European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2022:T149914.20220531 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 31 Mai 2022 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1499/14 | ||||||||
Anmeldenummer: | 06804865.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | G06Q 40/00 G01W 1/10 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | TRIGGERVORRICHTUNG FÜR KONTROLLVORRICHTUNGEN UND/ODER STEUERVORRICHTUNGEN UND/ODER FRÜHWARNSYSTEME FÜR AUFKOMMENDE UND/ODER SICH EREIGNENDE WIRBELSTÜRME | ||||||||
Name des Anmelders: | Swiss Reinsurance Company Ltd. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - Einsatz der Monte-Carlo-Methode auf Basis aktueller Messdaten zur Generierung von Datenrekords (nein Erfinderische Tätigkeit - naheliegende Lösung) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung auf Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 06804865.1 mangels Erfüllung der Erfordernisse der Artikel 56 und 84 EPÜ.
II. Die vorliegende Entscheidung ist auf folgende Entgegenhaltungen gestützt:
D1: US 6023223 A1,
D3: WO 2005/083471 A1 und
D6: M. DEMARIA et al.: "CIRA Contributions to the Joint Hurricane Testbed", CIRA BRINGING SCIENCE ALIVE - CIRA'S ROLE IN S.O.S., Bd. 23, Nr. Spring'05 April 2005 (2005-04), Seiten 5-7.
III. Mit der Beschwerdebegründung wurde beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent zu erteilen auf der Grundlage des der Beschwerdebegründung beigefügten Patentbegehrens (Anhang A) gemäß Hauptantrag oder gemäß erstem Hilfsantrag (Streichung von Anspruch 16 und 32), zweitem Hilfsantrag (Streichung von Anspruch 33) oder drittem Hilfsantrag (Streichung von Anspruch 8 und 24). Weiter hilfsweise wurde Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.
IV. Die Kammer hat in einem Bescheid vom 12 Dezember 2019 ihre vorläufige Meinung zu der Beschwerde dargelegt. Auf der Grundlage insbesondere von D1 hat die Kammer Einwände wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit erhoben und die Gründe dafür dargelegt.
V. Mit Schreiben vom 28 Januar 2020 reichte die Beschwerdeführerin einen neuen Hilfsantrag 1 ein. Der bisherige Hilfsantrag 4 wurde gestrichen. Es wurden außerdem weitere Argumente im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit übermittelt.
VI. Am 25 Februar 2020 fand eine mündliche Verhandlung statt. Abweichend von ihrem schriftlich gestellten Antrag beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung des Patents auf der Grundlage des mit Schriftsatz vom 28. Januar 2020 eingereichten ersten Hilfsantrags (Antrag gemäß Anhang B) - jetzt Hauptantrag - oder hilfsweise die Erteilung des Patents auf der Grundlage einer der Hilfsanträge 1 bis 3 jeweils gemäß Anhang A oder B, unter demselben Datum eingereicht als Hilfsanträge 2 bis 4. Die erfinderische Tätigkeit der Lehre gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags wurde diskutiert ausgehend von Dokument Dl als nächstliegendem Stand der Technik in Verbindung mit Dokument D6 beziehungsweise D3.
Die Hilfsanträge 1 bis 3 wurden zurückgenommen und das Verfahren wurde schriftlich fortgesetzt.
VII. Mit Schreiben vom 24. April 2020 reichte die Beschwerdeführerin einen neuen Hauptantrag ein und beantragte hilfsweise für den Fall, dass die Kammer diesen Antrag als nicht gewährbar ansehen würde, die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung. Daneben wurden weitere Argumente zur erfinderischen Tätigkeit eingereicht.
VIII. In einem weiteren Bescheid vom 14. April 2021 wurden Einwände wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit der Lehre gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags ausgehend von Dokument Dl als nächstliegendem Stand der Technik in Verbindung mit Dokument D3 erhoben.
IX. Mit Schreiben vom 24. August 2021 reichte die Beschwerdeführerin erneut einen neuen Hauptantrag ein und wiederholte im wesentlichen die Argumente zur erfinderischen Tätigkeit.
X. Mit Schreiben vom 24. November 2021 wurde die Beschwerdeführerin erneut zur mündlichen Verhandlung geladen.
XI. Mit Schreiben vom 2. Mai 2022 wurde ein korrigierter Hauptantrag überreicht.
XII. Am 31. Mai 2022 fand eine weitere mündliche Verhandlung statt, in deren Verlauf alle vorgetragenen Argumente diskutiert wurden.
Die Beschwerdeführerin beantragte, abweichend von der ersten mündlichen Verhandlung, die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung des Patents auf der Grundlange des mit Schriftsatz vom 2. Mai 2022 vorgelegen Hauptantrags (Anhang A).
XIII. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag lautet:
1. Automatisiertes Verfahren zum dynamischen Triggern aufkommender und/oder sich ereignender Wirbelstürme für integrierte Kontrollvorrichtungen und/oder Steuervorrichtungen und/oder Frühwarnsysteme (10), wobei beim Überschreiten eines oder mehrere Triggerparameter Aktivierungsimpulse generiert und auf entsprechende Vorrichtungen übertragen werden, dadurch gekennzeichnet,
dass dezentralisiert verteilte Messvorrichtungen (40,..., 43) in zelluläre, geographisch und/oder topologisch definierbare Einheiten (401, 411, 421, 431) mit in Bezug auf die Gebietsauflösung definierbarer, gebietsdeckender Abdeckungsdichte angeordnet werden und mittels einer Netzwerkschnittstelle geophysikalische, atmosphärische und/oder maritime Messparameter von den Messvorrichtungen (40,..., 43) auf das Triggermodul (12) übertragen und gespeichert werden, wobei die Messvorrichtungen (40,..., 43) zur Messung der Messparameter Messsensoren umfassen, die mit der Messvorrichtung über eine Luftschnittstelle oder eine fest verdrahtete Schnittstelle oder über eine kontaktbehaftete Schnittstelle verbunden sind,
dass mittels eines Monte-Carlo-Modul (121) basierend auf den übertragenen aktuellen Messparameter eine Vielzahl von Datenrekords jeweils betreffend eines möglichen physikalischen und geographischen Verlaufes als Track eines sich ereignenden Wirbelsturms für definierbare zukünftige Zeitintervalle dynamisch generiert werden, welche Datenrekords aktuell gemessene physikalische und/oder geographische Parameter des jeweiligen Wirbelsturms umfassen, wobei das Monte-Carlo-Modul (121) die Datenrekords durch dynamische Variation von Randbedingungsparameter basierend auf den jeweiligen übertragenen aktuellen Messdaten generiert, und wobei basierend auf den variierten Randbedingungsparameter die Vielzahl von Datenrekords betreffend des Verlaufes der entsprechenden Vielzahl von möglichen zukünftigen Tracks des Wirbelsturms für definierbare zukünftige Zeitintervalle generiert werden,
dass zur dynamischen Variation der Randbedingungsparameter basierend auf den jeweiligen übertragenen aktuellen Messdaten mittels des Monte-Carlo-Modul (121) für die Randbedingungsparameter mittels eines stochastischen Verfahrens des nächsten Abstands ausgehend von den Randbedingungsparameter basierend auf den aktuellen Messdaten die wahrscheinlichsten Werte bestimmt werden, wobei das Verfahren des nächsten Abstands als Verfahren der grössten Wahrscheinlichkeit oder der kleinsten quadratischen Abweichung oder des x**(2) oder des Kolmogorov-Smimov oder des Anderson-Darling realisiert ist,
dass mittels eines Extrapolationsmoduls Trackverteilungsparameter einer über der Vielzahl der Datenrekords integrierbaren Trackverteilung für jedes der definierbaren zukünftigen Zeitintervalle generiert und zugeordnet abgespeichert werden, wobei die Trackverteilungsparameter eine definierbare Wahrscheinlichkeitsparametrisierung über den zellulären Einheiten umfassen, wobei die Trackverteilung jede der zellulären Einheiten (401, 411, 421, 431) umfasst, oder gemäss Parametrisierung der zellulären Einheiten (401, 411, 421, 431) entsprechend extrapoliert wird, und
dass mittels einer Aktivierungsvorrichtung (11) basierend auf den generierten Trackverteilungsparameter und/oder den Triggerparametern ein entsprechendes Steuerungssignal auf die Kontrollvorrichtung und/oder Steuervorrichtung und/oder Frühwarnsystem (10) übertragen wird, wobei die Aktivierungsvorrichtung (11) mindestens Mittel zum Generieren und Übertragen eines Aktivierungsimpulses beim Überschreiten eines oder mehrerer Triggerparameter [sic].
Der nebengeordnete unabhängige Anspruch 16 ist auf eine korrespondierende Triggervorrichtung gerichtet, der nebengeordnete Anspruch 31 auf ein entsprechendes Frühwarnsystem.
XIV. Die Beschwerdeführerin argumentierte im wesentlichen, dass ausgehend von D1 Wirbelsturmvorhersagen nicht basierend auf Variation von messwert-abhängigen Parametern erfolgen. D3 offenbare zwar ebenfalls die Verwendung einer zellulären Struktur mit definierten Gridzellen (z.B. Seite 12, Zeilen 1 bis 4) sowie die Verwendung des Monte-Carlo-Verfahrens zur Variation von Parametern. Jedoch würden in D3 eine Vielzahl von alternativen Tracks ausgehend von jedem historischen Track mittels "dependent sampling" generiert. In D3 umfasse das geographische Gebiet mit dem Grid und dessen Zellen eine Vielzahl historischer Tracks, die jeweils mit ihren Punkten entlang der jeweiligen Tracks die Ausgangslage für die alternativen Tracks bildeten.
Der Unterschied zu Dl in Kombination mit D3 läge vor allem darin, dass die vorliegende Erfindung gemäß den geänderten Ansprüchen 1, 16 und 31 von einem sich ereignenden Wirbelsturm ausgehe, nicht aber von einer Vielzahl von historischen Tracks. D1 in Kombination mit D3 schlage jedoch vor, in einem geographischen Gebiet mit einer Vielzahl von historischen Wirbelsturmtracks, diese Tracks in Punkte aufzulösen und ausgehend von dieser Vielzahl von historischen Tracks eine Vielzahl von alternativen Tracks zu generieren und zwar immer ausgehend von den Punkten eines historischen Tracks entlang dieses Tracks ("dependent sampling process along the points of the historical track"). Dies ergebe dann ebenfalls eine Vielzahl von Tracks. Das Verfahren von D1 in Kombination mit D3 hänge jedoch immer von den historischen Tracks in dem Gebiet ab und könne deshalb Vorhersagen für einen aktuell sich ereignenden Wirbelsturm nicht machen, sondern nur allgemein Wahrscheinlichkeiten angeben für Windstärken in einer Zelle in einem zukünftigen Zeitfenster. Gebiete ohne historische Ereignisse ließen sich damit nicht erfassen, da es keine historischen Tracks und entsprechende Punkte für den "dependent sampling process" gebe.
XV. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete die Kammer ihre Entscheidung.
Entscheidungsgründe
Artikel 52(2) EPÜ
1. Der technische Charakter der unabhängigen Ansprüche wurde nicht beanstandet und wird auch von der Kammer nicht in Frage gestellt, da technische Merkmale vorliegen (z.B. Messsensoren, Netzwerkschnittstelle etc.).
2. Interpretation der unabhängigen Ansprüche
Der Wortlaut der unabhängigen Ansprüche spezifiziert etliche Aspekte des beanspruchten Schutzgegenstands lediglich durch das zu erzeilende Ergebnis. Insbesondere gibt auch die Beschreibung keine detaillierten Angaben darüber, wie z.B. gemäß Anspruch 1 Messparameter dynamisch generiert werden, wie genau mittels der Triggervorrichtung Randbedingungsparameter dynamisch variiert werden, wie Trackverteilungsparameter für zukünftige Zeitintervalle generiert werden oder wie genau daraus Steuersignale abgeleitet werden. Daraus ist zu schließen, dass die zugrunde liegenden Maßnahmen hierzu fachüblich bekannt und ohne erfinderisches Dazutun umsetzbar sind. Dies alles wird lediglich auf einer abstrakten Metaebene definiert, welche technische Implementierungsdetails schuldig bleibt. Mangels konkreter technischer Implementierungsdetails lässt sich das beanspruchte Konzept in seiner abstrakten Art einem nicht-technischen Fachmann wie etwa einem Versicherungskaufmann zuordnen, der sich mit der Versicherung von Naturereignissen befasst und Anforderungen an eine Vorhersage spezifiziert.
Dass die Beschwerdeführerin vor diesem Hintergrund bemängelt, in D1 fehle die Angabe der technischen Mittel für eine Wirbelsturmtrack-Vorhersage, kann nicht überzeugen (vgl. die Beschwerdebegründung, Seite 7 unten). Es kann nicht vom Stand der Technik ein höherer Detailgrad erwartet werden als von der Offenbarung der Erfindung in den Anmeldungsunterlagen.
Artikel 56 EPÜ - Erfinderische Tätigkeit
2.1 Die Messvorrichtung mit Messsensoren in D1 sind vergleichbar einer geographisch zellulären Struktur organisiert (a global network of low earth orbiting satelites LEOs; vgl. Spalte 2, Zeilen 1 bis 25). Diese Satelliten senden ihre Daten u.a. mit Angabe von latitude und longitude zur Auswertung (vgl. D1, Spalte 7, Zeile 26ff "all data retrieved from the satellites 20 contains standardized reference fields comprising date, time, and geographic location. Using these reference fields, differing environmental data may be correlated against each other in a relational database. For example, data retrieved at a specific date, time, latitude and longitude for ozone concentrations may be matched against the atmospheric temperature at that same location and time. Using the reference fields, researchers are able to correlating different environment conditions and establish theoretic models of environmental interrelationships from empirical data").
Entgegen der Annahme der Beschwerdeführerin offenbart D1 damit eine in geographische Einheiten strukturierte Messvorrichtung, welche nicht historische Daten von z.B. Wirbelstürmen, sondern aktuelle Daten eines sich ereignenden Wirbelsturms erfasst und darauf basierend Vorhersagen liefert. Damit offenbart D1 das geänderte Merkmal der neu eingereichten unabhängigen Ansprüche.
2.2 Weiter entgegen der Annahme der Beschwerdeführerin offenbart D1 nicht nur ein reines Notifikationssystem, sondern erwähnt auch Maßnahmen wie eine Triggervorrichtung (vgl. Spalte 6, Zeile 40), Korrelation und Vorhersage (vgl. z.B. D1, Spalte 5, Zeile 64f. "forcasting" oder Zeile 67ff "This correlation provides a tool to determine how a combination of different conditions produce an end effect"). Somit sieht D1 zumindest implizit auch eine Form einer Extrapolation vor, ohne die eine Vorhersage nicht möglich ist. Die Beschwerdeführerin hat selbst zum Ausdruck gebracht, dass die vom Extrapolationsmodul verwendete Simulation als solche nicht Teil der Erfindung ist (siehe Seite 5, erster Absatz der Beschwerdebegründung). Die im Laufe des Verfahrens ergangene und in der zweiten mündlichen Verhandlung diskutierte Entscheidung G 1/19 - Pedestrian simulation vom 10. März 2021) führt daher für den beanspruchten Gegenstand zu keiner anderen Beurteilung.
2.3 Die Kammer stimmt der angefochtenen Entscheidung zu, dass D1 kein Monte-Carlo-Modul offenbart. Jedoch ist dieses Merkmal zum einen aufgabenhaft formuliert (siehe oben). Zum anderen fehlen auch hierbei technische Implementierungsdetails, die über die reine Verwendung einer solchen Monte-Carlo-Methode und deren bekannten mathematischen Hintergrund hinausgehen. Die Monte-Carlo-Methode war dem Fachmann für eine Echtzeitvorhersage geläufig (vgl. beispielhaft D6, welches die Wirbelsturmtrackvorhersage mittels eines Monte-Carlo Probability Models durchführt, siehe Seite 7 linke Spalte oder Seite 8; Abb. 5) und kann in der beanspruchten Allgemeinheit somit keine erfinderische Tätigkeit begründen.
Die Kammer stimmt mit der angefochtenen Entscheidung überein, dass der Triggerparameter im Anspruchsgegenstand der CatBond-Index wie der Pioneer Index sein kann und dass es sich bei der Aktivierung um die Aktivierung eines nicht-technischen Schadendeckungssystems handeln kann. In diesem Sinne lässt sich das beanspruchte Verfahren auch zu nicht-technischen Zwecken verwenden, indem beispielsweise beim Unterschreiten des berechneten Triggerindex eine Finanztransaktion ausgelöst wird. Dies stellt im Börsenhandel eine übliche Automatisierung dar (z.B. automatische Verkaufsorder beim Erreichen eines bestimmten Index-Wertes). Daher leistet das dynamische Triggern gemäß dem Verfahren nach Anspruch 1 keinen technischen Beitrag.
2.4 Vor dem Hintergrund, dass das beanspruchte Extrapolationsmodul lediglich abstrakt ohne technische Implementierungsdetails spezifiziert ist, unterscheidet sich das beanspruchte Verfahren nach Anspruch 1 in dieser Hinsicht im wesentlichen durch die Verwendung eines Monte-Carlo-Moduls zum Generieren von Datenrekords von der Lehre der D1.
Als objektive Aufgabe sieht die Kammer daher eine Vergrößerung der Datenbasis für eine Vorhersage durch Extrapolation an.
2.5 Die Beschwerdeführerin hat selbst zum Ausdruck gebracht, dass dem Fachmann eine Variation von Parametern mittels eines Monte-Carlo-Moduls bekannt war (vgl. Eingabe vom 24. April 2020, Seite 2, vorletzter Absatz). Vor diesem Hintergrund würde der Fachmann ausgehend von D1, die sowohl aktuelle Messdaten wie historische Daten erwähnt (vgl. Spalte 4, Zeile 54 oder Spalte 5, Zeilen 42 bis 44), auch die D3 berücksichtigen, welche sowohl Grids mit definierten Gridzellen als auch ein Monte-Carlo-Verfahren zur Variation von Parametern offenbart.
2.6 Der Fachmann weiß sehr wohl, dass die in D3 angewandte stochastische Mathematik nicht nur auf historisches Datenmaterial angewandt werden kann, sondern auch auf aktuelle Messwerte wie aus D1 bekannt.
2.7 Die Kammer ist allerdings nicht überzeugt, dass D3 ausschließlich Werte von historischen Tracks berücksichtigt. Vielmehr scheint D3 zum Erzeugen von weiteren Data Records und zur Vergrößerung der Datenbasis auch eine Variation von Messwerten in anderen Zellen zu berücksichtigen. Hierzu wird unter anderem vorgeschlagen, Nachbarzellen oder gegenüberliegende Zellen mit einzubeziehen (vgl. neighboring cells, Seite 6, Zeile 32; adjacent cells, Seite 6, Zeile 37). An verschiedenen Stellen in D3 wird vorgeschlagen, auch für andere Zellen als die des historischen Tracks Berechnungen vorzunehmen. So wird offenbart "establishing a pressure climatology for selected cells in the grid, based upon the atmospheric pressure data associated with at least some of the plurality of points along the historical tracks located within the selected grid cells. The pressure climatology for the selected cells may be a pressure distribution function. The pressure climatology for a selected cell in the grid may be established from the atmospheric data associated with the selected cell and/or the atmospheric pressure data associated with one or more cells adjacent the selected cell (i.e., one or more neighboring cell)" (vgl. Seite 6, Zeilen 24 bis 35).
Der Monte-Carlo-Sampling Prozess zur Gewinnung von alternativen Tracks wird explizit auch auf andere Zellen im Grid als die eines historischen Wirbelsturmtracks angewandt (vgl. Seite 5, Zeile 28ff, "one or more new intensity data of the new data records of said alternative tracks are generated from the intensity data associated with at least some of the plurality of points along the historical tracks by a MonteCarlo sampling process; whereas a distribution for a definable time period of the data records of the historical tracks is generates [sic] by means of a scaling table classifying the weather events by intensity and/or year of occurrence, and said distribution of said historical tracks are reproduced by a filtering module within the new or cumulated data records according to their assigned year; and whereas a wind field of each data record is generated based on a definable wind field profile, and a probability is assigned by a interpolation-module to each point in said grid, giving the probability of the occurrence of a specific wind strength at a given geographical location and time. As basis for the scaling table the Saffir-Simpson Hurricane Scale can for example be used.The first and second MonteCarlo-module as well as the interpolation-module can be realized by hardware and/or software") - Markierung hinzugefügt. Dabei werden auch alternative Datensätze erzeugt, deren Startpunkte sich von denen eines historischen Tracks unterscheiden (vgl. Seite 5, Zeilen 22 bis 30). In diesem Zusammenhang weist die Kammer auch darauf hin, dass bereits im Zuge der Erfassung jeweils aktueller Messdaten in D1 beim Eintreffen neuer Werte die vorherigen nun nicht mehr aktuellen Werte als "historische" Daten anzusehen sind und, da diese weiter in die Berechnungen einbezogen werden, vergleichbar anderen historischen Daten verarbeitet werden. Dies spricht dafür, dass der Fachmann bei der Lösung der objektiven Aufgabe auch die Lehre der D3 heranziehen würde.
Der Fachmann würde ohne erfinderisches Dazutun erkennen, dass die damit verbundene stochastische Mathematik auch auf die Messwerte aktueller Wirbelsturmdaten, wie aus dem nächstliegenden Stand der Technik D1 bekannt, angewandt werden kann. Somit würde das Monte-Carlo-Modul die Datenrekords anspruchsgemäß durch dynamische Variation von Randbedingungsparametern basierend auf den jeweiligen übertragenen aktuellen Messdaten generieren. Basierend auf den variierten Randbedingungsparametern würde so die Vielzahl von Datenrekords betreffend des Verlaufes der entsprechenden Vielzahl von möglichen zukünftigen Tracks des Wirbelsturms für definierbare zukünftige Zeitintervalle generiert. Dabei war es fachbekannt Verfahren des nächsten Abstands als Verfahren der größten Wahrscheinlichkeit oder der kleinsten quadratischen Abweichung oder des x**(2) oder des Kolmogorov-Smimov oder des Anderson-Darling zu verwenden. Die Kammer erkennt darin lediglich die Anwendung bekannter mathematischer Methoden ohne überraschende Wirkung oder technische Hürden.
3. Aus Sicht der Kammer ist der Gegenstand des geltenden unabhängigen Anspruchs 1 daher ausgehend von D1 kombiniert mit D3 im Lichte des allgemeinen Fachwissens nahegelegt.
Das gleiche gilt entsprechend für die nebengeordneten unabhängigen Ansprüche 16 und 31.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.