European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2017:T173214.20170912 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 12 September 2017 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1732/14 | ||||||||
Anmeldenummer: | 07724054.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | F16H 7/12 F16H 7/08 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | SPANNER FÜR EINEN ENDLOSTRIEB | ||||||||
Name des Anmelders: | Litens Automotive GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Schaeffler Technologies AG & Co. KG Muhr und Bender KG |
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Kammer: | 3.2.08 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Mit der am 29. Juli 2014 zur Post gegebenen Entscheidung hat die Einspruchsabteilung das europäische Patent Nr. 2005029 widerrufen.
Die Einspruchsabeilung war der Auffassung, dass (damals geltender) Hauptantrag und Hilfsantrag 1 den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ nicht genügten, und dass dem Hilfsantrag 2 die Neuheit im Hinblick auf
D1(E1): EP -A- 1 640 636
fehle.
II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt.
III. Eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 12. September 2017 statt. Am Ende der Verhandlung war die Antragslage wie folgt:
Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Basis des Anspruchs 1 von Hilfsantrag 3 eingereicht mit Schreiben vom 8. Dezember 2014 und der Ansprüche 2 bis 13 eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdegegnerinnen beantragten, die Beschwerde zurückzuweisen.
IV. Anspruch 1 lautet wie folgt:
"Spanner (1) für einen Endlostrieb, insbesondere einer Verbrennungskraftmaschine, mit einem Basisteil (2) und einem relativ hierzu um eine gemeinsame Drehachse drehbaren Spannteil (3), mit einem zwischen dem Basisteil (2) und dem Spannteil (3) kraftbeaufschlagend angeordneten Federelement (11), welches sich beim Spannen radial ausdehnt, sowie einer zwischen dem Federelement (11) und dem Basisteil (2) oder dem Spannteil (3) vorgesehenen Reibvorrichtung (13), welche die Relativbewegung zwischen dem Basisteil (2) und dem Spannteil (3) dämpft, wobei die Reibvorrichtung (13) radial außerhalb des Federelementes (11) angeordnet ist, und beim Spannen durch das Federelement aufgeweitet wird, und ein in Umfangsrichtung weisendes Federende (35) des Federelementes (11) stirnseitig an einem Drehanschlag (34) des Basisteils (2) anliegt,
dadurch gekennzeichnet, dass
ein in Umfangsrichtung weisendes Federende (30) stirnseitig an einem Drehanschlag (31) des Spannteils (3) anliegt, und
die Reibvorrichtung (13) radial innen eine Tragbuchse (21) aufweist, an welcher radial außen ein Reibbelag (22) vorgesehen ist."
V. Zusätzlich zur D1 wurde im Beschwerdeverfahren auch
E3: US -A- 5,803,849
als Entgegenhaltung erwähnt.
VI. Die Beschwerdegegnerinnen argumentierten im Wesentlichen wie folgt:
D1 offenbare einen Spanner mit allen Merkmalen des Anspruchs 1. Insbesondere liege im Spanner der D1 ein in Umfangsrichtung weisendes Federende stirnseitig an einem Drehanschlag des Spannteils an.
- Da im kennzeichnenden Teil des Anspruchs nicht spezifiert werde, zu welchem Element das Federende gehöre, könne als Federende das Ende der Bandfeder 14 betrachtet werden, das sich unmittelbar an dem Spannteil 24 abstütze.
- Selbst wenn man als Federende das Ende der Torsionsfeder 13 betrachte, sei eine unmittelbare Abstützung eines Federendes an einem Drehanschlag des Spannteils offenbart. Die Bandfeder 14 sei nämlich fest mit dem Deckel 24 verbunden, so dass sie nicht nur als Teil der Reibvorrichtung, sondern auch als Teil des Spannteils zu betrachten sei.
- Sogar wenn die mittelbare (mittels der Bandfeder 14) Abstützung des Endes des Federlementes 13 an dem Spannteil 24 in Betracht gezogen werde, sei kein Unterscheidungsmerkmal zu erkennen. Eine stirnseitige Anlage im Sinne des Streitpatents umfasse nämlich auch eine mittelbare Abstützung, weil Ausführungsformen beschrieben würden, bei denen die Reibvorrichtung einen sich radial erstreckenden Haltevorsprung aufweise, welcher zwischen dem Drehanschlag und dem Federelement angeordnet sei. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher nicht neu gegenüber D1.
E3 offenbare ebenfalls einen Spanner gemäß Anspruch 1. Es sei zwar richtig, dass die Figur 6 ein um den Vorsprung 30d gebogenes Federende zeige, welches somit nicht stirnseitig an einem Drehanschlag des Spannteils anliege. Eine derartige Anordnung offenbare jedoch die Figur 4, die ein nicht gebogenes Federende zeige. Ferner sei auf der linken Seite der Figur 3 zu erkennen, dass der Außenradius der Feder 50 dem Innenradius der Ringe 33, die Teil der Reibvorrichtung seien, entspreche. Deshalb weite das Federelement, wenn es sich beim Spannen radial ausdehne, die Reibvorrichtung auf. Folglich sei der Gegenstand des Anspruchs 1 auch im Hinblick auf E3 nicht neu.
VII. Die Beschwerdeführerin argumentierte im Wesentlichen wie folgt:
Im Anspruch 1 sei nur ein Federelement erwähnt. Das beanspruchte Federende sei deshalb das Ende des Federelementes, das in D1 von der Torsionsfeder 13 dargestellt werde. Das in Figur 1 gezeigte Federende sei nicht in Kontakt mit dem Spannteil. Die Bandfeder 14 gehöre nämlich zur Reibvorrichtung, und sei kein Teil des Spannteils. Da die Bandfeder 14 sowohl die Richtung als auch die Intensität der Abstützkraft des Federelementes 13 ändere, offenbare D1 keine stirnseitige Anlage eines Federendes an einem Drehanschlag des Spannteils. Es sei zwar richtig, dass in einer Ausführungsform des Patents die Reibvorrichtung einen sich radial erstreckenden Haltevorsprung aufweise, welcher zwischen dem Drehanschlag und dem Federelement angeordnet sei. Der Haltevorsprung diene aber nur zum Halten der Reibvorrichtung und ändere weder die Richtung noch die Intensität der Abstützkraft. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher neu gegenüber D1.
E3 offenbare ebenfalls nicht alle Merkmale des Anspruchs 1. Wie aus der Figur 6 zu sehen sei, liege das Federende nicht stirnseitig an einem Drehanschlag des Spannteils an. Eine derartige Anordnung sei somit in E3 nicht offenbart. E3 offenbare auch nicht, dass das Federelement sich beim Spannen radial ausdehne, und beim Spannen die Reibvorrichtung aufweite. Folglich sei der Gegenstand des Anspruchs 1 auch im Hinblick auf E3 neu.
Entscheidungsgründe
1. Artikel 123(2) EPÜ
Es ist unstreitig, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 in der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart ist (siehe Ansprüche 1, 3-5, 8 und Seite 2, dritter Absatz).
2. Neuheit
2.1 D1
2.1.1 D1 (siehe unten die Figur 1) offenbart einen Spanner für einen Endlostrieb mit einem Basisteil (Aufnahmegehäuse 11), einem relativ hierzu um eine gemeinsame Drehachse drehbaren Spannteil (Nabe 12 mit Deckel 24), und einem zwischen dem Basisteil und dem Spannteil kraftbeaufschlagend angeordneten Federelement (Torsionsfeder 13), welches sich beim Spannen radial ausdehnt (Spalte 3, Zeile 38-39). Im Spanner der D1 liegt ein erstes sich in Umfangsrichtung weisendes (und nicht in Figur 1 gezeigtes) Federende des Federelementes an einem Drehanschlag des Basisteils an (Spalte 3, Zeilen 28-30 und Figur 2).
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Zwischen dem Federelement und dem Spannteil befinden sich eine Bandfeder 14 und eine Dämpfungshülse 16 (Absätze [0001] und [0010]). Die Bandfeder und die Dämpfungshülse stellen die Tragbuchse bzw. den Reibbelag einer Reibvorrichtung gemäß Anspruch 1 dar, welche die Relativbewegung zwischen dem Basisteil und dem Spannteil dämpfen, wobei die Reibvorrichtung radial außerhalb des Federelementes angeordnet ist, und beim Spannen durch das Federelement aufgeweitet wird.
2.1.2 Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerinnen kann die Bandfeder 14 nicht auch als Teil des Spannteils betrachtet werden, weil gemäß Anspruch 1 Reibvorrichtung und Spannteil getrennte Elemente sind, wobei die Reibvorrichtung zwischen dem Federelement und dem Basisteil oder dem Spannteil vorgesehen ist.
Im Oberbegriff wird spezifiziert, dass das angesprochene Federende das Federende des Federelementes sei. Hingegen wird im kennzeichnenden Teil nicht spezifiziert, zu welchem Bauteil das Federende gehört. Die Beschwerdeführerinnen trugen vor, dass es sich deswegen hierbei auch um das Ende der Bandfeder handeln könne. Im Anspruch 1 wird nur ein Federelement erwähnt. Somit können sich sowohl das im Oberbegriff als auch das im kennzeichnenden Teil erwähnte Federende ausschließlich auf dieses eine Federelement beziehen. Das Ende der Bandfeder 14 kann daher nicht als Federende im Sinne des Anspruchs 1 angesehen werden.
Folglich offenbart D1, dass sich das zweite Federende des Spanners nur mittelbar (mittels der Bandfeder 14) an einem Drehanschlag des Spannteils(24) abstützt.
2.1.3 Es ist daher zu entscheiden, ob diese mittelbare Abstützung als eine stirnseitige Anlage im Sinne des Streitpatents angesehen werden kann.
Es ist unstreitig, dass im normalen Sprachgebrauch eine stirnseitige Anlage erfordert, dass - im Gegensatz zur Anordnung der D1 - die betroffenen Flächen (im Fall des Anspruchs 1 das Federende und der Drehanschlag des Spannteils) miteinander in Kontakt sind.
Es ist weiter unstreitig, dass das Streitpatent auch Ausführungsformen umfasst, bei denen das Federende und der Drehanschlag nicht direkt in Kontakt sind. In dem erteilten Anspruch 10 wird nämlich beschrieben, dass die Reibvorrichtung einen sich radial erstreckenden Haltevorsprung aufweist, welcher zwischen dem Drehanschlag und dem Federelement angeordnet ist.
Der Haltevorsprung dient im Streitpatent jedoch nur zum Halten der Reibvorrichtung und ändert weder die Richtung noch die Intensität der Abstützkraft (siehe Absatz [0047] und Figur 3).
Dagegen befinden sich das Federende (der Torsionfeder 13) und der Drehanschlag des Spannteils (24) der D1 auf zwei unterschiedlichen Kreisbahnen und sind in Unfangsrichtung um fast 360° versetzt. Somit bewirkt die Bandfeder 14 eine wesentliche Änderung der Richtung der Abstützkraft. Ferner wird durch die Bandfeder, auch wenn sie unter Vorspannung eingebaut ist (Absatz [0007]), ein Teil der Spannungskraft der Torsionsfeder 13 zum Ausweiten der Bandfeder verwendet und somit in radiale Kraft umgewandelt. Somit bewirkt die Bandfeder 14 auch eine Änderung der Intensität der Abstützkraft.
Der Fachmann hatte keinen Grund eine derartige Anordnung, bei der sowohl die Richtung als auch die Intensität der Abstützkraft geändert werden, als stirnseitige Anlage im Sinne des Streitpatents zu betrachten.
2.1.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher neu gegenüber D1.
2.2 E3
2.2.1 E3 (siehe unten die Figur 4) offenbart einen Spanner für einen Endlostrieb mit einem Basisteil (tensioner cup 22), einem relativ hierzu um eine gemeinsame Drehachse drehbaren Spannteil (tensioner arm 30), und einem zwischen dem Basisteil und dem Spannteil kraftbeaufschlagend angeordneten Federelement (torsion spring 50), sowie einer zwischen dem Federelement und dem Spannteil vorgesehenen Reibvorrichtung (33, 32), welche die Relativbewegung zwischen dem Basisteil und dem Spannteil dämpft (Spalte 5, Zeile 55-67), wobei die Reibvorrichtung radial außerhalb des Federelementes angeordnet ist. Die in Umfangsrichtung weisenden Federenden des Federelementes sind mit dem Basisteil und dem Spannteil verbunden (Spalte 5, Zeile 12-14).
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
2.2.2 Die Verbindung zwischen dem Federende und dem Spannteil ist lediglich in der Figur 6 (siehe unten) gezeigt.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
In dieser Figur liegt das Federende (52) nicht stirnseitig an einem Drehanschlag des Spannteils an, sondern ist um den Vorsprung 30d gebogen. Es ist zwar richtig, dass das gebogene Federende nicht auch in der Figur 4 zu erkennen ist. Allerdings zeigt die Figur 4 weder das Federende im Detail noch seine Verbindung mit dem Spannteil. Somit offenbart E3 kein in Umfangsrichtung weisendes Federende, das stirnseitig an einem Drehanschlag des Spannteils anliegt.
2.2.3 Folglich kann dahingestellt bleiben, ob das Merkmal wonach sich das Federelement sich beim Spannen radial ausdehnt, und beim Spannen die Reibvorrichtung aufweitet, in E3 offenbart ist oder nicht.
2.2.4 Deshalb ist der Gegenstand des Anspruchs 1 auch im Hinblick auf E3 neu.
3. Die erfinderische Tätigkeit wurde nicht in Frage gestellt.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung das Patent in folgender Fassung aufrecht zu erhalten:
Anspruch 1 von Hilfsantrag 3 eingereicht mit Schreiben vom 8. Dezember 2014,
Ansprüche 2 bis 13 eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer,
Seite 2 der Beschreibung der Patentschrift eingereicht mit Schreiben vom 8. Dezember 2014,
Seite 3 der Beschreibung der Patentschrift eingereicht mit Schreiben vom 11. August 2017,
Seiten 4 bis 6 der Beschreibung der Patentschrift wie erteilt,
Zeichnungen Figuren 1 bis 5 wie erteilt.