European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T180114.20191009 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 09 October 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1801/14 | ||||||||
Anmeldenummer: | 03813911.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | H04N 7/26 H04N 7/30 H04N 7/36 H04N 7/24 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Datenreduktion | ||||||||
Name des Anmelders: | Mobotix AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.04 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Patentansprüche - Klarheit Patentansprüche - Hauptantrag (nein) Änderungen - Hilfsantrag 1 und 2 Änderungen - unzulässige Erweiterung (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 03 813 911.9, die als internationale Anmeldung WO 2004/059981 A1 veröffentlicht worden ist.
II. Die Zurückweisungsgründe waren mangelnde erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) des Gegenstands des Anspruchs 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag gegenüber dem Stand der Technik in| | |D1: WO 00/72603 A1. |
III. Die Anmelderin legte Beschwerde ein und beantragte, die Entscheidung aufzuheben. Mit der Beschwerdebegründung reichte sie jeweils einen geänderten Anspruch 1 gemäß einem Hauptantrag, einem ersten Hilfsantrag und einem zweiten Hilfsantrag ein.
IV. In einer der Ladung zur mündlichen Verhandlung als Anlage beigefügten Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) äußerte die Kammer unter anderem Zweifel, ob der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und erstem und zweitem Hilfsantrag klar angebe, wofür Schutz begehrt werde (Artikel 84 EPÜ 1973). Zudem erhob die Kammer Einwände nach Artikel 123 (2) EPÜ gegen die Ansprüche der Hilfsanträge.
V. Mit Schreiben vom 14. August 2019 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werde. Die Beschwerdeführerin nahm nicht zu den in der Mitteilung der Kammer erhobenen Einwänden Stellung.
VI. Am 9. Oktober 2019 fand die mündliche Verhandlung in Abwesenheit der ordnungsgemäß geladenen Beschwerdeführerin gemäß Regel 71 (2) EPÜ 1973 und Artikel 15 (3) VOBK statt. Die Vorsitzende stellte fest, dass die Beschwerdeführerin schriftlich beantragt hat, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent unter Zugrundelegung des mit der Beschwerdeschrift vom 23. Juni 2014 eingereichten Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag, und hilfsweise gemäß erstem oder zweitem Hilfsantrag zu erteilen.
VII. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:
"Verfahren zur Bildsequenzdatenreduktion
in einer rechenleistungsbegrenzten Kamera,
welche Bilder einer Szene liefert
und
welche ein Mittel
zur Reduktion des Umfangs der Bilderfassungsdaten vor Übertragung der Sequenz (Fig. 4)
aufweist,
mit welchem Mittel der Umfang reduziert wird, indem
die Bilder der Sequenz in für eine Vielzahl von Bildern gleiche Bereiche,
nämlich Kacheln,
unterteilt werden,
und
eine Priorisierung der Bildbereichskacheln
gemäß der Differenz
einer Bildbereichskachel
zu
der Bildbereichskachel an gleicher Stelle
in dem unmittelbar vorhergehenden Bild
bestimmt wird,
und zwar indem in der Kamera
unter Detektion von Differenzen zwischen
aktuellem Rohdatenvorbild
und einem in einem Vordatenrohbildspeicher gespeicherten Vordatenrohbild
nur jene Bildbereiche an einen Framebuffer übertragen werden, die bei der Priorisierung entsprechend priorisiert wurden,
wobei
Bereichsinformation mitübertragen wird,
die die Lage der priorisierten Bildbereiche im Bild angibt
und
wobei die zu übertragenden Bildbereiche einem Kompressionsverfahren dergestalt unterworfen werden, dass ohne Vollbildcodierung, sondern jede einzelne Kachel vor ihrer Übertragung einer Kompression unterworfen wird und
zur Wiedergabe übertragene Bildbereiche einer Mehrzahl von Bildern einer Sequenz gespeichert werden, und zwar indem die codierten Kacheln frameweise in einem Framebuffer abgelegt werden,
in dem nur die sich geändert habenden Kacheln abgelegt werden und wobei jeweils aktuellste Bildinformation zu einem Bild verknüpft wird, indem aus dem Framebuffer Bilddaten so zusammengestellt werden, so, dass jeweils die aktuellsten zusammengestellt werden."
VIII. Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags wurde gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags in seinen letzten Merkmalen modifiziert (Zusätze sind durch Unterstreichung, entfernte Merkmale durchgestrichen markiert):
"... wobei die zu übertragenden Bildbereiche einem Kompressionsverfahren dergestalt unterworfen werden, dass ohne Vollbildcodierung, sondern jede einzelne Kachel vor ihrer Übertragung an den Framebuffer einer Kompression unterworfen wird und zur Wiedergabe übertragene Bildbereiche einer Mehrzahl von Bildern einer Sequenz gespeichert werden, und zwar indem die codierten Kacheln frameweise in einem Framebuffer abgelegt werden,
in dem nur die sich geändert habenden Kacheln abgelegt werden [deleted: und wobei jeweils aktuellste Bildinformation zu einem Bild verknüpft wird, indem aus dem Framebuffer Bilddaten so zusammengestellt werden, so, dass jeweils die aktuellsten zusammengestellt werden] und zwar mit der Zeit, zu der sie aufgenommen wurden, und der so organisiert ist, dass komprimierte Bildbereichsinformation zu einer Vielzahl von Bildbereichen wiederholt abgelegt sein kann,
wobei für mehrere Nutzer entsprechend einer jeweiligen, benutzerindividuellen Bildübertragungsrate und/oder einer benutzerindividuellen Bildausschnittsanforderung jeweils aktuellste verfügbare Bildinformation zu einem Bildbereich genommen und zu einem Bild verknüpft wird, wodurch zur Übertragung mit wechselnden Auflösungen und/oder unterschiedlichen Übertragungsraten bereitgestellten Bildinformationen für alle Benutzer einheitlich gewandelt und abgespeichert werden."
IX. Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags enthält die folgenden zusätzlichen Merkmale (markiert durch Unterstreichung) gegenüber dem Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags:
"Verfahren zur Bildsequenzdatenreduktion
in einer rechenleistungsbegrenzten Kamera,
welche
mit einem CCD oder CMOS Sensor
Bilder einer Szene liefert, in denen Farbunterschiede festgestellt werden können, und
bestimmt wird,
wobei
bei der Differenzbildung in wenigstens einem Farbkanal Helligkeitsunterschiede ausgewertet werden
und wobei
jene Bildbereichskacheln priorisiert werden,
bei welchen
selber
oder
in Nachbarkacheln große Differenzen auftreten,
und zwar indem in der Kamera
..."
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Hauptantrag - Klarheit (Artikel 84 EPÜ 1973)
2. Gemäß Artikel 84 EPÜ 1973 müssen die Patentansprüche den Gegenstand angeben, für den Schutz begehrt wird. Sie müssen deutlich und knapp gefasst sein und von der Beschreibung gestützt werden.
2.1 Anspruch 1 enthält die folgenden Merkmale:
"... wobei die zu übertragenden Bildbereiche einem Kompressionsverfahren dergestalt unterworfen werden, dass ohne Vollbildcodierung, sondern jede einzelne Kachel vor ihrer Übertragung einer Kompression unterworfen wird und
zur Wiedergabe übertragene Bildbereiche einer Mehrzahl von Bildern einer Sequenz gespeichert werden, und zwar indem die codierten Kacheln frameweise in einem Framebuffer abgelegt werden, ..."
Es ist unklar, ob mit dem Begriff "die codierten Kacheln" die in dem vorhergehenden Merkmal genannten, einer Kompression unterworfenen Kacheln gemeint sind, oder andere codierte Kacheln. Die Begriffe "kodiert" und "komprimiert" sind nicht als äquivalent anzusehen. Eine Kodierung von Daten kann eine Kompression von Daten bewirken, kann aber auch zu einer Expansion der Datenmenge führen. Damit ist der Bezug des Begriffs "die codierten Kacheln" im Anspruch 1 nicht klar.
2.2 Das letzte Merkmal des Anspruchs 1 spezifiziert, dass "nur die sich geändert habenden Kacheln" (Hervorhebung durch die Kammer) in einem Framebuffer abgelegt werden. Dieses Merkmal steht im Widerspruch zu Ausführungsbeispielen der Erfindung in der Beschreibung. Gemäß dem Beispiel auf Seite 18, Zeilen 16 bis 30 und den Figuren 2 und 3 werden zyklisch Kacheln in den Framebuffer übertragen, unabhängig davon, ob sich ihr Bildinhalt geändert hat. In dem Beispiel auf Seite 19, Zeilen 9 bis 15 werden auch Nachbarkacheln der Kacheln, in denen eine Differenz zum Vorbild festgestellt wurde, in dem Framebuffer abgelegt. Es ist daher unklar, ob sich der Schutzumfang des Anspruchs auf diese Ausführungsbeispiele erstreckt oder nicht.
2.3 Gemäß dem letzten Merkmal des Anspruchs 1 werden zur Wiedergabe übertragene Bildbereiche einer Mehrzahl von Bildern einer Sequenz gespeichert, "und zwar indem die codierten Kacheln frameweise in einem Framebuffer abgelegt werden, in dem nur die sich geändert habenden Kacheln abgelegt werden und wobei jeweils aktuellste Bildinformation zu einem Bild verknüpft wird, indem aus dem Framebuffer Bilddaten so zusammengestellt werden, so, dass jeweils die aktuellsten zusammengestellt werden."
Das Merkmal enthält keine Angabe, zu welchem Zweck die jeweils aktuellste Bildinformation zu einem Bild verknüpft bzw. zusammengestellt wird und wozu das Bild weiter verwendet wird. Außerdem wird nicht spezifiziert, ob die Verknüpfung sich auf die Kacheln oder andere Bildinformation bezieht. Damit ist der Begriff "verknüpft" im Kontext des Anspruchs 1 unklar.
2.4 Es ist zudem nicht klar, ob die Verknüpfung/Zusammenstellung der Kacheln im Sender stattfindet oder im Empfänger. Entsprechend der Figur 1 befindet sich die Verknüpfungsstufe 6b im Empfänger 6 (siehe auch Seite 15, Zeilen 10 bis 19), während nach Figur 4 eine Verknüpfung vor dem Senden der Bilddaten stattfindet (siehe Figur 4: 48, 50 und Seite 23, Zeile 31 bis Seite 24, Zeile 7 und Seite 24, Zeile 17 bis Seite 25, Zeile 11). Im Hinblick auf die beabsichtigte Wirkung der Erfindung, d.h. die Versorgung von unterschiedlichen Benutzern mit Bildern unterschiedlicher Datenraten, ist diese Unterscheidung wesentlich (siehe Beschreibung, Seite 2, Zeilen 15 bis 23, Seite 3, Zeile 29 bis Seite 4, Zeile 2 und Seite 24, Zeile 17 bis Seite 25, Zeile 11).
2.5 Aus den oben genannten Gründen erfüllt der Anspruch 1 des Hauptantrags nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ 1973.
Erster und zweiter Hilfsantrag - Unzulässige Erweiterung (Artikel 123 (2) EPÜ)
3. Gemäß Artikel 123 (2) EPÜ darf die europäische Patentanmeldung nicht in der Weise geändert werden, dass ihr Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht. Das anwendbare Kriterium zur Beurteilung der Zulässigkeit von Änderungen der Offenbarung ist, dass Änderungen nur im Rahmen dessen erfolgen dürfen, was der Fachmann der Gesamtheit dieser Unterlagen in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens objektiv und bezogen auf den Anmeldetag unmittelbar und eindeutig entnehmen kann (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 9. Auflage, 2019, II.E.1.1).
3.1 Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags und Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags enthalten das zusätzliche Merkmal, dass "Kacheln abgelegt werden und zwar mit der Zeit, zu der sie aufgenommen wurden". Dieses Merkmal wird nur im Zusammenhang mit der Aufnahme von Audiodaten in der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart (siehe Seite 24, zweiter Absatz und Seite 25, Zeilen 8 bis 11). Die Speicherung der Aufnahmezeit wirkt mit der Aufnahme von Audiodaten zusammen, um Audio- und Videodaten zu synchronisieren.
3.2 Die isolierte Aufnahme nur eines Merkmals aus diesem Ausführungsbeispiel in den Anspruch 1 stellt daher eine Zwischenverallgemeinerung dar, die gemäß Artikel 123 (2) EPÜ unzulässig ist.
Schlussfolgerung
4. Da keiner der Anträge der Beschwerdeführerin gewährbar ist, ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.