European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2018:T164714.20180911 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 11 September 2018 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1647/14 | ||||||||
Anmeldenummer: | 08749104.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | B42D 15/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Sicherheitspapier | ||||||||
Name des Anmelders: | Giesecke+Devrient Currency Technology GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | DE LA RUE INTERNATIONAL LIMITED Leonhard Kurz Stiftung & Co. KG ARJOWIGGINS SECURITY KBA-NotaSys SA Hueck Folien Ges.m.b.H. |
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Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerden der Einsprechenden 4 und 5 richten sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, dass das europäische Patent Nr. 2 147 156 in der Fassung des damaligen Hauptantrags den Erfordernissen des Europäischen Patentübereinkommens genüge.
II. Die Einsprüche der seinerzeit fünf Einsprechenden stützten sich auf die in Artikel 100 a) (fehlende Neuheit, Artikel 54 EPÜ 1973 und mangelnde erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ 1973) und 100 b) EPÜ genannten Einspruchsgründe.
III. Mit Schreiben vom 7. Oktober 2014 zog die Einsprechende 3 ihre Beschwerde zurück, so dass nur noch zwei Beschwerden anhängig sind.
IV. Am 11. September 2018 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt ohne die drei Verfahrensbeteiligten (Einsprechende 1 bis 3), deren Vertreter die Kammer zuvor davon informiert hatten, dass sie bei der Verhandlung nicht anwesend sein würden.
V. Die Beschwerdeführerinnen I und II (Einsprechende 4 und 5) beantragten die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das europäische Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Beschwerden zurückzuweisen (Hauptantrag) und hilfsweise das europäische Patent auf der Grundlage der mit Schreiben vom 10. August eingereichten Hilfsanträge 1, 2, 2', 3, 3', 4, 4', 5, 5' aufrechtzuerhalten.
VI. Die übrigen Verfahrensbeteiligten I bis III (Einsprechende 1 bis 3) haben sich zur Sache nicht geäußert.
VII. Im Beschwerdeverfahren wurde insbesondere auf folgende Druckschriften Bezug genommen:
D2: WO 2000/39391;
D8: DE 43 34 847;
D9: WO 2006/029745;
D13: WO 2005/095118.
VIII. Der erteilte Anspruch 1 lautet wie folgt:
"Sicherheitspapier für die Herstellung von Sicherheits- oder Wertdokumenten mit einem zumindest bereichsweise transparenten Folienelement, das zumindest in Teilbereichen auf zumindest einer Seite des Sicherheitspapiers durch das Sicherheitspapier hindurch frei zugänglich ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Folienelement über eine im Bereich der frei zugänglichen Teilbereiche hochtransparent und klar ausgebildete Kleberschicht mit dem Sicherheitspapier verbunden ist".
IX. Die unabhängigen Sicherheitspapieransprüche 1, 4, 5, 7 gemäß Hauptantrag unterscheiden sich vom erteilten Anspruch 1 jeweilig durch die folgenden Zusätze am Ende des Anspruchs:
Anspruch 1: "... und dass die Kleberschicht für zumindest einen der frei zugänglichen Teilbereiche eine im Wesentlichen den Bereich des Teilbereichs umfassende Aussparung aufweist, die in der Form des frei zugänglichen Teilbereichs und 1 mm bis 2 mm kleiner als der Teilbereich ausgebildet ist, so dass ein schmaler umlaufender Kleberrand im Bereich der Öffnung verbleibt."
Anspruch 4: "... und dass die Kleberschicht im Bereich zumindest eines der frei zugänglichen Teilbereiche einen Dünnbereich mit einer reduzierten Schichtdicke aufweist, die weniger als die Hälfte der Schichtdicke außerhalb des Dünnbereichs beträgt, wobei die Kleberschicht und der Dünnbereich einen weichen, kontinuierlichen Übergang aufweisen."
Anspruch 5: "... dass die Kleberschicht für zumindest einen der frei zugänglichen Teilbereiche eine im Wesentlichen den Bereich des Teilbereichs umfassende Aussparung aufweist, und dass die Kleberschicht im Bereich zumindest eines der frei zugänglichen Teilbereiche zusätzlich zu der Aussparung einen Musterbereich aufweist, in dem die Kleberschicht in Form von Mustern, Zeichen oder einer Codierung aufgebracht ist, und in dem der Klebstoff der Kleberschicht thermisch oder durch UV-Bestrahlung deaktiviert ist".
Anspruch 7: "... und dass die Kleberschicht zwei verschiedene Klebstoffe mit unterschiedlichen Eigenschaften enthält und in einem Sichtbereich, der zumindest einen der frei zugänglichen Teilbereiche umfasst, durch einen hochtransparenten Klebstoff gebildet ist und in einem Haftbereich außerhalb des Sichtbereichs durch einen Klebstoff hoher Haftkraft gebildet ist".
X. Hilfsantrag 1 entspricht dem Hauptantrag, wobei in die unabhängigen Ansprüche 1, 4, 5 und 7 der folgende Text "und mit einer Kleberschicht versehen [sic]" zwischen "bereichsweise transparenten" und "Folienelement" eingefügt ist.
XI. Hilfsantrag 2 wurde auf die Ansprüche 1 und 4 des Hauptantrags beschränkt.
XII. Hilfsantrag 3 wurde auf den Anspruch 4 des Hauptantrags beschränkt.
XIII. Hilfsantrag 4 wurde auf den Anspruch 5 des Hauptantrags beschränkt.
XIV. Hilfsantrag 5 wurde auf den Anspruch 7 des Hauptantrags beschränkt.
XV. Die Hilfsanträge 2', 3', 4'und 5' entsprechen jeweils den Hilfsanträgen 2, 3, 4 und 5 und enthalten die zusätzliche Änderung gemäß Hilfsantrag 1.
XVI. Die Beschwerdeführerinnen haben im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Die Druckschrift D9 bilde den nächstliegenden Stand der Technik für den Gegenstand des Anspruchs 1, der sich davon nur durch den 1 mm bis 2 mm breiten umlaufenden Kleberrand unterscheide. Die im Streitpatent dazu genannte Aufgabe Passer-Toleranzen auszugleichen gehöre zum üblichen Handeln des Fachmanns (siehe z.B. Druckschrift D13, Übergang der Seiten 4 und 5) und könne keine erfinderische Tätigkeit begründen. Zudem seien die absoluten Abmessungen von 1 mm bis 2 mm willkürlich: im Beispiel der Figur 4 habe die Umfangskante 40 eine Breite 42 von 3 mm. Die willkürliche Auswahl der beanspruchten Dimensionen könne daher auch keinen erfinderischen Beitrag leisten.
Die Druckschrift D8 bilde den nächstliegenden Stand der Technik für den Gegenstand des Anspruchs 4, der sich davon nur durch die Merkmale der auf weniger als die Hälfte reduzierten Kleberschichtdicke und den weichen, kontinuierlichen Übergang unterscheide. Dass eine reduzierte Kleberschichtdicke entsprechend transparenter sei, sei für den Fachmann offensichtlich und es wurden keine besonderen Effekte für den Wert "weniger als die Hälfte" im Streitpatent offenbart. Das Streitpatent offenbare ebenfalls keine besonderen Effekte für den "weichen, kontinuierlichen Übergang" welcher lediglich als Alternative zu einem abrupten Übergang offenbart wurde. Dies könne somit auch keine erfinderische Tätigkeit begründen.
Die Druckschrift D2 offenbare alle Merkmale des Gegenstands des Anspruchs 5, der sich davon nicht unterscheide. Entgegen der Meinung der Einspruchsabteilung im Punkt 2.4.1.3 der Einspruchsentscheidung, lasse der Anspruchsgegenstand offen, ob etwas (z.B. gegebenenfalls Papierfasern, wie in der Druckschrift D2) an dem letztendlich deaktivierten Kleber hafte. Die Druckschrift D2 offenbare eine Verwendung beliebiger wärmeaktivierbarer Klebstoffe (Seite 14, Zeilen 1 bis 6), welche zwingend nach Abschluss der thermischen Aktivierung deaktiviert seien. Der Gegenstand des Anspruchs 5 sei somit nicht neu.
Die Druckschrift D8 bilde den nächstliegenden Stand der Technik für den Gegenstand des Anspruchs 7, der sich davon nur dadurch unterschiede, dass die Druckschrift D8 nicht explizit zwei verschiedene Klebstoffe offenbare. Der Fachmann sei durch die Druckschrift D8 angeregt, zwei verschiedene Klebstoffe zu verwenden: einen Haftvermittler 24, der "vor allem die Aufgabe hat, das Anhaften der Abdeckfolie 5 auf der Oberfläche 6 des Trägers 2 zu begünstigen" (Seite 6, Zeilen 4 und 5) und den Klebeauftrag, "mittels dessen dann die Abdeckfolie 5 auf dem Träger festgelegt wird" (Seite 7, Zeile 43). Der Fachmann sei somit angehalten den jeweiligen Kleber einmal auf die Folie 5 und einmal auf den Träger 2 abzustimmen, was zur Verwendung zweier verschiedener Klebstoffe führe. Dies könne somit keine erfinderische Tätigkeit begründen.
XVII. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Die Druckschrift D9 bilde den nächstliegenden Stand der Technik für den Gegenstand des Anspruchs 1 aber offenbare nicht:
- dass die Aussparung der Kleberschicht in der Form des frei zugänglichen Teilbereichs sei, weil das in Figur 3c dargestellte Mikrolinsen-Feld rechteckig sei, aber das entsprechende Fenster 12 in der Figur 1 oval sei;
- dass die Aussparung der Kleberschicht 1 mm bis 2 mm kleiner sei als das Fenster 12, so dass ein schmaler umlaufender Kleberrand im Bereich der Öffnung verbleibe.
Der Absolutwert "1 mm bis 2 mm" sei in der von der Fenstergröße unabhängigen absoluten Genauigkeit der Herstellungsmaschine bedingt. Die Aufgabe bestehe darin im Fensterbereich eine gute Klarheit und Haftsicherheit auch bei Passerschwankungen zu erreichen. Dieses Problem werde in der Druckschrift D9 nicht angesprochen: der von der Druckschrift D9 ausgehende Fachmann habe daher keinen Anlass diese beiden Änderungen vorzunehmen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die Druckschrift D8 bilde den nächstliegenden Stand der Technik für den Gegenstand des Anspruchs 4 aber offenbare nicht explizit:
- dass die Kleberschicht einen Dünnbereich mit einer reduzierten Schichtdicke im Fenster 4 aufweise: Die Druckschrift D8 offenbare nur die Vorgehensweise bei der Herstellung so, dass beim Zusammenpressen die Kleberschichten auch zusammengedrückt oder verdrängt werden könnten;
- dass die Kleberschicht im Dünnbereich eine deutlich erhöhte Transparenz und reduzierte Streuung aufweise (Absatz [0061] des Streitpatents); und
- dass die Kleberschicht und der Dünnbereich einen weichen, kontinuierlichen Übergang aufweisen, wodurch die Sichtbarkeit des Übergangs reduziert werde und zudem eine Sammelstelle für Verschmutzungen vermieden werde.
Der Fachmann habe zu Erhöhung der Transparenz auch die in der Druckschrift D8 vorgeschlagene Möglichkeit, die Kleberschicht auf der Folie wegzulassen. Der Gegenstand des Anspruchs 4 beruhe somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die Druckschrift D2 bilde den nächstliegenden Stand der Technik für den Gegenstand des Anspruchs 4 aber offenbare Klebstoffbereiche in einer Aussparung nicht zu deaktivieren sondern dort Papiermuster zu erzeugen (Druckschrift D2, Seite 13, Zeilen 21 bis 29, Seite 16, Zeilen 22 bis 23, Figuren 25 bis 27): Der Kleberstoff sei nicht deaktiviert, sondern seine Klebewirkung sei genutzt worden, um Papierfasern in Form der Bilder, Muster, alphanumerischen Zeichen etc. anzukleben (Figuren 25, 26, Seite 16, Zeilen 22 bis 32). Der Gegenstand des Anspruchs 5 sei daher neu und erfinderisch gegenüber der Lehre der Druckschrift D2.
Die Druckschrift D8 bilde den nächstliegenden Stand der Technik für den Gegenstand des Anspruchs 7, aber offenbare nicht explizit "zwei verschiedene Klebstoffe mit unterschiedlichen Eigenschaften". Es sei lediglich, "Kleber sowohl auf der Abdeckfolie 5 als auch auf dem Träger 2 vorzusehen". Da bei der Druckschrift D8 weder die Haftkraft noch die Transparenz im Fensterbereich als ungenügend angesehen werden, habe der Fachmann auch keine Veranlassung, den offenbar zufriedenstellenden Kleberauftrag in irgendeiner Weise zu verändern. Der Fachmann habe keine Veranlassung den zusätzlichen Aufwand für eine Kleberschicht mit "zwei verschiedene[n] Klebstoffen mit unterschiedlichen Eigenschaften" in Erwägung zu ziehen. Selbst wenn zwei verschiedene Klebstoffe in Betracht gezogen würden, so würden diese sich im Bereich 7 überlappen was im Anspruch 7 durch den abschließenden Wortlaut "gebildet sind" ausgeschlossen wird. Der Gegenstand des Anspruchs 7 beruhe somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Entscheidungsgründe
1. Mangelnde erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 (Hauptantrag)
1.1 Die Druckschrift D9 bildet den nächstliegenden Stand der Technik und offenbart ein Sicherheitsdokument 1 bestehend aus einem Träger 11 aus Papiermaterial mit einer fensterförmigen Durchbrechung, die durch ein optisches Element verschlossen ist: im Bereich des transparenten Fensters 12 ist ein transmissives Mikrolinsen-Feld 15 angeordnet (Seite 8, Zeilen 11 bis 23, Figur 1). Das Mikrolinsen-Feld 15 besteht aus einer Vielzahl von Mikrolinsen 21 , die - wie in Figur 3c angedeutet - nebeneinander angeordnet sind (Seite 10, Zeilen 25 bis 26, Figur 3c).
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Figur 4 zeigt ein auf das Papiermaterial des Trägers 11 durch Hitze und Druck appliziertes Folienelement 20, wobei eine Kleberschicht 26 des Folienelements 20 aktiviert wird (Seite 15, Zeilen 11 bis 23, Figur 4). Hierbei ist es für den Fachmann implizit, dass die Kleberschicht 26 ausreichend (hoch)transparent und klar ist, damit das "transmissive Mikrolinsen-Feld" auch bestimmungsgemäß genutzt werden kann.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Weiter ist es auch möglich, dass die Kleberschicht 26 im Bereich der Reliefstruktur 27 entfällt, so dass die Reliefstruktur 27 direkt in Kontakt mit der Luft tritt und das Folienelement 20 entsprechend durch das Sicherheitspapier 11 hindurch frei zugänglich ist (Seite 16, Zeilen 15 bis 17). Bei dieser Variante verbleibt somit außerhalb der Reliefstruktur 27 ein Kleberrand im Bereich der Öffnung 12: einerseits wird bei dieser Anordnung eine weiterhin sichere Verbindung von Folienelement und Sicherheitspapier sichergestellt und es ergibt sich andererseits zwangsläufig eine ausgezeichnete Transparenz und Klarheit im Bereich der Reliefstruktur 27 (vgl. Streitpatent Absatz [0008]).
1.2 Die Form der Öffnung durch das Papier hindurch ist im Anspruch 1 nicht vorgegeben und die Figur 3c der Druckschrift D9 zeigt lediglich eine schematisierte Draufsicht auf ein Mikrolinsen-Feld (Seite 7, Zeilen 15 bis 22). Die Figur 3c stellt nicht zwingend das Mikrolinsen-Feld in seiner Gesamtheit dar, so dass sich aus dieser Figur keine Rückschlüsse zur Form des Mikrolinsen-Feldes als Ganzes ziehen lassen. Wenn "die Kleberschicht 26 im Bereich der Reliefstruktur 27 entfällt", dann hat die entsprechende Aussparung in der Kleberschicht zwingend die Form (des frei zugänglichen Teilbereichs) der Reliefstruktur 27. Etwas anderes wird im Anspruch 1 nicht gefordert (siehe auch Absätze [0008] und [0052] des Streitpatents zur Auslegung des Anspruchs 1), so dass dieses Merkmal entgegen der Meinung der Beschwerdegegnerin bereits in der Druckschrift D9 offenbart ist.
1.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich somit vom Sicherheitspapier der Druckschrift D9 nur dadurch, dass die Aussparung 1 mm bis 2 mm kleiner als die Öffnung ausgebildet ist, so dass ein schmaler umlaufender Kleberrand im Bereich der Öffnung verbleibt.
1.4 Die technische Wirkung dieses Merkmals ist, "Passertoleranzen bei der Applikation des Folienelements 18 aufzufangen" (Streitpatent, Absatz [0052]).
1.5 Die entsprechende objektive technische Aufgabe besteht darin, die zu erwartenden Passerfehler bei der Applikation des Folienelements 18 auszugleichen.
1.6 Die Kammer ist der Überzeugung, dass es für den Fachmann auf dem Gebiet der mit Sicherheitselementen zu versehenden Sicherheitspapiere eine routinemäßige Überlegung ist, zu Ausgleich von Passerfehlern (bei der Applikation von (Folien)Elementen) entsprechende Lagetoleranzen für das Aufbringen der Kleberschicht vorzusehen - siehe hierzu auch beispielsweise die Druckschrift D13 (Seiten 4 und 5 überbrückender Absatz). Die Beschwerdegegnerin hat ein solches Fachwissen nicht bestritten.
1.7 Eine besondere Wirkung der Absolutwerte 1 mm bis 2 mm (unabhängig der von den Abmessungen der anderen Elemente, wie z.B. des Banknotensubstrats 14, der Öffnung/Fenster 16, der Folie 18, der Aussparung 22, ...) ist im Streitpatent nicht belegt und wurde auch nicht von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht. Die Kammer kann auch keinen Grund erkennen, warum die Abmessungen von 1 mm bis 2 mm einen überraschenden erfinderischen Beitrag leisten könnten.
1.8 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973).
2. Mangelnde erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 4 (Hauptantrag)
2.1 Die Druckschrift D8 bildet den nächstliegenden Stand der Technik und offenbart in Figur 2 einen Träger 2 mit wenigstens einer fensterartigen Durchbrechung 4, die mittels einer bereichsweise transparenten Abdeckfolie 5 (Druckschrift D8, Anspruch 1) verschlossen ist, wobei die Abdeckfolie 5 vorzugsweise aufgeklebt ist, so dass rund um die Durchbrechung 4 in den Bereichen 7 die Abdeckfolie 5 fest an der Oberfläche 6 des Trägers 2 haftet (Seite 4, letzter Absatz; Seite 7, Zeilen 40 bis 43 "Kleberschicht"). Die Abdeckfolie weist eine bis 2 µm Dicke Haftvermittlerschicht 24 mit Klebereigenschaften auf. Zusätzlich kann der Träger 2 im Bereich der Vertiefung 8 mit einem Kleberauftrag versehen sein (Seite 6, Zeilen 15 bis 17; Seite 7, Zeilen 38 bis 46).
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
2.2 Somit befindet sich rund um die Durchbrechung 4 in den Bereichen 7 (Figur 2) sowohl die Haftvermittlerschicht 24 als auch der Kleberauftrag. Demgegenüber befindet sich im restlichen Teil der Durchbrechung 4 nur die Haftvermittlerschicht 24. Die Kammer kann dem Vortrag der Beschwerdegegnerin, dass nach dem Auftragen der Folie unter Druck die Haftvermittlerschicht 24 und der Kleberauftrag in den Bereichen 7 eine geringere Schichtdicke als die alleinige, beim Auftragen nicht mit Druck beaufschlagten 2·µm dicken Haftvermittlerschicht 24 im Bereich der Durchbrechung 4 haben, nicht folgen, weil es technisch nicht nachvollziehbar ist: der dazu nötige Druck wäre weit über dem der zum Aufbringen der Abdeckfolie nötig ist und würde die Klebstoffe lediglich in die den Bereichen 7 benachbarten Bereiche verdrängen, so dass sich dort zwingend weiterhin ein Klebstoffbereich ergibt, der dicker ist als die 2·µm dicke Haftvermittlerschicht 24 im Bereich der Durchbrechung 4. Zudem ergibt sich ein entsprechender Übergang zwischen den unterschiedlich dicken Kleberbereichen.
2.3 Der Gegenstand des Anspruchs 4 unterscheidet sich von dem aus der Druckschrift D8 bekannten Sicherheitspapier nur durch die Merkmale der auf weniger als die Hälfte reduzierten Kleberschichtdicke und den weichen, kontinuierlichen Übergang.
2.4 Die technische Wirkung der auf weniger als die Hälfte reduzierten Schichtdicke ist "eine deutlich erhöhte Transparenz und reduzierte Streuung" (Streitpatent, Absatz [0061]). Der "weiche, kontinuierliche Übergang" wird lediglich als Alternative zu "einer scharfen Grenze" offenbart (Streitpatent, Absätze [0011] und [0061]).
2.5 Die Beschwerdegegnerin hat für den "weichen, kontinuierlichen Übergang" zusätzlich geltend gemacht, dass die Sichtbarkeit des Übergangs reduziert werde und eine Sammelstelle für Verschmutzungen vermieden werde.
Diese von der Beschwerdegegnerin zusätzlich geltend gemachten Wirkungen setzen zwingend voraus, dass sich der Übergang im "frei zugänglichen Teilbereich" befindet, um durch die Öffnung im Papier überhaupt sichtbar zu sein. Dies wird aber im Anspruch nicht verlangt. Deshalb können diese Wirkungen bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht berücksichtigt werden.
2.6 Die entsprechende objektive technische Aufgabe besteht folglich darin, die Transparenz der Kleberschicht im Bereich der Öffnung im Papier zu erhöhen.
2.7 Eine lichtabsorbierende/streuende (Kleber-)Schicht bei einem Wunsch nach mehr Transparenz im Sichtbereich entsprechend dünner zu gestalten, bedarf keiner erfinderischen Tätigkeit, weil der Effekt voraussehbar ist und nur dem routinemäßigen Handeln des Fachmanns entspringt: der Fachmann muss sich bei der Gestaltung transparenter Fensterbereiche zwangsläufig mit der Lichtdurchlässigkeit der darin angebrachten Schichten auseinandersetzen.
Die Dicke der Kleberschicht außerhalb der Öffnung ist für die Transparenz im Bereich der Öffnung nicht relevant, so dass dem Verhältnis "weniger als die Hälfte" keine technische Wirkung zukommen kann. Ein besonderer Effekt für den Bereich "weniger als die Hälfte" wurde im Streitpatent nicht offenbart und die Kammer kann auch keinen erkennen, so dass der Begrenzung auf den Bereich "weniger als die Hälfte" auch keine erfinderische Tätigkeit begründen kann.
2.8 Auch der Gegenstand des Anspruchs 4 beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973).
3. Mangelnde erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 5 (Hauptantrag)
3.1 Die Druckschrift D2 bildet den nächstliegenden Stand der Technik und offenbart ein Sicherheitspapier, bei dem die auf den transparenten Film 21 aufgebrachte Kleberschicht eine oder mehrere Aussparungen 17 aufweist (Seite 13, Zeilen 21 bis 29), in denen kein Klebstoff vorhanden ist, und Bereiche 18, 19a, 19b, in denen Klebstoff vorhanden ist.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIKFORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Ein Teil 19a, 19b dieser Bereiche bildet Muster oder Zeichen (Seite 16, Zeilen 22 bis 32, Figuren 25 bis 27) und dient als Sicherheitsmerkmal (Seite 14, Zeilen 26 bis 30). Während der Herstellung des Papiers wird der transparente Film 21 zumindest teilweise darin eingearbeitet (nach dem Streitpatent besteht ebenfalls diese Möglichkeit - Absatz [0041], Figuren 11b und 11c). Die Druckschrift D2 offenbart die Verwendung beliebiger wärmeaktivierbarer Klebstoffe (Seite 14, Zeilen 1 bis 6).
3.2 Nach seiner Aktivierung wird ein solcher wärmeaktivierbarer Klebstoff seine Kleberwirkung entfalten und aushärten. Nach dem Abschluss dieser thermischen Aktivierung ist der Klebstoff aushärtet und somit deaktiviert. Dabei ist es egal, ob die entstandene Klebewirkung zum Kleben genutzt wurde oder nicht. Der Anspruchsgegenstand lässt daher offen, ob etwas (z.B. Papierfasern, wie in der Druckschrift D2) an dem letztendlich deaktivierten Kleber haftet.
Das Argument der Beschwerdegegnerin impliziert, dass der Begriff "deaktiviert" im Anspruch so zu verstehen sein sollte, dass die Klebewirkung des Klebstoffs nach dem Aktivieren ungenutzt bleibt. Eine solche zusätzliche Bedingung ist aber im Anspruch 5 nicht gefordert.
3.3 Die Druckschrift D2 offenbart daher alle Merkmale des Gegenstands des Anspruchs 5, der sich davon nicht unterscheidet. Der Gegenstand des Anspruchs 5 ist gegenüber dem Sicherheitspapier der Druckschrift D2 nicht neu (Artikel 54 EPÜ 1973) und dementsprechend auch nicht erfinderisch (Artikel 56 EPÜ 1973).
4. Mangelnde erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 7 (Hauptantrag)
4.1 Die Druckschrift D8 bildet den nächstliegenden Stand der Technik (siehe auch Absatz 2.1 oben) und offenbart, dass der "Kleber sowohl auf der Abdeckfolie 5 als auch auf dem Träger 2 vorzusehen" sei (Seite 7, Zeilen 40 bis 46). Somit befindet sich rund um die Durchbrechung 4 in den Bereichen 7 (Figur 2) sowohl die Haftvermittlerschicht 24 als auch der Kleberauftrag. Demgegenüber befindet sich im restlichen Teil der Durchbrechung 4 nur die Haftvermittlerschicht 24.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Der verwendete Haftvermittler 24 muss transparent (und dementsprechend in Abwesenheit konkreterer Anforderungen im Sinne des Anspruchs 7 auch "hoch" transparent) sein, weil sich der in der Druckschrift D8 offenbarte Fensterbereich für ein "für Durchlicht geeignete[s] Sicherheitselement" eignen muss, "das leicht und ohne Beeinträchtigung der Erkennbarkeit des Sicherheitselementes herstellbar ist" (Seite 2, Zeilen 63 bis 66).
Der Klebstoff im Bereich 7 stellt sicher, dass die Folie 5 am Träger 2 sicher haftet (Seite 4, Zeilen 32 bis 37; Seite 7, Zeile 39 bis 42): Dieser Klebstoff muss somit eine ausreichend hohe Haftkraft erbringen.
Der verwendete Haftvermittler 24 und der Klebstoff im Bereich 7 weisen somit bereits die im Anspruch 7 vorgegebenen "unterschiedlichen Eigenschaften" auf.
4.2 Der Gegenstand des Anspruchs 7 unterscheidet sich davon nur dadurch, dass die Druckschrift D8 nicht explizit verschiedene Klebstoffe für die beiden Kleberschichten offenbart.
4.3 Der Fachmann wird - entgegen dem Vortrag der Beschwerdegegnerin - durch die Druckschrift D8 dazu angeregt, zwei verschiedene Klebstoffe zu verwenden, weil der Haftvermittler 24, der "vor allem die Aufgabe hat, das Anhaften der Abdeckfolie 5 auf der Oberfläche 6 des Trägers 2 zu begünstigen" (Seite 6, Zeilen 4 und 5), entsprechend auf die Folie 5 abgestimmt werden muss und der weitere Kleber, "mittels dessen dann die Abdeckfolie 5 auf dem Träger festgelegt wird" (Seite 7, Zeile 43), auf den Träger 2 abzustimmen ist, was zur Verwendung zwei verschiedener Klebstoffe führt, weil die Materialien der Folie 15 (PET oder PC Film - Seite 6, Zeilen 32 bis 37) und des Papierträgers 2 unterschiedlich sind. Die Verwendung von "zwei verschiedenen Klebstoffen" kann somit keine erfinderische Tätigkeit begründen.
4.4 Das Merkmal, "dass die Kleberschicht zwei verschiedene Klebstoffe mit unterschiedlichen Eigenschaften enthält und in einem Sichtbereich, der zumindest einen der frei zugänglichen Teilbereiche umfasst, durch einen hochtransparenten Klebstoff gebildet ist und in einem Haftbereich außerhalb des Sichtbereichs durch einen Klebstoff hoher Haftkraft gebildet ist" kann nicht in dem Sinne interpretiert werden, dass die beiden Klebstoffe zwingend nebeneinander liegen (der eine im Sichtbereich 16 und der andere außerhalb des Sichtbereichs) und sich in keinem dieser Bereiche überlappen. Denn im zum Gegenstand des Anspruchs 7 gehörigen Ausführungsbeispiel der Figur 9 sind "außerhalb des Sichtbereichs" 16 beide Klebstoffe 94 und 98 vorhanden. Die von der Beschwerdegegnerin vorgetragene Auslegung des Gegenstand des Anspruchs 7 ist somit nicht von der Beschreibung des Streitpatents gestützt.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
4.5 Der Gegenstand des Anspruchs 7 beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
5. Hilfsanträge 1, 2, 2', 3, 3', 4, 4', 5 und 5'
Sämtliche Hilfsanträge beinhalten mindestens einen der nicht gewährbaren Ansprüche 1, 4, 5 oder 7, so dass alle Hilfsanträge von dem Mangel der erfinderischen Tätigkeit betroffen sind. Somit kann aus den vorstehenden Gründen keinem der Hilfsanträge stattgegeben werden.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.