3 mit optosensorischer Erfassungseinrichtung (202),

6.4 optischer Anzeigevorrichtung (201),

6.5 Datenverarbeitungsvorrichtung sowie

6.6 Software zur Bilddatenverarbeitung und Datenübertragung und

6.7 mit kabelloser Datenschnittstelle zu einer zentralen elektronischen Datenverarbeitungsvorrichtung bzw. EDV-Anlage (100),

dadurch gekennzeichnet, dass

6.8 geografische Anordnungen von Lagereinrichtungen und/oder optische Gegebenheiten durch Form, Farbe und/oder Muster, insbesondere durch plakatartige Anbringungen, geeignet gestaltet und im System vollständig geografisch eindeutig beschrieben und gespeichert sind,

6.9 um für möglichst viele, in einem Warenlager durch die optosensorische Erfassungseinrichtung (202) während eines Kommissionierens erfassbaren Objekte eine eindeutige Ermittlung und Zuordnung der Position und der Orientierung mithilfe geometrischer Ähnlichkeitsalgorithmen in der zentralen und/oder der mobilen Datenverarbeitungseinrichtung zu ermöglichen."

VII. Die Beschwerdeführerin argumentiert im Wesentlichen wie folgt, wobei die Argumente im Detail in den Gründen dargestellt und diskutiert werden.

Auch wenn E17 erst nach der Beschwerdebegründung eingereicht worden sei, sei sie insbesondere aufgrund des Absatzes [32] prima facie für den Gegenstand des Anspruchs 1 neuheitsschädlich und somit ins Verfahren zuzulassen.

Die Neuheit des Gegenstandes von Anspruch 1 des Hauptantrags gegenüber der Offenbarung von E1 und E3-1 hat die Beschwerdeführerin im Termin zur mündlichen Verhandlung ausdrücklich anerkannt und nur noch die erfinderischen Tätigkeit bestritten.

E1 offenbare ein RFID-basiertes Verfahren, von dem der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sich grundsätzlich dadurch unterscheide, dass die Erfassungseinrichtung optosensorisch sei, und dass die eindeutige Identifizierung des Zielobjekts durch die EDV-Anlage erfolge. Für den Fachmann sei es naheliegend, das Verfahren gemäß E1 mit Barcodes und Barcode-Scanners (d.h. mit optosensorischen Erfassungseinrichtungen) auszuführen und die Rechenaufgaben zu zentralisieren.

E3-1 offenbare ein Verfahren, von dem der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sich dadurch unterscheide, dass die eindeutige Identifizierung des Zielobjekts durch die EDV-Anlage erfolgt, und dass Daten zur spezifischen Navigation zyklisch ermittelt und adressiert an die zugeordnete mobile Einheit gesendet werden. Eine Zentralisierung der Rechenaufgaben zur Entlastung der mobilen Einheit sei für den Fachmann naheliegend.

E9 offenbare eine Pick-by-Vision Kommissionierungsvorrichtung mit einem äußeren Infrarottrackingsystem. Der Gegenstand des Anspruchs 6 sei, ausgehend von E9, und unter Berücksichtigung des fachmännischen Handelns und Könnens (verkörpert durch E16) als nicht erfinderisch anzusehen, weil äußere (siehe E9) und innere Trackingsysteme (siehe E16) äquivalent seien.

Das Streitpatent sei auch nicht erfinderisch im Lichte einer Kombination der E3-1 mit E4 und E11 bzw. mit E4 und dem allgemeinen Fachwissen, oder durch E9 in Kombination mit Fachwissen.

VIII. Die Beschwerdegegnerin argumentiert im Wesentlichen wie folgt, wobei die Argumente im Detail in den Gründen dargestellt und diskutiert werden.

E17 sei wegen Verspätung und mangelnder Relevanz nicht ins Beschwerdeverfahren zuzulassen. Da E1 die Barcode-Technologie als nachteilig beschreibe, habe ein Fachmann keine Veranlassung, diese Technologie wieder einzusetzen.

E3-1 offenbare die Merkmale 1.6, 1.7, 1.8, 1.9 und 1.11 des Anspruchs 1 nicht und sei somit kein geeigneter Startpunkt für die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit.

Da E9 selbst ausführe, dass eine kabellose Verbindung Probleme mit sich brächte, bestehe keine Veranlassung, diese Vorrichtung mit einem inneren Tracking auszustatten. Bei einer Kombination der E9 und der E16 bleibe offen, wie ein Abgleich mit einer stationären EDV-Anlage erfolgen oder wie ein Objekt der Warenliste mit der optosensorischen Erfassungseinrichtung erfasst werden könne.

Entscheidungsgründe

1. E17 - Zulassung und Berücksichtigung im Verfahren

1.1 Die Beschwerdegegnerin wendet sich gegen die Zulassung und Berücksichtigung der E17 sowohl aus verfahrensrechtlichen Gründen wie auch aus Gründen mangelnder prima facie-Relevanz.

1.2 Die Kammer stimmt der Beschwerdegegnerin zu, dass eine Berücksichtigung der E17 in prozessualer Hinsicht abzulehnen ist. Wie von der Beschwerdegegnerin zutreffend angemerkt, ist E17 im Streitpatent erwähnt. Ein Hinweis auf dieses Dokument findet sich sogar in Absatz [4] der veröffentlichten Anmeldung. Ein erstmaliger Rückgriff auf dieses Dokument für einen Neuheitsangriff im Laufe des Beschwerdeverfahren nach Einreichung der Beschwerdebegründung ist daher prozessual nicht gerechtfertigt.

1.3 Hinzu kommt, dass E17 auch prima facie nicht relevant ist, weil, wie von der Beschwerdegegnerin zutreffend angemerkt, das Merkmal, wonach ein Zielobjekt oder ein Platzhalter-Ersatzobjekt durch die optische Erfassungseinrichtung eindeutig identifiziert werde, dort nicht offenbart ist (siehe Merkmal 1.11).

Das Argument der Beschwerdeführerin, dass laut Absatz [32] dieser Schrift die eindeutige Identifizierung des Zielobjektes sehr wohl durch die (zentrale) EDV-Anlage durchgeführt werde, weil nur dort seine Ist-Position mit der Soll-Position verglichen werde, ist dagegen nicht überzeugend. Bei E17 wird die Identifizierung des Zielobjektes nämlich durch die Steuereinrichtung der mobilen Einheit 130 (siehe Figur 3) durchgeführt (siehe die letzten drei Zeile von Absatz [31]), weil die Identifizierung des Zielobjektes Voraussetzung für die Erfassung seiner räumlichen Position ist.

E17 wird folglich in Anwendung von Artikel 12 (4) VOBK wegen verspäteter Einreichung und von Artikel 111 (1) und 114 (1) EPÜ wegen mangelnder prima facie-Relevanz nicht in das Verfahren zugelassen.

2. Anspruch 1 - Erfinderische Tätigkeit ausgehend von E1

2.1 Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdeführerin, wonach E1 ein Verfahren offenbart, von dem der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sich durch die folgenden zwei Merkmale unterscheidet:

- dass die Erfassungseinrichtung optosensorisch ist, und

- dass die eindeutige Identifizierung des Zielobjektes durch die EDV-Anlage erfolgt.

2.2 Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass eine optosensorische Erfassungseinrichtung unter bestimmten Umständen zuverlässiger als eine RFID Erfassungseinrichtung sei, weil Funkwellen z.B. durch von eventuell vorhandenen Metallregalen gestört werden können.

Auf der Basis dieser Wirkung formuliert sie die Aufgabe, das Verfahren gemäß E1 unter Verwendung einer alternativen Erfassungseinrichtung zur Identifikation des Zielobjektes und zur Positionsermittlung durchzuführen.

Weil E1 die eindeutige Lehre enthalte, dass auf diesem technischen Gebiet Barcodes zur Objektidentifizierung und Positionsbestimmung verwendet werden, liege es dem Fachmann auf der Hand, so die Beschwerdeführerin, das Verfahren gemäß E1 mit Barcodes und Barcode-Scanners (d.h. mit optosensorischen Erfassungseinrichtungen) auszuführen.

Die Kammer teilt diese Auffassung nicht. Grund dafür ist, dass E1 nicht offenbart, dass RFIDs und Barcodes gleichwertige Alternative sind, sondern eher dass RFIDs eindeutige Vorteile gegenüber Barcodes aufweisen (siehe insbesondere Absatz [5] dieser Schrift).

Der Fachmann hätte somit keine Veranlassung gehabt, das Verfahren gemäß E1 mit Barcodes und Barcode-Scanners (d.h. mit optosensorischen Erfassungseinrichtungen anstatt RFIDs) auszuführen.

2.3 Die Beschwerdeführerin argumentiert ferner, dass, wenn die eindeutige Identifizierung des Zielobjekts nicht mehr in der mobilen Einheit, sondern in der EDV-Anlage stattfinde, die Rechenkapazität der mobilen Einheit verringert werden könne.

Es sei für den Fachmann auf diesem technischen Gebiet stets erstrebenswert, so die Beschwerdeführerin, mobile Einheiten so leicht und günstig wie möglich zu gestalten, und es liege dem Fachmann auf die Hand, dies durch die Zentralisierung der Rechenaufgaben in der EDV-Anlage zu erreichen.

Die Kammer folgt dieser Argumentationslinie nicht.

Grund dafür ist, dass die Beschwerdeführerin weder gezeigt hat, wo in E1 der Fachmann den Anlass finden könnte, die Auswertung von Daten auf die (zentrale) EDV-Anlage zu verlegen, noch Beweismittel vorgelegt hat, zur Unterstützung ihrer Behauptung, dass der Fachmann eine solche Verlegung aufgrund des Fachwissens tatsächlich auch durchführte.

3. Anspruch 1 - Erfinderische Tätigkeit ausgehend von E3.1

3.1 E3-1 offenbart ein Verfahren zur visuellen technischen Unterstützung von manuellen Kommissioniervorgängen (siehe Seite 1060, Punkt 5.2 und Figur 6) durch eine Vorrichtung mit zumindest einer mobilen Einheit (wearable PC, HMD, siehe Figur 6 und Punkt 2 auf Seite 1054), aufweisend eine optosensorische Erfassungseinrichtung (HMD) und eine optische Anzeigevorrichtung (siehe Figur 5) sowie eine Datenverarbeitungseinrichtung (ein Laptop, siehe Punkt 5 auf Seite 1058).

3.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass Figur 4 eine stationäre EDV-Anlage offenbare, weil dort ein WMS (Warehouse Management System) erwähnt werde und ein WMS auf diesem technischen Gebiet nicht als mobile Einheit gestaltet werden könne.

Wie von der Beschwerdegegnerin zutreffend argumentiert, zeigt E3.1 ein experimentelles Lager- und Kommissioniersystem mit nur einem Operator mit einem "wearable PC". Bei der übersichtlichen Lagergröße entsprechend E3.1 (siehe Punkt 5.2.1, erster Absatz) kann der Terminus "WMS" nicht unbedingt mit einer stationären EDV-Anlage gleichgesetzt werden.

Dementsprechend offenbart E3.1:

- keine Datenschnittstelle zur kabellosen Verbindung mit einer stationären EDV-Anlage, welche neben der Warenmanagement-Software eine Verbindungseinrichtung für alle aktiven mobilen Einheiten aufweist (Merkmal 1.6),

- nicht, dass jede mobile Einheit zyklisch Navigationsinformationen empfängt (Merkmal 1.7),

- und auch keine eindeutige Identifizierung des aktuellen Zielobjekts durch die EDV-Anlage (Merkmal 1.11).

Soweit die Beschwerdeführerin argumentiert, dass die Übersichtskarte der Figur 5 der E3-1 als Wegweiser und als Navigationsinformation anzusehen sei, weil die dort gezeigten Informationen den Weg zum Objekt, das als nächstes zu kommissionieren ist, weisen, überzeugt dies nicht. Wie von der Beschwerdegegnerin bemerkt, zeigt die optische Anzeigevorrichtung bei E3.1 vielmehr einen Lagergrundriss mit den Positionen des letzten kommissionierten Objekts und des nächsten Zielobjekts (siehe Punkt 4.3). Wegweiser (Merkmal 1.8), die die zu folgende Richtung dem Operator zeigen, sind in diesen Navigationsinformationen indes nicht vorhanden.

3.3 Die Beschwerdeführerin macht ferner geltend, dass durch eine stationäre EDV-Anlage die Rechenkapazität der mobilen Einheit verringert werden könne. Eine Zentralisierung der Rechenaufgaben sei für den Fachmann eine naheliegende Lösung, um mobile Einheiten so leicht und günstig wie möglich zu gestalten.

Allerdings hat die Beschwerdeführerin zur Stützung ihrer Behauptung nicht dargetan, dass der Fachmann eine solche Verlegung aufgrund des Fachwissens tatsächlich auch durchführte.

4. Anspruch 6 - Erfinderische Tätigkeit ausgehend von E9

4.1 Der Gegenstand des Anspruchs 6 sei, so die Beschwerdeführerin, ausgehend von E9, und unter Berücksichtigung des fachmännischen Handelns und Könnens (E16) ebenfalls nicht als erfinderisch anzusehen.

4.2 E9 offenbart eine Vorrichtung, die zur visuellen technischen Unterstützung von manuellen Kommissioniervorgängen (siehe Punkt 2 dieser Schrift) geeignet ist, mit zumindest einer mobilen Einheit (Datenbrille und tragbarer Computer) mit einer optosensorischen Erfassungseinrichtung (Infrarottrackingsystem, siehe Punkt 5), Datenverarbeitungsvorrichtung (tragbarer Computer) sowie Software zur Bilddatenverarbeitung und Datenübertragung (siehe immer Punkt 5).

4.3 Das optische Infrarottrackingsystem (siehe Sektion 5) enthält eine stationäre IR Kamera, die nicht als optische Erfassungseinrichtung einer mobilen Einheit betrachtet werden kann (siehe die Merkmale 6.2 und 6.3).

Als weiterer Unterschied gegenüber E9 gilt die beanspruchte eindeutige Ermittlung und Zuordnung der Positionen und der Orientierung mit Hilfe geometrischer Ähnlichkeitsalgorithmen (Merkmal 6.9).

Die Kammer merkt in Übereinstimmung mit der Beschwerdegegnerin zusätzlich an, dass, obwohl die Vorrichtung gemäß E9 stationäre Infrarotkameras hat, keine stationäre EDV-Anlage in dieser Schrift erwähnt ist.

4.4 Die Beschwerdeführerin argumentiert überdies, dass von E9 ausgehend, der Fachmann sich vor die Aufgabe gestellt sehe, Positions- und Orientierungsbestimmungen mittels Bildverarbeitung durchführen zu können. Da E9 explizit ein äußeres Tracking offenbare und einen Verweis auf E16 enthalte, wo das äußere Tracking und das innere Tracking als gleichwertige Alternativen dargestellt seien, sei der Einsatz von Kameras, die am Kommissionierer zwecks Positionsbestimmung basierend auf Bildverarbeitung angebracht sind, naheliegend.

4.5 Die Kammer kann sich dieser argumentativen Schlussfolgerung nicht anschließen, weil, wie die Beschwerdegegnerin bemerkt hat, E16 keine Informationen vermittelt, wie diese Umschaltung vom äußeren auf inneres Tracking konkret durchgeführt werden könnte. Es ist z.B. unklar, ob, wenn alle Kameras bei der mobilen Einheit sind, eine stationäre EDV Anlage vorhanden sein muss, und falls ja, wie der Datenabgleich mit dieser stationären EDV Anlage stattfinden könnte.

5. Erfinderische Tätigkeit - Weitere Einwände

5.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend (siehe Punkt 7 der Beschwerdebegründung), dass "das Streitpatent nicht erfinderisch im Lichte einer Kombination des Dokuments E3-1 mit E4 und E11 bzw. mit E4 und allgemeinem Fachwissen".

5.2 Die Kammer betrachtet diesen im schriftlichen Verfahren bloß in pauschalierter Form vorgetragenen Einwand als unsubstantiiert. In einem zweiseitigen Verfahren, wie dem Einspruchsbeschwerdeverfahren, ist es nicht die Aufgabe der Beschwerdekammer und/oder der Gegenpartei, sich die Begründung für die Einwände einer Partei selber, eventuell aus den früheren Schriftsätzen, zusammenzustellen. Hierauf ist die Beschwerdeführerin in der Mitteilung der Kammer nach Artikel 15 (1) VOBK hingewiesen worden (Punkt 2.3), ohne dass sie hierauf reagiert und ihr Vorbringen substantiiert hätte.

6. Schlussbemerkung

Die Kammer ist aus den oben diskutierten Gründen zur Auffassung gekommen, dass die Argumente der Beschwerdeführerin die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 und des Anspruchs 6 des Hauptantrags nicht infrage stellen. Weitere Einwände gegen das Patent in erteilter Fassung hatte die Beschwerdeführerin nicht, wie von im Termin zur mündlichen Verhandlung bestätigt.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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