European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2019:T132814.20190404 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 04 April 2019 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1328/14 | ||||||||
Anmeldenummer: | 01129590.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | A61Q 17/04 A61K 8/49 A61K 8/37 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Kosmetische und dermatologische Lichtschutzformulierungen mit einem Gehalt an unsymmetrisch substituierten Triazinderivaten und oberflächenaktiven Zitronensäureestern | ||||||||
Name des Anmelders: | Beiersdorf AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | CREMER OLEO GmbH & Co. KG L'Oréal Sasol Germany GmbH |
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Kammer: | 3.3.10 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein) Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (nein) Erfinderische Tätigkeit - Verbesserung nicht glaubhaft Erfinderische Tätigkeit - naheliegende Alternative |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 1 216 690 unter Artikel 101(3)(b) EPÜ zu widerrufen.
II. Im Einspruchsverfahren war das Streitpatent von den Beschwerdegegnerinnen I-III (Einsprechende 1-3) unter Artikeln 100(a), 100(b) und 100(c) EPÜ wegen mangelnder Neuheit, mangelnder erfinderischer Tätigkeit, mangelnder Ausführbarkeit und unzulässiger Erweiterung angegriffen worden.
III. Im Einspruchs- und Beschwerdeverfahren wurden unter anderem die folgenden Dokumente zitiert:
D2: |EP 1 000 611 |
D3: |EP 0 801 944 |
D7: |EP 1 013 262 |
D8: |EP 0 950 397 |
D20:|US 5,346,691 |
D25:|"Rapport d'essais", Beschwerdegegnerin II, eingereicht mit der Einspruchsschrift vom 23. April 2013 |
D27:|"Dokument D27", Beschwerdeführerin, eingereicht mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2013 |
D33:|"BDF patent - in-vitro data", Beschwerdegegnerin I, eingereicht mit Schriftsatz vom 7. März 2014 |
D44:|Richtlinie des Rates 76/768/EWG, vom 27. Juli 1976 |
D45:|"Rapport d'essais", Beschwerdegegnerin II, eingereicht mit Schriftsatz vom 25. März 2015 |
D46:|"Données individuelles du rapport d'essais D25/D45", Beschwerdegegnerin II, eingereicht mit Schriftsatz vom 1. März 2019|
IV. Die Einspruchsabteilung kam in der angefochtenen Entscheidung zu dem Schluss, dass sowohl der damals vorliegende Hauptantrag wie auch die Hilfsanträge 1 und 2 die Erfordernisse der Artikel 123, 84 und 54 EPÜ erfüllen, wohingegen die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ von keinem der Anträge erfüllt werden. Entscheidungswesentlich war, dass für die beanspruchten lichtschutzwirksamen Emulsionen nach Ansicht der Einspruchsabteilung kein verbesserter sandabweisender Effekt verglichen mit den Zusammensetzungen des nächsten Stands der Technik (D3) gezeigt werden konnte. Als bloße Alternative zu den aus D3 bekannten Zusammensetzungen wurden die beanspruchten Emulsionen als naheliegend angesehen.
V. Im Beschwerdeverfahren reichte die Beschwerdeführerin einen Haupt- und einen Hilfsantrag ein, die im wesentlichen dem ersten und zweiten Hilfsantrag aus dem Einspruchsverfahren entsprechen. Der jeweils unabhängige Anspruch 1 dieser beiden Anträge lautet wie folgt (die Disclaimer des Hauptantrags sind der besseren Übersichtlichkeit halber weggelassen):
Hauptantrag:
1. Lichtschutzwirksame kosmetische oder dermatologische Emulsionen, dadurch gekennzeichnet, dass sie
(a) einen oder mehrere partiell neutralisierte Ester von Monoglyceriden und/oder Diglyceriden gesättigter Fettsäuren mit Zitronensäure und
(b) mindestens eine UV-Filtersubstanz, gewählt aus der Gruppe der unsymmetrisch substituierten Triazinderivate enthalten, wobei als unsymmetrisch substituiertes Triazinderivat 2,4-Bis-{[4-(2-ethyl-hexyloxy)-2-hydroxy]-phenyl}-6-(4-methoxyphenyl)-1,3,5-triazin gewählt wird,
mit Ausnahme der Zubereitungen [Disclaimer 1-9]
Hilfsantrag:
1. Lichtschutzwirksame kosmetische oder dermatologische Emulsionen, dadurch gekennzeichnet, dass sie enthalten:
(a) einen oder mehrere partiell neutralisierte Ester von Monoglyceriden und/oder Diglyceriden gesättigter Fettsäuren mit Zitronensäure,
(b) mindestens eine UV-Filtersubstanz, gewählt aus der Gruppe der unsymmetrisch substituierten Triazinderivate, wobei als unsymmetrisch substituiertes Triazinderivat 2,4-Bis-{[4-(2-ethyl-hexyloxy)-2-hydroxy]-phenyl}-6-(4-methoxyphenyl)-1,3,5-triazin gewählt wird, und
(c) 4-(tert-Butyl)-4'-methoxydibenzoylmethan.
VI. In Bezug auf die entscheidungsrelevante Frage der erfinderischen Tätigkeit, insbesondere die Frage, ob die beanspruchten Zusammensetzungen verglichen mit denjenigen der D3 zu geringerer Sandanhaftung führen, argumentierte die Beschwerdeführerin im wesentlichen wie folgt:
Verbesserte sandabweisende Eigenschaften der beanspruchten Zusammensetzungen seien durch die Versuchsberichte in D27 nachgewiesen. D27 enthalte sowohl in-vitro-Versuche, als auch in-vivo-Versuche, aus denen hervorgehe, dass beanspruchte Zusammensetzungen, die sich von denen der D3 nur durch den Austausch des UV-Filters unterscheiden, zu geringerer Sandanhaftung führten. Die Versuche seien nacharbeitbar und die Ergebnisse signifikant.
Demgegenüber seien die in D25 und D45 dokumentierten Versuche der Beschwerdegegnerin II mit verschiedenen methodischen Mängeln behaftet und nicht nacharbeitbar. Zudem stützten die Versuchsergebnisse der D45 den gewünschten Effekt sogar, obwohl sie von der Beschwerdegegnerin II stammten.
In Bezug auf den Hilfsantrag seien nur die Ergebnisse aus D27 und D45 relevant, die beide den gewünschten Effekt bewiesen.
Selbst, wenn man davon ausgehe, ein verbesserter sandabweisender Effekt sei nicht erwiesen, so seien doch die beanspruchten Emulsionen aus dem Stand der Technik nicht nahegelegt. Ausgehend von D3 sei das zu lösende Problem die Bereitstellung einer alternativen Sonnenschutzemulsion. Der Fachmann hätte keine Veranlassung gehabt, ausgehend von D3 ausgerechnet den UV-Filter auszutauschen. Eine solche Schlussfolgerung entspringe einer rückschauenden Betrachtungsweise.
VII. Zu diesen Fragen argumentierten die Beschwerdegegnerinnen im wesentlichen wie folgt:
Die Daten in D27 seien statistisch nicht aussagekräftig, da die Anzahl der Experimente zu gering sei. Zudem leide die Versuchsanordnung an methodischen Mängeln und sei nicht reproduzierbar.
Demgegenüber seien die Versuche der D25 und der D45 mittels eines trainierten Expertenpanels erhalten worden und erlaubten aufgrund der Anzahl der durchgeführten Versuch eine statistische Auswertung. Die Daten der D25 und der D45 zeigten einen gegenteiligen als den behaupteten bzw. keinen statistisch signifikanten Effekt des Austauschs des UV-Filters in Bezug auf sandabweisende Eigenschaften.
Da verbesserte sandabweisende Eigenschaften nicht nachgewiesen seien, sei das gelöste Problem ausgehend von D3 lediglich die Bereitstellung einer alternativen Sonnenschutzemulsion. Die beanspruchten Emulsionen seien eine naheliegende Lösung dieses Problems, da aus verschiedenen Dokumenten, etwa D2, D3, D7, D8, D20 oder D44 der beanspruchte UV-Filter als Alternative zu dem in D3 offenbarten UV-Filter bekannt sei.
Dies gelte in analoger Weise für die Ansprüche des Hilfsantrags.
VIII. Des weiteren erhoben die Beschwerdegegnerinnen noch Einwände unter Artikeln 54 und 123(2) EPÜ gegen die vorliegenden Anspruchssätze.
IX. Am 4. April 2019 fand die mündliche Verhandlung statt.
X. Die Beschwerdeführerin beantragt, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent auf Basis des Hauptantrages, hilfsweise des Hilfsantrages, jeweils eingereicht mit der Beschwerde(-begründung), aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdegegnerinnen beantragen die Zurückweisung der Beschwerde.
XI. Am Ende der Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Hauptantrag
2. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
Die Ansprüche richten sich auf lichtschutzwirksame Emulsionen. Laut Absatz [0001] der Patentschrift haben diese Emulsionen sandabweisende Eigenschaften.
2.1 Nächster Stand der Technik
Zur Analyse der erfinderischen Tätigkeit gingen die Beschwerdeführerin sowie die Beschwerdegegnerinnen I und II von D3 als nächstem Stand der Technik aus; die Beschwerdegegnerin III hat D7 als nächsten Stand der Technik gewählt. In der angefochtenen Entscheidung wird ebenfalls von D3 als nächstem Stand der Technik ausgegangen.
Sowohl D3 als auch D7 befassen sich mit lichtschutzwirksamen Emulsionen. Beide Dokumente offenbaren die vorliegend in Merkmal (a) definierten Zitronensäureester (Imwitor 370); diese werden allerdings nur in D3 auch in den Ausführungsbeispielen verwendet. D7 offenbart im allgemeinen Teil auch den vorliegend als Komponente (b) verlangten UV-Filter. Obwohl die genannten Dokumente ähnlichen Inhalts sind, ist nach Ansicht der Kammer D3 der nächste Stand der Technik, da D3 spezifische Zusammensetzungen offenbart (Beispiele 1 und 3), die strukturell näher an den vorliegenden Ansprüchen sind, als diejenigen der D7.
2.2 Aufgabe
Die vorliegende Patentschrift stellt sich zur Aufgabe, sandabweisende Lichtschutzemulsionen zu finden. Dies ist etwa in Absatz [0013] des Streitpatents beschrieben.
Die Beschwerdeführerin definiert als zu lösende technische Aufgabe, ausgehend von D3 die sandabweisenden Eigenschaften der Emulsionen zu verbessern.
2.3 Lösung
2.3.1 Gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags wird dieses Problem durch die dort definierten Emulsionen gelöst, die sich von D3 durch die Art des UV-Filters (Komponente (b)) unterscheiden.
Im folgenden wird der in D3 verwendete UV-Filter als Uvinul, der in den Ansprüchen des Streitpatents verwendete UV-Filter als Tinosorb bezeichnet.
2.3.2 Das Streitpatent selbst enthält weder Vergleichsdaten, aus denen eine Verbesserung sandabweisender Eigenschaften hervorgeht, noch überhaupt irgendwelche Daten in Bezug auf diesen Effekt.
Im Verlauf des Einspruchs- und Beschwerdeverfahrens wurden von den Parteien verschiedene Testberichte eingereicht, die die Sandanhaftung bei Verwendung anspruchsgemäßer im Vergleich zu aus D3 bekannter Emulsionen zum Gegenstand haben. Dabei handelt es sich um D27, das von der Beschwerdeführerin eingereicht wurde, sowie um D25, D45 und D46, die von der Beschwerdegegnerin II eingereicht wurden.
2.3.3 Versuchsdaten
Das Streitpatent gibt kein Testverfahren an, mittels dessen sandabweisende Eigenschaften zu testen wären. Es wurde auch nicht vorgebracht, dass ein allgemein akzeptiertes, standardisiertes Testverfahren zum Nachweis solcher Eigenschaften existiert und befolgt werden müsste. Es steht den Parteien daher zunächst frei, solche Eigenschaften mittels selbst gewählter Versuchsanordnungen zu bestimmen. Versuchsreihen der jeweiligen Gegenpartei leiden nicht schon allein deshalb unter mangelnder Aussagekraft, weil sie nicht mit der selbst gewählten Messmethode erhalten wurden.
Die Einspruchsabteilung ist in ihrer Entscheidung zu dem Schluss gekommen, dass in der Gesamtschau der ihr vorliegenden Ergebnisse aus D27 und D25 eine Verbesserung sandabweisender Eigenschaften im Vergleich zu D3 nicht bewiesen wurde (siehe Punkt 2.4.3 der angefochtenen Entscheidung). Die Kammer schließt sich dieser Beurteilung auch unter Berücksichtigung des nun zusätzlich im Verfahren befindlichen Versuchsberichts D45 an, und zwar aus den folgenden Gründen:
D27, in-vitro-Daten
Diese Daten zeigen, unabhängig von möglicher Kritik an der Methodik der Messungen, keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen Zusammensetzungen der Beispiele 1 und 3 der D3 und entsprechend modifizierten erfindungsgemäßen Zusammensetzungen, in denen der UV-Filter Uvinul durch Tinosorb ersetzt wurde. Für Beispiel 3 ergibt sich eine Differenz der Mittelwerte von 0,24 mg Sand pro m**(2) bei einer Standardabweichung in zehnfacher Größenordnung. Auch für Beispiel 1 liegt die Differenz der Messwerte im Bereich der ermittelten Standardabweichungen. Die statistische Auswertung in D33 verdeutlicht, dass kein statistisch signifikanter Unterschied besteht.
D25, D27, D45, in-vivo-Daten
Die Beschwerdeführerin verwendet in D27 ein Testprotokoll, bei dem eine bestimmte Menge Emulsion bei fünf Testpersonen auf die Unterarme aufgetragen und diese dann mit Sand berieselt werden. Danach wird in die Hände geklatscht und der verbleibende Sand mit Ethanol abgespült und ausgewogen.
Die Beschwerdegegnerin II verwendet in D25 und D45 ein Testprotokoll, bei dem eine Gruppe trainierter Expertinnen oder Experten (mindestens 10) die mit der Testemulsion eingecremten Handflächen in den Sand drückt, die Hände gegeneinander reibt, und die verbleibende Menge des anhaftenden Sandes visuell bewertet.
Die Parteien haben detailliert vorgetragen, welche methodischen Mängel sie jeweils in der Versuchsanordnung der Gegenpartei sehen. Die Beschwerdeführerin monierte in D25/D45 u. a. mögliche Druckschwankungen beim Auftragen oder Entfernen des Sandes, die fehlende Angabe der Menge des aufgetragenen Produkts und die unklare Mess-Skala. Die Beschwerdegegnerinnen monierten bei D27 u. a. den Einfluss des Händeklatschens, den Einfluss der Art des Rieselns, die große angegebene Oberfläche und das fehlende Training der Testpersonen. Andererseits haben die Parteien aber nicht gezeigt, ob und inwieweit Variationen in diesen Versuchsbedingungen die Ergebnisse tatsächlich beeinflussen. Die Kammer ist daher der Ansicht, dass beide Testprotokolle nacharbeitbar sowie grundsätzlich zur Bestimmung der Sandanhaftung geeignet sind. Eventuelle Fehlerquellen sollten sich zudem, zumindest bei ausreichender Anzahl an durchgeführten Versuchen, in gleicher Weise auf die Messwerte der erfindungsgemäßen bzw. der Referenzbeispiele auswirken, so dass prinzipiell vergleichende Aussagen möglich sind.
Den Ergebnisse aus der D25 (für Beispiel 1 der D3) zufolge haftet bei Verwendung erfindungsgemäßer Emulsionen mehr Sand an der Haut, als bei der Verwendung von Emulsionen gemäß D3.
Den Ergebnissen der D45 (für Beispiel 3 der D3) zufolge lässt sich kein statistisch signifikanter Unterschied bei der Verwendung erfindungsgemäßer Emulsionen im Vergleich zu solchen der D3 feststellen. Zwar hat die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass laut D46 die Mehrzahl der Mitglieder des Expertenpanels bei der anspruchsgemäßen Formulierung weniger Sandanhaftung beobachtet hat. Allerdings führt dies bei der statistischen Auswertung nicht zu einem signifikanten Unterschied.
Den Ergebnissen der D27 zufolge ergibt sich in beiden Fällen (Beispiel 1 und Beispiel 3) eine Verringerung der Sandanhaftung bei der Verwendung erfindungsgemäßer Emulsionen.
Die Ergebnisse der Testreihen sind daher widersprüchlich.
Die Ergebnisse der D25/D45 wurden mit mindestens 10 Messpunkten erhalten, die Messwerte sind aus D46 ersichtlich. Die Ergebnisse der D27 wurden nur mit fünf Messpunkten erhalten. Die Standardabweichungen in D27 sind sehr groß und deuten auf eine erhebliche Streuung der Messwerte hin; die einzelnen Messwerte an sich sind nicht angegeben. Eine statistische Auswertung erscheint bei nur fünf Messpunkten wenig sinnvoll; die Beschwerdeführerin hat jedenfalls keine Angaben zur Signifikanz vorgelegt.
Zusammenfassend liegen daher folgende Ergebnisse vor: kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den beanspruchten Emulsionen und denen der D3 (D45, D27 in-vitro), weniger Sandanhaftung bei den Emulsionen der D3 (D25), und weniger Sandanhaftung bei den beanspruchten Emulsionen (D27 in-vivo), mit den oben diskutierten statistischen Mängeln der D27.
Nach Ansicht der Kammer ist eine Verbesserung der sandabweisenden Wirkung der beanspruchten Emulsionen im Vergleich zu denen der D3 daher nicht nachgewiesen.
Die oben definierte technische Aufgabe ist daher nicht glaubhaft gelöst worden und kann für die Frage der erfinderischen Tätigkeit im Rahmen des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes nicht verwendet werden.
2.4 Umformulierung der technischen Aufgabe
Die Aufgabe, die mittels der anspruchsgemäßen Emulsionen ausgehend von D3 gelöst wurde, ist daher lediglich, alternative Lichtschutzemulsionen zur Verfügung zu stellen.
Dieses Problem wurde gelöst. Dies wurde im Verfahren nicht bestritten.
2.5 Naheliegen der Lösung
Die vorgeschlagene Lösung unterscheidet sich von den Emulsionen der D3 durch die Art des UV-Filters. Anspruchsgemäß wurde Tinosorb verwendet, in D3 wird nur Uvinul eingesetzt.
Diese beiden UV-Filter waren aber für den Fachmann bekannte Alternativen. Tinosorb ist ein zum Prioritätszeitpunkt wohlbekannter UV-Filter. Dies ist in mehreren Dokumenten des Standes der Technik beschrieben. Beispielsweise listet D7 die beiden Substanzen in Absatz [0068] als alternativ zu verwendende UV-Filter in Sonnenschutzemulsionen auf. Weitere, ähnliche Offenbarungen finden sich etwa in D2 (Absätze [0020], [0025]) oder der D44, die zum Prioritätszeitpunkt in der EU zugelassene UV-Filter auflistet (Uvinul Seite 176 Nr. 15, Tinosorb Seite 177 Nr. 25).
Die in Anspruch 1 definierten Emulsionen sind daher für den Fachmann ausgehend von D3 naheliegende Alternativen.
Das Argument der Beschwerdeführerin, der Fachmann hätte ausgehend von D3 auf der Suche nach Alternativen ohne Rückschau nicht gerade den UV-Filter ausgetauscht, ist nicht überzeugend. Ein Fachmann könnte auf der Suche nach Alternativen beliebige Komponenten der Emulsionen der D3 gegen bekannte, äquivalent verwendbare Komponenten austauschen. Solange damit kein bestimmter Zweck verfolgt wird, ist allerdings für das Auffinden keiner dieser alternativen Emulsionen erfinderisches Zutun nötig.
Hilfsantrag
3. Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich von dem des Hauptantrags dadurch, dass als zusätzliche Komponente (c) 4-(tert-Butyl)-4'-methoxydibenzoylmethan (Parsol 1789) verlangt wird.
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin dürften in Bezug auf den Hilfsantrag nur die Vergleichsexperimente mit Beispiel 3 der D27 sowie D45 berücksichtigt werden. Da aus D27 ein Effekt erwiesen sei und auch D45 einen, wenn auch wenig ausgeprägten Effekt zeige, seien verbesserte sandabweisende Eigenschaften für die Zusammensetzungen gemäß Hilfsantrag nachgewiesen.
Die Kammer folgt dieser Sichtweise nicht.
Selbst wenn man nur D27 und D45 für einen Vergleich berücksichtigte, so ist das Ergebnis der Analyse unverändert. Die Ergebnisse bleiben widersprüchlich. In D45 wurde kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den beanspruchten Emulsionen und denen der D3 festgestellt, in der D27 zeigen beanspruchte Emulsionen weniger Sandanhaftung als die der D3, mit den in Punkt 2.3.3 diskutierten statistischen Mängeln der D27. In der Gesamtschau dieser Ergebnisse ist daher eine Verbesserung der sandabweisenden Wirkung der beanspruchten Emulsionen im Vergleich zu denen der D3 nicht nachgewiesen.
In Abwesenheit einer verbesserten sandabweisenden Wirkung sind die in Anspruch 1 des Hilfsantrags definierten Emulsionen für den Fachmann ausgehend von D3 naheliegende Alternativen. Das im Vergleich zum Hauptantrag neu eingeführte Merkmal (c) ist ja bereits im nächsten Stand der Technik D3 als möglicher Bestandteil der Emulsionen beschrieben, siehe etwa Seite 8, Zeilen 19-20 sowie in Beispiel 3. Die für den Hauptantrag durchgeführte Analyse und Bewertung gilt deshalb hier analog (vgl. Punkt 2.5 oben).
4. Da keiner der vorliegenden Anträge die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ erfüllt, braucht auf die weiteren Einwände der Beschwerdegegnerinnen nicht eingegangen zu werden.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.