T 1375/14 () of 19.9.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T137514.20190919
Datum der Entscheidung: 19 September 2019
Aktenzeichen: T 1375/14
Anmeldenummer: 10158908.3
IPC-Klasse: H05B 3/74
H05B 6/06
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Detektieren von Kochgeschirrelementen auf einem Matrix-Kochfeld
Name des Anmelders: BSH Hausgeräte GmbH
Name des Einsprechenden: FagorBrandt SAS
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(b)
Schlagwörter: Einspruchsgründe - mangelhafte Offenbarung (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit welcher der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 242 328 zurückgewiesen worden ist.

II. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent vollständig zu widerrufen.

III. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

IV. In einer gemeinsam mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung versandten Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK hatte die Kammer den Parteien mitgeteilt, dass sie zu der Auffassung neige, dass das Patent entgegen dem Erfordernis des Artikels 100 b) EPÜ die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen kann.

V. Der unabhängige Anspruch 1 des Patents lautet wie folgt:

"Verfahren zum Detektieren von Kochgeschirrelementen (12, 14) auf einem Matrix-Kochfeld, umfassend die Schritte:

- Erzeugen einer ersten Abbildung einer Bodenfläche eines Kochgeschirrelements oder mehrerer Kochgeschirrelemente (12, 14), die auf das Matrix-Kochfeld aufgestellt sind, und

- Klassifizieren einer zusammenhängenden Fläche (28) in der ersten Abbildung abhängig von der Form und/oder Größe der Fläche (28),

dadurch gekennzeichnet, dass bei zumindest einem Ergebnis der Klassifizierung ein Topfseparationsalgorithmus angewandt wird, um Flächen, die von einem einzigen Kochgeschirrelement erzeugt sind, von Flächen (28) zu unterschieden, die von zwei oder mehreren Kochgeschirrelementen (12, 14) erzeugt sind."

VI. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 19. September 2019 statt.

VII. Die entscheidungsrelevanten Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

Laut Anspruch 1 erfolge die Unterscheidung zwischen einem einzigen Kochgeschirr und zwei oder mehreren Kochgeschirren erst durch die Anwendung des Topfseparationsalgorithmus. Es bestehe hierbei ein Widerspruch zu dem in der Beschreibung in den Absätzen [0029] bis [0032] beschriebenen Ausführungsbeispiel, wonach bereits der Schritt der Klassifikation die entsprechende Unterscheidung umfasse.

Auch unabhängig von diesem Widerspruch sei der Topfseparationsalgorithmus nicht ausreichend offenbart. Der betroffene Fachmann sei ein Fachmann auf dem Gebiet der Kochfelder. Folglich reiche eine einfache Erwähnung eines Bildverarbeitungsverfahrens für eine ausreichende Offenbarung nicht aus.

Auch durch Hinzuziehen eines Fachmanns aus dem Gebiet der Bildverarbeitung ergebe sich keine ausreichende Offenbarung. Bekannte Bildverarbeitungsverfahren müssten stets auf mehrere Hundert Bildpunkte angewandt werden, um Analysen zu ermöglichen. Gemäß dem Patent würden die Kochgeschirre jedoch nur durch eine sehr geringe Anzahl von Bildpunkten repräsentiert. Figur 4 zeige beispielsweise nur 2 Pixel für das Kochgeschirr 12. Daher liefere die Anwendung herkömmlicher Bildverarbeitungsverfahren im Patent kein brauchbares Ergebnis. Das einzige genannte Beispiel eines Separationsalgorithmus, die Symmetrieerkennung sei ungeeignet, die in den Figuren 4 und 5 gezeigten Töpfe zu unterscheiden, da die Symmetrieachse hierbei mittig durch die Kochzonen 16 und 18 verlaufe.

VIII. Die entscheidungsrelevanten Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

Der mit der Lehre des Patents betraute Fachmann sei ein Fachmann auf dem Gebiet der Entwicklung von Kochfeldern. Der Fachmann für Kochfelder besitze zwar selbst keine Kenntnisse auf dem Gebiet der Bildverarbeitung. Er wisse jedoch, dass es Bildverarbeitungsverfahren gebe, die eine Lösung für das Problem der Unterscheidung von mehreren Kochgeschirren einer zusammenhängenden bedeckten Fläche eines Matrix-Kochfelds bereitstellten. Daher würde der Fachmann für Kochfelder das Fachwissen eines Fachmanns für Bildverarbeitung hinzuziehen, um ein passendes Verfahren zu finden. Da das Patent lediglich die Anwendung herkömmlicher Bildverarbeitungsverfahren verlange, liege kein Offenbarungsmangel im Sinne des Artikels 100 b) EPÜ vor.

Klassifikation und Topfseparation widersprächen einander auch nicht, sondern bauten aufeinander auf, indem eine Topfseparation nur in solchen Fällen versucht werde, in denen die Klassifikation Grund zu der Annahme liefere, dass die zusammenhängende Fläche auf mehr als ein Kochgeschirr zurückgehe.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Beschwerde

Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingereicht und ist daher zulässig.

2. Unzureichende Offenbarung (Artikel 100 b) EPÜ)

An keiner Stelle des Patents findet sich ein Beispiel eines Topfseparationsalgorithmus im Sinne des Anspruchs 1.

Der beanspruchte aber nicht weiter beschriebene Topfseparationsalgorithmus kann auch nicht, wie von der Beschwerdegegnerin behauptet, durch Hinzuziehen des Fachwissens eines Fachmanns auf dem Gebiet der Bildverarbeitung ausgeführt werden. Üblicherweise werden Bildverarbeitungsalgorithmen auf eine große Zahl von Bildpunkten angewandt. Im Patent stehen jedoch nur die Informationen weniger Bildpunkte zur Verfügung. Um hierauf bekannte Bildverarbeitungsalgorithmen anwenden zu können, müssten diese entsprechend angepasst werden. Zu einer derartigen Anpassung enthält das Patent jedoch ebenfalls keine Informationen.

Darüber hinaus stehen die das Ausführungsbeispiel beschreibenden Absätze [0029] bis [0032] des Patents im Widerspruch zum Gegenstand des Anspruchs 1.

Laut Absatz [0029] unterscheidet bereits der Schritt der Klassifikation "ovale Bräter von runden Töpfen und von der in Fig. 4 und 5 dargestellten Situation mit zwei eng beieinanderstehenden Töpfen".

Laut Anspruch 1 erfolgt dieselbe Unterscheidung jedoch "bei zumindest einem Ergebnis der Klassifizierung" durch Anwenden eines Topfseparationsalgorithmus. Dabei ist weder das "zumindest eine Ergebnis" der Klassifikation noch der Topfseparationsalgorithmus im Anspruch oder im restlichen Patent näher beschrieben. Das einzige genannte Beispiel eines Topfseparationsalgorithmus, die Symmetrieerkennung, ist, wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen ungeeignet, um die in Figur 4 oder 5 gezeigten Töpfe zu unterscheiden, da eine mögliche Symmetrieachse allenfalls mittig durch die beiden Kochzonen 16 und 18 verläuft.

Folglich kann der Fachmann einerseits den zwischen dem Wortlaut des Anspruchs 1 und der Beschreibung des Patents bestehenden Widerspruch nicht auflösen. Andererseits kann der Fachmann, sogar wenn er besagten Widerspruch auflösen könnte, den beanspruchten Topfseparationsalgorithmus nicht ausführen, da dieser unzureichend offenbart ist.

Die Kammer ist folglich zu der Auffassung gelangt, dass das Patent entgegen dem Erfordernis des Artikels 100 b) EPÜ die beanspruchte Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.

3. Der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 b) EPÜ steht somit der Aufrechterhaltung des Patents entgegen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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