T 1275/14 () of 27.11.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T127514.20181127
Datum der Entscheidung: 27 November 2018
Aktenzeichen: T 1275/14
Anmeldenummer: 07009172.3
IPC-Klasse: B32B 27/32
B32B 27/34
A22C 13/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Mehrschichtige flächen- oder schlauchförmige Nahrungsmittelfolie
Name des Anmelders: KUHNE ANLAGENBAU GmbH
Name des Einsprechenden: Bemis Company, Inc.
Kammer: 3.3.09
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(c)
European Patent Convention R 103(1)(a)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 15(3)
Schlagwörter: Mündliche Verhandlung - in Abwesenheit des Beschwerdeführers abgehalten
Einspruchsgründe - unzulässige Erweiterung (ja)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde des Patentinhabers richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 1 857 271 zu widerrufen.

II. In der Einspruchsschrift hatte der Einsprechende den Widerruf des Patents in vollem Umfang beantragt und sich auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit), 100 b) und 100 c) EPÜ gestützt.

III. In seiner Erwiderung beantragte der Patentinhaber, den Einspruch zurückzuweisen (Hauptantrag), und reichte einen Hilfsantrag ein, in welchem lediglich ein Absatz in der Beschreibung geändert wurde. Ein Antrag auf mündliche Verhandlung wurde nicht gestellt.

IV. Der Einsprechende nahm mit Schreiben vom 19. Dezember 2012 den Einspruch zurück. Der Beschluss der Einspruchsabteilung, das Einspruchsverfahren von Amts wegen fortzusetzen, wurde dem Patentinhaber offensichtlich nicht mitgeteilt. Die schriftliche Entscheidung über den Widerruf des europäischen Patents, datiert 28. März 2014, wurde dem Patentinhaber zugestellt.

V. Anspruch 1 des erteilten Patents sowie des Hilfsantrags hat folgenden Wortlaut:

"1 Mehrschichtige flächen- oder schlauchförmige Nahrungsmittelfolie für Schrumpfbeutel, gekennzeichnet durch folgenden, von außen nach innen gezählten Schichtenaufbau, mit wenigstens sieben Schichten:

a)

- die erste Schicht von außen enthält als Schichtbestandteil ein Polyolefin, vorzugsweise Polyethylen,

- die zweite Schicht von außen enthält als Schichtbestandteil einen Haftvermittler,

- die dritte Schicht von außen enthält als Schichtbestandteil Polyamid,

- die vierte Schicht von außen enthält als Schichtbestandteil EVOH,

- die fünfte Schicht von außen enthält als Schichtbestandteil Polyamid,

- die sechste Schicht von außen enthält als Schichtbestandteil einen Haftvermittler, und

- die siebte Schicht von außen enthält als Schichtbestandteil ein Polyolefin, vorzugsweise Polyethylen,

oder b)

- die erste Schicht von außen enthält als Schichtbestandteil PET,

- die zweite Schicht von außen enthält als Schichtbestandteil einen Haftvermittler,

- die dritte Schicht von außen enthält als Schichtbestandteil Polyamid,

- die vierte Schicht von außen enthält als Schichtbestandteil EVOH,

- die fünfte Schicht von außen enthält als Schichtbestandteil Polyamid,

- die sechste Schicht von außen enthält als Schichtbestandteil einen Haftvermittler, und

- die siebte Schicht von außen enthält als Schichtbestandteil ein Polyolefin, vorzugsweise Polyethylen,

oder c)

- die erste Schicht von außen enthält als Schichtbestandteil ein Polyolefin, vorzugsweise Polyethylen,

- die zweite Schicht von außen enthält als Schichtbestandteil EVA,

- die dritte Schicht von außen enthält als Schichtbestandteil einen Haftvermittler,

- die vierte Schicht von außen enthält als Schichtbestandteil EVOH,

- die fünfte Schicht von außen enthält als Schichtbestandteil einen Haftvermittler,

- die sechste Schicht von außen enthält als Schichtbestandteil EVA, und

- die siebte Schicht von außen enthält als Schichtbestandteil ein Polyolefin, vorzugsweise Polyethylen;

wobei der Schrumpf der Schichtaufbauten (a), (b) und (c) jeweils wenigstens 20 bis 60%, vorzugsweise wenigstens 30 bis 50%, bei einer Wassertemperatur von um 95°C beträgt."

VI. In ihrer Entscheidung gelangte die Einspruchsabteilung zu dem Schluss, dass Artikel 100 c) EPÜ und Artikel 100 b) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patent nicht entgegen stehen. Allerdings sei der Gegenstand von Anspruch 1 beider Anträge nicht neu gegenüber dem Dokument D1 (US 4,755,419).

VII. Gegen diese Entscheidung legte der Patentinhaber (im Folgenden: der Beschwerdeführer) Beschwerde ein. Er beantragte die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Haupt- oder Hilfsantrags, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr und hilfsweise das Abhalten einer mündlichen Verhandlung.

Anspruch 1 des Hauptantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des erteilten Patents (siehe Punkt V) dadurch, dass der Schrumpf auf "jeweils wenigstens 30% bis 50%" eingeschränkt ist.

Gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags enthält Anspruch 1 des Hilfsantrags das zusätzliche Merkmal "wobei der Überdehnungsfaktor der Schichtenaufbauten (a), (b) und (c) jeweils bei wenigstens 5 bis 15%, vorzugsweise bei 10 bis 12%, beträgt [sic]".

VIII. Der Beschwerdeführer wurde antragsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen. In ihrem Bescheid erläuterte die Kammer ihre vorläufige Meinung, insbesondere zu in der Prüfungsphase vorgenommenen Änderungen (Artikel 100 c) EPÜ) im Zusammenhang mit der Auslegung der Ansprüche.

IX. Mit Schreiben vom 15. Oktober 2018 nahm der Beschwerdeführer den Antrag auf mündliche Verhandlung zurück und beantragte, unter Berücksichtigung seines Vorbringens nach Aktenlage zu entscheiden. In diesem Schreiben nahm er Bezug auf folgende Dokumente, die aber nicht eingereicht wurden:

D11: |WO 01/70500 A1 |

D12: |EP 0 204 918 A2 |

D13: |US 6,405,869 B1 |

D14: |US 5,302,402 |

D15: |WO 99/44824 A1 |

D16: |Werbeprospekt Fa. Krehalon Industries B.V.|

X. Die Argumente des Beschwerdeführers können, soweit für die vorliegende Entscheidung relevant, wie folgt zusammengefasst werden:

- Grundlage für die Änderung betreffend den Schrumpf sowohl im erteilten Anspruch als auch in Anspruch 1 des Haupt- und Hilfsantrags sei Seite 5, Zeilen 15 bis 18 der ursprünglichen Beschreibung. Der in dieser Passage für die Anwendung bei Schrumpfbeuteln beschriebene hohe Schrumpf deute für den Fachmann eindeutig darauf hin, dass die Schrumpffolie einen bei Wärmeeinwirkung ausreichenden Schrumpf, also ein Zusammenziehen der Folie sowohl in der Maschinenrichtung als auch in der Querrichtung haben müsse. Die eingereichten Dokumente belegten dieses Vorbringen.

- Die Beschwerdegebühr sei zurückzuzahlen, weil der Verfahrensfehler der Einspruchsabteilung, das Einspruchsverfahren ohne Mitteilung an den Beschwerdeführer von Amts wegen fortzusetzen und das Patent zu widerrufen, das Einlegen der Beschwerde notwendig gemacht habe.

XI. Die mündliche Verhandlung fand am 27. November 2018 in Abwesenheit des Beschwerdeführers statt. Am Ende der Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.

XII. Der Beschwerdeführer beantragte schriftlich die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Haupt- oder Hilfsantrags, sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.

Entscheidungsgründe

1. Der ordnungsgemäß geladene Beschwerdeführer hat den Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen. Nach Regel 115 (2) EPÜ und Artikel 15 (3) VOBK ist die Kammer nicht verpflichtet, einen Verfahrensschritt einschließlich ihrer Entscheidung aufzuschieben, nur weil ein ordnungsgemäß geladener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend ist. Die Kammer hat daher die Beschwerde nach Aktenlage und im Lichte des bisherigen Vorbringens geprüft.

2. Vorbringen in Zusammenhang mit D16

Der Beschwerdeführer hat in seinem Schreiben vom 15. Oktober 2018 auf den Werbeprospekt D16 hingewiesen. D16 scheint nicht Gegenstand des bisherigen Verfahrens gewesen zu sei, und wurde auch nicht als Anlage eingereicht. Dieses Dokument ist der Kammer im Gegensatz zu den Patentschriften D11 bis D15 nicht ohne weiteres zugänglich. Es wäre die Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen, insbesondere in diesem späten Verfahrensstadium, d.h. nach Zustellung der Ladung, sein gesamtes Vorbringen einschließlich der von ihm als notwendig erachteten Beweismittel einzureichen. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass der Beschwerdeführer in dem gleichen Schreiben angekündigt hatte, nicht an der Verhandlung teilnehmen zu wollen, sodass er seinen Vortrag vor der Kammer, im Rahmen des Gewährbaren, nicht ergänzen konnte. Die Kammer übt daher ihr Ermessen dahingehend aus, das Vorbringen in Zusammenhang mit diesem Dokument nach Artikel 13 (1) VOBK nicht zu berücksichtigen.

3. Hauptantrag - Artikel 100 c) EPÜ

3.1 Das Streitpatent basiert auf einer europäischen Teilanmeldung (EP 07 009 172.3), die auf der Grundlage der früheren Anmeldung (EP 03 738 004.5) eingereicht wurde. Während des Prüfungsverfahrens der Teilanmeldung wurde Anspruch 1 dahingehend geändert, dass das folgende Merkmal in den Wortlaut aufgenommen wurde:

"wobei der Schrumpf der Schichtaufbauten (a), (b) und (c) jeweils wenigstens 20 bis 60%, vorzugsweise wenigstens 30 bis 50%, bei einer Wassertemperatur von um 95°C beträgt."

In Anspruch 1 des Hauptantrags ist dieses Merkmal auf den bevorzugten Bereich von wenigstens 30 bis 50% eingeschränkt worden.

3.2 Die einzige Grundlage für die Änderung ist die Passage auf Seite 5, Zeile 15 bis 18, die sowohl in der Teilanmeldung als auch in der früheren Anmeldung enthalten ist. Sie lautet:

"Speziell bei Schrumpfbeuteln oder dgl. ist mit den erstmalig vorgeschlagenen Schichtaufbauten in vorteilhafter Weise ein besonders hoher Schrumpf erzielbar, der wenigstens 20 bis 60%, vorzugsweise wenigstens 30 bis 50%, bei einer Wassertemperatur von um 95 °C beträgt."

3.3 Es ist unstreitig dass weder in dieser Passage noch an anderer Stelle der Teilanmeldung (oder der früheren Anmeldung) eine ausdrückliche Grundlage für die Änderung vorhanden ist, wonach der Schrumpf jeweils wenigstens 30 bis 50% beträgt.

3.4 In diesem Zusammenhang weist die Kammer darauf hin, dass es offensichtlich bereits im Einspruchsverfahren streitig war, wie die auf Seite 5 offenbarte Schrumpfrate auszulegen ist (Gesamtschrumpf oder richtungsgebundener Schrumpf). Die Einspruchsabteilung bemerkte dazu im letzten Absatz auf Seite 5 ihrer Entscheidung, dass "die Patentanmeldung keinerlei Anregung in dieser Frage gibt". Sie hat aber diese Frage nicht abschließend geklärt, weil deren Beantwortung für die Entscheidung über die Neuheit von Anspruch 1 nicht relevant war. Sie stellte fest, dass die in der D1 offenbarten Schrumpfwerte von 20% in longitudinaler und 25% in transversaler Richtung selbst bereits in den Bereich des erteilten Anspruchs 1 fielen (d.h. auch ein möglicher Gesamtschrumpf von (20% + 25%) würde in den Bereich des erteilten Anspruchs 1 fallen).

3.5 Allerdings hat die Beschränkung des Schrumpfes auf 30 bis 50% in Anspruch 1 des Hauptantrags und der Vortrag der Beschwerdeführerin diesen Themenkreis wieder in den Fokus gerückt, insbesondere die Stütze in der ursprünglichen Offenbarung für das Wort "jeweils" und die damit verbundene Auslegung des Patentinhabers (nämlich, dass der Schrumpf in Maschinen- und Querrichtung bezeichnet wird). Die Kammer hatte in ihrem Bescheid auf diesen Sachverhalt hingewiesen (Punkte 3.1 bis 3.3), und der Beschwerdeführer hat im Schreiben vom 15. Oktober 2018 zu diesen Punkten auch Stellung genommen.

3.6 Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass der auf Seite 5, Zeilen 15 bis 18 beschriebene "hohe Schrumpf" für den Fachmann eindeutig darauf hindeute, dass die Schrumpffolie einen bei Wärmeeinwirkung ausreichenden Schrumpf sowohl in der Maschinenrichtung, wie auch in der Querrichtung haben muss, d.h. jeweils einen Schrumpf in dem angegebenen Bereich in beide Richtungen haben muss. In diesem Zusammenhang hat der Beschwerdeführer auf eine Vielzahl von Dokumenten (D11 bis D15) hingewiesen, die dieses belegen sollen.

3.7 Bei diesen Dokumenten handelt es sich allerdings um Patentschriften. Das allgemeine Fachwissen schließt in der Regel Patentliteratur und wissenschaftliche Artikel nicht ein (Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 8. Auflage, 2016,

Kapitel I.C.2.8.2). Aber selbst wenn man D11 bis D15 berücksichtigt, können diese Dokumente die Argumente des Beschwerdeführers nicht stützen.

3.7.1 D11 offenbart wärmeschrumpfbare, siegelbare, für die Verpackung von Lebensmitteln geeignete Dreischichtfolien. Die Folien weisen einen Schrumpfwert von 19 bis 23% bei 90°C oder von 26 bis 35% bei 100°C in Maschinen- und in Querrichtung auf. Hieraus ließe sich für eine Temperatur von 95°C ein Schrumpf von 25 bis 30% jeweils in der Maschinen- und in der Querrichtung extrapolieren, was ein typischer Wert für eine Schrumpffolie sei.

3.7.2 Das überzeugt die Kammer nicht. In D11 ist ausdrücklich angezeigt (Seite 9, Zeile 1), nach welcher Methode der Schrumpf gemessen wird, nämlich nach ASTM D 2732, und die Werte für den Schrumpf werden ausdrücklich sowohl für die Maschinen- (MD) als auch für die Querrichtung (TD) angegeben (Tabelle 2). Somit lässt sich aus D11 allenfalls ableiten, dass es im Stand der Technik üblich ist, sowohl die Messmethode für den Schrumpf als auch ausdrücklich die Richtung anzugeben, in welcher der Schrumpf gemessen wird.

3.7.3 Auch die weiteren vom Beschwerdeführer zitierten Dokumente zeigen, dass es üblich ist, ausdrücklich anzugeben, dass der Schrumpf in Maschinen- und Querrichtung gemessen wird, wie aus D12 bis D14:

- In D12 wird eine Folie mit einem Schrumpf beschrieben, der etwa 30 bis 60% bei etwa 90°C in Maschinen- und Querrichtung beträgt (Spalte 2, Zeilen 1 bis 4). Für die Folien der Beispiele 1 bis 4 sind in Tabelle 1 Schrumpfwerte bei 90°C zwischen 40 bis 44% in Maschinen- (MD) und zwischen 44 bis 52 in Querrichtung (TD) angegeben.

- D13 offenbart eine Folie, die zu etwa 30% sowohl in x- als auch in y-Richtung der Folie schrumpft (Spalte 4, Zeilen 34 bis 37).

- D14 beschreibt eine Folie, deren Schrumpf mindestens 20% in jede Richtung beträgt (Spalte 5, Zeilen 29 bis 31), nämlich MD und TD (Spalte 5, Zeilen 50 bis 53).

3.7.4 Wenn es sich bei dem Schrumpf der Folie um den (freien) Gesamtschrumpf handelt, wird dies ausdrücklich angegeben, wie in D15 gezeigt: "the film has a total free shrink, at 185°F, of from about 40 to about 170 percent", Seite 4, Zeilen 21 und 22. Für die in D15 beschriebenen Folien 1 bis 4 wird ein freier Gesamtschrumpf bei 185°F zwischen 72 und 76% offenbart (Seite 36, Zeilen 13 sowie 28 und 29; Seite 37, Zeilen 14 und 15; und Seite 38, Zeile 17).

3.7.5 Zusammenfassend stellt die Kammer fest, dass in keinem der Dokumente D11 bis D15 ein nicht näher definierter Schrumpf angegeben wird. Diese Patentschriften erlauben somit keine Rückschlüsse auf die Auslegung des Ausdrucks "Schrumpf" in Anspruch 1.

3.8 Nach Ansicht des Beschwerdeführers hätte der Fachmann bereits anhand der hohen Schrumpfwerte von 30 bis 50% erkannt, dass damit, wenn es sich um eine Folie für Schrumpfbeutel handle, nur der Schrumpf jeweils in Maschinen- und Querrichtung gemeint sein konnte. Dem kann die Kammer auch auf Grund des eigenen Vorbringens des Beschwerdeführers nicht zustimmen.

3.8.1 Im Schreiben vom 15 Oktober 2018 (Seite 8, 3. Absatz), im Rahmen der Diskussion der erfinderischen Tätigkeit, hat er Folgendes ausgeführt:

"Aufgrund der Komplexität eines solchen ,,Schichtenverbandes" mit wenigstens sieben Einzelschichten ist es für den Fachmann jedoch nicht vorhersehbar oder abschätzbar, ob ein derartiger Verband aufgrund der unterschiedlichen, zusammenwirkenden Einflüsse der verschiedenen Polymermaterialien in den einzelnen Schichten überhaupt herstellbar und stabil ist. Noch weniger ist vorhersehbar oder abschätzbar, ob es möglich ist, bei diesen Schichtverbänden den für die vorliegend vorgesehene Verwendung als Schrumpfbeutel erforderlichen Schrumpf, und zwar in Längs- wie in Querrichtung, erfolgreich einzustellen." (Unterstreichung durch die Kammer)

3.8.2 Demnach ist es für den Fachmann nicht vorhersehbar oder abschätzbar, ob es überhaupt möglich ist, bei den beanspruchten Schichtverbänden den im Anspruch angegebenen Schrumpf sowohl in Längs- wie auch in Querrichtung einzustellen. Vor diesem Hintergrund, kann die Kammer nicht erkennen, was der Fachmann im Kontext der beanspruchten siebenschichtigen Folien für den in der Anmeldung beschriebenen Schrumpf als unmittelbar und eindeutig offenbart angesehen hätte.

3.8.3 In diesem Zusammenhang kann der Verweis auf D11 bis D15 die Argumente des Beschwerdeführers auch nicht stützen. In diesen Patentschriften scheinen weder siebenschichtige Folien, noch der anspruchsgemäße Schichtenverband einschließlich der verschiedenen Polymermaterialien in den einzelnen Schichten offenbart zu sein, sodass der Fachmann aus diesen Dokumenten keine allgemeingültige Aussagen bezüglich des beanspruchten Schrumpfs entnehmen kann.

3.8.4 Im Hinblick auf die geltend gemachten technischen Schwierigkeiten ist die Kammer nicht davon überzeugt, dass der Fachmann den nicht näher definierten Schrumpf als Schrumpf in Längs- wie auch in Querrichtung ausgelegt hätte, und nicht etwa als Gesamtschrumpf.

3.9 Schließlich hat der Beschwerdeführer auf die in der Beschwerdebegründung eingereichten Versuchsergebnisse verwiesen. Darin seien erfindungsgemäße Folien beschrieben, die einen Schrumpf von wenigstes 40% in der Maschinenrichtung und von wenigstens 43% in der Querrichtung aufweisen. Diese nachträglich zu den Akten gereichten Versuchsergebnisse können allerdings nicht die in den ursprünglich eingereichten Unterlagen fehlende, unmittelbare und eindeutige Offenbarung einschränken oder neu definieren.

3.10 Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Anmeldungsunterlagen in der ursprünglich eingereichten Form eine Schrumpffolie, "wobei der Schrumpf der Schichtaufbauten (a), (b) und (c) jeweils wenigstens 30 bis 50%, bei einer Wassertemperatur von um 95°C beträgt", nicht explizit offenbaren. Solch eine Offenbarung lässt sich, auch unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens, nicht unmittelbar und eindeutig aus den Anmeldungsunterlagen ableiten.

3.11 Daher steht Artikel 100 c) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents gemäß Hauptantrag entgegen.

4. Hilfsantrag - Artikel 100 c) EPÜ

Der Hilfsantrag enthält, genauso wie der Hauptantrag, den im erteilten Anspruch enthaltenen Wortlaut "wobei der Schrumpf der Schichtaufbauten (a), (b) und (c) jeweils wenigstens 30 bis 50%, bei einer Wassertemperatur von um 95°C beträgt". Die für den Hauptantrag ausgeführten Einwände gelten daher auch für diesen Antrag. Artikel 100 c) EPÜ steht auch der Aufrechterhaltung des Patents gemäß Hilfsantrag entgegen.

5. Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr

Eine Voraussetzung für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach Regel 103 (1) a) EPÜ ist es, dass der Beschwerde durch die Beschwerdekammer stattgegeben wird. Da dies vorliegend nicht der Fall ist, ist der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr zurückzuweisen. Vor diesem Hintergrund kann es dahinstehen, ob das Einspruchsverfahren mit einem (schwerwiegenden) Verfahrensfehler behaftet ist.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

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