T 1857/14 () of 11.3.2016

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2016:T185714.20160311
Datum der Entscheidung: 11 März 2016
Aktenzeichen: T 1857/14
Anmeldenummer: 08786427.8
IPC-Klasse: B62D 29/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERSTÄRKUNGSELEMENT ZUR VERSTÄRKUNG VON HOHLRÄUMEN VON STRUKTURELLEN BAUTEILEN
Name des Anmelders: Sika Technology AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54(3)
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Neuheit und erfinderische Tätigkeit
Neuheit - nach Änderung bejaht
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Anmelderin richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 08 786 427.8 zurückgewiesen wurde.

II. Die Zurückweisung erfolgte mit der Begründung, dass der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 im Hinblick auf den Stand der Technik nach Artikel 54(3) EPÜ, wie er in der Entgegenhaltung

D2: EP-A-1 946 995

offenbart sei, nicht die im EPÜ verlangte Neuheit aufweise.

III. Folgende Dokumente sind als weiterer Stand der Technik im Recherchenbericht zitiert

D1: DE-A-10 2004 046960,

D3: DE-C-198 12 288,

D4: EP-A-1 026 071,

D5: EP-A-1 090 697.

IV. Eine mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 11. März 2016 statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des Hauptantrags (früheren Hilfsantrags 1b), eingereicht während der mündlichen Verhandlung, zu erteilen.

V. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

"Verstärkungselement (1) aus einem schäumbaren Material (2) zur Verstärkung in Hohlräumen von strukturellen Bauteilen (6),

dadurch gekennzeichnet,

dass an der Außenseite des schäumbaren Materials mindestes teilweise ein Faserwerkstoff (3) angeordnet ist, in welchem die Fasern unidirektional oder als Gewebe oder Gewirke oder als Multiaxialgelege vorliegen, und welcher mit einer härtenden Klebstoffzusammensetzung versehen ist."

Der unabhängige Verfahrensanspruch 12 lautet:

"Verfahren zur Verstärkung in Hohlräumen von strukturellen Bauteilen umfassend die Schritte

i) Platzieren eines Verstärkungselements aus einem schäumbaren Material (2) zur Verstärkung in Hohlräumen von strukturellen Bauteilen (6), wobei an der Außenseite des schäumbaren Materials mindestes teilweise ein Faserwerkstoff (3) angeordnet ist, welcher mit einer härtenden Klebstoffzusammensetzung versehen ist, in einem Hohlraum;

ii) Schäumen des schäumbaren Materials (2); und

iii) Aushärten der härtenden Klebstoffzusammensetzung."

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Zulässigkeit der Änderungen

Zur Bildung des geltenden Anspruchs 1 wurde der Anspruch 1 wie ursprünglich eingereicht durch die Merkmale ergänzt, wonach im Faserwerkstoff die Fasern unidirektional oder als Gewebe oder Gewirke oder als Multiaxialgelege vorliegen. Die Grundlage für diese Merkmale sind in den Zeilen 27-28 der Seite 7 der ursprünglichen Anmeldung WO-A-2009/016106 zu finden.

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 11 entsprechen jeweils den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 2 bis 11.

Der unabhängige Verfahrensanspruch 12 entspricht dem ursprünglich eingereichten Verfahrensanspruch 12, wobei der Ausdruck "des Verstärkungselements gemäß einem der Ansprüche 1 bis 9" durch die vollständige Definition des Verstärkungselements, wie sie im ursprünglichen Anspruch 1 angegeben ist, ersetzt wurde.

Der abhängige Anspruch 13 entspricht dem ursprünglich eingereichten Anspruch 13.

Die Beschreibung wurde an die neue Anspruchsfassung angepasst. Die Entgegenhaltung D1 wurde erwähnt und gewürdigt.

Somit geben weder die Ansprüche noch die Beschreibung und die Figuren Anlass zu Beanstandungen gemäß Artikel 123 (2) EPÜ.

3. Neuheit gegenüber D2

Das Verstärkungselement nach Anspruch 1 unterscheidet sich von jenem aus D2 zumindest dadurch, dass in dem mit einer härtenden Klebstoffzusammensetzung versehenen, an der Außenseite des schäumbaren Materials angebrachten Faserwerkstoff die Fasern unidirektional oder als Gewebe oder Gewirke oder als Multiaxialgelege vorliegen.

D2 offenbart keinen mit obigen Eigenschaften und mit einer härtenden Klebstoffzusammensetzung versehenen Faserwerkstoff, sondern eine Klebstoffzusammensetzung, welche mit Fasern gefüllt (D2: Seite 4, Zeilen 13-14) und über Kanäle an der Außenseite des Verstärkungselements angebracht werden kann (D2: Seite 3, Zeilen 42-45). Dem Fachmann ist dabei offensichtlich, dass beim Einsatz von Fasern als Füllstoffe für Klebstoffzusammensetzung gemäß D2 im Vergleich zum Gegenstand des Anspruchs 1, kurze Einzelfasern unterschiedlicher Orientierung eingesetzt werden müssen, da es beim Füllen des Klebstoffs mit einem Faserwerkstoff ansonsten nicht möglich wäre, den Klebstoff durch die Kanäle des Trägerteils zu befördern.

Das Verfahren nach dem Anspruch 12 unterscheidet sich gegenüber dem in D2 offenbarten Verfahren dadurch, dass der mit einer härtenden Klebstoffzusammensetzung versehene Faserwerkstoff an der Außenseite des schäumbaren Materials noch vor dessen Schäumung angebracht wird (Schritt ii)). Dagegen ist in D2 das Verstärkungselement bereits aufgeschäumt, wenn der mit Fasern gefüllte Klebstoff an dessen Außenseite angebracht wird (D2: Seite 3, Zeilen 42-46).

Somit ist der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 12 neu gegenüber dem nach Artikel 54 (3) EPÜ ermittelten Stand der Technik.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1 D2 ist ein Stand der Technik nach Artikel 54 (3) EPÜ und spielt bei der Frage de erfinderischen Tätigkeit keine Rolle.

4.2 Der nächstliegende Stand der Technik ist in D1 zu finden. D1 offenbart in der dortigen einzigen Figur ein Verstärkungselement 4 aus einem schäumbaren Material zur Verstärkung in Hohlräumen von strukturellen Bauteilen 2-3, wobei an der Außenseite des schäumbaren Materials eine elastische Folie 6 angeordnet ist (Ansprüche 1 und 3) und wobei die Folie mit einem Klebstoff beschichtet sein kann (Anspruch 6).

4.2.1 Der Unterschied zwischen dem Gegenstand von Anspruch 1 und demjenigen von D1 liegt darin, dass an der Außenseite des schäumbaren Materials anstelle der Folie mindestens teilweise ein Faserwerkstoff angeordnet ist, welcher mit einer härtenden Klebstoffzusammensetzung versehen ist und dass die Fasern im Faserwerkstoff unidirektional oder als Gewebe oder Gewirke oder als Multiaxialgelege vorliegen.

4.2.2 Dieser Unterschied bewirkt den Effekt, dass eine Verstärkung in Hohlräumen von strukturellen Bauteilen herbeigeführt wird. Ausgehend von D1 bestand die objektive technische Aufgabe somit darin, bei Verstärkungselementen zur Verstärkung in Hohlräumen von strukturellen Bauteilen, die mechanischen Eigenschaften gegenüber dem Stand der Technik zu verbessern (Seite 2, Zeilen 18-20 der Anmeldung).

4.2.3 D1 legt dem Fachmann in keiner Weise nahe, die darin offenbarte Vorrichtung so abzuändern, um zum Gegenstand von Anspruch 1 zu gelangen. Ausschlaggebend für die Wirkungsweise der in D1 offenbarten Erfindung ist nämlich, dass durch die Elastizität der Zwischenschicht bzw. der Folie, Relativbewegungen zwischen dem Verstärkungselement und der Hohlprofilstruktur derart ausgeglichen werden, dass plastische Verformungen des Verstärkungselements respektive des Schaumstoffkörpers und damit einhergehend störende Geräusche, wie Knackgeräusche, vermieden werden (vgl. D1: Absätze [0017] bis [0019]). Die elastische Folie soll offensichtlich auch Relativbewegungen während des Expandierens des Schaumstoffes im der Hohlprofilstruktur ausgleichen. Es ist daher auf keinen Fall naheliegend, anstelle einer Folie, welche zur Erfüllung ihrer Funktion elastisch sein muss, einen Faserwerkstoff einzusetzen. Dieser soll zur Erfüllung seiner Funktion nicht elastisch, sondern nach dem Aushärten so steif wie möglich sein. In diesem Sinn unterscheiden sich bereits die objektiven technischen Aufgaben der in D1 offenbarten und der vorliegenden Erfindung.

4.3 Auch bei Verfahrensanspruch 12 ist vorgesehen, dass der an der Außenseite des schäumbaren Materials angeordnete Faserwerkstoff, welcher mit einer härtenden Klebstoffzusammensetzung versehen ist, nach der Schäumung des schäumbaren Materials (Schritt ii)) ausgehärtet wird (Schritt iii)). Dadurch wird ebenfalls die Aufgabe gelöst, die mechanischen Eigenschaften des Verstärkungselements in Hohlräumen von strukturellen Bauteilen zu verbessern. Auch diese Verfahrenschritte werden durch D1 nicht nahegelegt.

4.4 In keinem der übrigen im Recherchenbericht ermittelten Dokumente ist ein Hinweis auf die Anbringung eines mit einer härtenden Klebstoffzusammensetzung versehenen Faserwerkstoffes an der Außenseite eines aus schäumbaren Material hergestellten Verstärkungselements enthalten. Der im Recherchenbericht zitierte Stand der Technik kann daher nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand der Ansprüche 1 und 12 führen.

5. Die abhängigen Ansprüchen 2 bis 9 definieren vorteilhafte Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Gegenstands nach dem Anspruch 1. Damit erfüllen auch diese Gegenstände die Erfordernisse der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit.

6. Die abhängigen Ansprüche 10 und 11 beziehen sich auf die Verwendung eines Verstärkungselements gemäß einem der Ansprüche 1 bis 9 zur Verstärkung in Hohlräumen von strukturellen Bauteilen. Da der Gegenstand des Anspruchs 1 die Erfordernisse der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit erfüllt, gilt dies auch für die Verwendung dieses Gegenstands zur Verstärkung in Hohlräumen von strukturellen Bauteilen.

7. Der abhängige Anspruch 13 bezieht sich auf eine Weiterentwicklung des Verfahrens zur Verstärkung in Hohlräumen von strukturellen Bauteilen gemäß Anspruch 12. Da der Gegenstand des Anspruchs 12 die Erfordernisse der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit erfüllt, gilt dies auch für das im Anspruch 13 definierte Verfahren.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit folgender Fassung zu erteilen:

- Beschreibung:

Seiten 2, 2a, 7, 20 und 21, wie eingereicht während der mündlichen Verhandlung,

Seiten 1, 3-6, 8-19, wie ursprünglich eingereicht,

- Ansprüche:

1 bis 13 gemäß Hauptantrag (Hilfsantrag 1b), eingereicht während der mündlichen Verhandlung,

- Zeichnungen:

Blätter l/3 bis 3/3, wie ursprünglich eingereicht.

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