T 1606/14 () of 12.12.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T160614.20191212
Datum der Entscheidung: 12 Dezember 2019
Aktenzeichen: T 1606/14
Anmeldenummer: 06010873.5
IPC-Klasse: H02K5/22
F04D13/06
H02K3/52
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Pumpenaggregat
Name des Anmelders: GRUNDFOS A/S
Name des Einsprechenden: WILO SE
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56 (2007)
European Patent Convention Art 84 (2007)
European Patent Convention Art 100(a) (2007)
European Patent Convention Art 123(2) (2007)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4) (2007)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag, Hilfsantrag V (nein)
Klarheit - Hilfsanträge I, VII, VIII, IX (nein)
Änderungen - zulässig
Änderungen - Hilfsantrag II (nein)
Spät eingereichte Hilfsanträge III, IV, VI hätten bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht werden können (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 1 691 468 zu widerrufen.

II. Anspruch 1 des Streitpatents lautete wie folgt (Kursivschrift wird zur Hervorhebung der Anspruchsformulierung verwendet):

"1. Umwälzpumpenaggregat zum Einsatz in einer Heizungsanlage oder als Kahltwasserpumpe [sic] in der Klimatechnik mit einem Statorgehäuse (2) und einem Anschlusselement (16) zum elektrischen Anschluss der Spulen des Stators, wobei das Anschlusselement (16) Teil eines Klemmenkastens (4) ist, welcher die elektronischen und elektrischen Bauteile zur Steuerung und Regelung der Pumpe enthält, dadurch gekennzeichnet, dass der Klemmenkasten (4) außerhalb des Statorgehäuses derart beabstandet zu dem Statorgehause [sic] (2) angeordnet ist, dass in axialer Richtung zwischen einer Stirnseite (10) des Statorgehäuses (2) und dem Anschlusselement (16) eine Abstandskammer (34) ausgebildet ist und dass Kondenswasser zwischen Statorgehäuse (2) und Anschlusselement (16) abfließen kann, ohne in das Anschlusselement (16) einzudringen."

III. Die angefochtene Entscheidung beruhte auf den Anträgen des Patentinhabers, den Einspruch zurückzuweisen und das Patent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten (Hauptantrag), hilfsweise das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage eines der damaligen Hilfsanträge 1 bis 5 aufrecht zu erhalten.

IV. Die Einspruchsabteilung nahm unter anderem Bezug auf folgende Dokumente aus dem Stand der Technik:

D1: DE 199 22 234 A1

D10: WO 02/073775 A1

D11: DE 198 24 345 A1

D12: DE 198 42 170 A1

D13: DE 199 59 976 A1

V. Die Einspruchsabteilung stellte im Wesentlichen Folgendes fest:

- Die Erfindung gemäß Hauptantrag sei ausführbar (Artikel 83 EPÜ).

- Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sei neu (Artikel 54 EPÜ), wobei:

- das beanspruchte Merkmal "Stirnseite" kein Synonym für eine "Stirnwand" sei;

- der einzige Unterschied gegenüber D10 die Zweckeignung "Umwälzpumpenaggregat zum Einsatz in ..." sei;

- der einzige Unterschied gegenüber D11 bzw. D12 das Merkmal sei, wonach "Kondenswasser zwischen Statorgehäuse und Anschlusselement abfließen kann".

- Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sei nicht erfinderisch (Artikel 56 EPÜ) gegenüber folgenden Kombinationen von Dokumenten:

- D12 plus D13;

- D13 plus D12;

- D10 plus D13.

- Die Hilfsanträge 1 bis 4 seien mangels Klarheit (Artikel 84 EPÜ) nicht in das Verfahren zuzulassen;

- Hilfsantrag 5 erfülle die Erfordernisse der Artikel 123(2) und 84 EPÜ.

- Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5 sei nicht erfinderisch gegenüber D12 plus D13.

VI. Mit der Beschwerdebegründung (Schreiben vom 15. Oktober 2014) reichte die Beschwerdeführerin Ansprüche gemäß den Hilfsanträgen I bis IX ein.

Die Hilfsanträge I, VII, VIII, IX und II in dieser Reihenfolge entsprechen den erstinstanzlichen Hilfsanträgen 1 bis 5. Der Gegenstand der Hilfsanträge III, IV, V und VI wurde im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgebracht.

Die wesentlichen Änderungen gegenüber Anspruch 1 des Streitpatents lauten wie folgt.

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I enthält ein zusätzliches kennzeichnendes Merkmal, wonach

"das Anschlusselement (16) nur mit einigen wenigen Befestigungselementen und elektrischen Anschlusselementen wie Steckkontakten mit dem Statorgehäuse (2) in Kontakt ist".

Stattdessen enthält Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II die weitere Anforderung, dass der Klemmenkasten (4) außerhalb des Statorgehäuses derart beabstandet zu dem Statorgehäuse (2) angeordnet ist,

"dass der Klemmenkasten (4) nicht direkt mit Kondenswasser, welches sich an der Außenseite des Statorgehäuses (2) niederschlägt, in Kontakt kommt".

Stattdessen wurde beim Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag III im Oberbegriff das Merkmal hinzugefügt, dass das Anschlusselement (16) "einstückig mit dem Klemmenkasten (4) ausgebildet" ist.

Beim Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV wurde stattdessen im Oberbegriff das Merkmal hinzugefügt, dass

"eine elektrische Verschaltung der Spulen im Inneren des Statorgehäuses (2) angeordnet ist".

Stattdessen wurde beim Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag V ein zusätzliches Merkmal am Ende hinzugefügt, wonach

"das Anschlusselement (16) des Klemmenkastens (4) mit der Stirnseite (10) des Statorgehäuses (2) lediglich über Steckkontakte (12, 13) und Steckkupplungen (18, 19) in Kontakt und ansonsten von dem Statorgehäuse (2) beanstandet ist".

Stattdessen enthält Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag VI zusätzlich das Merkmal, dass die Stirnseite (10) des Statorgehäuses (2)

"eine zentrale Öffnung (26) zur Aufnahme und Lagerung einer Motorwelle aufweist".

Bei den Hilfsanträgen VII, VIII und IX wurde das beim Hilfsantrag I hinzugefugte Merkmal (... einigen wenigen Befestigungselementen ...) in den jeweiligen Anspruch 1 wieder aufgenommen.

Beim Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag VII wurde zusätzlich das Merkmal hinzugefügt, dass

"die elektrischen Steckkontakte gedichtet ausgebildet sind".

Beim Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag VIII wurde stattdessen das Merkmal hinzugefügt, dass

"Öffnungen und Anschlüsse an dem Statogehäuse [sic] von kragenförmigen Vorsprüngen umgeben sind".

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag IX enthält die den Hilfsanträgen VII und VIII hinzugefügten Merkmale kumulativ.

VII. Eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 12. Dezember 2019 statt.

Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten (Hauptantrag),

hilfsweise,

die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geänderter Fassung aufrechtzuerhalten auf der Grundlage eines der Hilfsanträge I bis IX, eingereicht mit Schreiben vom 15. Oktober 2014

und die Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zurückzuweisen, zur Prüfung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit für die Hilfsanträge I und VII bis IX.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

VIII. Das für diese Entscheidung relevante Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Hauptantrag

Das Merkmal "Stirnseite des Statorgehäuses" sei im Sinne des Patentes als eine "Stirnwand" zu verstehen. Der Fachmann würde bei einem Statorgehäuse primär an ein geschlossenes Gebilde denken. Die Beschreibung und Figuren seien stets zur Auslegung der Ansprüche heranzuziehen und dort fände dieser primäre Gedanke an diversen Stellen, die eine Wandung implizieren, ihre Bestätigung, siehe EP 1 691 468 B1:

- Figuren 2 und 3, Bezugszeichen 10;

- Spalte 8, Zeilen 51 bis 54:

"An der axial hinteren Stirnseite 10 des Statorgehäuses 2 sind in einer ringförmigen Anordnung elektrische Anschlüsse in Form von Steckkontakten 12 und 13 ausgebildet";

- Spalte 11, Zeilen 10 bis 12:

"In der Stirnseite 10 des Statorgehäuses 2 ist eine kreisförmige Anordnung von Durchgangslöchern 24 ausgebildet";

- Spalte 11, Zeilen 27 bis 29:

"Das Statorgehäuse 2 weist an der Stirnseite 10 ... eine zentrale Öffnung 26 ... auf";

- Spalte 12, Zeilen 21 bis 24:

"Dabei tritt ... das Anschlusselement 16 des Klemmenkastens 4 mit der Stirnseite 10 des Statorgehäuses 2 ... in Kontakt";

- Spalte 12, Zeilen 48, 49:

"... Kondenswasser, welches sich an der Stirnseite 10 des Statorgehäuses 2 niederschlägt ...";

Zudem sei die beanspruchte "Abstandskammer" als ein Raum mit im Wesentlichen geschlossenen Wänden auszulegen. In der Figur 3 sei die Abstandskammer 34 zwischen der schwarz dargestellten Stirnwand des Statorgehäuses und der graugepunkteten Wandung des Klemmkastens ausgebildet.

Auch das Merkmal "Klemmenkasten" impliziere wegen des Wortes "Kasten" ein geschlossenes Gebilde. Das Merkmal, wonach der Klemmenkasten außerhalb von und beabstandet zu dem Statorgehäuse ist, erfordere, dass das Statorgehäuse eine Wandung aufweist, von der der Klemmkasten beabstandet wird.

Selbst unter der Annahme, dass ein Stator mit offener Stirnseite unter den Wortlaut des Anspruchs fallen würde, offenbare Dokument D12 keine "Abstandskammer" im Sinne des Streitpatents, weil jegliche Begrenzung davon fehle.

Beim Dokument D12 sei der Deckel 25 als Teil des Statorgehäuses anzusehen, nicht als separater Klemmkasten.

Die Verbindung zwischen dem Deckel und dem Rest des Gehäuses sei offensichtlich so geformt, dass sie einen O-Ring aufnimmt. Das Gehäuse sei daher hermetisch abgedichtet und würde daher nicht unter dem Problem der Ansammlung von Kondenswasser im Inneren des Gehäuses leiden.

Der Fachmann würde D12 nicht als maßgeblichen Stand der Technik heranziehen, da in die dort gezeigte Vorrichtung kein Wasser eindringen könne.

Dokument D13 offenbare eine Fahrzeugwindschutzscheiben-Spritzpumpe. Es sei aufgrund der unterschiedlichen elektrischen Anforderungen nicht offensichtlich, Merkmale eines Motors in diesem technischen Gebiet mit der Umwälzpumpe des Dokuments D12 zu kombinieren. Im Gegensatz zu Dokument D12 offenbare Dokument D13 zudem keinen Spaltrohrmotor.

Hilfsantrag I

Beim Hilfsantrag I sei klar, was mit dem Merkmal "einigen wenigen Befestigungselementen und elektrischen Anschlusselementen" gemeint ist. Es sei deswegen klar im Sinne von Artikel 84 EPÜ. Die Einspruchsabteilung habe ihr Ermessen bei der Nichtzulassung des damaligen Hilfsantrags 1 nicht korrekt angewendet, weil sie sich mit der Argumentation der Patentinhaberin nicht auseinandergesetzt habe. Der entsprechende Hilfsantrag I sei deswegen im Beschwerdeverfahren zuzulassen.

Hilfsantrag II

Das beim Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II hinzugefügte Merkmal und die Verknüpfung zur Beabstandung des Klemmenkastens von dem Statorgehäuse sei aus Spalte 12, Zeilen 16 bis 29 der veröffentlichten Anmeldung (EP 1 691 468 A1) zu entnehmen.

Hilfsantrag III

Hilfsantrag III sei im Beschwerdeverfahren zuzulassen. Das hinzugefügte Merkmal habe mit der Abdichtung des Gehäuses zu tun und sei deswegen nicht überraschend. Es sei eine Reaktion auf die überraschende Ansicht der Einspruchsabteilung in der mündlichen Verhandlung, wonach das Merkmal "Stirnseite" nicht als "Stirnwand" auszulegen sei.

Hilfsantrag IV

Hilfsantrag IV sei im Beschwerdeverfahren zuzulassen. Es wurden jedoch keine weiteren Argumente dazu geliefert.

Hilfsantrag V

Der Hilfsantrag V stelle einen Versuch dar, unter Verwendung einer anderen Formulierung das Merkmal des erstinstanzlichen Hilfsantrags 1 klarzustellen, das die Einspruchsabteilung als unklar angesehen hat. Er sei somit im Beschwerdeverfahren zuzulassen.

Bei der aus Dokument D12 bekannten Pumpe stehe die Steuerelektronik 26 mit dem Statorgehäuse nicht nur über Steckkontakte 27, Steckkupplungen 22 und Grundplatte 8 in Kontakt, sondern auch über den Elektronikdeckel 25. Somit sei das beim Hilfsantrag V hinzugefügte Merkmal nicht schon aus Dokument D12 bekannt.

Hilfsantrag VI

Hilfsantrag IV sei im Beschwerdeverfahren zuzulassen. Es wurden jedoch keine weiteren Argumente dazu geliefert.

Hilfsanträge VII bis IX

Die Hilfsanträge VII bis IX seien wie der Hilfsantrag I klar im Sinne von Artikel 84 EPÜ und vom Verfahren nicht auszuschließen.

IX. Das für diese Entscheidung relevante Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Hauptantrag

Das Merkmal "Stirnseite des Statorgehäuses" sei lediglich eine Richtungsangabe und erfordere keine Auslegung. Es impliziere nicht, dass eine Stirnwand zwangsläufig vorhanden ist, und schließe nicht aus, dass die Stirnseite des Statorgehäuses offen ist.

In der Beschreibung des Streitpatents sei der Begriff [Stirn-]Seite oft als reine Richtungsangabe verwendet worden (siehe Spalte 1, Zeilen 37 und 42), wohingegen für die Bezeichnung einer Wandung der Begriff "Trennwand" verwendet werde (siehe Spalte 2, Zeilen 18 und 31).

In Spalte 11, Zeilen 27 bis 29 heiße es dementsprechend auch nicht, dass die Stirnseite eine Öffnung aufweist, sondern "Das Statorgehäuse 2 weist an der Stirnseite 10 ... eine zentrale Öffnung 26 ... auf".

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sei nicht neu, weil die Hydraulikpumpe der D10 zum Einsatz in einer Heizungsanlage nach dem Wärmepumpenprinzip geeignet sei, und weil das beanspruchte Merkmal "abfließen" nicht zwingend ein Herausfließen aus der Pumpe bedeute. Vor diesem Hintergrund seien auch die Dokumente D11 und D12 neuheitsschädlich.

In jedem Fall habe die Einspruchsabteilung zutreffend festgestellt, dass eine erfinderische Tätigkeit bei einer Zusammenschau von D12 und D13 oder D10 und D13 nicht vorliege.

Beim Dokument D12 könne der Abstand zwischen der offenen Stirnseite des Statorgehäuses und dem Klemmenkasten durchaus als Abstandskammer angesehen werden. Eine bestimmte Abgrenzung der Kammer sei nicht notwendig.

Ausgehend von Dokument D12 löse das Merkmal wonach Kondenswasser zwischen dem Statorgehäuse und dem Anschlusselement abfließen kann höchstens das Problem, eine Ansammlung von Kondenswasser im Innenraum des Pumpenmotors zu verhindern. Dieses Problem sei beim Dokument D13 behandelt worden und als Lösung sei eine Ablassstruktur 47 vorgeschlagen worden. Es liege für den Fachmann nahe, eine derartige Ablassstruktur bei der aus Dokument D12 bekannten Pumpe bereitzustellen.

Hilfsantrag I

Hilfsantrag I entspreche den erstinstanzlichen Hilfsantrag 1, der nicht ins Verfahren zugelassen wurde. Das Merkmal "einigen wenigen Befestigungselementen und elektrischen Anschlusselementen" sei prima facie unklar im Sinne von Artikel 84 EPÜ und deswegen gemäß Artikel 12 (4) VOBK im Beschwerdeverfahren nicht zuzulassen.

Hilfsantrag II

Beim Hilfsantrag II liege eine unzulässige Erweiterung wegen einer Zwischenverallgemeinerung vor. Die genannte Offenbarungsstelle beschreibe in Spalte 12, Zeilen 44ff des Streitpatents: "Darüber hinaus kommt der Klemmenkasten auch nicht direkt mit Kondenswasser in Kontakt.".

Durch die Formulierungen "Darüber hinaus" sowie "auch" werde deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Realisierung des "Nicht-Kontaktes" in Verbindung stehe mit der zuvor genannten thermischen Trennung, zu welcher hingegen keine Merkmale in den Anspruch aufgenommen wurden. Auch dieses Weglassen sei unzulässig.

Hilfsantrag III

Hilfsantrag III sei im Beschwerdeverfahren nicht zuzulassen. Das hinzugefügte Merkmal sei aus der Beschreibung gezogen worden und habe mit der erstinstanzlich diskutierten Sache nichts zu tun.

Hilfsantrag IV

Hilfsantrag IV sei aus den gleichen Gründen wie Hilfsantrag III dem Beschwerdeverfahren nicht zuzulassen.

Hilfsantrag V

Die Hilfsanträge III bis VI seien untereinander nicht konvergent. Deswegen sei unter anderem der Hilfsantrag V im Beschwerdeverfahren nicht zuzulassen.

Das dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag V hinzugefügte Merkmal stehe mit dem Ausführungsbeispiel des Streitpatents nicht im Einklang, weil aus Figur 2 erkennbar sei, dass die Steckkontakte 12, 13 nicht in Kontakt mit der stirnseitigen Wandung stehen. Somit sei das hinzugefügte Merkmal unklar, Artikel 84 EPÜ. Ansonsten werde damit verdeutlicht, dass der Begriff "Stirnseite" des Statorgehäuses nicht zwangsläufig als "Stirnwand" auszulegen sei, sondern auch eine offene Stirnseite umfasse.

Bei der aus Dokument D12 bekannten Pumpe stehe die Steuerelektronik 26 (Anschlusselement) in dem Elektronikdeckel 25 (Klemmenkasten) mit der offenen Stirnseite des Statorgehäuses ebenfalls lediglich über Steckkontakte 27 und Steckkupplungen 22 in Kontakt und sei ansonsten von dem Statorgehäuse beanstandet.

Aus Figur 3 des Streitpatents sei erkennbar, dass der Klemmenkasten 16 mit der äußeren Kante an der Stirnseite des Statorgehäuses 2 in Kontakt stehe. Das zum Anspruch 1 hinzugefügte Merkmal müsse so ausgelegt werden, dass diese Anordnung nicht ausgeschlossen wird. Diese Auslegung umfasse jedoch gleichermaßen die aus Dokument D12 bekannte Anordnung, bei der der Elektronikdeckel mit der äußeren Kante an der Stirnseite des Statorgehäuses in Kontakt stehe.

Somit sei das beim Hilfsantrag V hinzugefügte Merkmal aus Dokument D12 bekannt, und der Gegenstand des Anspruchs 1 durch die Kombination mit Dokument D13 nahegelegt.

Hilfsantrag VI

Hilfsantrag VI sei aus den gleichen Gründen wie Hilfsantrag III im Beschwerdeverfahren nicht zuzulassen.

Hilfsanträge VII bis IX

Die Hilfsanträge VII bis IX seien wie der Hilfsantrag I unklar im Sinne von Artikel 84 EPÜ und vom Verfahren auszuschließen.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Beschwerde

Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingereicht und ausreichend substantiiert. Die Beschwerde ist daher zulässig.

2. Hauptantrag, Artikel 100 a), 54 und 56 EPÜ

2.1 Aus folgenden Gründen ist die Kammer in Übereinstimmung mit den Feststellungen in Abschnitt 5.1 der angefochtenen Entscheidung zu dem Schluss gekommen, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents (Hauptantrag) sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus einer Kombination der Dokumente D12 und D13 ergibt.

2.2 Dokument D12 offenbart einen Elektromotor zum Antrieb einer Kreiselpumpe (vgl. Abstrakt) und somit ein Umwälzpumpenaggregat zum Einsatz in einer Heizungsanlage im Sinne des Anspruchs 1 gemäß Streitpatent. Der Elektromotor weist einen Stator 3 auf (Figur 1 und Spalte 2, Zeilen 40 bis 42). Aus Figur 1 ist ersichtlich, dass der Stator 3 von einem nicht referenzierten Bauteil umgeben ist, das in der Querschnittsdarstellung schraffiert ist. Nach Ansicht der Kammer würde der Fachmann dieses Bauteil eindeutig als ein "Statorgehäuse" erkennen, weil es den Stator umgibt.

Nach Spalte 3, Zeilen 35 bis 38 werden die Spulen (Wicklungen 7) des Stators über Steckverbinder 22 an eine externe Versorgungsspannung angeschlossen. Dazu umfasst der Elektromotor eine Steuerelektronik 26 mit Steckkontakten 27, die in die Steckverbinder 22 eingeführt werden, um die Wicklungen über die Steuerelektronik 26 an die externe Versorgungsspannung anzuschließen. Die Steuerelektronik 26 kann somit als Anschlusselement im Sinne des Streitpatents angesehen werden.

Die Steuerelektronik 26 (Anschlusselement) ist in einem Elektronikdeckel 25 angeordnet (vgl. Spalte 3, Zeilen 43 bis 48). Der Elektronikdeckel 25 ist als Klemmenkasten anzusehen, weil darin offensichtlich die Stromversorgung an die Steuerelektronik 26 angeschlossen ist, und weil der Klemmenkasten eines Motors nicht zwangsläufig zum Motor hin geschlossen ist.

Somit sind sämtliche Merkmale des Oberbegriffs von Anspruch 1 gemäß Streitpatent aus Dokument D12 schon bekannt.

2.3 Nach dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 ist das Umwälzpumpenaggregat dadurch gekennzeichnet (Merkmalskennzeichnung und Hervorhebungen hinzugefügt),

(a) dass der Klemmenkasten (4) derart außerhalb des Statorgehäuses beabstandet zu dem Statorgehäuse (2) angeordnet ist, dass in axialer Richtung zwischen einer Stirnseite (10) des Statorgehäuses (2) und dem Anschlusselement (16) eine Abstandskammer (34) ausgebildet ist und

(b) dass Kondenswasser zwischen Statorgehäuse (2) und Anschlusselement (16) abfließen kann, ohne in das Anschlusselement (16) einzudringen.

2.4 In Bezug auf das Merkmal (a) ist zunächst festzuhalten, dass aus Figur 1 von Dokument D12 ersichtlich ist, dass der Elektronikdeckel 25 (Klemmenkasten) außerhalb des Statorgehäuses angeordnet ist. Zudem ist die Steuerelektronik 26 (Anschlusselement) in axialer Richtung von dem offenen Ende des Statorgehäuses beabstandet. Das ist nicht bestritten.

Strittig ist aber, ob das Merkmal "Stirnseite (10) des Statorgehäuses (2)" eine "Stirnwand" impliziert, oder ob es eine bloße Richtungsangabe ist und damit das offene Ende eines rohrförmigen Statorgehäuses umfasst.

Zudem ist strittig, ob beim Dokument D12 die axiale Beabstandung zwischen der Steuerelektronik 26 und dem offenen Ende des Statorgehäuses als "Abstandskammer" angesehen werden kann.

2.4.1 Auslegung des Merkmals "Stirnseite (10) des Statorgehäuses (2)"

Dem Wortsinn nach kann der Begriff "Stirnseite" entweder als eine reine Richtungsangabe verwendet werden oder als Bezeichnung eines Bauteils an bestimmter Stelle mit einer Wand (Stirnwand). Die Parteien haben nicht bestritten, dass der Begriff "Stirnseite" ganz allgemein, also losgelöst vom Streitpatent, eine entsprechend weite Begriffsbedeutung hat. Die Beschwerdeführerin ist jedoch der Ansicht, dass aus den Ansprüchen und der Beschreibung des Streitpatents ersichtlich sei, dass das Streitpatent den Begriff "Stirnseite" ausschließlich in dem letztgenannten Sinne, d.h. zur Bezeichnung einer Stirnwand verwende.

Es ist nach ständiger Rechtsprechung der Kammern jedoch nicht zulässig, ein breites Merkmal, das mehrere Ausführungsformen umfasst, unter Rückgriff auf die Beschreibung eng auszulegen (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage, Teil II.A.6.3.4).

Eine Heranziehung der Beschreibung zur Auslegung von Merkmalen käme nur in Betracht, wenn ein Anspruchsmerkmal unklar wäre. Der Umstand, dass ein Merkmal - wie hier - breit ist und verschiedene Ausführungsformen umfasst, bedeutet aber nicht, dass es unklar wäre. In dem vorliegenden Fall ist es nach Ansicht der Kammer daher nicht erforderlich, die Beschreibung und Zeichnungen zur Auslegung heranzuziehen.

Ungeachtet dessen würde selbst eine Auslegung unter Heranziehung der Beschreibung im vorliegenden Fall nicht zu der von der Beschwerdeführerin favorisierten einschränkenden Auslegung des Merkmals "Stirnseite" führen. Die Beschreibung zeigt nämlich an mehreren Stellen, dass der Begriff Stirnseite im Sinne einer Richtungsangabe verstanden werden kann; z.B. in Spalte 1, Zeilen 37 und 42 sowie in den Ansprüchen 6 und 7. Selbst wenn die Beschreibung an anderen Stellen auf eine Verwendung des Begriffs Stirnseite für ein Bauteil deuten würde, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, würde dies daher keine Veranlassung geben, andere Bedeutungen, die ebenfalls von der Beschreibung gedeckt werden, einfach auszublenden.

Die Kammer ist zudem von dem Argument der Beschwerdeführerin nicht überzeugt, wonach das Merkmal "Stirnseite (10) des Statorgehäuses (2)" deswegen zwangsläufig eine "Stirnwand" impliziere, weil der Fachmann bei einem Statorgehäuse primär an ein geschlossenes Gebilde denken würde. Auch wenn Statorgehäuse oft für sich alleine geschlossen sind, ist das keineswegs immer der Fall. Oft bilden sie erst in Kombination mit anderen Gehäuseteilen (bspw. Motorendplatte bzw. -Kappe) bzw. in Kombination mit den Gehäusen anderer Maschinenteile (bspw. Pumpengehäuse) ein geschlossenes Gebilde. In solchen Fälle weist das Statorgehäuse nicht zwangsläufig eine Wandung an seiner Stirnseite auf.

Aus diesen Gründen ist die Kammer zu dem Schluss gekommen, dass das Merkmal "Stirnseite (10) des Statorgehäuses (2)" nicht beschränkend im Sinne einer "Stirnwand" auszulegen ist, sondern auch eine bloße Richtungsangabe umfasst. Dementsprechend umfasst der beanspruchte Gegenstand auch eine offene Stirnseite des Statorgehäuses, wie in Dokument D12 gezeigt.

2.4.2 Auslegung des Merkmals "Abstandskammer"

Die Beschwerdekammer ist von dem Argument der Beschwerdeführerin nicht überzeugt, wonach eine Abgrenzung erforderlich wäre, um den Abstand zwischen der Steuerelektronik 26 und der Stirnseite des Statorgehäuses von Dokument D12 als "Abstandskammer" anzusehen.

Im Allgemeinen muss eine Kammer nicht zwangsläufig komplett abgeschlossen sein. Zudem ist beim Anspruch 1 des Streitpatents nicht ausgeschlossen, dass die Abstandskammer mit dem Innenraum des Statorgehäuses verbunden ist (vgl. Öffnungen 24).

Aus diesen Gründen ist die Kammer zu dem Schluss gekommen, dass beim Dokument D12 die axiale Beabstandung zwischen der Steuerelektronik 26 und dem offenen Ende des Statorgehäuses als "Abstandskammer" angesehen werden kann.

2.5 In Bezug auf das Merkmal (b) ist die Kammer wie die Einspruchsabteilung zu dem Schluss gekommen, dass aus dem Dokument D12 nicht hervorgeht, dass Kondenswasser zwischen dem Statorgehäuse und der Steuerelektronik 26 (Anschlusselement) abfließen kann, ohne in die Steuerelektronik 26 einzudringen. Bei der aus Dokument D12 bekannten Anordnung sind keine Mittel vorgesehen, um Kondenswasser abfließen zu lassen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Streitpatent ist somit neu gegenüber Dokument D12 im Sinne von Artikel 54 EPÜ.

2.6 Das Dokument D12 kann als der nächstliegende Stand der Technik zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit angesehen werden, da es aus demselben technischen Gebiet stammt und dieselbe allgemeine Struktur aufweist.

2.7 Das aus Dokument D12 nicht bekannte Merkmal (b) hat den technischen Effekt, die Steuerelektronik vor Kondenswasser zu schützen. Dem entspricht die zu lösende technische Aufgabe. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kann in D12 auch Kondensation im Inneren des Gehäuse auftreten, entweder aufgrund von feuchter Luft, die während der Montage im Gehäuse eingeschlossen ist, oder aufgrund von Feuchtigkeit, die über Kabeleinführungen usw. in das Gehäuse eindringt.

2.8 Auf der Suche nach einer Lösung zu dieser technischen Aufgabe würde den Fachmann das Dokument D13 in Betracht ziehen, weil dort das Problem einer Ansammlung von Kondenswasser im Innenraum des Motors einer Pumpe behandelt wird (siehe Spalte 6, Zeilen 34 bis 55). Dort wird unter anderem eine Ablassstruktur 47 vorgeschlagen, durch die Kondenswasser vom Innenraum des Motors zur Außenseite des Gehäuses abgezogen wird. In Anbetracht dieser Offenbarung liegt es für den Fachmann auf der Hand, eine solche Ablassstruktur bei der aus D12 bekannten Pumpe vorzusehen, um die Elektronik vor einer Ansammlung von Kondenswasser zu schützen, indem das Wasser aus dem Gehäuse fließen kann.

2.9 Die Kammer ist daher zu dem Schluss gekommen, dass der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 56 EPÜ, der Aufrechterhaltung des erteilten Patents entgegensteht.

3. Hilfsantrag I

3.1 Die Kammer teilt die Ansicht der Einspruchsabteilung, wonach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 unklar ist, weil das hinzugefügte Merkmal "mit einigen wenigen Befestigungselementen" völlig offen lässt, wie viele Befestigungselemente vorgesehen sind (siehe Entscheidungsgründe, Ziffer 7.1, 2. Absatz).

3.2 Ungeachtet der Frage, ob der Hilfsantrag I gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2007 vom Verfahren ausgeschlossen werden sollte, ist die Kammer zu dem Schluss gekommen, dass dieser jedenfalls nicht die Voraussetzungen des Artikels 84 EPÜ erfüllt.

3.3 Aus diesem Grund ist eine Prüfung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit nicht notwendig, so dass der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung zur Prüfung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeitsantrag ins Leere geht.

4. Hilfsantrag II

4.1 Hilfsantrag II befindet sich im Verfahren, denn er entspricht dem im Einspruchsverfahren gestellten Hilfsantrag 5, über den die Einspruchsabteilung entschieden hat.

4.2 Das beim Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II hinzugefügte Merkmal ist aus Spalte 12, Zeilen 16 bis 29 der veröffentlichten Anmeldung (EP 1 691 468 A1) entnommen worden. Dort heißt es (Hervorhebungen durch die Kammer):

"Darüber hinaus kommt der Klemmenkasten 4 auch nicht direkt mit Kondenswasser, welches sich möglicherweise an der Außenseite des Statorgehäuses 2 niederschlägt, in Kontakt".

4.3 Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdegegnerin, dass durch die Formulierungen "Darüber hinaus" sowie "auch" deutlich zum Ausdruck gebracht wird, dass die Realisierung des "Nicht-Kontaktes" in Verbindung steht mit den Offenbarungen, die davor stehen.

4.4 Direkt davorstehend heißt es in Spalte 12, Zeilen 6 bis 16:

"Bei Kaltwasserpumpen kann es zu einem Niederschlag von Kondenswasser an der Außenseite des Statorgehäuses 2 kommen, da dieses durch das geförderte Fluid gekühlt wird. Durch die beabstandete Anordnung des Klemmenkastens 4 wird der Klemmenkasten so weit thermisch entkoppelt, dass er sich nicht gemeinsam mit dem Statorgehäuse 2 abkühlt. Auf diese Weise kann ein Niederschlag von Kondenswasser an dem Klemmenkasten 4, welcher die elektronischen und elektrischen Bauteile zur Steuerung und Regelung der Pumpe enthält, verhindert werden."

4.5 Aus dieser Textstelle ist zu entnehmen, dass nach der ursprünglichen Offenbarung die beabstandete Anordnung des Klemmenkastens 4 nicht nur so ist, dass der Klemmenkasten 4 nicht direkt mit Kondenswasser, welches sich möglicherweise an der Außenseite des Statorgehäuses 2 niederschlägt, in Kontakt kommt, sondern auch so ist, dass der Klemmenkasten 4 so weit thermisch entkoppelt wird, dass er sich nicht gemeinsam mit dem Statorgehäuse 2 abkühlt, um ein Niederschlag von Kondenswasser an dem Klemmenkasten 4 zu verhindern. Diese zwei Effekte bzw. Erfordernisse der Beabstandung wurden ursprünglich nur gemeinsam und in Kombination miteinander offenbart.

4.6 Das Weglassen der thermischen Trennung stellt daher eine ursprünglich nicht offenbarte Zwischenverallgemeinerung dar und verstößt somit gegen Artikel 123 (2) EPÜ.

5. Hilfsantrag III

5.1 Hilfsantrag III ist ein neuer Antrag, da er im erstinstanzlichen Verfahren nicht gestellt wurde.

5.2 Nach Artikel 12 (4) VOBK 2007 hat die Kammer die Befugnis, Anträge nicht zuzulassen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können und sollen.

5.3 Das beim Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag III hinzugefügte Merkmal, wonach das Anschlusselement (16) "einstückig mit dem Klemmenkasten (4) ausgebildet" ist, ist der Beschreibung entnommen worden (siehe Spalte 3, Zeilen 18 bis 20 sowie Spalte 9, Zeilen 22 bis 24 der veröffentlichten Anmeldung). Es gibt zudem keine Aussage darüber, welchen technischen Effekt diese einstückige Konstruktion erzielt. Weder in der Beschreibung noch in der Beschwerdebegründung gibt es einen Hinweis dafür, dass diese einstückige Konstruktion in irgendeiner Weise mit dem Problem des Kondenswassers zusammenhängt, das beim Hauptantrag (Streitpatent) von zentraler Bedeutung war. Die Zulassung dieses Hilfsantrags hätte daher zur Folge, dass ein völlig neuer Gegenstand erstmals im Beschwerdeverfahren geprüft werden müsste. Dies würde indes der Konzeption des Beschwerdeverfahrens als Überprüfungsverfahren zuwiderlaufen.

5.4 Zudem kann es nicht als überraschend angesehen werden, dass die Einspruchsabteilung in der mündlichen Verhandlung das Merkmal "Stirnseite" nicht als "Stirnwand" ausgelegt hat. Schon in der Ladung zur mündlichen Verhandlung hat die Einspruchsabteilung darauf hingewiesen, dass die diesbezügliche Argumentation der Patentinhaberin nicht überzeugend war (Ladungsbescheid vom 4. Februar 2014, Ziffer 4.1, dritter Absatz sowie Ziffer 4.3). Hätte die Patentinhaberin vorgehabt, einen solchen Gegenstand zu beanspruchen, hätte sie durchaus Gelegenheit und Veranlassung gehabt, dies im Einspruchsverfahren zu tun.

5.5 Unter Berücksichtigung dieser Umstände hat die Kammer ihr Ermessen dahingehend ausgeübt, den Hilfsantrag III gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2007 nicht in das Verfahren zuzulassen.

6. Hilfsantrag IV

6.1 Hilfsantrag IV ist ein neuer Antrag, da er im erstinstanzlichen Verfahren nicht gestellt wurde.

6.2 Das beim Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag IV alternativ hinzugefügte Merkmal, wonach "eine elektrische Verschaltung der Spulen im Inneren des Statorgehäuses (2) angeordnet ist" ist ebenfalls der Beschreibung entnommen worden (siehe Spalte 12, Zeilen 33 bis 35 der veröffentlichten Anmeldung).

6.3 Die Beschwerdeführerin hat nicht dargelegt, dass diese Art der Verschaltung irgendeinen technischen Effekt erzielt, oder in irgendeiner Weise mit dem Problem des Kondenswassers zusammenhängt, das beim Hauptantrag (Streitpatent) von zentraler Bedeutung war. Die Zulassung dieses Hilfsantrags würde daher völlig neue Fragen aufwerfen, deren Behandlung der Konzeption des Beschwerdeverfahrens als Überprüfungsverfahren zuwiderlaufen würde. Vor diesem Hintergrund hätte die Beschwerdeführerin den Antrag bereits im Einspruchsverfahren stellen müssen.

6.4 Unter Berücksichtigung dieser Umständen hat die Kammer ihr Ermessen nach Artikel 12 (4) VOBK 2007 dahingehend ausgeübt, den Hilfsantrag IV vom Verfahren auszuschließen.

7. Hilfsantrag V

7.1 Hilfsantrag V ist ein neuer Antrag, da er im erstinstanzlichen Verfahren nicht gestellt wurde.

7.2 Beim Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag V wurde das von der Einspruchsabteilung im Hinblick auf den damaligen Hilfsantrag 1 als unklar beanstandete Merkmal bezüglich "einigen wenigen Befestigungselementen" des erstinstanzlichen Hilfsantrags 1 gestrichen und ein Merkmal hinzugefügt, wonach "das Anschlusselement (16) des Klemmenkastens (4) mit der Stirnseite (10) des Statorgehäuses (2) lediglich über Steckkontakte (12, 13) und Steckkupplungen (18, 19) in Kontakt und ansonsten von dem Statorgehäuse (2) beanstandet ist".

7.3 Maßgebliches Kriterium für die nach Artikel 12 (4) VOBK vorzunehmende Prüfung ist die Frage, ob ein Vorbringen bereits in erster Instanz hätte erfolgen sollen. Allein der Umstand, dass ein Antrag nicht konvergent ist, führt daher nicht zwingend zum Ausschluss eines neuen Antrags. Die Kammer sieht diese Änderung als einen legitimen Versuch an, den Klarheitseinwand unter Verwendung einer anderen Formulierung zu beseitigen. Die Kammer übte ihr Ermessen nach Artikel 12 (4) VOBK 2007 deswegen dahingehend aus, den Hilfsantrag V nicht vom Verfahren auszuschließen.

7.4 Die Kammer hat Bedenken an der Klarheit des hinzugefügten Merkmals, wonach das Anschlusselement mit der Stirnseite des Statorgehäuses "lediglich" über Steckkontakte und Steckkupplungen in Kontakt ist. Sie teilt insoweit die Ansicht der Beschwerdegegnerin, dass der Figur 2 der Patentschrift zu entnehmen ist, dass die Steckkontakte 12, 13 nicht in Kontakt mit der stirnseitigen Wandung sind, und dass aus Figur 3 des Streitpatents zu entnehmen ist, dass der Klemmenkasten 16 mit der äußeren Kante an der Stirnseite des Statorgehäuses 2 in Kontakt ist.

7.5 Ungeachtet der Zweifel an der Klarheit ist die Kammer zu der Auffassung gelangt, dass bei der aus Dokument D12 bekannten Pumpe die Steuerelektronik 26 (Anschlusselement) in dem Elektronikdeckel 25 (Klemmenkasten) mit der (offenen) Stirnseite des Statorgehäuses, zumindest genauso gut wie beim Streitpatent, lediglich über Steckkontakte 27 und Steckkupplungen 22 in Kontakt und ansonsten von dem Statorgehäuse beabstandet ist.

7.6 Aus diesen Gründen ist die Kammer zu dem Schluss gekommen, dass das beim Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag V hinzugefügte Merkmal aus Dokument D12 bekannt ist, und dass der Gegenstand des Anspruchs 1 aus den für den Hauptantrag dargelegten Gründen durch die Kombination mit Dokument D13 nahegelegt ist. Die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ sind somit nicht erfüllt.

8. Hilfsantrag VI

8.1 Hilfsantrag VI ist ein neuer Antrag, da er im erstinstanzlichen Verfahren nicht gestellt wurde.

8.2 Das beim Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag VI alternativ hinzugefügte Merkmal, wonach die Stirnseite (10) des Statorgehäuses (2) "eine zentrale Öffnung (26) zur Aufnahme und Lagerung einer Motorwelle aufweist", ist aus der Beschreibung entnommen worden (siehe Absatz [0030] der veröffentlichten Anmeldung).

8.3 Die Beschwerdeführerin hat nicht dargelegt, dass diese Öffnung irgendeinen technischen Effekt erzielt, oder in irgendeiner Weise mit dem Problem des Kondenswassers zusammenhängt, das beim Hauptantrag (Streitpatent) von zentraler Bedeutung war.

8.4 Die Zulassung dieses Hilfsantrags würde daher völlig neue Fragen aufwerfen, deren Behandlung der Konzeption des Beschwerdeverfahrens als Überprüfungsverfahren zuwiderlaufen würde. Vor diesem Hintergrund hätte die Beschwerdeführerin den Antrag bereits im Einspruchsverfahren stellen müssen.

8.5 Unter Berücksichtigung dieser Umstände hat die Kammer ihr Ermessen nach Artikel 12 (4) VOBK 2007 dahingehend ausgeübt, den Hilfsantrag IV nicht in das Verfahren zuzulassen.

9. Hilfsanträge VII bis IX

9.1 Ungeachtet der Frage, ob die Hilfsanträge VII bis IX gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2007 vom Verfahren ausgeschlossen werden sollten, ist die Kammer aus den für den Hilfsantrag I dargelegten Gründen zu dem Schluss gekommen, dass diese jedenfalls nicht die Voraussetzungen des Artikels 84 EPÜ erfüllen.

9.2 Aus diesem Grund ist eine Prüfung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit nicht notwendig, so dass der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung zur Prüfung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeitsantrag ins Leere geht.

10. Zusammenschluss

Keiner der in das Verfahren zugelassenen Anträge der Beschwerdeführerin entspricht den Anforderungen des EPÜ. Dem Antrag der Beschwerdegegnerin, die Beschwerde zurückzuweisen, ist daher stattzugeben.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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