T 1612/14 () of 18.6.2020

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2020:T161214.20200618
Datum der Entscheidung: 18 Juni 2020
Aktenzeichen: T 1612/14
Anmeldenummer: 10016003.5
IPC-Klasse: H03K3/00
H04L25/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Schaltungsanordnung zur Übertragung von Signalen
Name des Anmelders: Murrelektronik GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56 (2007)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentanmelderin betrifft die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die europäische Patentanmeldung Nr. 10 016 003.5 zurückgewiesen worden ist.

II. Die Prüfungsabteilung war zu der Auffassung gelangt, dass der Gegenstand des vor ihr anhängigen Anspruchs 1 durch eine Zusammenschau der Dokumente D1 und D4 nahegelegt sei.

III. Die Beschwerdeführerin beantragte mit ihrer Beschwerdebegründung, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Unterlagen zu erteilen. Außerdem beantragte die Beschwerdeführerin die Rückzahlung der Beschwerdegebühr sowie hilfsweise die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

IV. In einer auf den 13. Juni 2019 datierten Mitteilung gemäß Regel 100 (2) EPÜ teilte die Kammer der Beschwerdeführerin mit, sie neige dazu, sich der Beschwerdeführerin dahingehend anzuschließen, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Anspruch 1 scheine jedoch gegen Artikel 123 (2) EPÜ zu verstoßen, da der ursprünglich offenbarte Ausdruck "induktiven Übertragers" durch "Transformators" ersetzt worden sei. Außerdem tendiere die Kammer zu der Auffassung, dass der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht ausreichend substantiiert sei.

V. Mit ihrer Eingabe vom 6. August 2019 nahm die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr zurück und beantragte, ein Patent auf der Grundlage der am 6. August 2019 eingereichten Ansprüche 1 bis 16, der am 6. August 2019 eingereichten Beschreibungsseite 1, der ursprünglich eingereichten Beschreibungsseiten 2 bis 7, sowie der ursprünglich eingereichten Figuren 1 bis 4 zu erteilen.

VI. In den gültigen Ansprüchen 1 bis 16 ist der Ausdruck "Transformators" in den ursprünglich offenbarten Ausdruck "induktiven Übertragers" zurück geändert worden. In der gültigen Beschreibungsseite 1 kommt der beanstandete Ausdruck "Transformators" nicht vor. In den ursprünglich eingereichten Beschreibungsseiten 2 bis 7 wird ausschließlich der Ausdruck "induktiven Übertragers" verwendet.

VII. Die folgenden Dokumente sind für das Beschwerdeverfahren relevant:

D1 : DE 32 10 509 A1

D4 : WO 81/00658 A1

Der nächstliegende Stand der Technik, D1, war bereits von der Beschwerdeführerin in der ursprünglich eingereichten Beschreibung genannt worden. D4 wurde im Zuge der europäischen Recherche ermittelt und dort als Kategorie A, also technologischer Hintergrund, bezeichnet.

VIII. Der unabhängige Anspruch 1 lautet:

"Schaltungsanordnung zur Übertragung von Signalen, wobei Ansteuerklemmen (11, 12) zum Anlegen einer Spannung (Ui) und eine nachgeordnete Baugruppe zur Erzeugung einer Impulsfolge vorgesehen sind, wobei diese Baugruppe ausgangsseitig an eine Primärwicklung (26) eines induktiven Übertragers (27) angeschlossen und eine Sekundärwicklung (28) des induktiven Übertragers (27) mit einem Gleichrichter (35) verbunden ist, an dem ausgangsseitig ein Gate eines FET (36) angeschlossen ist und der FET (36) als Schalter zwischen Leistungsschaltklemmen (38, 39) dient,

dadurch gekennzeichnet, dass mit den Ansteuerklemmen (11, 12) ein Spannungsregler (15) verbunden ist und die Baugruppe zur Erzeugung der Impulsfolge ein mit einer Rückkopplung versehenes erstes invertierendes Gatter (21) und ein weiteres Bauelement zur Invertierung des Signals umfasst, wobei das invertierende Gatter (21) eingangsseitig über einen Kondensator (22) mit dem Spannungsregler (15) verbunden ist."

Die Ansprüche 2 bis 16 sind von Anspruch 1 abhängig.

IX. Die verfahrensrelevanten Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von der Offenbarung des Dokuments D1 dadurch, dass eine Sekundärwicklung des Transformators mit einem Gleichrichter verbunden sei, dass ein Spannungsregler mit den Ansteuerklemmen verbunden sei, dass die Baugruppe zur Erzeugung der Impulsfolge ein mit einer Rückkopplung versehenes erstes invertierendes Gatter und ein weiteres Bauelement zur Invertierung des Signals umfasse, sowie dadurch, dass das invertierende Gatter eingangsseitig über einen Kondensator mit dem Spannungsregler verbunden sei.

Von den Unterscheidungsmerkmalen sei lediglich das erstgenannte, der mit der Sekundärwicklung des Transformators verbundene Gleichrichter, dem Dokument D4 entnehmbar. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei folglich durch eine Kombination von D1 mit D4 nicht nahegelegt. Aus keinem der genannten Dokumente seien die genannten Unterscheidungsmerkmale in Kombination zu entnehmen. Keines der genannten Dokumente lege den Gegenstand des Anspruchs 1, weder für sich, noch in Kombination, nahe.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Beschwerde

Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingereicht und jedenfalls hinsichtlich des Zurückweisungsgrunds mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausreichend substantiiert. Die Beschwerde ist demzufolge zulässig.

2. Patentierbarkeit - Artikel 56 EPÜ

Die Kammer schließt sich der Beschwerdeführerin dahingehend an, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Unstrittig unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 zumindest durch die folgenden Merkmale von der Offenbarung des Dokuments D1:

1. Ein Spannungsregler ist mit den Ansteuerklemmen verbunden.

2. Die Baugruppe zur Erzeugung der Impulsfolge umfasst ein mit einer Rückkopplung versehenes erstes invertierendes Gatter und ein weiteres Bauelement zur Invertierung des Signals.

3. Das invertierende Gatter ist eingangsseitig über einen Kondensator mit dem Spannungsregler verbunden.

Bereits die von der Prüfungsabteilung formulierte Aufgabe hält die Kammer für unpassend. Die Prüfungsabteilung hatte ausgehend von der Offenbarung des Dokuments D1 die Aufgabe formuliert, eine hohe galvanische Isolierung zwischen den zwei Seiten des Transformators zur Verfügung zu stellen.

Diese Aufgabe stellt sich für den Fachmann jedoch im Hinblick auf die Unterscheidungsmerkmale des Gegenstands des Anspruchs 1 gegenüber der Offenbarung des Dokuments D1 nicht. Die galvanische Isolierung ist bereits durch das Vorhandensein des Transformators gewährleistet.

Wie zurecht von der Beschwerdeführerin angemerkt, ist bereits fraglich, ob der Fachmann das Dokument D4 überhaupt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Anspruchs 1 heranziehen würde.

Auch wenn der Fachmann Dokument D4 berücksichtigen und sich die von der Prüfungsabteilung formulierte Aufgabe stellen würde, käme er - entgegen der in der angefochtenen Entscheidung angegebenen Begründung - nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1.

Einerseits ist der Oszillator 18 in Dokument D4 als astabiler Multivibrator bezeichnet. Dieser könnte allenfalls dem anspruchsgemäßen Teilmerkmal des oben angegebenen Merkmals 2 "ein mit einer Rückkopplung versehenes erstes invertierendes Gatter" entsprechen, da dieses Gatter nach der Erfindung als Oszillator dient. Der Rest des oben angegebenen Merkmals 2 "und ein weiteres Bauelement zur Invertierung des Signals" ergibt sich aus dem in D4 offenbarten Oszillator 18 jedoch nicht.

Darüber hinaus ist gemäß D4 der Oszillator 18 auch nicht eingangsseitig über einen Kondensator mit dem Spannungsregler verbunden. Vielmehr wird nach D4 der Signaleingang überhaupt nicht über den Oszillator 18 geführt, da durch die Verschaltung der Zenerdiode ZD2 stets eine konstante Spannung am Oszillator 18 anliegt.

Folglich ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht in naheliegender Weise aus einer Zusammenschau der Offenbarungen der Dokumente D1 und D4. Die weiteren während des Prüfungsverfahrens genannten Dokumente D2 (US 2005/036604 A1) und D3 (US 2008/069249 A1) sind noch weiter von der Erfindung entfernt.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht folglich auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

Die Ansprüche 2 bis 16 sind von Anspruch 1 abhängig und beruhen folglich ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3. Schlussfolgerung

Die angefochtene Entscheidung hält der Überprüfung durch die Kammer nicht stand. Die Kammer gibt daher dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 6. August 2019 statt.

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung war nur hilfsweise gestellt worden. Da dem einzigen vorliegenden Antrag der Beschwerdeführerin durch die Kammer stattgegeben wird, kann die Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergehen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Prüfungsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent mit den folgenden Unterlagen zu erteilen:

Beschreibung: Seite 1 eingereicht am 6. August 2019, Seiten 2 bis 7 wie ursprünglich eingereicht;

Ansprüche 1 bis 16 eingereicht am 6. August 2019;

Figuren 1 bis 4 wie ursprünglich eingereicht.

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