T 1526/14 () of 25.10.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T152614.20181025
Datum der Entscheidung: 25 October 2018
Aktenzeichen: T 1526/14
Anmeldenummer: 07802549.1
IPC-Klasse: B41F 31/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Farbdosiereinrichtung eines Druckwerks und Verfahren zur Steuerung der Farbdosiereinrichtung
Name des Anmelders: Koenig & Bauer AG
Name des Einsprechenden: manroland Goss web systems GmbH
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54(2)
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1391/21

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 2 059 394 widerrufen worden ist.

II. Der Einspruch stützte sich auf die in Artikel 100 a) und b) EPÜ 1973 genannten Einspruchsgründe der fehlen­den Neuheit, Artikel 54 EPÜ 1973, der mangelnden erfin­de­rischen Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ 1973 und der unzu­rei­chenden Offenbarung, Artikel 83 EPÜ 1973.

III. Am 25. Oktober 2018 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.

IV. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Grundlage eines der Hilfsanträge I bis IV, einge­reicht mit der Beschwerdebegründung, aufrechtzuer­hal­ten.

V. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

VI. Im Beschwerdeverfahren wurde insbesondere auf folgende Druckschrift Bezug genommen:

E6: DE 10 2004 022 700 B3.

VII. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 10 gemäß Hilfsantrag I lauten wie folgt:

"1. Farbdosiereinrichtung (04) eines Druckwerkes (01) mit einem als Formzylinder (02) ausgebildeten Druck­werkszylinder (02) und einem Farbwerk, wobei die Farb­dosier­einrichtung (04) in Längsrichtung neben­einander zur abschnittsweisen individuellen Einstellung einer einzu­tragenden Farbmenge eine Anzahl (m) von einzeln über Dosierelemente (Di) stellbare physikalische Zonen (ZP,i) aufweist und ein Leitstand (07) eine Anzahl (n) vir­tuellen Zonen (ZV,j) einer Druckseite zugeordneter Bedienelemente (Bj) zur Ansteuerung von Dosierelementen (Di) aufweist, wobei eine auf die Druckseitenbreite bezogene Teiligkeit der Zonen (ZP,i) der Farbdosier­ein­richtung (04) im Hinblick auf eine Anzahl und/oder Lage der Zonen (ZP,i) der Farbdosiereinrichtung (04) über die Breite (bs) einer Druckseite (S), verschieden ist zu einer auf die Druckseitenbreite bezogene Tei­lig­keit der Zonen (ZV,j) am Leitstand (07) im Hinblick auf eine Anzahl und/oder Lage der Zonen (ZV,j) am Leitstand (07) über die Breite (bs) einer Druckseite (S), und wobei einem der Bedienelemente (Bj) über ein Rechen­mittel mindestens zwei Dosierelemente (Dj) im Hinblick auf eine Relevanz beim Stellen infolge der Anwahl dieses Bedienelementes (Bj) zugeordnet sind."

"10. Verfahren zur Steuerung einer Farbdosier­ein­rich­tung (04) mit einer auf eine Druckseitenbreite bezo­ge­nen Anzahl (zp) einzeln über Dosierelemente (Di) stell­barer physikalischer Zonen (ZP,i) und mit einer auf eine Druckseitenbreite bezogenen Anzahl (zv) virtuellen Zo­nen (ZV,j) zugeordneter Bedienelemente (Bj) zur An­steu­erung der Dosierelemente (Di), wobei die virtuel­len und physikalischen Zonen (ZV,j; ZP,i) auf eine Druck­seiten­breite bezogen in Anzahl oder Lage vonein­ander abwei­chen, und wobei eine Ansteuerung der Dosierelemente (Dj) erfolgt, indem durch einen Berech­nungsalgorithmus (A) die Abweichung in Lage und/oder Anzahl zwischen den virtuellen und physikalischen Zonen (ZP,i; ZV,j) nach festgelegten Regeln berück­sich­tigt wird, und dass bei Aktivierung eines der Bedien­elemente (Bj) durch den Algorithmus (A) eine Aktivierung meh­re­rer Dosier­ele­mente (Di) veranlasst wird."

VIII. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 10 gemäß Hilfsantrag I un­ter­scheide sich bereits vom Stand der Technik E6 durch das letzte Merkmal dieser Ansprüche.

Dem in den Ansprüchen bezüglich der virtuellen Zonen und Bedien­elemente verwendete Plural werde eine Maus bzw. ein durch diese gesteuerter Cursor nicht gerecht.

Die Druck­schrift E6 offenbare keine Zuordnung eines Bedien­ele­mentes zu zwei Dosierelementen im Wortsinn des An­spruchs 1. Hierbei bestehe ein Be­dienelement nicht nur aus dem Balken 02 auf dem An­zei­geschirm des Leitstands, sondern beinhalte auch die daran gekoppelte Funktion, die entsprechende Farb­werk­zone einzustellen. Bei der Darstellung unter­schied­licher Druckseiten seien somit auch entsprechend andere Funktionen an die Balken 02 gekoppelt und es handele sich dabei nicht mehr um das selbe Be­dienelement. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei bereits aus diesem Grund neu gegen­über der Druckschrift E6.

Die Druckschrift E6 bilde den nächstliegenden Stand der Technik und offenbare, dass zwei Bedienelemente die selbe Panorama-Farbzone 082 manipulieren könnten. Dies sei das Gegenteil des letzten Merkmals der unabhängigen Ansprüche. Die Druckschrift E6 könne daher den Gegen­stand der unabhängigen Ansprüche nicht nahe legen.

Einige offensichtliche Fehler wurden gemäß Regel 139 EPÜ in der an den Anspruchstext des Hilfsantrags I angepassten Beschreibung korrigiert.

IX. Die Beschwerdegegnerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Es stelle sich die Frage nach der Definition eines Bedienelements. Der Wortlaut des Anspruchs 1 lasse offen, ob jede virtuelle Zone ein eigenes Bedienelement sei, oder ob auch mehrere virtuelle Zonen über ein Bedienelement ge­steuert werden könnten. So könne sich das Bedienelement auf den durch eine Maus gesteuerten Cursor (indirekt somit die in der Druckschrift E6 offenbarten Maus) beschränken. Der durch eine Maus gesteuerte Cursor (indirekt somit die Maus) sei dann, wie anspruchsgemäß gefordert, mindestens zwei Dosier­elementen zugeordnet.

Das letzte Merkmal der Ansprüche 1 und 10 (Hilfsantrag I) lasse offen, wo sich das zweite Dosierelement befin­de. Die Druckschrift E6 offenbare in der Figur 1 virtu­elle Farbzonen (Balken 02), die einer Druckseite zuge­ordnet seien. Gemäß Ab­satz [0028] erlaubten diese Bal­ken 02 eine ent­spre­chende Farbwer­kzone zu manipulieren. Wenn eine andere Druck­seite ausgewählt und am Leitstand an­ge­zeigt werde, erlaube derselbe Balken 02 eine der anderen Seite entsprechende andere Farbwer­kzone zu ma­ni­pulieren. Somit sei der (mit aus der Computer­technik bekann­ten Auswahlmitteln auszuwählende) Balken 02 als Bedien­element zu verstehen - ähnlich einem zum Priori­täts­zeitpunkt des Streitpatents bereits ebenfalls be­kannten Berührungsfeld einer berührungsempfindlichen Anzeige (engl. "Touchscreen") - welches somit (über ein Rechen­mittel) mindestens zwei Dosierelemente (im Hin­blick auf eine Relevanz beim Stellen infolge der Anwahl dieses Bedienelementes) zugeordnet seien. Somit könne das letzte Merkmal der Ansprüche 1 und 10 nicht die Neuheit gegenüber der Druckschrift E6 begründen.

Die Druckschrift E6 bilde den nächstliegenden Stand der Technik. Die objektive Aufgabe bestehe darin, alter­native Mittel anzugeben, mit denen eine der virtuellen Zonen auswählbar ist. Der Fachmann würde, die in der Druckschrift E6 angegebenen bekann­ten Auswahlmittel aus der Computer­technik durch einen physikalischen Taster (z.B. für '+' und '-') ersetzen. Dieser Taster würde abhängig von der ausgewählten Druck­seite entsprechend andere Farbwer­kzonen ma­ni­pulieren, so dass die im letzten Merkmal der Ansprüche 1 und 10 gefor­der­te 1:2 Zuordnung von Bedienelement (Taster) zu Farbzo­nen vorliege.

Zudem würden die Werte für die Ansteuerung der Dosier­elemente, die den Pano­rama-Farbzonen 082 zugeordnet seien, entsprechend dem An­teil der beiden Seiten an der Panorama-Farbzone gewich­tet (Absatz [0034]).

Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 10 sei somit naheliegend und beruhe nicht auf einer erfin­derische Tätigkeit.

Es gebe noch einige offensichtliche Druckfehler in der veröffentlichten Beschreibung.

Entscheidungsgründe

1. Begriffsauslegung im Anspruch 1 - "Bedienelemente"

1.1 Im Anspruch 1 (Hilfsantrag I) werden die "Bedienele­mente" im folgenden Merkmal eingeführt:

"ein Leitstand (07) [, der] eine Anzahl (n) virtuellen Zonen (ZP,i) einer Druckseite zugeordneter Bedienelemente (Bj) zur Ansteuerung von Dosierelementen (Di) aufweist".

Daraus ergibt sich einerseits, dass ein "Bedienelement" einer "virtuellen Zone (ZP,i) einer Druckseite zugeordnet" ist und andererseits, dass das "Bedien­element" "zur Ansteuerung von Dosierelementen (Di)" dient.

Ein "Bedienelement" im Sinne des Anspruchs 1 (Hilfs­an­trag I) ist somit nicht auf den Darstel­lungsbereich einer "virtuellen Zone (ZP,i)" am Leit­stand beschränkt, sondern beinhaltet auch die Ansteu­erung ent­spre­chender Dosier­elemente.

1.2 Absatz [0028] der Druckschrift E6 offenbart mit Bezug auf die Figur 1:

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

"Mit Hilfe von aus der Computertechnik bekannten Auswahlmitteln wie etwa eines durch eine Maus bzw. Trackball gesteuerten Cursors 03 kann die Bedie­nungs­person jeweils einen Balken 02 einer der Gruppen, in der Fig. 1 durch Schraffur heraus­gehoben, auswählen, um die diesem Balken 02 entsprechende Farbwerkzone zu manipulieren".

Gemäß der Druckschrift E6 bildet somit ein (mit aus der Computertechnik bekann­ten Auswahlmitteln auszuwählen­der) "Balken 02" und die daran gekoppelte Fähigkeit, "die diesem Balken 02 ent­sprechende Farbwerkzone zu manipulieren" ein Bedien­ele­ment im Sinne des Anspruchs 1 (Hilfsantrag I).

1.3 Im Anspruch 1 werden die virtuellen Zonen und Bedien­elemente im Plural verwendet. In der Druckschrift E6 werden jedoch nur eine Maus bzw. ein durch diese gesteuerter Cursor offenbart. Mit der Maus bzw. Cursor gäbe es dann in der Druckschrift E6 nur ein ein­ziges Bedienelement. Dieser von der Beschwerdege­gnerin vorgetragene Ansatz kann die Kammer daher nicht überzeugen.

1.4 Somit sind sowohl im Streitpatent als auch im Stand der Technik E6 direkt vergleichbare Bedienelemente im Sinne des Anspruchs 1 vorhan­den: Diese Bedienelemente bein­hal­ten jeweils sowohl eine am Leitstand dargestell­te (mit aus der Computertechnik bekannten Auswahlmit­teln auszuwählenden) Zone ("Balken 02" - Druckschrift E6, bzw., "virtuellen Zone (ZP,i)" - Streitpatent) als auch eine daran geknüpfte Ansteuerung einer "entspre­chende Farbwerkzone" (Druckschrift E6), bzw., "von Dosier­ele­menten (Di)" (Streitpatent).

2. Neuheit - letztes Anspruchsmerkmal

2.1 Das letzte Merkmal des Anspruchs 1 (Hilfsantrag I) lautet: "und wobei einem der Bedienelemente (Bj) über ein Rechen­mittel mindestens zwei Dosierelemente (Dj) im Hinblick auf eine Relevanz beim Stellen infolge der Anwahl dieses Bedienelementes (Bj) zugeordnet sind".

2.2 Dieses Merkmal ist somit so zu verstehen, dass "einem der Bedienelemente (Bj)" d.h. einer am Leitstand dargestell­ten (mit aus der Computertechnik bekannten Auswahlmit­teln auszuwählenden) Zone ("Balken 02" - Druckschrift E6, bzw., "virtuellen Zone (ZP,i)" -Streitpatent) eine Ansteuerung von "mindestens zwei" "entspre­chenden Farbwerkzonen" (Druckschrift E6), bzw. "von Dosierelementen (Di)", (Streitpatent) ermöglicht.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

2.3 In der Druckschrift E6 wird im Absatz [0028] (siehe Punkt 1.2 oben) beschrieben, wie die Farbwerkzonen über die Balken 02 manipuliert werden können: nämlich, dass "mit Hilfe von aus der Computertechnik bekannten Aus­wahl­mitteln wie etwa eines durch eine Maus bzw. Track­ball gesteuerten Cursors 03" jeweils ein Balken 02 einer der Gruppen, in der Fig. 1 durch Schraffur herausgehoben, ausgewählt wird, "um die diesem Balken 02 entsprechende Farbwerkzone zu manipulie­ren" (Un­terstreichung durch die Kammer). Somit offenbart die Druckschrift E6 nur, dass mit der Auswahl eines Balkens 02 nur eine Farb­werkzone manipuliert werden kann, im Gegensatz zum letzten Merkmal des Anspruchs 1 (Hilfs­antrag I).

2.4 Von Seiten der Beschwerdegegnerin wurde vorgetragen, dass, wenn eine andere Druck­seite ausgewählt und am Leitstand an­ge­zeigt werde, derselbe Balken 02, 03 es zusätzlich erlaube, eine der anderen Seite entspre­chen­de andere Farbwer­kzone zu ma­ni­pulieren. Diesem Argument kann nicht gefolgt werden, weil es das Bedienelement entgegen dem obigen Verständnis (siehe Punkt 1. oben) auf den Balken 02 (oder entsprechende Fläche eines "Touch­screens") reduziert und dabei die bei Betäti­gung des Bedienelements ausgelöste Ansteuerung einer bestim­mten Farbwerkzone vernach­lässigt. Wenn in der Druck­schrift E6 eine Druck­seite ausgewählt und am Leitstand an­ge­zeigt wird, so sind die dabei angezeigten Balken 02, 03 nicht identisch mit denen, die bei einer anderen ausge­wählten Druck­seite am Leit­stand an­ge­zeigt werden, weil die jeweiligen Balken 02, 03 es ermöglichen andere, der jewei­ligen Seite entsprechende Farbwerk­zonen zu ma­ni­pulieren - und zwar jeweils nur eine Farbwerk­zone pro Balken 02, 03.

2.5 Schon das letzte Anspruchsmerkmal unterscheidet den Gegenstand des Anspruchs 1 (Hilfsantrag I) von der Farbdosierein­richtung der Druck­schrift E6. Der Gegen­stand des Anspruchs 1 (Hilfsantrag I) ist somit neu (Artikel 54 EPÜ 1973).

3. Erfinderische Tätigkeit - Anspruch 1 - letztes Merkmal

3.1 Die Druckschrift E6 bildet den nächstliegenden Stand der Technik von dem sich der Gegenstand des Anspruchs 1 zumindest durch sein letztes Anspruchsmerkmal unter­schei­det, nämlich, dass einem der Bedienelemente Bj über ein Rechenmittel mindestens zwei Dosierelemente Dj im Hinblick auf eine Relevanz beim Stellen infolge der Anwahl dieses Bedienelementes Bj zugeordnet sind.

3.2 Dieses Merkmal bewirkt, dass über Berechnungs­algorith­men - insbesondere eine rechnergestützte Softwarelösung - Verschiebungen der bedien­technischen Gegebenheiten erfolgen können, damit die Bedienung ohne für den Drucker erkennbaren Aufwand in der gewohnten Weise er­fol­gen kann (Streitpatent Absatz [0010]). Dies wie­der­um ermög­licht eine kostengünstige Standar­disierung für unter­schiedliche Maschinenbreiten mittels vereinheit­lichter Dosierelemente (Streitpatent Absätze [0007] und [0009]), deren Verwendung bei unterschiedlichen Maschinen- bzw. Produktformaten ebensolche Verschie­bungen der bedien­technischen Gegebenheiten bewirkt.

Die entsprechende objektive Aufgabe besteht darin, die bekannte Farbdosiereinrichtung und das bekannte Verfahren zur Steuerung der Farbdosiereinrichtung dahingehend weiterzuentwickeln, dass eine die Standar­disierung für unter­schiedliche Maschinenbreiten ermöglicht wird (Streitpatent Absatz [0007]).

3.3 Die Druckschrift E6 löst eine andere Aufgabe, nämlich "einer Bedienungsperson auf bequeme Weise einen Ver­gleich der Farbwerkeinstellungen von Druckseiten [zu] ermög­lich[en], die in einem fertigen Drucker­zeugnis gleich­zeitig aufschlagbar sind, so dass sie zur Verbesserung eines Farbeindrucks, insbesondere zur Angleichung der Eindrücke gleichzeitig aufschlag­barer Seiten, erfor­der­liche Änderungen der Farbwerkeinstel­lungen schnell erkennen kann" (Absätze [0006] bis [0008]).

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Dazu wird der Leitstand so eingerichtet, dass zu einer von einem Benutzer ausgewählten Seite die jeweils im fertigen Druckerzeugnis gleichzeitig aufschlagbare Seite selbstständig ermittelt wird und die zu beiden Seiten gehörenden Farbwerkeinstellungen gleichzeitig in Form von Balken 02, 03 angezeigt werden (Absatz [0010], Figur 1). Die Bedienungsperson kann jeweils einen Balken 02 einer der Gruppen, in der Figur 1 durch Schraffur herausgehoben, auswählen, um die diesem Balken 02 entsprechende Farbwerkzone zu manipulieren (Absatz [0028]).

Dabei kann es vorkommen, dass eine Farbzone (in der Druckschrift E6 als Panorama-Farbzone 082 bezeich­net - Absatz [0034]) teilweise jeweils auf verschiedene Seiten des fertigen Druckerzeugnisses entfällt. Eine solche Farbzone wird mit ihren Einstellungen daher jedes Mal angezeigt, wenn eine der zwei Seiten, zu der sie gehört, angezeigt wird. Wenn eine Bedienungsperson für eine solche Farb­zone zwei verschiedene Ein­stel­lungen spezifiziert, stellt der Leitstand die betref­fende Farbzone zweck­mäßiger­weise auf einen Mittelwert zwischen den zwei spezifizierten Einstellungen ein. Dieser Mittelwert ist anhand des Anteils der betref­fenden zwei Seiten an der betreffenden Farbzone gewich­tet (Absatz [0015]).

3.4 Somit offenbart die Druckschrift E6, dass zwei ver­schiedene Bedien­elemente (Balken 02, 03 mit Ansteuerung (siehe 1.4), die jeweils bei einer anderen Druckseite angezeigt werden) die gleiche Farbzone manipulieren. Dies ist das Gegenteil von dem was in dem letzten Merkmal des Anspruchs 1 (Hilfsantrag I) gefordert wird. Die Druckschrift E6 kann daher den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht nahelegen.

3.5 Dem seitens der Beschwerdegegnerin vorgetragenen Argu­ment, dass ein physikalischen Taster (z.B. für '+' und '-') abhängig von der ausgewählten Druck­seite eine andere Farbwer­kzone ma­ni­pulieren würde, kann nicht gefolgt werden: der Taster alleine bildet nicht ein Bedienelement im Sinne des Anspruchs, weil erst durch die Auswahl einer Druck­seite eine konkrete Farbwer­kzone manipulierbar wird. Laut Anspruch 1 bein­haltet das Bedienelement auch die Ansteu­erung eines oder mehrerer ent­spre­chender Dosier­elemente/Farbwer­kzone(n) (siehe Punkt 1. oben). Sobald eine bestimmte Druck­seite ausgewählt ist, ist der Taster mit nur einer dieser Druckseite entsprechenden Farbwer­kzone verknüpft und bildet ein Bedienelement im Sinne des Anspruchs. Wenn eine andere Druck­seite ausgewählt ist, ist der Taster mit nur einer dieser anderen Druckseite ent­sprechenden Farbwer­kzonen verknüpft und bildet dann ein anderes Bedienelement im Sinne des Anspruchs. Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin kann das Szenario eines physikalischen Tasters das letzte Merkmal des Anspruchs 1 nicht nahelegen. Hierzu ist noch anzufüh­ren, dass physikalische Taster nicht in der Druck­schrift E6 erwähnt werden.

3.6 Da sich in der Druckschrift E6 also weder zu der dem Streitpatent zu Grunde liegenden Aufgabe noch zu der im Streitpatent beanspruchten Lösung ein Hinweis findet, wird der Gegenstand des Anspruchs 1 durch diesen Stand der Technik auch nicht nahegelegt und beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ 1973.

Auch die weiteren sich im Verfahren befindlichen Druckschriften enthalten keinen Hinweis auf die im Anspruch 1 beanspruchte Lösung.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 wird somit durch den vorliegenden Stand der Technik nicht nahegelegt und beruht damit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ 1973.

4. Verfahrensanspruch 10

Das letzte Merkmal des Verfahrensanspruchs 10 "und dass bei Aktivierung mindestens eines der Bedienelemente (Bj) durch den Algorithmus (A) eine Aktivierung mehrerer Dosierelemente (Di) veranlasst wird" ent­spricht dem letzten Merkmal des Vorrichtungsan­spruchs 1.

Die vorhergehenden Feststellungen bezüglich Neuheit und erfinderischer Tätigkeit gelten daher auch entsprechend für den Verfah­rens­anspruch 10 (Hilfsantrag I).

5. Die Beschreibung wurde an den Anspruchstext des Hilfsantrags I angepasst und einige offensichtliche Fehler wurden gemäß Regel 139 EPÜ korrigiert.

Dem Hilfsantrag I kann somit stattgegeben werden.

6. Auf die weiteren Hilfsanträge braucht bei dieser Sachlage nicht eingegangen zu werden.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wir and die erste Instanz mit der Anordnung zurückgewiesen, das Patent in der folgenden geänderten Fassung aufrechtzuerhalten :

- Beschreibung, Seiten 2 bis 6, vorgelegt in der mündlichen Verhandlung,

- Ansprüche 1 bis 11, eingereicht mit der Beschwerde­begründung als Hilfsantrag I,

- Zeichnungen 1 bis 3 der Patentschrift.

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