T 1261/14 () of 3.5.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T126114.20190503
Datum der Entscheidung: 03 Mai 2019
Aktenzeichen: T 1261/14
Anmeldenummer: 08105628.5
IPC-Klasse: G01V 8/20
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Sicherheitslichtgitter und entsprechendes Verfahren zur Überwachung eines Schutzbereichs
Name des Anmelders: SICK AG
Name des Einsprechenden: Leuze electronic GmbH + Co. KG
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 52(1)
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - zwei Ausgangspunkte für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0308/09
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. EP-B-2 180 348 zurück­zuweisen (Artikel 101(2) EPÜ).

II. Der Einspruch war gegen das Patent im gesamten Umfang gerichtet und darauf gestützt, dass der Gegenstand des Patents nicht neu sei und nicht auf einer erfinde­rischen Tätigkeit beruhe (Artikel 100 a) EPÜ in Ver­bindung mit Artikel 54 und 56 EPÜ).

III. Es wird auf folgende Dokumente Bezug genommen:

D1: EP 1 089 030 A,

D2: EP 1 870 734 A.

IV. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beantragte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Europäischen Patents im vollen Umfang.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte als Hauptantrag die Zurückweisung der Beschwerde, d. h. die Zurückweisung des Einspruchs, hilfsweise die Aufrecht­erhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grund­lage einer der Hilfsanträge 1, 1a und 2 bis 4, ein­gereicht mit der Beschwerdeerwiderung vom 25. August 2014 (eingegangen am 26. August 2014), teilweise auf frühere Hilfsanträge zurückgreifend.

V. Der Wortlaut der unabhängigen Ansprüche des Haupt­an­trags, d. h. der Ansprüche 1 und 10 in der erteilten Fassung, lautet wie folgt (Kennzeichnung "1.1" bis "1.10" und "10.1" bis "10.5" der Merkmale des Anspruchs 1 bzw. 10 durch die Einspruchsabteilung):

1.1 |Sicherheitslichtgitter zur Überwachung eines Schutzbereiches |

1.2 |mit wenigstens zwei Sende-/Empfangsleisten (2, 2'), |

1.3 |mit wenigstens einem Lichtsender (S1.1, S1.2, S1.3, S1.4, S2.1, S2.2, S2.3, S2.4) |

1.4 |und mit wenigstens einem Lichtempfänger (E1.1, E1.2, E1.3, E1.4, E2.1, E2.2, E2.3, E2.4), |

1.5 |wobei die Sende-/Empfangsleisten (2, 2') einander gegenüberliegend angeordnet sind, und zwischen diesen durch die Lichtstrahlen der Lichtsender ein Schutzfeld (1) gebildet ist, |

1.6 |wobei jeweils wenigstens ein Lichtsender (S1.1, S1.2, S1.3, S1.4, S2.1, S2.2, S2.3, S2.4) der einen Sende-/Empfangsleiste (2; 2') und wenigstens ein Licht­empfänger (E2.1, E2.2, E2.3, E2.4, E1.1, E1.2, E1.3, E1.4) der anderen Sende-/Empfangsleiste (2, 2') ein Sende-/Empfangspaar bilden, |

1.7 |mit Mitteln zur Synchronisation der Sende-/Empfangsleisten (2, 2') und |

1.8 |mit einer Steuer- und Auswerteeinheit (6, 6'), |

1.9 |dadurch gekennzeichnet, dass wenigstens einer der Lichtsender (S1.1, S1.2, S1.3, S1.4, S2.1, S2.2, S2.3, S2.4) einer der Sende-/Emp­fangsleiste (2; 2') mit wenigstens einem der Lichtempfänger (E1.1, E1.2, E1.3, E1.4, E2.1, E2.2, E2.3, E2.4) derselben Sende-/Empfangs­leiste (2; 2') einen Lichttaster zur Bestim­mung einer Entfernung zwischen dem die Licht­strahlunterbrechung verur­sachenden Objekt und der Sende-/Empfangsleiste (2, 2') bildet,|

1.10|wobei der Lichtsender (S1.1, S1.2, S1.3, S1.4, S2.1, S2.2, S2.3, S2.4) und der Licht­empfänger (E1.1, E1.2, E1.3, E1.4, E2.1, E2.2, E2.3, E2.4) sowohl Teil des Sende-/Emp­fangspaares als auch Teil des Lichttasters ist. |

10.1|Verfahren zur Überwachung eines Schutz­be­reiches mit |

10.2|wenigstens zwei, einander gegenüberliegend angeordneten Sende-/Empfangsleisten (2, 2') mit Lichtsendern (S1.1, S1.2, S1.3, S1.4, S2.1, S2.2, S2.3, S2.4) und Lichtempfängern (E1.1, E1.2, E1.3, E1.4, E2.1, E2.2, E2.3, E2.4) zur Bildung eines durch die Licht­strah­len der Lichtsender (S1.1, S1.2, S1.3, S1.4, S2.1, S2.2, S2.3, S2.4) erzeugten Schutz­fel­des (1) zwischen den Sende-/Empfangs­leisten (2, 2'), |

10.3|wobei jeweils wenigstens ein Lichtsender (S1.1, S1.2, S1.3, S1.4, S2.1, S2.2, S2.3, S2.4) und wenigstens ein Lichtempfänger (E2.1, E2.2, E2.3, E2.4, E1.1, E1.2, E1.3, E1.4) als Sende-/Empfangspaar zusammenwirken, und bei Unterbrechung wenigstens einer der Lichtstrahlen ein Sicherheitsschaltsignal aus­gegeben werden kann, |

10.4|dadurch gekennzeichnet, dass mit einem Licht­taster, gebildet aus wenigstens einem der Licht­sender (S1.1, S1.2, S1.3, S1.4, S2.1, S2.2, S2.3, S2.4) einer der Sende-/Emp­fangs­leiste (2; 2') und wenigstens einem der Licht­empfänger (E1.1, E1.2, E1.3, E1.4, E2.1, E2.2, E2.3, E2.4) derselben Sende-/Empfangs­leiste (2; 2') zusätzlich zur Licht­strahl­unter­brechung eine Entfernung zwischen dem die Lichtstrahlunterbrechung verursachenden Objekt (16) und wenigstens einer der Sende-/Empfangsleisten (2; 2') bestimmt wird,|

10.5|wobei der Lichtsender (S1.1, S1.2, S1.3, S1.4, S2.1, S2.2, S2.3, S2.4) und der Licht­empfänger (E1.1, E1.2, E1.3, E1.4, E2.1, E2.2, E2.3, E2.4) sowohl Teil des Sende-/Emp­fangspaares als auch Teil des Lichttasters ist. |

VI. Die Parteien haben im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

a) Neuheit

Die Beschwerdeführerin machte geltend, dass der Gegen­stand des erteilten Anspruchs 10 gegenüber Dokument D1 nicht neu sei. Insbesondere offenbare D1 auch eine Unter­­brechung der Lichtstrahlen durch ein Objekt.

Nach Ansicht der Beschwerdegegnerin offenbare Dokument D1 lediglich einen Lichttaster, aber nicht diejenigen Merkmale des erteilten Anspruchs 10, welche die Licht­strahl­unter­brechung beträfen. Der Gegenstand dieses Anspruchs sei daher neu.

b) Erfinderische Tätigkeit

Die Beschwerdeführerin war der Ansicht, dass der bean­spruchte Gegenstand sowohl gegenüber Dokument D1 als nächstliegendem Stand der Technik in Kombination mit allgemeinem Fachwissen oder mit Dokument D2 als auch gegenüber Dokument D2 als nächstliegendem Stand der Technik keine erfinderische Tätigkeit aufweise.

Nach Ansicht der Beschwerdegegnerin weise der bean­spruchte Gegenstand sowohl gegenüber Dokument D1 als auch gegenüber Dokument D2 als nächstliegendem Stand der Technik eine erfinderische Tätigkeit auf.

Entscheidungsgründe

1. Neuheit

1.1 Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass der Gegen­stand des erteilten Anspruchs 10 gegenüber Dokument D1 nicht neu sei.

1.1.1 Dokument D1 offenbart (siehe Absätze [0001]-[0004], [0032]-[0034], [0040]-[0043], [0050]-[0053] und [0067]-[0069]; Figuren 1, 2 und 5) eine Vorrichtung und ein Ver­fahren zum Über­wachen eines Schutzbereichs 1, der auf der einen Seite durch eine Sensoreinheit 2 und auf der anderen Seite durch ein Begrenzungselement 3 begrenzt wird. Die Sen­sor­einheit 2 besteht aus einem Gehäuse 4, in dem Sender 5 und Empfänger 6 angeordnet sind, wobei durch die Sen­der 5 Lichtsignale in den Schutzbereich 1 aus­ge­sandt werden. Diese treffen im Falle eines freien Schutz­­­­­be­reichs 1 auf das Begren­zungs­element 3, wo sie­ so re­flek­tiert bzw. remit­tiert werden, dass die zurück­lau­fenden Lichtsignale von den Emp­fängern 6 empfangen werden. Durch die Verwendung von pulsförmigen Licht­signalen kann die vom Aussenden bis zum Empfangen der Lichtsignale ver­strichene Licht­lauf­zeit ermittelt wer­den, die repräsentativ für die Breite L1 des Schutz­bereichs 1 ist und als Maximal-Licht­lauf­zeit im System abgespeichert wird.

Es können zulässige Objekte eingelernt werden, welche kein Warnsignal oder Abschaltsignal für die gesicherte Maschine auslösen. Dazu wird ein zuläs­siges Ob­jekt 13 in eine zulässige Position im Schutz­bereich 1 gebracht und die Lichtlaufzeit ermittelt, welche die ausge­sand­ten Lichtsignale 7 benötigen, um den Abstand L2 zum Ob­jekt 13 zurückzulegen, an der Seitenwand des Objekts 13 reflektiert zu werden und anschließend von den Sen­dern 6 wieder empfangen zu werden. Die ermit­telte Licht­­lauf­zeit wird als weitere zulässige Licht­lauf­zeit (zusätz­lich zur Maximal-Lichtlaufzeit) im System abge­spei­chert. Dabei können die zulässigen Licht­laufzeiten für die unterschiedlichen Sender/Empfänger-Paare auch un­ter­schiedlich sein.

Als Kriterium für das Erzeugen eines Unterbrechungs­signals kann überprüft werden, ob innerhalb eines vor­gegebenen Zeitintervalls weder die Maximal-Licht­lauf­zeit noch eine sonstige zulässige Lichtlaufzeit ermit­telt wird. Ein solcher Fall tritt z. B. auf, wenn eine Person 16 in den Schutzbereich 1 einge­drungen ist, so dass die ausgesandten Lichtsignale 7 nicht mehr bis zu dem Begrenzungselement 3 gelangen, sondern an der Per­son 16 remit­tiert werden. Da die in diesem Fall ermit­telten Licht­laufzeiten weder der Maximal-Lichtlaufzeit noch einer zulässigen Licht­­laufzeit entsprechen, wird ein Un­ter­brechungs­signal erzeugt und über die Alarm­ein­richtung ein Alarm ausgelöst sowie ein Abschalt­signal an die Maschinen­steuerung abgegeben.

Es ist möglich, die Schutzeinrichtung, wie in Fig. 5 gezeigt, zweiseitig auszubilden. Dazu ist jeweils auf beiden Seiten des Schutzbereichs 1 eine Sensoreinheit 2, 2' angeordnet. Durch die beidseitige Anordnung der Sen­soreinheiten 2, 2' ist gewährleistet, dass beim Ein­dringen eines Objekts 13 in den Schutzbereich 1 auf beiden Seiten des Objekts 13 ein aktives Schutzfeld bestehen bleibt.

1.1.2 Es ist zwischen den Parteien unstrittig, dass die Merk­male 10.1 und 10.2 und das in Merkmal 10.4 enthaltene, den Lichttaster betreffende Teilmerkmal des erteilten Anspruchs 10 (siehe oben unter Punkt V.) im Dokument D1 offenbart sind.

In der Tat beschreibt Dokument D1 in Bezug auf das in Figur 5 gezeigte Ausführungsbeispiel ein Verfahren zur Über­wachung eines Schutz­be­reiches mit wenigstens zwei, einander gegen­überliegend angeordneten Sende-/Emp­fangs­leisten (gemäß Fig. 5 an beiden Seiten des Schutz­be­rei­ches angeordnete Sensoreinheiten 2, 2') mit Licht­sen­dern (Sender 5) und Lichtempfängern (Empfänger 6) zur Bildung eines durch die Licht­strah­len der Licht­sen­der (Sender 5) erzeugten Schutz­fel­des (Schutzbereich 1) zwi­schen den Sende-/Empfangs­leisten (Sensoreinheiten 2, 2'), wobei mit einem Licht­taster, gebildet aus wenigs­tens einem der Licht­sender (Sender 5) einer der Sende-/Emp­fangs­leiste (Sensoreinheiten 2, 2') und wenigstens einem der Licht­empfänger (Empfänger 6) derselben Sen­de-/Empfangs­leiste (Sensoreinheiten 2, 2') eine Ent­fernung zwischen dem Objekt (Objekt 13) und wenigs­tens einer der Sende-/Empfangsleisten (Sensoreinheiten 2, 2') bestimmt wird (mittels Lichtlaufzeitmessung).

1.1.3 Die Einspruchsabteilung entschied in der angefochtenen Entscheidung, dass der Gegenstand der Merkmale 10.3 und 10.5 und des in Merkmal 10.4 enthaltenen Teilmerkmals, dass mit dem Lichttaster zusätzlich zur Lichtstrahl­unterbrechung eine Entfernung zwischen dem die Licht­strahlunterbrechung verursachenden Objekt und einer Sende-/Emp­fangsleiste bestimmt wird, im Dokument D1 nicht offen­bart und der beanspruchte Gegenstand so­mit neu sei (siehe Entscheidungsgründe 13.1.2-13.1.3).

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin werde gemäß dem in D1 offenbarten Verfahren ein ­Signal er­zeugt, wenn die Lichtstrahlen durch ein Objekt unter­brochen würden. Dabei spiele es keine Rolle, ob dieses Signal aufgrund einer Laufzeitmessung oder einer Ampli­tudenmessung generiert werde. Somit liefere dasselbe Sender-Emp­fänger-Paar sowohl ein Entfernungssignal als auch ein Unterbrechungssignal. Die Merkmale 10.3, 10.4 und 10.5 seien daher im Dokument D1 offenbart.

1.1.4 Die Kammer ist der Meinung, dass der Fachmann das in Merkmal 10.3 ausgedrückte Zusammenwirken eines Licht­senders und eines Lichtempfängers als Sender-Empfänger-Paar und die Ausgabe eines Sicherheitsschaltsignals bei Unterbrechung der Lichtstrahlen gemäß der Beschreibung im Streitpatent (siehe insbesondere die Absätze [0015] und [0056] der Patentschrift) dahingehend verstehen würde, dass ein in den Schutzbereich eintretendes Ob­jekt bewirkt, dass die von dem Lichtsender des Paares ausgehenden Licht­strahlen nicht mehr zu dem zugehörigen Licht­emp­fänger des Paares gelangen, wodurch ein Sicher­heits­schaltsignal generiert wird. Die Abwesenheit eines Signals am Lichtempfänger löst also das Sicherheits­schaltsignal aus.

Insbesondere würde der Fachmann die Detektion der Ab­wesenheit eines Signals am Lichtempfänger als eine von der in Merkmal 10.4 defi­nier­ten Entfernungsbestimmung mittels Licht­taster ver­schiedene Messung verstehen, wel­­che ein­facher als die Lichttasterbestimmung aus­ge­wertet und detektiert werden kann (siehe Absatz [0015] der Patent­schrift). Dieses Verständnis ist auch im Ein­klang mit der Fest­stellung im Merkmal 10.4, dass die Lichttaster­bestim­mung zusätz­lich zur Lichtstrahl­unter­brechung aus­geführt wird, und mit der Angabe im Merkmal 10.5, dass Licht­sender und Lichtempfänger sowohl Teil des Sende-/Empfangs­paares als auch Teil des Licht­tas­ters sind.

Im Verfahren nach Dokument D1 bilden Sender 5 und Emp­fänger 6 jedoch ausschließlich einen Lichttaster. In Absatz [0004] wird zwar beschrieben, dass beim Ein­drin­gen eines Objekts "einer der ausgesandten Lichtstrahlen unterbrochen wird". Damit ist aber auch hier nur das Resultat einer Lichttastermessung gemeint, wonach die Licht­strahlen von dem eingedrungenen Objekt reflektiert oder remittiert werden. Von einer weiteren, zusätzlich zur Lichttastermessung aus­zu­führenden (einfacheren) Messung ist im Dokument D1 hingegen keine Rede.

Außerdem ­gelangen in dem in D1 beschriebenen Verfahren die von dem Sender 5 ausge­sen­deten und von einem Objekt reflektierten bzw. remit­tierten Strahlen stets zu dem Empfänger 6. Dies ist aber - wie oben beschrieben - bei dem in Merkmal 10.3 beanspruchten Zusammenwirken des Licht­senders und des Lichtempfängers nicht der Fall.

Folglich werden im Dokument D1 die Merkmale 10.3 und 10.5 und das oben unter Punkt 1.1.3 erwähnte Teil­merk­mal des Merkmals 10.4 nicht offenbart.

Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 10 ist daher neu gegenüber Dokument D1.

1.2 Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gegenüber Doku­­ment D1 neu ist (siehe Punkt 13.3 der Entschei­dungs­­gründe) und dass der Gegenstand der erteilten An­sprüche 1 und 10 gegenüber Dokument D2 neu ist (siehe Punkte 13.2 und 13.4 der Entscheidungsgründe) erhob die Beschwerde­führerin keinen Einwand.

1.3 Ansprüche 2 bis 9 und 11 bis 14 sind von Anspruch 1 beziehungsweise Anspruch 10 abhängig.

Folglich ist der Gegenstand der erteilten Ansprüche 1 bis 14 neu (Artikel 52 (1) und 54 EPÜ).

2. Erfinderische Tätigkeit

2.1 Nächstliegender Stand der Technik

In der angefochtenen Entscheidung ging die Einspruchs­abteilung bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit sowohl von Dokument D1 als auch von Dokument D2 als dem nächstliegenden Stand der Technik aus (siehe Punkte 14.1.1 und 14.1.2 der Gründe). Die Beschwerdeführerin ging ebenfalls von beiden Doku­menten als Ausgangspunkt in ihrer Argumentation bezüglich erfinderischer Tätig­keit aus.

In der Tat, beide Dokumente D1 und D2 offenbaren einen Gegen­stand, der zum gleichen Zweck entwickelt wurde wie die beanspruchte Erfindung, nämlich zur Überwachung eines Schutzbereichs.

Außerdem wird gemäß der beanspruchten Erfindung die Über­­wachung des Schutzbereiches im Wesentlichen mittels der Kombi­nation einer Lichtschranke und eines Licht­tasters er­reicht. Da die Dokumente D1 und D2 ­­einen Licht­­taster bzw. eine Lichtschranke und somit jeweils einen Teil der beanspruchten Kombination offenbaren, haben sie wichtige technische Merkmale mit der Erfin­dung gemein und kommen beide als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfin­de­rischen Tätigkeit infrage.

Somit ist gemäß ständiger Rechsprechung die erfinde­rische Tätigkeit sowohl gegenüber Dokument D1 als auch gegenüber Dokument D2 als relevantem Aus­gangspunkt zu prüfen (siehe Rechsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 8. Auflage 2016, Absatz I.D.2; T 308/09, Entschei­dungs­­grund 1.4.1).

2.2 Unterschiedsmerkmale

2.2.1 Dokument D1

Wie oben unter Punkt 1.1 ausgeführt, unterscheidet sich der Gegenstand des erteilten Anspruchs 10 von dem aus Dokument D1 bekannten Verfahren durch die Merkmale 10.3 und 10.5 und das in Merkmal 10.4 enthaltene Teil­merk­mal, dass mit dem Lichttaster zusätzlich zur Licht­strahl­­unterbrechung eine Entfernung zwischen dem die Licht­strahlunterbrechung verursachenden Objekt und einer Sende-/Emp­fangsleiste bestimmt wird.

2.2.2 Dokument D2

Dokument D2 offenbart (siehe Absatz [0029]; Figur 1) ein Sicherheitslichtgitter 1, bestehend aus zwei Sende-Empfangsleisten 2 und 4. Die Sende-Empfangsleisten 2 und 4 sind identisch ausgebildet und zueinander gegen­überliegend angeordnet. Die Sendeelemente S1.1 bis S1.3 der ersten Sende-Empfangsleiste 2 senden dabei Licht aus, welches von den Empfangselementen E2.1 bis E2.3 der zweiten Sende-Empfangsleiste 4 empfangen wird, dar­gestellt durch die optischen Lichtwege 18. Umgekehrt wird ausgehendes Licht von den Sendeelementen S2.1 bis S2.3 der zweiten Sende-Empfangsleiste 4 durch Empfangs­elemente E1.1 bis E1.3 der ersten Sende-Empfangsleiste 2 empfangen. Dadurch wird zwischen den Sende-Empfangs­leisten 2 und 4 ein Schutzfeld 7 gebildet. Ein solches Sicherheitslichtgitter 1 findet beispielsweise Anwen­dung an Maschinen zur Absicherung von gefahrbringenden Bewegungen für Personen. Greift eine Person unerlaubt in das Schutzfeld 7 ein, wird wenigstens ein Lichtweg 18 unterbrochen. Das führt über einen sicheren Ausgang 6.1 und/oder 6.2 zur Ausgabe eines Signals an eine Maschinensteuerung 10, um die gefahrbringende Bewegung zum Schutz der Person zu stoppen.

Die Ansicht der Einspruchsabteilung, wonach das Doku­ment D2 die Merkmale 10.1, 10.2 und 10.3 offenbart und sich das beanspruchte Verfahren von dem in D2 be­schrie­bene Verfahren durch die Merkmale 10.4 und 10.5 unter­scheidet wurde von beiden Parteien geteilt.

In der Tat, Dokument D2 offenbart, unter Verwendung des Wortlauts des erteilten Anspruchs 10, ein Verfahren zur Überwachung eines Schutz­be­reiches (Schutzfeld 7) mit wenigstens zwei, einander gegenüberliegend angeordneten Sende-/Empfangsleisten (Sende-Empfangsleisten 2 und 4) mit Lichtsendern (Sendeelemente S1.1 bis S1.3 und S2.1 bis S2.3) und Lichtempfängern (Empfangselemente E1.1 bis E1.3 und E2.1 bis E2.3) zur Bildung eines durch die Licht­strah­len der Lichtsender erzeugten Schutz­fel­des (Schutzfeld 7) zwischen den Sende-/Empfangs­leisten (Sende-Empfangsleisten 2 und 4), wobei jeweils wenig­stens ein Lichtsender (Sendeelemente S1.1 bis S1.3 und S2.1 bis S2.3) und wenigstens ein Lichtempfänger (Emp­fangselemente E1.1 bis E1.3 und E2.1 bis E2.3) als Sende-/Empfangspaar zusammenwirken, und bei Unter­brechung wenigstens einer der Lichtstrahlen (Lichtwege 18) ein Sicherheitsschaltsignal (Signal an eine Maschinensteuerung 10) aus­gegeben werden kann.

Dokument D2 offenbart jedoch keinen Lichttaster, so dass sich der Gegenstand des erteilten Anspruchs 10 durch die entsprechenden Merkmale 10.4 und 10.5 von dem aus Dokument D2 bekannten Verfahren unterscheidet.

2.3 Objektive technische Aufgabe

2.3.1 Dokument D1 als Ausgangspunkt

In der angefochtenen Entscheidung war die Ein­spruchs­abteilung der Ansicht, dass es - von Dokument D1 aus­gehend - die objektive technische Aufgabe der Erfindung sei, die Ansprech­zeit des Verfahrens zum Überwachen eines Schutzbereichs zu reduzieren (siehe Punkt 14.1.1, Absatz 2 der Ent­scheidungsgrün­de).

Tatsächlich wird durch die genannten Unter­schieds­merk­male (siehe oben Punkt 2.2.1) erreicht, die An­wesenheit eines Objekts im Schutzbereich ohne aufwän­dige Berech­nungen zu detektieren. Die Kammer stimmt daher der oben genannten, von der Ein­spruchs­abteilung formulierten Auf­gaben­stel­lung zu­.

2.3.2 Dokument D2 als Ausgangspunkt

Gemäß Streitpatent (siehe Absatz [0017]) erlauben die den Lichttaster betreffenden Unterschiedsmerkmale 10.4 und 10.5 (gegenüber Dokument D2), die Objektkontur eines im Schutzbereich befindlichen Objekts zu bestim­men und das Objekt aufgrund dieser Daten als zulässiges oder unzulässiges Objekt einzustufen.

Somit wird es - von Dokument D2 aus­gehend - als die ob­jektive technische Aufgabe der Erfindung angesehen, zu­lässige und unzulässige Objekte zuverlässig voneinander zu ­­unterscheiden.

2.4 Naheliegen

2.4.1 Dokument D1 als Ausgangspunkt

Die Einspruchsabteilung war der Ansicht, dass es für den Fachmann nicht naheliegend sei, den aus Dokument D1 bekannten Lichttaster strukturell mit einer Licht­schranke zu kombinieren (siehe Punkt 14.1.1, letzter Absatz der Ent­scheidungsgrün­de).

Die Beschwerdeführerin machte geltend, dass der Fach­mann im Ver­fahren gemäß Dokument D1 eine aus seinem Fachwissen oder Dokument D2 bekannte Amplitudenmessung verwenden und somit eine Reflex-Lichtschranke reali­sie­ren würde. Alternativ würde er eine aus D2 bekannte ge­genüberliegende Ausführung einer Lichtschranke da­durch erreichen, dass er in der Ausführungsform nach Figur 5 des Dokuments D1 die Reflektoren durch Lichtemp­fän­ger er­set­zen würde.

Die Kammer stellt zunächst fest, dass der Fachmann nach ihrer Ansicht zur Lösung der gestellten Aufgabe die im Verfahren von Dokument D1 verwendete Lichtlaufzeit­mes­sung nicht durch eine Amplitudenmessung ersetzen würde. Dann wäre näm­lich die auf der Lichtlaufzeitmessung be­ruhende Unterscheidung zwischen zuläs­sigen und unzu­läs­sigen Objekten nicht mehr möglich. Eine solche Unter­scheidung ist jedoch das im Dokument D1 ausdrücklich ver­folgte Ziel (siehe D1, Ab­satz [0006]). Aus demselben Grund würde der Fachmann auch nicht in dem in Figur 5 des Dokuments D1 gezeigten Ausführungsbeispiel die Re­flektorelemente 23, 23' durch Licht­emp­fänger zur Ampli­tudenmessung er­setzen.

Vielmehr würde der Fachmann zur Lösung der gestell­ten Aufgabe, die Ansprech­zeit des Verfahrens zum Über­wachen eines Schutzbereichs zu reduzieren, die in Doku­ment D1 selbst beschriebenen Lösungsansätze zu genau dieser Auf­­gabe er­wägen. Es wird nämlich in Bezug auf die in den Figu­ren 3 und 4 gezeigten Ausführungsbeispiele be­schrieben (siehe Absätze [0054]-[0066]), dass dazu Hilfs­­sensoren 17 und 18 verwendet werden kön­nen, welche als Lichtschranke ausgebildet sein können. Durch die von diesen Sensoren erzeugten ­Signale kann das Um­schal­ten der Ver­gleichs­­werte der Lichtlaufzeit von der Maxi­mal-Licht­laufzeit auf die weitere zulässige Licht­lauf­zeit bzw. das umgekehrte Umschalten initiiert werden. Außer­dem kann mit Hilfe dieser Signale ­die Anzahl der zu ei­ner Auswertung führenden Licht­lauf­zeit­messungen ein­ge­stellt werden. Dadurch kann jeweils die Gesamt­an­sprech­zeit des Verfahrens verringert werden.

Der Fachmann würde daher die Verwendung von solchen Hilfs­­­sensoren 17 und 18 und entsprechenden, von die­­sen Sensoren erzeugten Signalen auch in dem Verfahren gemäß Figur 5 des Dokuments D1 (Ausgangspunkt zur Prü­fung der erfinderischen Tätig­keit) in Erwägung ziehen. Dabei würde er jedoch - wie auch in den Ausführungs­bei­spielen der Figuren 3 und 4 - zusätzliche Sensoren ver­wenden, welche von den, die Lichttaster bildenden Sen­der-Emp­fänger-Paaren (Sender 5 / Empfänger 6) ver­schieden sind. Eine Kombination der Komponenten des Lichttasters und der Hilfssensoren, deren Messungen auf unter­schied­li­chen Prinzipien beruhen, ist dem Fachmann nach An­sicht der Kammer weder durch die Lehre der Doku­ment D1 oder D2 noch durch sein Fachwissen nahegelegt. Somit würde er nicht zu dem beanspruchten Gegenstand gelangen.

Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 10 weist daher gegenüber Dokument D1 als Ausgangspunkt eine erfinde­rische Tätigkeit auf.

2.4.2 Dokument D2 als Ausgangspunkt

Die Einspruchsabteilung entschied, dass - von Dokument D2 als nächstliegendem Stand der Technik ausgehend - der Gegenstand des Anspruchs 10 auf einer erfinderi­­schen Tätigkeit beruhe. Insbesondere würde der Fachmann den aus D1 bekannten Lichttaster als separate Einheit in das Lichtgitter nach D2 einbauen (siehe Punkt 14.1.2 der Ent­scheidungsgrün­de).

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin werde im Dokument D2 in Bezug auf das in Figur 3 gezeigte Ausführungs­bei­spiel eine Triangula­ti­ons­anordnung zur Entfernungs­mes­sung offenbart. Die dort beschriebene Methode sei je­doch mit der bean­spruch­ten Methode der Entfernungs­mes­sung gleichwirkend, da beide auf dem Prin­zip der Trian­gu­­la­tion beruhten.

Die Kammer hält zunächst fest, dass Dokument D2 in Be­zug auf Figur 3 lediglich eine Möglichkeit zur Steue­rung und Auswertung der Sende- und Empfangselemente S1.1 bis S2.2 und E1.1 bis E2.2 beschreibt, wonach ein­zelne Empfangselemente E1.1 und E2.1 nacheinander von unterschiedlichen Sendeelementen S1.1 bis S2.2 Licht­impulse empfangen. Dadurch wird gegenüber der Abtastung in Figur 1 eine höhere Auflösung erreicht (siehe D2, Absätze [0040]-[0041]). Die Kammer sieht aber keinen An­haltspunkt dafür, dass sich daraus eine Entfernung zu einem Objekt mittels Triangulation bestimmen lassen könn­­te. Auf die in Absatz [0041] erwähnte Position ei­nes Objekts scheint sich lediglich durch Unter­bre­chung der entsprechenden Lichtwege 18 schließen zu las­sen.

Da es ferner für den Fachmann aus den unter Punkt 2.4.1 genannten Gründen nicht naheliegend wäre, die Komponen­ten eines Lichtgitters mit denjenigen eines Licht­tas­ters zu kombinieren, sieht die Kammer keinen Grund, von der oben ge­nannten Einschätzung der Ein­spruchs­abteilung abzu­wei­chen, wo­nach selbst die Kombination der Doku­mente D2 und D1 nicht zum beanspruchten Gegen­stand führen würde.

Daher weist der Gegenstand des erteilten Anspruchs 10 gegenüber Dokument D2 als Ausgangspunkt eine erfinde­rische Tätigkeit auf.

2.4.3 Fazit

In Anbetracht des Vorstehenden weist der Gegenstand des erteilten Anspruchs 10 eine erfinde­rische Tätigkeit auf.

Der Vorrichtungsanspruch 1 entspricht im Wesentlichen dem Verfahrensanspruch 10. Ansprüche 2 bis 9 und 11 bis 14 sind von Anspruch 1 beziehungsweise Anspruch 10 abhängig.

Folglich weist der Gegenstand der erteilten Ansprüche 1 bis 14 eine erfinderische Tätigkeit auf (Artikel 52(1) und 56 EPÜ).

3. Schlussfolgerung

Da kein von der Beschwerdeführerin angeführter Ein­spruchs­­grund der Aufrechterhaltung des europäischen Pa­tents in der erteilten Fassung entgegensteht, ist gemäß Haupt­antrag der Beschwerdegegnerin die Beschwerde gegen die Zurückweisung des ­­Einspruchs zurück­zuweisen (Ar­ti­kel 101(2) und 111(1) EPÜ). Die Prüfung der Hilfs­an­träge ist daher nicht notwendig.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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