T 1740/14 () of 8.10.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T174014.20191008
Datum der Entscheidung: 08 October 2019
Aktenzeichen: T 1740/14
Anmeldenummer: 06806251.2
IPC-Klasse: C07C 309/24
C07C 407/00
C07C 409/16
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN ZUR HERSTELLUNG ORGANISCHER PEROXIDE MITTELS MIKROREAKTIONSTECHNIK
Name des Anmelders: Ehrfeld Mikrotechnik BTS GmbH
Pergan Hilfsstoffe Für Industrielle Prozesse Gmbh
Name des Einsprechenden: Nouryon Chemicals International B.V.
Kammer: 3.3.10
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
Schlagwörter: -
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der gemeinsamen Beschwerdeführerinnen (gemeinsame Patentinhaberinnen) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit welcher das europäische Patent Nr. 1 937 630 widerrufen wurde.

II. Der Wortlaut des erteilten Anspruchs 1 lautet wie folgt:

"1. Verfahren zur Herstellung von organischen Peroxiden unter Einsatz von Wasserstoffperoxid oder Hydroperoxid, mindestens einer Base oder Säure und mindestens eines Ketons, Alkohols, Säurechlorids/-anhydrids und/oder Chlorformiat, dadurch gekennzeichnet, dass dieses in mindestens einem statischen Mikromischer durchgeführt wird."

III. Im Einspruchsverfahren war das Streitpatent in seinem gesamten Umfang wegen mangelnder Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit unter Artikel 100(a) EPÜ angegriffen worden.

IV. In ihrer Begründung verwies die Einspruchsabteilung u.a. auf die Druckschriften

(1) T.M. Floyd et al., Proceedings of the Third International Conference on Microreaction Technology, Frankfurt, Germany, 1999, Seiten 171-180 und

(3) WO 97/08142.

Sie stellte fest, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 bereits in Druckschrift (3) offenbart sei. Gegenüber der Offenbarung der Druckschrift (1) sei das beanspruchte Verfahren neu, da diese Druckschrift zumindest nicht offenbare, dass die auf Seite 172 in Paragraph 2. angesprochene Reaktion, nämlich die Herstellung von Diacylperoxiden aus Säurechloriden und alkalischem Wasserstoffperoxid, tatsächlich in den dort beschriebenen Mikroreaktoren durchgeführt worden sei. Der Anspruch 1 des damaligen Hilfsantrages sei auch neu gegenüber der Druckschrift (3), da das beanspruchte Verfahren gemäß Hilfsantrag nun auf Mikromischer mit Kanalweiten von kleiner als 500 µm beschränkt worden sei. Ausgehend von der Druckschrift (3) als nächstliegendem Stand der Technik habe die Verwendung von Mikromischern mit Kanalweiten von weniger als 500 µm angesichts der Offenbarung der Druckschrift (1) nahegelegen. Daher beruhe der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

V. Zusammen mit der Beschwerdebegründung reichten die Beschwerdeführerinnen erneut den Hauptantrag und den Hilfsantrag ein, auf welchen die angefochtene Entscheidung basierte. Zusätzlich reichten sie drei weitere Hilfsanträge ein. Mit Schriftsatz vom 20. September 2019 teilten sie der Kammer mit, dass sie an der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 8. Oktober 2019 nicht teilnehmen werden.

a) Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß des ersten Hilfsantrages basierte auf dem Wortlaut des erteilten Anspruchs 1, welcher am Ende die zusätzliche Passage enthielt "wobei ein Mikromischer mit Kanalweiten von kleiner als 500 µm eingesetzt wird".

b) Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß des zweiten Hilfsantrages basierte auf dem Wortlaut des erteilten Anspruchs 1, welcher am Ende die zusätzliche Passage enthielt "wobei als statische Mischer Multilaminationsmischer, Split und Recombinemischer, Caterpillarmischer oder auch Mischer mit einer Querschnittsverengung eingesetzt werden".

c) Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß des dritten Hilfsantrages basierte auf dem Wortlaut des erteilten Anspruchs 1, welcher am Ende eine Kombination der beiden Passagen des ersten und des zweiten Hilfsantrages enthielt, welche lautete "wobei als statische Mischer Multilaminationsmischer, Split und Recombinemischer, Caterpillarmischer oder auch Mischer mit einer Querschnittsverengung eingesetzt werden und ein Mikromischer mit Kanalweiten von kleiner als 500 µm eingesetzt wird".

d) Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß des vierten Hilfsantrages basierte auf dem Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3, in welchem die Liste der statischen Mikromischer nur auf den Multilaminationsmischer beschränkt wurde, so dass die angefügte Passage lautete "wobei als statischer Mischer ein Multilaminationsmischer mit Kanalweiten von kleiner als 500 µm eingesetzt wird".

VI. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) rügte u.a., dass die Änderungen in den Hilfsanträgen 3 und 4 gegen Artikel 123(2) EPÜ verstießen. In Bezug auf Hilfsantrag 4 trug sie vor, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 von Druckschrift (1) neuheitsschädlich getroffen sei. Der Gegenstand des Anspruchs 1 aller Anträge beruhe ausgehend von den Druckschriften (1) oder (3) als nächstliegendem Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

VII. Die Beschwerdeführerinnen beantragten schriftlich die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Streitpatents in der erteilten Fassung, oder hilfsweise, auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 1 bis 4, alle Anträge wie eingereicht mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2014.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

VIII. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 8. Oktober 2019 wurde die Entscheidung verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 beansprucht ein Verfahren zur Herstellung von organischen Peroxiden mit allen Merkmalen des erteilten Anspruchs 1, welches zusätzlich dadurch beschränkt ist, dass als statischer Mikromischer ein Multilaminationsmischer mit Kanalweiten von kleiner als 500 µm eingesetzt wird. Diese spezifische Ausführungsform ist von Anspruch 1 aller höherrangigen Anträge ebenfalls mitumfasst (siehe Paragraph V supra). Daher wird die Kammer im Folgenden die Patentfähigkeit nur für den Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 beurteilen. Für den Fall, dass die Ausführungsform gemäß Anspruch 1 des vierten Hilfsantrages nicht patentfähig ist ist, gelten die für den Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 zutreffenden Argumente und Schlussfolgerungen in gleicher Weise für den Anspruch 1 aller höherrangigen Anträge, die diese Ausführungsform mitumfassen.

Hilfsantrag 4

3. Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)

Die Beschwerdegegnerin hat im Beschwerdeverfahren gegen den Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 einen Einwand unter Artikel 123(2) EPÜ vorgebracht. Ungeachtet dessen, ob dieser Einwand durchgreift, oder nicht, hat die Kammer im Einzelnen keine Entscheidung hierüber getroffen. Da die Kammer zu einer negativen Beurteilung der Neuheit für den Gegenstand des Anspruch 1 aller Anträge gelangt ist (siehe Paragraph 3. infra), kann eine Entscheidung zu Artikel 123(2) EPÜ dahinstehen.| |

4. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

4.1 Im Beschwerdeverfahren hatte die Beschwerdegegnerin gerügt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 nicht neu gegenüber der Offenbarung der Druckschrift (1) sei.

4.2 Druckschrift (1) ist eine wissenschaftliche Studie betreffend die Entwicklung neuer Mikroreaktoren für die Herstellung von gefährlichen Stoffen, z.B. die Herstellung von Diacylperoxiden aus einem Säurechlorid mit alkalischem Wasserstoffperoxid (Seite 172, Paragraph 2, unten). Dabei standen die Kontrolle der Reaktionstemperatur und das Mischen der einzelnen Komponenten im Fokus der Untersuchungen. In dem für diese Reaktion entworfenen Mikroreaktor erfolgt das Mischen der einzelnen Komponenten durch Laminierung und hydrodynamisches Fokussieren (siehe Seite 172, Paragraph 3. erster Absatz und Seite 173, Fig. 1). Die beiden Reaktionskomponenten werden an jeweils 5 im Wechsel nebeneinander angeordneten Zuführpunkten in die Fokussierungszone eingebracht. In einem daran anschließenden geraden Kanal werden die Komponenten gemischt und miteinander zur Reaktion gebracht. In der schematischen Darstellung der Fig. 1 ist der Durchmesser dieses Kanals mit 50 µm angegeben. Dies entspricht dem beanspruchten Merkmal, wonach die Reaktion in einem statischen Multilaminationsmischer mit Kanalweiten von kleiner als 500 µm durchgeführt wird. Die gesamte Studie betrifft die Herstellung von gefährlichen Stoffen, beispielsweise die Herstellung von Diacylperoxiden aus einem Säurechlorid mit alkalischem Wasserstoffperoxid (Seite 172, Paragraph 2, unten), so dass auch dieses Merkmal des beanspruchten Verfahrens bereits aus Druckschrift (1) bekannt ist.

4.3 Da somit alle technischen Merkmale des in Anspruch 1 des Hilfsantrages 4 beanspruchten Verfahrens bereits in der Druckschrift (1) offenbart sind, kommt die Kammer zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 von der Offenbarung der Druckschrift (1) neuheitsschädlich vorweggenommen ist (Artikel 54 EPÜ).

Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 3

5. Wie in Paragraph 2. supra festgestellt, ist der in Anspruch 1 des Hilfsantrages 4 definierte Gegenstand eine bevorzugte Ausführungsform, die von Anspruch 1 aller höherrangigen Anträge mitumfasst ist. Da die Kammer diesen Gegenstand als nicht neu gegenüber der Offenbarung der Druckschrift (1) sieht (siehe Paragraph 4. supra), gelten die für den Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 zutreffenden Argumente und Schlussfolgerungen in gleichem Maße für Anspruch 1 aller höherrangigen Anträge, die diese Ausführungsform mitumfassen, mit der Folge, dass auch deren Gegenstand nicht neu ist (Artikel 54 EPÜ).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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