European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T151114.20190920 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 20 September 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1511/14 | ||||||||
Anmeldenummer: | 07108143.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | A61M 21/02 H05B 37/02 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Leuchte mit "Melatonin-schonender" Wirkung | ||||||||
Name des Anmelders: | Zumtobel Lighting GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | TRILUX GmbH & Co. KG | ||||||||
Kammer: | 3.2.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (ja) Zulässigkeit verspäteter Einwände und Beweismittel (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Einsprechende legte Beschwerde gegen die am 14. Mai 2014 zur Post gegebenen Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Europäischen Patents Nr. 1 886 708.
II. Die Beschwerde wurde am 10. Juli 2014 eingelegt und am gleichen Tag wurde die entsprechende Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 5. September 2014 eingereicht.
III. Die folgenden Dokumente sind für diese Entscheidung von Bedeutung:
D5: "Licht und Gesundheit für arbeitende Menschen", Empfehlung der NSVV-Kommission Licht und Gesundheit, November 2003
D8R: Maschinelle Übersetzung ins Englische von JP-A-2003 288995
D14: Maschinelle Übersetzung ins Englische von JP-A-11-144510
D15: WO-A-02/20079.
IV. Am 20. September 2019 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, oder, hilfsweise, das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage eines der mit der Erwiderung auf die Beschwerde am 8. Januar 2015 eingereichten Hilfsanträge I und II aufrecht zu erhalten.
V. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 9 des Hauptantrags (erteiltes Patent) lauten wie folgt:
"1. Verfahren zur Ansteuerung einer Leuchte, mit der Licht in unterschiedlichen spektralen Zusammensetzungen erzeugt werden kann,
wobei bei der Ansteuerung die spektrale Zusammensetzung des erzeugten Lichtes in Abhängigkeit von einem vorgegebenen Zeitschema gewählt wird, wobei in einem vorab definierten Zeitraum ein besonderes Licht erzeugt wird, das hinsichtlich seiner spektralen Zusammensetzung und Intensität derart ist, dass es bei einem Betrachter des besonderen Lichtes eine Ausschüttung des Hormons Melatonin zumindest weitestgehend nicht hemmt,
bei dem das besondere Licht eine spektrale Zusammensetzung aufweist, für die gilt:
derjenige Anteil (ABLAU) an der Intensität des besonderen Lichtes, der durch Strahlung mit Wellenlängen erzeugt wird, die kleiner sind ais ein vorgegebener Wellenlängen-Schwellenwert, ist kleiner als ein vorgegebener Anteil-Schwellenwert (AS),
wobei bei der Ansteuerung der Leuchte die spektrale Zusammensetzung des besonderen Lichtes außerdem in Abhängigkeit von der Intensität des besonderen Lichtes gewählt wird,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Anteil (ABLAU) an der Intensität des besonderen Lichtes, der durch Strahlung mit Wellenlängen erzeugt wird, die kleiner sind als der vorgegebene Wellenlängen-Schwellenwert, im Fall einer ersten Intensität des besonderen Lichtes kleiner ist als im Fall einer zweiten Intensität des besonderen Lichtes, die kleiner ist als die erste Intensität des besonderen Lichtes."
"9. Leuchte, die dazu ausgebildet ist, Licht in unterschiedlichen spektralen Zusammensetzungen abzugeben, aufweisend
- wenigstens zwei Lichtquellen, und
- eine Steuereinrichtung (5) für die Lichtquellen, wobei die Steuereinrichtung (5) dazu ausgebildet ist, die Leuchte (1) derart anzusteuern, dass von der Leuchte (1) in einem vorab definierten Zeitraum ein besonderes Licht abgegeben wird, das hinsichtlich seiner spektralen Zusammensetzung und Intensität derart ist, dass es bei einem Betrachter des besonderen Lichtes eine Ausschüttung des Hormons Melatonin zumindest weitestgehend nicht hemmt,
wobei das besondere Licht eine spektrale Zusammensetzung aufweist, für die gilt:
derjenige Anteil (ABLAU) an der Intensität des besonderen Lichtes, der durch Strahlung mit Wellenlängen erzeugt wird, die kleiner sind als ein vorgegebener Wellenlängen-Schwellenwert, ist so klein, dass er unterhalb eines vorgegebenen Anteil-Schwellenwertes (AS) liegt,
wobei die Leuchte weiterhin dazu ausgebildet ist, Licht in unterschiedlichen Intensitäten abzugeben,
wobei die Steuereinrichtung (5) weiterhin dazu ausgebildet ist, die Leuchte (1) derart anzusteuern, dass bei der Ansteuerung die spektrale Zusammensetzung des besonderen Lichtes in Abhängigkeit von der Intensität des besonderen Lichtes gewählt wird,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Steuereinrichtung (5) dazu ausgebildet ist, die Leuchte (1) derart anzusteuern, dass für das besondere Licht gilt:
der Anteil (ABLAU) an der Intensität des besonderen Lichtes, der durch Strahlung mit Wellenlängen erzeugt wird, die kleiner sind als der vorgegebene Wellenlängen-Schwellenwert, ist im Fall einer ersten Intensität des besonderen Lichtes kleiner ist als im Fall einer zweiten Intensität des besonderen Lichtes, die kleiner ist als die erste Intensität des besonderen Lichtes."
Ansprüche 2 bis 8 und 10 bis 18 sind abhängige Ansprüche.
VI. Die von der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) vorgebrachten Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Neuheit gegenüber D5
Der Einwand mangelnder Neuheit sei erstinstanzlich als Einspruchsgrund vorgebracht worden. Bereits mit der Einspruchsschrift seien verschiedene Neuheitseinwände erhoben worden. Später im Einspruchsverfahren habe man erkannt, dass Dokumente D8R und D14 hoch relevant seien. In der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung habe man Neuheitseinwände auf deren Grundlage aufrechterhalten. Die Dokumente D8R und D14 seien jedoch von der Einspruchsabteilung als verspätet und prima facie nicht relevant erachtet und folglich nicht ins Verfahren zugelassen worden, sehr zur Verärgerung der Einsprechenden. Die Dokumente seien von der Einspruchsabteilung zu Unrecht nicht ins Verfahren zugelassen worden. Bei richtiger Ausübung ihres Ermessens hätte die Einspruchsabteilung die Neuheit hinsichtlich dieser Dokumente prüfen müssen.
D5 beschreibe auf Seite 34, rechte Spalte, unter "Projekt 1", eine Leuchte, die mit drei an einen Dimmer angeschlossenen kompakten Leuchtstoffröhren versehen sei. Sowohl Beleuchtungsstärke als auch die Farbtemperatur könnten über einen breiten Bereich von 40 bis 2500 Lux und von 2700 bis 5400 K variiert werden. Die Leuchte sei offenbar dazu ausgebildet, zwei "besondere Lichtarten" zu erzeugen, bei denen Beleuchtungsstärke und Farbtemperatur gegenläufig verändert werden. Somit sei der Gegenstand von Anspruch 9 gegenüber D5 nicht neu.
Erfinderische Tätigkeit gegenüber D5
Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 9 beruhe auf keiner erfinderischen Tätigkeit gegenüber D5. Es bedürfe keiner erfinderischen Tätigkeit, aufgrund der Empfehlung auf Seite 33, linke Spalte oben "zur Förderung der Schlafqualität niedrige Lichtniveaus mit niedrigen Farbtemperaturen in den späten Abendstunden" vorzusehen, insbesondere wenn sich die Beleuchtungsaufgabe nicht auf einen Arbeitsplatz beziehe. Unter weiterer Berücksichtigung der Tatsache, dass die Lichtempfindlichkeit individuell unterschiedlich sei (Kapitel 3.1) bedürfe es keiner erfinderischen Tätigkeit, die Steuerung der Lampen in den Abendstunden so zu wählen, dass jede Person die für sie angenehmste "besondere Lichtart" nach ihrem Zeitschema wählen könne. Ferner werde auf Seite 34 von D5 eine Leuchte für die Ambulanz für Mundkrankheiten und Kieferchirurgie offenbart, deren Beleuchtungsstärke und Farbtemperatur über einen großen Bereich von 40 bis 2500 Lux und von 2700 bis 5400 K variiert werden könne. Dieses erlaube eine Anzahl von Einstellmöglichkeiten, aus denen der Fachmann die beanspruchte Auswahl ohne erfinderisches Zutun einstellen könne.
Zulässigkeit der Dokumente D8R, D14 und D15
Dokumente D8R und D14 sollten von der Kammer ins Verfahren zugelassen werden, da sie von der Einspruchsabteilung zu Unrecht und auf Grund einer fehlerhaften Betrachtung nicht ins Verfahren zugelassen worden seien. Die Prima-facie-Relevanz dieser Dokumente ergebe sich bereits aus den jeweiligen Zusammenfassungen.
Das Dokument D15 sei erst nach Einreichung der Beschwerdebegründung aufgefunden worden. Es sei jedoch von außerordentlicher Relevanz für die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit, wenn nicht gar der Neuheit der Ansprüche.
VII. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) trug im Wesentlichen die Argumente vor, auf die sich die unten aufgeführte Begründung stützt.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Die Erfindung
Das Patent betrifft eine Leuchte und ein Verfahren zur Ansteuerung einer Leuchte zur Abgabe von Licht, das die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin weitestgehend nicht hindert. Figur 2 des Patents zeigt den typischen Verlauf des Melatonin-Spiegels in Abhängigkeit von der Tageszeit, aus dem ersichtlich ist, dass in den Nachtstunden vermehrt Melatonin von der Epiphyse ausgeschüttet wird. Allgemein bekannt ist, dass hohe Lichtintensitäten und/oder hohe spektrale Blauanteile des Lichtes die Melatonin-Ausschüttung hindern und in den Abendstunden vor dem Schlafengehen das Einschlafen hindern und zu unruhigem Schlaf führen können (Spalte 1, Zeilen 13 bis 28; Spalte 1, Zeile 57 bis Spalte 2, Zeile 3; Spalte 2, Zeilen 21 bis 35). Dieses gilt es anspruchsgemäß zu verhindern.
Sowohl Verfahrensanspruch 1 wie auch Produktanspruch 9 definieren im Wesentlichen, dass die Steuerung derart ist, dass zwei die Melatoninausschüttung nicht hindernde Lichtarten wahlweise erzeugt werden, wobei:
- die eine Lichtart eine höhere Intensität und geringeren Blauanteil und
- die andere Lichtart eine im Vergleich niedrigere Intensität und einen höheren Blauanteil aufweist.
Der besagte "Blauanteil" wird in den Ansprüchen durch den Ausdruck "Strahlung mit Wellenlängen ..., die kleiner sind als der vorgegebene Wellenlängen-Schwellenwert" definiert (s.a. Paragraph [0029] und [0048]).
3. Neuheit
3.1 Im Laufe des Einspruchsverfahrens waren verschiedene Neuheitseinwände vorgebracht worden. Mit der Einspruchsschrift wurden Neuheitseinwände hinsichtlich der Dokumente D2, D3, D9, D11 vorgebracht. Als weitere Beweise für die geltend gemachte mangelnde Neuheit wurden im späteren Verlauf des Einspruchsverfahrens (mit Schreiben vom 12. Oktober 2012 und 6. März 2014) zusätzliche Dokumente D8R und D14 eingebracht.
3.2 Zu dem Erfordernis der Neuheit wird in der angefochtenen Entscheidung lediglich festgestellt (siehe Punkt 11), dass der in der Einspruchsschrift erhobene Einwand mangelnder Neuheit von der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung aufgegeben wurde. Dazu besagt das Protokoll der mündlichen Verhandlung (Punkt 6), dass nach Aufforderung der Parteien durch den Vorsitzenden, ihre Argumente zur Neuheit der erteilten Ansprüche vorzutragen, die Einsprechende argumentierte, dass sich die geplante Argumentation erübrigt hätte, nachdem die Dokumente D8R und D14 nicht in das Verfahren zugelassen worden seien. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) erläuterte während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, dass die Einsprechende ihre Neuheitseinwände hinsichtlich D8R und D14 vor der Einspruchsabteilung nicht fallen gelassen habe. Diese Dokumente seien jedoch von der Einspruchsabteilung als verspätet und prima facie nicht relevant erachtet und folglich nicht ins Verfahren zugelassen worden, sehr zur Verärgerung der Einsprechenden.
3.3 Die Kammer ersieht aus diesen Feststellungen, dass zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung die ursprünglichen, auf den Dokumenten D2, D3, D9 und D11 basierenden Neuheitseinwände nicht weiter verfolgt worden sind und dass Neuheitseinwände alleine auf D8R und D14 bestanden haben, die allerdings von der Einspruchsabteilung nicht ins Verfahren zugelassen wurden. Somit lag der Einspruchsabteilung kein Neuheitseinwand mehr vor, über den sie hätte entscheiden müssen. Ob die Einsprechende den Einspruchsgrund der mangelnden Neuheit gänzlich fallen ließ, bedarf keiner Feststellung, da die auf D8R und D14 gestützten Einwände nicht zu berücksichtigen sind und der Neuheitseinwand ausgehend von D5 als verspätet zurückzuweisen ist.
3.4 Die auf die Dokumente D8R und D14 gestützten Einwände können nur dann Gegenstand des Beschwerdeverfahrens werden, wenn die Einspruchsabteilung ihr Ermessen bei der Zulassung der Dokumente unrichtig ausgeübt hat.
Die Kammer ist jedoch aus den unter den nachfolgenden Punkten 5 bis 5.4 angeführten Gründen zum gegenteiligen Schluss gelangt, nämlich dass die Einspruchsabteilung bei ihrer Entscheidung, D8R und D14 unberücksichtigt zu lassen, die relevanten Kriterien berücksichtigt hat. Ihr ist daher kein Ermessensfehler vorzuwerfen.
3.5 Selbst wenn man zu Gunsten der Einsprechenden den Standpunkt verträte, dass die Einsprechende vor der Einspruchsabteilung die ursprünglichen rechtzeitig vorgebrachten Neuheitseinwände aufrecht erhalten hat, würde die Kammer keine Berechtigung erkennen, den auf D5 basierenden Neuheitseinwand erstmalig mit der Beschwerdebegründung, statt bereits im erstinstanzlichen Verfahren, zu erheben. Dokument D5 war zwar mit der Einspruchsschrift eingereicht worden, es wurde aber diesbezüglich kein Neuheitseinwand erhoben. Gründe, die rechtfertigen könnten, dass dieser Einwand erst im Beschwerdeverfahren vorgebracht wurde, wurden nicht vorgetragen. Folglich lässt die Kammer diesen Einwand im Hinblick auf Artikel 12(4) VOBK im Beschwerdeverfahren nicht zu.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1 Dokument D5 befasst sich, wie es der Titel bereits ausdrückt, mit Licht und Gesundheit für arbeitende Menschen. Auf Seiten 28 bis 36 werden im Wesentlichen Beleuchtungsverhältnisse am Arbeitsplatz beschrieben (Seite 28, letzter Absatz; Titel des Punktes 6.2: "Lichtbedürfnisse des arbeitenden Menschen"). Auf Seite 32, Punkt 6.4.1, werden Beleuchtungsempfehlungen für die Arbeit in einem normalen Tagesdienst gegeben. Dazu werden die Intensität und die Farbtemperatur (und somit das Lichtspektrum) der Beleuchtung während der Arbeitszeit am Tag angesprochen (Seite 32, rechte Spalte, Absätze 2 und 3; Abbildung 6.4).
Bereits hieraus folgt, dass die Intensität und die Farbanteile des in D5 bevorzugten Lichts am Arbeitsplatz nicht derart sein kann, dass die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin nicht behindert wird, wie dies mit der vorliegenden Erfindung bezweckt wird. Verfahrensanspruch 1 und Produktanspruch 9 definieren nämlich die Lichtsteuerung derart zu gestalten, dass zwei die Melatoninausschüttung nicht hindernde Lichtarten wahlweise erzeugt werden, mit denen das Einschlafen bzw. der Schlaf selber gefördert wird, die eine mit einer höheren Intensität und geringerem Blauanteil und die andere mit einer im Vergleich niedrigeren Intensität und einem höheren Blauanteil (siehe obigen Punkt 2).
4.2 Die Beschwerdeführerin verwies insbesondere auf Seite 34 von D5, wo eine Leuchte für die Ambulanz für Mundkrankheiten und Kieferchirurgie offenbart wird, deren Beleuchtungsstärke und Farbtemperatur über einen breiten Bereich von 40 bis 2500 Lux und von 2700 bis 5400 K variiert werden können. Die Beschwerdeführerin vertrat die Auffassung, dass somit eine Anzahl von Einstellmöglichkeiten des Lichtes möglich seien, aus denen der Fachmann die beanspruchten Lichtarten ohne erfinderisches Zutun auswählen könne.
Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin definiert Produktanspruch 9 die beanspruchte Leuchte über die Art und Weise, wie deren Steuereinrichtung ausgebildet ist, und zwar so, dass die beiden beanspruchten Lichtarten tatsächlich produziert werden. Der Fachmann würde die Einstellung der beanspruchten Lichtarten schon deshalb nicht in Betracht ziehen, da sie das Einschlafen am chirurgischen Arbeitsplatz fördern würden.
Der Verweis der Beschwerdeführerin auf Seite 33, 1. Satz hilft ebenfalls nicht weiter. Dort heißt es nämlich, dass zur Förderung der Schlafqualität niedrige Lichtniveaus mit einer niedrigen Farbtemperatur (d.h. wenig Blauanteile) in den späten Abendstunden empfohlen werden. Dies entspricht jedoch nicht den Lichtarten, die gemäß Ansprüche 1 und 9 von der Steuereinrichtung wahlweise eingestellt werden, insbesondere die Lichtart mit einer niedrigen Lichtintensität und einem hohen Blauanteil. Auch der zweite Absatz auf Seite 33 bezieht sich auf eine Lichteinstellung mit hoher Intensität und hoher Farbtemperatur (d.h. mit erhöhten Blauanteilen), die die Wachsamkeit steigert und folglich keine der beanspruchten Lichtarten nahelegt.
4.3 Die Offenbarung aus D5 legt also nicht die Steuereinrichtung zur Einstellung der (die Melatoninausschüttung fördernden) Lichtarten nahe, die in den unabhängigen Ansprüchen 1 und 9 definiert werden.
4.4 Der Gegenstand der erteilten Patentansprüche beruht folglich auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
5. Zulässigkeit der Dokumente D8R und D14
5.1 Die nach der Einspruchsfrist eingereichten Dokumente D8R und D14 sind von der Einspruchsabteilung gemäß Artikel 114(2) EPÜ nicht ins Verfahren zugelassen worden mit der Begründung, dass sie prima facie nicht relevant seien, weil sie keine vorgegebene spezifische Beziehung zwischen Uhrzeit, Blauanteil im Licht und Intensitätsniveau offenbarten (Absätze 9.1 und 9.2 der angefochtenen Entscheidung).
5.2 Das durch Artikel 114 EPÜ eingeräumte Ermessen impliziert notwendigerweise, dass das erstinstanzliche Organ bei der Ermessensausübung einen gewissen Freiraum hat. Eine Beschwerdekammer sollte sich nur dann über die Art und Weise, in der die erste Instanz bei ihrer Entscheidung ihr Ermessen ausgeübt hat, hinwegsetzen, wenn sie zu dem Schluss gelangt, dass die erste Instanz ihr Ermessen nach Maßgabe der falschen Kriterien, unter Nichtbeachtung der richtigen Kriterien oder in willkürlicher Weise ausgeübt hat und damit ihr eingeräumtes Ermessen überschritten hat (Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage 2019, IV.C.4.5.2).
5.3 Dies ist vorliegend nicht der Fall, da das von der Einspruchsabteilung angewandte Kriterium der fehlenden Prima-facie-Relevanz durchaus ein entscheidendes Kriterium für die Zulassung von verspätet eingereichten Dokumenten ist. Die Einspruchsabteilung hat in ihrer Entscheidung, wenn auch knapp, die Gründe angegeben, wieso sie zu dem Schluss gelangte, dass die Dokumente dem ersten Anschein nach keine Relevanz für die erhobenen Einwände besaßen.
Die Beschwerdeführerin war der Auffassung, dass die Relevanzprüfung der Einspruchsabteilung als solche nicht richtig war. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Kammer, die Sachlage des Falls nochmals wie ein erstinstanzliches Organ zu prüfen, um zu entscheiden, ob sie das Ermessen in derselben Weise ausgeübt hätte. Ungeachtet dieser Tatsache konnte die Kammer selber keinerlei Prima-facie-Relevanz der Dokumente D8R und D14 bezüglich Neuheit oder erfinderischer Tätigkeit erkennen. Auch wenn in den Dokumenten von Einstellmöglichkeiten verschiedener Farbtemperaturen und Intensitäten die Rede ist, so vermochte die Beschwerdeführerin nicht erklären, ob und inwiefern die Dokumente die Steuerung zur Einstellung der spezifisch beanspruchten Lichtarten offenbarten oder nahelegten. Dass hierzu bereits die jeweiligen Zusammenfassungen der beiden Dokumente offensichtliche relevante Offenbarungen enthielten, vermochte die Kammer nicht erkennen.
5.4 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass die Einspruchsabteilung ihr Ermessen in zulässiger Weise ausgeübt hat, D8R und D14 nicht zuzulassen und die auf diesen Dokumenten basierenden Einwände unberücksichtigt zu lassen.
5.5 Artikel 12(4) VOBK räumt der Beschwerdekammer als Überprüfungsinstanz das Ermessen ein, Tatsachen, Beweismittel oder Anträge nicht zuzulassen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können oder dort nicht zugelassen worden sind. Artikel 12(4) VOBK sanktioniert die Verletzung der Pflicht zur Verfahrensbeförderung. Die Kammer lässt folglich im vorliegenden Fall die von der Einspruchsabteilung nicht zugelassenen Dokumente D8R und D14 nicht ins Beschwerdeverfahren zu.
6. Zulässigkeit des Dokuments D15
6.1 Nach Einreichung der Beschwerdebegründung wurde ein neuer Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit auf der Grundlage eines weiteren Dokuments, D15, vorgebracht. Zum verspäteten Vorbringen des Einwands erklärte die Beschwerdeführerin lediglich, dass sie das Dokument D15 erst zu dem besagten späten Zeitpunkt aufgefunden habe.
6.2 Nach Ansicht der Kammer stellt dies keine überzeugende Begründung dar, um die mit der Einführung dieses Dokuments einhergehende Änderung des Vorbringens der Beschwerdeführerin im Hinblick auf Artikel 13(1) VOBK zuzulassen. Der Auf D15 basierende verspätete Einwand richtet sich zudem gegen den unveränderten Gegenstand des erteilten Patents, nachdem bereits zwei Mal im erstinstanzlichen Verfahren verspätete Beweismittel vorgebracht worden waren (die oben erwähnten Dokumente D8R und D14). Bei Einreichung des Dokuments D15 legte die Beschwerdeführerin nicht einmal klar dar, aus welchen Gründen das Dokument (insbesondere die zitierten Ansprüche 1, 2, 9 und 11 und Seite 6, Zeilen 27 bis 32) die erfinderische Tätigkeit, "wenn nicht gar Neuheit" der Ansprüche 1 und 9 in Frage stellen sollte. Dies wurde auch im weiteren Verlauf des Verfahrens einschließlich der mündlichen Verhandlung nicht wesentlich deutlicher.
6.3 Die Berücksichtigung dieses verspäteten Dokuments im Verfahren stellt eine Änderung des Vorbringens der Beschwerdeführerin dar, die die Kammer hinsichtlich der gebotenen Verfahrensökonomie als nicht gerechtfertigt ansieht.
Folglich wird Dokument D15 nicht ins Verfahren zugelassen.
7. Da kein Einwand der Aufrechterhaltung des erteilten Patentes entgegensteht, ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.