T 1501/14 () of 2.8.2017

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2017:T150114.20170802
Datum der Entscheidung: 02 August 2017
Aktenzeichen: T 1501/14
Anmeldenummer: 07787355.2
IPC-Klasse: C08F 2/00
A61L 15/22
A61L 15/60
C08F 2/10
C08F 20/04
C08J 3/24
C08F 220/06
C08F 222/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN ZUR HERSTELLUNG WASSERABSORBIERENDER POLYMERPARTIKEL MIT HOHER PERMEABILITÄT DURCH POLYMERISATION VON TROPFEN EINER MONOMERLÖSUNG
Name des Anmelders: BASF SE
Name des Einsprechenden: Nippon Shokubai Co., Ltd.
Kammer: 3.3.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - naheliegende Kombination bekannter Merkmale
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die am 2. Mai 2014 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents 2 046 401 in geänderter Fassung auf Grundlage des einzigen Antrags, eingereicht mit Schreiben vom 3. Februar 2014, und einer geänderten Beschreibung, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 2. April 2014.

II. Der einzige Anspruch dieses Antrags, der für die vorliegende Beschwerde relevant ist, lautete wie folgt:

"1. Verfahren zur Herstellung wasserabsorbierender Polymerpartikel durch thermisch induzierte Polymerisation von Tropfen einer Monomerlösung, enthaltend

a) mindestens ein ethylenisch ungesättigtes Monomer,

b) mindestens einen Vemetzer,

c) mindestens einen Initiator,

d) Wasser,

in einer die Tropfen umgebenden Gasphase, wobei die Polymerisation im Tropfen in homogener Phase stattfindet, dadurch gekennzeichnet, dass die Monomerlösung mindestens 0,5 Gew.-% des Vernetzers b) bezogen auf das Monomer a) enthält und die Polymerpartikel einen mittleren Durchmesser von mindestens 150 µm aufweisen,

ein Trägergas durch den Reaktionsraum strömt und das Trägergas vor dem Reaktor auf eine Reaktionstemperatur von 70 bis 250 °C vorerwärmt wird."

III. Vor der Einspruchsabteilung wurde unter anderem auf folgende Dokumente Bezug genommen:

D9: US 5,669,894

D11: US 6,620,889 B1

D16: WO 2005/030810 A1

D24: WO 2004/096304 A1

D25: WO 2005/027986 A1.

IV. Die Gründe der angefochtenen Entscheidung, die für die vorliegende Beschwerde von Relevanz sind, können folgendermaßen zusammengefasst werden. D25 wurde ins Verfahren zugelassen. Der Antrag erfüllte die Erfordernisse der Artikel 123(2), 123(3) und 84 EPÜ, die nicht in Frage gestellt wurden. Die Ausführbarkeit der Erfindung wurde ebenfalls anerkannt (Artikel 100(b) EPÜ). Die Neuheit des Verfahrens gemäß Anspruch 1 wurde nicht in Frage gestellt und somit anerkannt. Hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 galt D16 als nächstliegender Stand der Technik. Dem gegenüber unterschied sich das beanspruchte Verfahren dadurch, dass ein größerer Gehalt an Vernetzer eingesetzt wurde. Zudem fehlte in D16 die Offenbarung eines mittleren Durchmessers für die Polymerpartikel von mindestens 150 µm, da lediglich Tröpfchendurchmesser von 50 bis 1000 µm angegeben wurden. Als Aufgabe, die durch das beanspruchte Verfahren als erfolgreich gelöst betrachtet wurde, galt die Bereitstellung eines Verfahrens zu Herstellung von Super Absorbent Polymeren mit hoher Permeabilität (hoher SFC-Wert) und gleichzeitig hoher Zentrifugenretentionskapazität (hoher CRC-Wert) auch ohne zusätzlichen Nachvernetzungsschritt. Da D16 hinsichtlich höherer Vernetzungsmengen und SFC-Werte komplett schwieg, reichte D16 allein zum Angriff auf die erfinderische Tätigkeit nicht aus. D24, D25 und D11 konnten keinen Hinweis auf die im Streitpatent vorgeschlagene Lösung liefern, insbesondere weil sie von dem Verzicht auf Oberflächennachvernetzung wegführten und stattdessen in Richtung Oberflächenmodifizierung und Oberflächenvernetzung gingen. Der Gegenstand des Verfahrensanspruchs 1 beruhte somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.

V. Gegen diese Entscheidung erhob die Einsprechende (Beschwerdeführerin) Beschwerde.

VI. Mit der Beschwerdeerwiderung reichte die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) zwei Hilfsanträge ein, deren Ansprüche 1 dem Anspruch 1 des Antrags, der die Grundlage für die angefochtene Entscheidung bildete, entsprachen.

VII. Nach Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde eine Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK erlassen.

VIII. Mit Schreiben vom 11. Juli 2017 reichte die Beschwerdegegnerin drei weitere Hilfsanträge ein, deren Ansprüche 1 sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags (siehe Wortlaut im obigen Punkt II) unterschieden, indem zusätzlich definiert wurde, dass (i) die Polymerpartikel eine Permeabilität von mindestens 5 x 10-7 cm3s/g aufweisen (Hilfsantrag 3), (ii) die Polymerpartikel eine Permeabilität von mindestens 5 x 10-7 cm3s/g und eine Zentrifugenretentionskapazität von mindestens 10g/g aufweisen (Hilfsantrag 4) und (iii) der Mindestgehalt vom Vernetzer b) bezogen auf Monomer a) nicht mehr 0,5 Gew.-% sondern 1,5 Gew.-% beträgt.

IX. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 2. August 2017 statt. Während der Verhandlung, nahm die Beschwerdegegnerin den bisherigen Hauptantrag (Patent in der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung) zurück und erklärte den bisherigen Hilfsantrag 1, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung, zum neuen Hauptantrag.

X. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:

a) In Übereinstimmung mit der Einspruchsabteilung sei der nächstliegende Stand der Technik D16, der die Verwendung von mindestens 0,5 Gew.-% Vernetzer bezogen auf das ethylenisch ungesättigtes Monomer nicht beschreibe.

b) Aufgabe, die demgegenüber durch das beanspruchte Verfahren gelöst sei, sei die Bereitstellung eines Verfahrens zur Herstellung wasserabsorbierender Polymerpartikel mit einer verbesserten Permeabilität, d.h. einer höheren Flüssigkeitsweiterleitung durch das gequollene Gelbett, bei gleichzeitig annehmbarer Reduzierung der Zentrifugenretentionskapazität.

c) Es sei aber bekannt, wie in D24 gezeigt (Seite 2, Zeilen 5-7 und Seite 3, Zeilen 13-25), dass die Stabilität und Gelfestigkeit des Gels und somit seine Permeabilität mit zunehmendem Vernetzungsgrad an internem Vernetzer ebenfalls zunehme. In D25 sei beschrieben, dass die Permeabilität von Superabsorbermaterialien die Fähigkeit dieser, im gequollenen Zustand zugegebene Flüssigkeiten zu transportieren und dreidimensional zu verteilen, darstelle. Dieser Prozess laufe im gequollenen Zustand über kapillaren Transport durch Zwischenräume zwischen den Gelpartikeln ab. Um diese Zwischenräume zu erhalten, sei es notwendig eine ausreichende Stabilität und Festigkeit des gequollenen Gels zu haben, die durch einen höheren Vernetzungsgrad zu erreichen sei. Dem Fachmann sei ebenfalls bekannt, dass eine Erhöhung der Permeabilität durch eine Erhöhung des Vernetzungsgrades ebenfalls eine Reduzierung der Absorptionskapazität, bzw. Zentrifugenretentionskapazität bedeute, welche Reduzierung vom Fachmann in Kauf genommen sei. Dies sei in D11 mit den Ergebnissen aus der Tabelle in Spalte 11 (Beispiele 2 bis 6) illustriert. Die dort dargelegten Ergebnisse seien eben konzipiert worden, um den Einfluss der steigenden Menge an internem Vernetzer bei gleich bleibender Menge an Oberflächenvernetzung auf die Permeabilität und Zentrifugenretentionskapazität (dort mit dem vergleichbaren "Tea Bag" Test gemessen) der erhaltenen Polymerpartikel zu zeigen.

d) Dass es eine Mindestmenge oder Schwellwert für die Menge an Vernetzer gebe, um eine Permeabilität verschieden von Null zu erhalten, sei auch bei anderen Formen der Polymerpartikel zu beobachten. Der Grund, warum die Partikel aus den Beispielen 2 bis 6 von D11 eine Permeabilität von Null aufweisen würden, liege an der unregelmäßigen Form der dort verwendeten Partikel.

e) Des Weiteren sei die Größe der Partikel, die im Anspruch 1 definiert sei, üblich in der Art und für die Beispiele 2 bis 6 vom D11 verwendet worden. Diese lasse sich mit dem breiten Bereich, der in D16 auf Seite 6, Zeilen 31-32, für den sich beim Versprühen einstellenden Tröpfendurchmesser von 50 bis 1000 µm offenbart sei, einstellen.

f) Folglich, ausgehend von D16, der ebenfalls Polymerisation im Tropfen betreffe, sei es im Hinblick auf D11, D24 und D25 naheliegend für den Fachmann gewesen, eine höhere Menge an Vernetzer zu verwenden, um die oben genannte Aufgabe zu lösen. Somit sei der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags (früherer Hilfsantrag 1) und des Hilfsantrags 2 nicht erfinderisch.

g) Die Zulässigkeit der Hilfsanträge 3 bis 5 sei nicht in Frage gestellt. Die im Anspruch 1 der Hilfsanträge 3 und 4 definierten Mindestwerte der Permeabilität und der Zentrifugenretentionskapazität seien üblich für wasserabsorbierende Polymerpartikel. Die Verwendung einer Menge an internem Vernetzer von mindestens 1,5 Gew.-% sei auch üblich wie durch D11 belegt sei. Aus den gleichen Gründen wie für den Hauptantrag fehle es dem Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 der Hilfsanträge 3 bis 5 an einer erfinderischen Tätigkeit.

XI. Die für die vorliegende Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdegegnerin können wie folgt zusammengefasst werden:

a) Den nächstliegenden Stand der Technik für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Verfahrens gemäß Anspruch 1 bilde das Dokument D16. Von diesem unterscheide sich das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass eine höhere Menge an Vernetzer, nämlich mindestens 0,5 Gew.-% und einem mittleren Durchmesser der Polymerpartikel von 150 µm verwendet seien.

b) Im Einklang mit der Definition der Beschwerdeführerin sei die gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik durch das beanspruchte Verfahren gelöste Aufgabe die Bereitstellung wasserabsorbierender Polymerpartikel mit einer verbesserten Permeabilität (SFC) und einer hohen Zentrifugenretentionskapazität (CRC).

c) Die Tabelle 1 des Streitpatents zeige, dass bei einer Vernetzermenge von mindestens 0,5 Gew.-% eine erhebliche Verbesserung der SFC erreicht wird, und zwar ohne dass eine Oberflächennachvernetzung nötig sei. Dabei sei anzumerken, dass die Menge an Vernetzer in guter Näherung als einfach zu bestimmendes Maß für den Vernetzungsgrad gelte. Beim erfindungsgemäßen Verfahren sei die mit der Erhöhung des Vernetzungsgrades verbundene Zunahme der Gelfestikeit stärker ausgeprägt und/oder die Abnahme der Absorptionskapazität weniger ausgeprägt als bei einem Bulk-Polymerisationsverfahren. Eine plausible Erklärung beruhe darauf, dass sich bei der Polymerisation im Tröpfchen der Vernetzer nicht homogen über das Volumen des sich bildenden Polymerpartikels verteile, sonder während der Polymerisation and die Oberfläche des Tröpfchens wandere. Dabei seien die Polymerpartikel in oberflächennahen Bereichen stärker vernetzt als im Inneren. Dieser Effekt trete nur bei ausreichender Größe der Polymerartikel deutlich zu Tage, womit einem mittleren Durchmesser von mindestens 150 µm eine entscheidende Bedeutung zukomme. Durch größere Partikel, sei der kapillare Transport begünstigt. Daher seien eine Mindestmenge an Vernetzer und eine Mindestdurchmesser der Teilchen, wie im Anspruch 1 definiert, erforderlich für den Erfolg des Verfahren.

d) Aus D11 ergebe sich nicht der von der Beschwerdeführerin behauptete Zusammenhang zwischen Vernetzermenge und SFC. Aus der Tabelle in der Spalte 11 (Beispiele 2 bis 6) von D11 würden alle nicht oberflächennachvernetzten Proben -unabhängig von der eingesetzten Menge an Vernetzer - eine SFC von 0 aufweisen. D11 vermittle daher dem Fachmann, dass ohne Oberflächennachvernetzung keine von Null verschiedene SFC erzielbar sei, womit der Fachmann an der Verwendung einer Oberflächenvernetzung nicht vorbei komme. Der Fachmann hätte nicht mit angemessener Erfolgserwartung die nun gefundenen Effekte anhand der Offenbarung von D11 vorhergesagt. Darüber hinaus hätten die Partikel aus D11 eine andere Form, die nicht wie in D16 rund sei.

e) D24, Seite 3, Zeilen 13-15 spreche die eher theoretische Möglichkeit an, zur Verbesserung der Gelfestigkeit den Vernetzungsgrad des Polymers zu erhöhen. Ingesamt rate D24 von dieser Möglichkeit ab und empfehle bestimmte Oberflächenmodifikationen zu Erzielung hoher Permeabilität. Die Gelfestigkeit sei überdies nur ein Parameter, der die Permeabilität beeinflusse. Der Fachmann könne bei einer Erhöhung der Gelfestigkeit nicht zwangsläufig davon ausgehen, dass die Permeabilität steige.

f) D25, Seite 6, Zeile 13-15 warne von einer übermäßigen Erhöhung der Menge an internem Vernetzer. D25, Seite 12, Zeilen 22-26 stelle auf eine zwingende Kombination von Oberflächennachvernetzung und Vernetzer Struktur ab.

g) Aus diesen zitierten Passagen der D24 und D25 sei zu entnehmen, dass die CRC mit einer Erhöhung der Konzentration des einpolymerisierten Vernetzers unweigerlich sinke. Auch die Beschwerdeführerin räume ein, dass SFC und CRC gegenläufig seien. Der Fachmann hätte nicht erwartet, dass Partikel mit hoher SFC und hoher CRC erhalten werden, wenn die Konzentration des internen Vernetzers mindestens 0,5 Gew.-% betrage.

h) Ausgehend von D16 sei daher der Gegenstand des Verfahrens gemäß dem Hauptantrag vom zitierten Stand der Technik nicht nahegelegt und beruhe somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.

i) Die Angabe im Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 einer Untergrenze der Permeabilität der erhaltenen Polymerpartikel stelle eine implizite Definition und weitergehende Einschränkung der Vernetzermenge dar. Sollten unter Berücksichtigung des Molekulargewichtes und der Funktionalität des Vernetzers höhere Mengen als 0,5 Gew.-% verwendet werden, um diese Mindestwert an Permeabilität zu erreichen, könne der Fachmann ohne weiteres eine entsprechende Menge einsetzen. Die Angabe im Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 einer Untergrenze der Zentrifugenretentionskapazität der erhaltenen Polymerpartikel stelle eine implizite Definition der oberen Grenze der einzusetzenden Vernetzermenge dar. Aus den gleichen Gründen wie für den Hauptantrag sei der Gegenstand der Hilfsanträge 3 und 4 durch den Stand der Technik nicht nahegelegt. Hinsichtlich des Hilfsantrags 5 gebe keines der vorgelegten Dokumente aus dem Stand der Technik einen Hinweis, die hohen Mengen an internem Vernetzer zu verwenden, wie im Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 definiert sei.

j) Der Gegenstand des Verfahren gemäß dem Hauptantrag oder gemäß einem der Hilfsanträge erfülle daher die Bedingungen des Artikels 56 EPÜ.

XII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.

XIII. Die Beschwerdegegnerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Basis des neuen Hauptantrags (früherer Hilfsantrags 1), hilfsweise auf der Basis des Hilfsantrags 2, beide Anträge eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung, oder auf der Basis eines der Hilfsanträge 3 bis 5, eingereicht mit Schreiben vom 11. Juli 2017, aufrechtzuerhalten.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag (eingereicht als Hilfsantrag 1)- Erfinderische Tätigkeit

Nächstliegender Stand der Technik

1. Aufgabe der vorliegenden Erfindung war die Bereitstellung eines Verfahrens zur Herstellung wasserabsorbierender Polymerpartikel mit hoher Permeabilität, d.h. einer hohen Flüssigkeitsweiterleitung durch das gequollene Gelbett (siehe Absatz [0008] des Streitpatents).

1.1 D16 betrifft vernetzte, wasserquellbare Polymere und ein Verfahren für die Herstellung von wasserabsorbierenden Polymerpartikeln durch Sprühpolymerisation einer Monomerlösung im Wasser in einer inerten Atmosphäre (Seite 2, Zeilen 12-18). Die Monomere sind radikalisch polymerisierbar, bevorzugt Acryl- oder Methacrylsäure (Seite 2, Zeile 23 bis Seite 4, Zeile 6). Die Monomerlösung enthält einen Vernetzer (Seite 2, Zeilen 23-25; Seite 4, Zeile 11 bis Seite 5, Zeile 8) und einen Initiator (Seite 2, Zeilen 23-25 und Seite 5, Zeilen 14-35). Durch dieses Sprühpolymerisationsverfahren werden vernetzte, wasserquellbare Polymere erhalten (Anspruch 8, Beispiele). Ein Gehalt an Vernetzer bezogen auf das Monomer ist nur im spezifischen Kontext der Beispiele offenbart und beträgt 0,3 Gew.-% bezogen auf das Monomer, d.h. unterhalb der Mindestmenge von 0,5 Gew.-%, die im Anspruch 1 gemäß dem vorliegenden Hauptantrag verlangt wird.

1.2 Hinsichtlich des mittleren Durchmessers der Polymerpartikel, wird dieser in D16 nicht angegeben. Es wird lediglich den sich beim Versprühen einstellenden Tröpfchendurchmesser, der zweckmäßig von 50 bis 1000 mym, bevorzugt von 100 bis 600 mym beträgt (Seite 6, Zeilen 31-32), beschrieben. Es ist nicht strittig, dass der mittlere Durchmesser der Polymerpartikel mit dem sich beim Versprühen einstellenden Tröpfchendurchmesser nicht gleichgestellt werden kann, schon aus dem Grund, dass Wasser während des Sprühpolymerisationsverfahrens verdampft. Die Beispiele von D16 geben keinen Hinweis auf den mittleren Durchmesser der Polymerpartikel oder auf den sich beim Versprühen einstellenden Tröpfchendurchmesser. Es ist aber auch nicht strittig, dass auf Grund der hohen Konzentration an Monomer in der Monomerlösung Polymerpartikel mit einem mittleren Durchmesser von mindestens 150 µm mit dem Verfahren gemäß D16 erhalten werden, wenn Tröpfchen der Monomerlösung mit einem ausreichenden Durchmesser im D16 offenbarten Bereich von 50 bis 1000 mym ausgewählt werden.

1.3 Das Inertgas wird in D16 zweckmäßigerweise vor dem Reaktor auf die Reaktionstemperatur von 90 bis 300°C, vorzugsweise 150 bis 210°C, vorgewärmt (Seite 7, Zeilen 4-5), welche Maßnahme sich auf das im obigen Punkt 1.1 dargestellte allgemeine Verfahren bezieht und somit in Kombination mit diesem als offenbart gilt. Auf Grund des Ausdrucks "zweckmäßigerweise" stellt dennoch eine solche Vorgehensweise lediglich eine nicht zwingende Maßnahme im Rahmen der Lehre von D16 dar. In Ermangelung eines Hinweises in D16, dass eine solche Maßnahme durchgeführt wird, wenn das Verfahren gemäß D16 so eingestellt wird, dass Polymerpartikel mit einem mittleren Durchmesser von mindestens 150 µm erhalten werden, gilt das optionale Vorwärmen des Inertgases auf eine Reaktionstemperatur von 70 bis 250°C in Kombination mit einem mittleren Durchmesser der Polymerpartikel von mindestens 150 µm als nicht eindeutig und unmittelbar von diesem Dokument offenbart.

1.4 Als nächstliegender Stand der Technik und Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist daher das im obigen Punkt 1.1 beschriebene allgemeine Verfahren von D16 anzusehen, in dem das Inertgas vor dem Reaktor auf die Reaktionstemperatur von 90 bis 300°C, vorzugsweise 150 bis 210°C, vorgewärmt wird (Seite 7, Zeilen 4-5). Ein solches Verfahren wird in den Beispielen 2 bis 6 von D16 gezeigt (Seite 8). Demnach unterscheidet sich das beanspruchte Verfahren vom nächstliegenden Stand der Technik dadurch, dass der Gehalt an Vernetzer bezogen auf das Monomer mindestens 0,5 Gew.-% und der mittlere Durchmesser der Polymerpartikel mindestens 150 µm betragen.

Aufgabe und Lösung

2. Entsprechend der Ausführungen von beiden Parteien war die Aufgabe des Streitpatentes, ausgehend von Dokument D16 als nächstliegendem Stand der Technik, die Bereitstellung eines Verfahrens zur Herstellung wasserabsorbierender Polymerpartikel mit einer verbesserten Permeabilität, d.h. einer höheren Flüssigkeitsweiterleitung durch das gequollene Gelbett, bei gleichzeitig annehmbarer Reduzierung der Zentrifugenretentionskapazität. Die beanspruchte Lösung liegt in dem Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass ein Mindestgehalt von 0,5 Gew.-% an Vernetzer bezogen auf das Monomer verwendet wird, und die Polymerpartikel einen mittleren Durchmesser von mindestens 150 µm aufweisen.

Erfolg der Lösung - Einleitende Bemerkung

2.1 Für die weitere Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist zuerst anzumerken, dass die Eigenschaften der Polymerpartikel über den Vernetzungsgrad eingestellt werden, wie es im Absatz [0004] des Streitpatents angegeben wird. Unter anderem wird mit steigendem Vernetzungsgrad die Gelfestigkeit erhöht, während die Absorptionskapazität und die Zentrifugenretentionskapazität sinken (siehe Absatz [0004] des Streitpatents). Dieses entspricht dem allgemeinen Kenntnissen des Fachmanns, wie es aus den von der Beschwerdeführerin zitierten Dokumenten zu entnehmen ist (D11, Spalte 1, Zeilen 56-59; D25, Seite 6, Zeilen 10-15; D24, Seite 3, Zeilen 13-20; D9, Spalte 16, Zeilen 4-19). Gemäß D11 (Passage von Spalte 1, Zeile 35 bis Spalte 2, Zeile 10) stellt die Permeabilität von Superabsorbermaterialien die Fähigkeit dieser, im gequollenen Zustand zugegebene Flüssigkeiten zu transportieren und dreidimensional zu verteilen, dar. Dieser Prozess läuft im gequollenen Zustand über kapillaren Transport durch Zwischenräume zwischen den Gelpartikeln ab, da ein Flüssigkeitstransport durch die gequollenen Partikel selbst ein sehr langsamer Prozess ist, der in den praktischen Anwendungen keine Rolle bei der Verteilung der Flüssigkeit spielt. Um diese Zwischenräume zwischen den Gelpartikeln zu erhalten, wenn die Polymerpartikel quellen, d.h. um ,,Gel-Blocking-Phänomene" zu vermeiden, müssen die Partikel daher eine ausreichend hohe Stabilität im gequollenen Zustand besitzen, damit das gequollene Gel noch eine ausreichende Menge an kapillaren Räumen besitzt, durch die Flüssigkeit transportiert werden kann. Um Superabsorbermaterialien mit hoher Gelstärke zu erhalten, d.h. um die Stabilität der Partikel zu steigern, kann eine Erhöhung der Vernetzung der Partikel, d.h. im Inneren dieser, angewendet werden. Weiterhin können Methoden zur oberflächlichen Nachvernetzung der Polymerpartikel zur Anwendung kommen. D25 (Passage von Seite 5, Zeile 5 bis Seite 7, Zeile 12) enthält die gleiche Lehre. D24 enthält zumindest hinsichtlich der ,,internen" Vernetzung der Partikel ebenfalls die gleiche Lehre (Passage ab Seite 2, Zeile 8 bis Seite 3, Zeile 25). Diese Textstellen aus D11, D24 und D25 werden von der Kammer als Würdigung des allgemeinen Fachwissens verstanden. Das oben erwähnte allgemeine Fachwissen wird auch in D9 widergespiegelt (Spalte 2, Zeilen 15-36; Spalte 11, Zeilen 15-31; Spalte 14, Zeilen 22-33 und Spalte 16, Zeilen 4-19).

2.2 Dies bedeutet, dass der entscheidende Faktor für die Eigenschaften der Polymerpartikel wie Zentrifugenretentionskapazität und Permeabilität nicht der Gewichtsanteil des Vernetzers bezogen auf das Monomer ist, sondern eher der Vernetzungsgrad, der vom Molanteil und der Funktionalität des Vernetzers abhängig ist. Die Beschwerdegegnerin ist der Ansicht, dass die Menge an Vernetzer in guter Näherung als einfach zu bestimmendes Maß für den Vernetzungsgrad gilt, was in Anbetracht der großen Spanne an Molekulargewichte für übliche Vernetzer nur bedingt der Fall sein kann.

2.3 In den folgenden Punkten gilt die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nur für die Fälle, für welche die Menge an Vernetzer in guter Näherung als einfach zu bestimmendes Maß für den Vernetzungsgrad gelten kann. Da die Kammer zur Schlussfolgerung kam, dass die entsprechenden Ausführungsformen des Anspruchs 1 nicht erfinderisch sind, erübrigt sich eine Analyse der erfinderischen Tätigkeit für andere mögliche Ausführungsformen. Im Folgenden werden durch "Anspruch 1" die Ausführungsformen gemeint, für welche die Menge an Vernetzer in guter Näherung als einfach zu bestimmendes Maß für den Vernetzungsgrad gelten kann.

Erfolg der Lösung - Analyse

2.4 Die Beschwerdegegnerin hat vorgetragen, dass sich der Vernetzer bei der Polymerisation im Tröpfchen nicht homogen über das Volumen des sich bildenden Polymerpartikels verteile, sondern während der Polymerisation an die Oberfläche des Tröpfchens wandere, und dieser Effekt nur bei ausreichender Größe der Polymerpartikel deutlich zu beobachten sei. Damit komme einem mittleren Durchmesser von mindestens 150 µm eine entscheidende Bedeutung zu. Die Beschergegnerin hat ebenfalls vorgetragen, dass der kapillare Transport durch größere Partikel begünstigt sei. Es wird von der Kammer aber festgestellt, dass die Beschwerdegegnerin weder stützende technische Argumente noch Beweismittel für ihre Behauptung vorgelegt hat, die glaubhaft machen, dass solche Phänomene nur bei einer ausreichenden Größe der Polymerartikel, insbesondere einem mittleren Durchmesser von mindestens 150 mym stattfinden würden. Die in dem Streitpatent vorhandenen Experimente betreffen keine Partikel deren Eigenschaften in Abhängigkeit des erzielten mittleren Durchmessers der Partikel variiert wurde, so dass diese auch nicht belegen können, dass ein mittlerer Durchmesser der Polymerpartikel von mindesten 150 µm für die Erzielung der angestrebten Wirkung hinsichtlich ihrer Permeabilität und dem kapillaren Transport der Salzlösung kritisch ist. Nachdem die Beschwerdegegnerin für ihre Behauptung jedoch beweispflichtig ist, muss ihr unsubstantiierter Vortrag als reine Vermutung unberücksichtigt bleiben und kann nicht zur Stützung der erfinderischen Tätigkeit des beanspruchten Verfahrens dienen.

2.5 Dennoch ist zwischen den Parteien nicht strittig und die Kammer hat keinen Anlass, eine andere Meinung zu vertreten, dass die Mindestmenge an Vernetzer, die im Verfahren gemäß dem Anspruch 1 definiert wird, eine erfolgreiche Lösung der im obigen Punkt 2 angegebenen Aufgabe darstellt. Es wird diesbezüglich auf die experimentellen Ergebnisse des Streitpatents verwiesen, die in dessen Tabelle 1 präsentiert werden.

2.6 Aus den Ergebnissen, die in der Tabelle 1 gezeigt werden, ist zu entnehmen, dass bei Zunahme des Vernetzergehaltes zwischen 0,2 und 6,0 Gew.-%, bezogen auf den Monomergehalt, eine kontinuierliche und annehmbare Abnahme der Zentrifugenretentionskapazität (CRC "Centrifuge Rentention Capacity") stattfindet, wobei die Permeabilität (als Flüssigkeitsweiterleitung (SFC) gemessen) ab einer Schwellmenge, die zwischen 0,4 und 0,6 Gew.-% bezogen auf das Monomergehalt liegt, nicht mehr 0 beträgt, aber kontinuierlich zunimmt. Da sich die Polymerpartikel, die verglichen werden, lediglich durch die Menge an Vernetzer unterscheiden, kann festgestellt werden, dass die festgestellte Abnahme der Zentrifugenretentionskapazität und Zunahme der Permeabilität ursächlich auf die Erhöhung des Gehalts an Vernetzer, der nun mindestens 0,5 Gew.-% bezogen auf das Monomer betragen muss, zurückzuführen sind.

Objektive Aufgabe

2.7 Somit stellt ein Verfahren gemäß dem Anspruch 1 unter Berücksichtigung der Bemerkung in Punkt 2.3 eine erfolgreiche Lösung der in Punkt 2. genannten Aufgabe dar.

Naheliegend

3. Es bleibt nun zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem Fachmann Anregungen bot, die genannte objektive Aufgabe durch die Bereitstellung des anspruchsgemäßen Verfahrens zu lösen. Da es weder einen Hinweis, noch einen Beleg dafür gibt, dass die Merkmale der Menge an Vernetzer und des mittleren Durchmessers der Polymerpartikel in einer funktionellen Wechselwirkung zueinander stehen, gilt es zu untersuchen, ob sich die Merkmale eines mittleren Durchmessers von mindestens 150 mym und einer Menge an Vernetzer von mindestens 0,5 Gew.-% jeweils für sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik herleiten lassen (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammer des EPA, 8. Auflage, 2016, I.D.9.2.2).

Mittleren Durchmesser von mindestens 150 mym

3.1 Nachdem ein mittlerer Durchmesser der Polymerpartikel von mindestens 150 mym nicht kausal für einen technischen Effekt ist, ist der im Anspruch 1 definierte mittlere Durchmesser der Polymerpartikel weder zielgerichtet noch kritisch, sondern als rein willkürlich zu betrachten. Diese willkürliche Wahl eines zweckmäßigen mittleren Durchmessers der Polymerpartikel stellt jedoch wegen ihrer Beliebigkeit lediglich eine Routinetätigkeit dar, die im Rahmen des handwerklichen Könnens des Fachmanns liegt, ohne dass es eines erfinderischen Zutuns seinerseits bedürfte. Um zu diesem mittleren Durchmesser zu gelangen, muss der Fachmann im Rahmen der Lehre des Dokuments D16 lediglich den sich beim Versprühen einstellenden Tröpfchendurchmesser hoch genug einsetzen, zum Beispiel im oberen Bereich des dort beschriebenen Durchmessers von 50 bis 1000 mym, bevorzugt von 100 bis 600 mym (Seite 6, Zeilen 31-32).

Menge an Vernetzer

3.2 Hinsichtlich dieses Merkmals zog die Beschwerdeführerin die Dokumente D11, D24 und D25 an. Wie im obigen Punkt 2.1 dargestellt wird, ist es dem Fachmann bekannt, wie in den Dokumenten D11, D24 und D25 gezeigt wird, dass eine Erhöhung der Permeabilität durch eine Erhöhung der Vernetzung der Partikel sowohl im Inneren als an der Oberfläche in einer Nachvernetzungsschritt erreicht werden kann. Dieses Wissen wird, wie im Bescheid der Kammer betont, in D9 widergespiegelt (Spalte 2, Zeilen 15-36; Spalte 11, Zeilen 15-51; Spalte 14, Zeilen 22-33 und Spalte 16, Zeilen 4-19).

3.3 Es ist dem Fachmann ebenfalls aus diesem oben dargestellten allgemeinen Stand der Technik bekannt, dass diese Erhöhung der Permeabilität zu Lasten der Absorptionskapazität und der Zentrifugenretentionskapazität geht. Im Hinblick auf dieses Wissen liegt es daher für den Fachmann auf der Hand, ausgehend von dem Verfahren aus dem nächstliegenden Stand der Technik, der nur einen internen Vernetzer verwendet, den Gehalt an internem Vernetzer zu erhöhen und so auszuwählen, dass der ersuchte Kompromiss zwischen Erhöhung der Permeabilität und einer noch annehmbaren Zentrifugenretentionskapazität erhalten wird.

3.4 Zu dem Argument, dass die Ergebnisse in der oberen Tabelle der Spalte 11 (Beispiele 2-6) von D11 den Fachmann abbringen würden, den Gehalt an internem Vernetzer zu erhören, sondern ihm dazu führen würden eine Oberflächennachvernetzung zu verwenden, ist folgendes festzustellen. Dem Fachmann ist aus D9 bekannt, wie in der Passage der Spalte 16, Zeilen 4-19 hervorgehoben wird, dass der Verbesserungsgrad der Permeabilität, der durch Vernetzung an der Oberfläche erhalten wird, unter anderem vom relativen Gehalt und von der Verteilung der Vernetzung im Inneren und an der Oberfläche abhängig ist. Bei näherer Betrachtung der Vergleichsbeispiele aus der oberen Tabelle in der Spalte 11 von D11 ist insbesondere festzustellen, dass der Vernetzungsgrad unbekannt ist, da das Molekulargewicht des verwendeten inneren Vernetzers, d.h. Polyethyleneglykol Diacrylate, nicht beschrieben ist, und die Menge an innerem Vernetzer nur in Gew.-% angegeben wird. Dass ohne Oberflächenvernetzung ein Permeabilität von Null in den Beispielen 2 bis 6 von D11 erhalten wird, bedeutet lediglich für den Fachmann, dass solche Partikel für den speziellen Fall in gequollenem Zustand nicht stabil genug sind. Die Vergleichsbeispiele in der oberen Tabelle in der Spalte 11 von D11 stellen somit einen Einzelfall dar, aber keine allgemeine Gegenlehre zu der allgemeinen Lehre aus D11, D24, D25 und D9, die in Punkt 2.1 oben dargestellt wird, bzw. ein Vorurteil für den Fachmann gegen die Erhöhung der Menge an internem Vernetzer, um eine Erhöhung der Permeabilität und der Stabilität der Partikel in gequollenem Zustand zu erreichen. Die Beispiele dieser Tabelle in der Spalte 11 von D11 zeigen, dass eine Erhöhung der Menge an internem Vernetzer bei gleichbleibender Menge an Oberflächenvernetzer zu einer Erhöhung der Permeabilität führt, im Einklang mit der im obigen Punkt 2.1 dargestellten Lehre aus dem Stand der Technik. Die Tatsache, dass keine von Null verschiedene Permeabilität ohne Oberflächennachvernetzung mit verschiedenen Mengen an internem Vernetzer in einem einzelnen Kontext beobachtet wurde, kann daher den Fachmann, der die allgemeine Lehre aus D11, D24, D25 und D9 berücksichtigt, nicht davon abbringen, die Menge an internem Vernetzer auch ohne Oberflächenvernetzung zu erhöhen, wenn er die Permeabilität der in D16 erhaltenen Polymerpartikel erhöhen möchte. Anders formuliert, ist es aus dem vorgebrachten Stand der Technik nicht zu entnehmen, dass eine Erhöhung der Permeabilität nur unter Verwendung einer Oberflächenvernetzung zu erreichen ist.

3.5 Ferner ist festzustellen, dass das Argument der Beschwerdegegnerin, dass die mit der Erhöhung des Vernetzungsgrades verbundene Zunahme der Gelfestikeit stärker ausgeprägt und/oder die Abnahme der Absorptionskapazität im vorliegenden Verfahren weniger ausgeprägt ist als bei einem Bulk-Polymerisationsverfahren, selbst wenn es durch angemessene unterstützende Beweismittel plausible gemacht wurde, nicht zu überzeugen vermag, da dieser Effekt nicht auf ein Unterscheidungsmerkmal gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik zurückzuführen wäre.

3.6 Die Kammer kommt daher aus den oben angeführten Gründen zu dem Schluss, dass der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 eine naheliegende Lösung der patentgemäßen Aufgabe darstellt und nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

4. Der Hauptantrag des Beschwerdegegnerin ist folglich wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit gemäß Artikel 52(1) und 56 EPÜ nicht gewährbar.

Hilfsantrag 2

5. Die gleiche Schlussfolgerung gilt für den mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsantrag 2, der den gleichen Anspruch 1 wie im Hauptantrag (Hilfsantrag 1, der mit der Beschwerdeerwiderung eingereichte wurde) enthält.

Hilfsanträge 3 bis 5

6. Die Ansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 3 bis 5 unterscheiden sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass die Polymerpartikel eine Permeabilität von mindestens 5 x 10-7 cm3s/g aufweisen (Hilfsantrag 3), die Polymerpartikel eine Permeabilität von mindestens 5 x 10-7 cm3s/g und eine Zentrifugenretentionskapazität von mindestens 10g/g aufweisen (Hilfsantrag 4) und der Mindestgehalt vom Vernetzer b) bezogen auf Monomer a) nicht mehr 0,5 Gew.-% sondern 1,5 Gew.-% beträgt.

6.1 Nach Angabe der Beschwerdegegnerin stelle die definierte Untergrenze der Permeabilität der erhaltenen Polymerpartikel in den Hilfsanträge 3 und 4 eine implizite Definition und weitergehende Einschränkung der Vernetzermenge dar, d.h. die unter Umständen höher als 0,5 Gew.-% sei. Die Angabe im Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 einer Untergrenze der Zentrifugenretentionskapazität der erhaltenen Polymerpartikel stelle eine implizite Definition der oberen Grenze der einzusetzenden Vernetzermenge dar. Dies bedeute, dass sich der Gegenstand der Hilfsanträge 3 bis 5 gegenüber dem Hauptantrag lediglich durch eine geänderte Definition des Gehalts an Vernetzer unterscheide.

6.2 Es wurde nicht vorgebracht, dass eine solche geänderte Definition des Gehalts an Vernetzer eine Auswirkung auf die gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik zu formulierende objektive Aufgabe hat. Unter Berücksichtigung der Bemerkung in Punkt 2.3 oben, die ebenfalls für die Hilfsanträge 3 bis 5 gilt, sieht die Kammer daher keinen Grund, die Aufgabe, die gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik durch das beanspruchte Verfahren als erfolgreich gelöst gilt, für die Hilfsanträge anders als für den Hauptantrag zu formulieren.

6.3 Es ist nicht strittig, dass die in den Hilfsanträgen 3 und 4 genannten Mindestwerte der Permeabilität und der Zentrifugenretentionskapazität Wertebereichen entsprechen, die übliche und nicht ambitionierte Werte für wasserabsorbierende Polymerpartikel decken, deren Auswahl weder zielgerichtet noch kritisch ist und diese somit ebenfalls als rein willkürlich zu betrachten ist. Wie oben dargelegt (siehe Punkte 3.2 und 3.3), ist dem Fachmann bekannt, dass sich sowohl Permeabilität wie Zentrifugenretentionskapazität durch den Gehalt an Vernetzer einstellen lässt, so dass der Fachmann, der solche Werte für Permeabilität und Zentrifugenretentionskapazität erreichen möchte, in einer naheliegenden Weise durch Routinetätigkeit die Mengen an Vernetzer variieren würde und somit ohne erfinderisches Zutun zu einem Verfahren gemäß den Ansprüchen 1 der Hilfsanträge 3 und 4 gelangen würde. Die Auswahl einer Menge an internem Vernetzer von mindestens 1,5 Gew.-% ist ebenfalls wie die einer Mindestmenge von 0,5 Gew.-% als willkürlich zu betrachten. Darüber hinaus ist die Verwendung einer solchen Menge üblich, wie durch D11 belegt wird (Anspruch 1). Aus den gleichen Gründen wie für den Hauptantrag fehlt es dem Verfahren gemäß dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 an einer erfinderischen Tätigkeit.

6.4 Die Hilfsanträge 3 bis 5 sind daher ebenfalls nicht gewährbar.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Europäische Patent Nr. 2046401 wird widerrufen.

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