T 1181/14 (Positionsbestimmung/SICK) of 11.11.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T118114.20191111
Datum der Entscheidung: 11 November 2019
Aktenzeichen: T 1181/14
Anmeldenummer: 11162838.4
IPC-Klasse: G01S 17/02
G01S 17/93
G01N 21/53
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur sicheren Erfassung und Positionsbestimmung von Objekten und Sicherheitsvorrichtung
Name des Anmelders: SICK AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.4.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die europäischen Patentanmeldung Nr. 11162838.4 wurde u.a. wegen mangelnder Patentierbarkeit (Artikel 54 und 56 EPÜ) zurückgewiesen. Die Beschwerde richtet sich gegen diese Entscheidung.

II. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage der mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2013 eingereichten Ansprüche 1-4 (Hauptantrag) oder hilfsweise auf der Grundlage des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Antrags (Hilfsantrag). Weiterhin wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

III. In einer Mitteilung zur Ladung zur mündlichen Verhandlung nahm die Kammer in der Sache vorläufig Stellung, u.a. zur erfinderischen Tätigkeit. Es wurde auf die folgenden Druckschriften verwiesen:

D1: EP 1 302 784 A2, und

D2: DE 43 40 756 A1.

IV. Mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2019 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie den Antrag auf mündliche Verhandlung zurücknimmt. Daraufhin hob die Kammer den anberaumten Termin auf.

V. Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag lautet (Nummerierung der Merkmale durch die Beschwerdeführerin):

(M1) Verfahren zur sicheren Erfassung und Positionsbestimmung von Objekten in einem Überwachungsbereich mittels eines optoelektronischen Sensors mit den Schritten:

(M2) - Aussenden eines aus einzelnen Lichtimpulsen bestehenden Sendelichtstrahls mit einem Lichtsender und

(M3) - periodisches Abtasten des Überwachungsbereichs des Sensors mit dem Sendelichtstrahl;

(M4) - Empfangen des an Objekten im Überwachungsbereich reflektierten Sendelichtstrahls mit einem Lichtempfänger und Bereitstellen von Empfangssignalen, deren Signalhöhen deren empfangenen Lichtintensitäten entsprechen,

(M5) - Auswerten der Empfangssignale in Bezug auf Winkellage der einzelnen Laserlichtpulse des Sendelichts und Laufzeit derselben,

(M6.1) - Überprüfen der Empfangssignale durch Erzeugen eines Referenzsignals innerhalb des Sensors und

(M6.2) Vergleichen mit einer Schaltbedingung, bei der ein Sicherheitssignal ausgegeben wird,

(M7) - Überwachen einer Sendeleistung des Lichtsenders und Überwachen des Referenzsignals,

(M8) - Ermitteln eines zeitlichen Verlaufs der an einem Objekt rückgestreuten Empfangssignale und daraus,

(M9) - Bestimmen eines Vorhandenseins von Softtargets, wie Regen, Nebel, Schnee oder sonstige Luftverschmutzung und deren Dichte,

(M10.1) - Anpassen der Schaltbedingung in Abhängigkeit des Vorhandenseins von Softtargets,

(M10.2) wobei aus der Dichte eine resultierende Signaldämpfung berechnet wird und damit die resultierende Reichweite des Sensors berechnet wird, um ein Referenzobjekt mit definiertem Reflexionsgrad erkennen zu können,

(M11) - Reduzieren einer maximalen Entfernung, bis zu der der Laserscanner noch auf einem gewünschten Sicherheitsniveau arbeiten kann, entsprechend der berechneten resultierenden Reichweite des Sensors, und

(M12.1) - Vergleichen des Empfangssignals mit der angepassten Schaltbedingung und Ausgeben des Sicherheitssignals,

(M12.2) wenn ein unzulässiges Objekt im Überwachungsbereich ein Empfangssignal erzeugt, das die angepasste Schaltbedingung erfüllt.

VI. Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag unterscheidet sich im Wortlaut des Merkmals M8, welches lautet:

"Ermitteln eines zeitlichen Verlaufs des an einem Objekt rückgestreuten Empfangssignals und daraus,"

Weiterhin ist im Merkmal M11 der Wortlaut "entsprechend der berechneten resultierenden Reichweite des Sensors" gestrichen worden.

Entscheidungsgründe

1. Die Erfindung betrifft die Positionsbestimmung bzw. Erfassung von Objekten in einem Sicherheitsbereich, beispielsweise dem Arbeitsbereich einer Maschine oder eines fahrerlosen Transportsystems. Hierzu werden Lichtsignale, die von einem optoelektronischen Sensor ausgesendet und von einem Objekt, welches sich in dem Sicherheitsbereich befindet, zu dem Sensor zurückreflektiert werden, ausgewertet. Die Lichtmenge der reflektierten Lichtsignale wird dabei sowohl vom Abstand des Objekts und dessen Reflektionseigenschaften als auch vom Absorptionsverhalten entlang der Strecke zwischen Sensor und Objekt beeinflusst. So ist beispielsweise beim Auftreten von Nebel oder Regen ("Softtargets") zu erwarten, dass ein beträchtlicher Anteil der Lichtsignale vom Nebel absorbiert oder von den Regentropfen gestreut wird. Daher kann ein sich im Sicherheitsbereich befindendes Objekt möglicherweise nicht richtig erfasst werden, wenn aufgrund von "Softargets" nur ein geringer Anteil der Lichtsignale zum Sensor zurückreflektiert wird. Für die sichere Erfassung eines Objekts in einem Sicherheitsbereich muss daher die effektive Sichtweite des optoelektronischen Sensors bei den momentan gegebenen Absorptionseigenschaften der Strecke zwischen Sensor und Objekt bekannt sein.

2. Hierzu offenbart D1 ein Verfahren, mit dem bei der Erfassung und Positionsbestimmung eines Objekts mittels einer optoelektronischen Erfassungseinrichtung, z.B. einem Laserscanner, die Sichtweite des Laserscanners bei ungünstigen Sichtverhältnissen bestimmt wird.

3. Es ist unstrittig, dass mit Ausnahme der Merkmale, wonach das Verfahren zur sicheren Erfassung eines Objekts dient (M1), eine Überprüfung der Empfangssignale durch Erzeugen eines Referenzsignals innerhalb des Sensors vorgenommen wird (M6.1), die Sendeleistung des Lichtsenders und des Referenzsignals überwacht werden (M7), die Schaltbedingung in Abhängigkeit des Vorhandenseins von Softtargets angepasst wird (M10.1) und die maximale Entfernung, bis zu der der Laserscanner noch auf einem gewünschten Sicherheitsniveau arbeiten kann, entsprechend der berechneten resultierenden Reichweite des Sensors reduziert wird (M11), die verbleibenden Merkmale des Anspruchs 1 aus D1 bekannt sind. Daher sind zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nur die genannten Merkmale M1, M6.1, M7, M10.1 sowie M11 genauer zu betrachten.

4. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist das in D1 beschriebene Verfahren nicht nur etwa für das zufällige Erfassen eines Objekts, sondern die sichere Erfassung desselben eingerichtet. Im Absatz 14 von D1 ist explizit von "einem ausreichend sicheren Erfassungsbetrieb" die Rede. Das Merkmal M1, wonach das beanspruchte Verfahren für die sichere Erfassung und Positionsbestimmung von Objekten vorgesehen ist, unterscheidet das beanspruchte Verfahren daher nicht gegenüber D1.

5. Weiterhin offenbart der Absatz 14 in D1, dass die Reichweite des Sensors bei Regen ermittelt wird und eine reduzierte Reichweite (Bezugszeichen 14' in der Figur) als Entfernung, bis zu der der Sensor noch zuverlässig arbeiten kann, angenommen wird. Somit ist auch das Merkmal M11, wonach eine maximale Entfernung, bis zu der der Laserscanner noch auf einem gewünschten Sicherheitsniveau arbeiten kann, reduziert wird, in D1 offenbart.

6. Schließlich offenbart der Absatz 14 in D1, dass die Geschwindigkeit eines mit dem Sensor ausgerüsteten Fahrzeugs heruntergesetzt wird, um bei reduzierter Sensorsichtweite gefährdende Gegenstände ausreichend sicher erfassen zu können. Die Herabsetzung der Geschwindigkeit ist die Folge einer Anpassung einer Schaltbedingung im Sinne des Anspruchs 1. Daher ist auch das Merkmal M10.1, wonach die Schaltbedingung in Abhängigkeit des Vorhandenseins von Softtargets angepasst wird, aus D1 bekannt.

7. Folglich unterscheidet sich das beanspruchte Verfahren von dem in D1 offenbarten Verfahren durch die Merkmale M6.1 und M7 (siehe oben), d.h. die Überprüfung der Empfangssignale durch Erzeugen eines Referenzsignals innerhalb des Sensors und die Überwachung einer Sendeleistung des Lichtsenders und Überwachen des Referenzsignals.

8. Die aufgrund dieser Merkmale erreichte Wirkung besteht darin, dass eine zuverlässige Funktion der optoelektronischen Vorrichtung sichergestellt wird. Indem bei jedem Umlauf des Laserstrahls ein Referenzsignal erzeugt wird, kann bei jedem Umlauf überprüft werden, ob die Laserlichtquelle, die Strahlablenkung sowie die Lichtempfangseinheit in der beabsichtigten Weise korrekt funktionieren.

Ausgehend von D1 stellt sich daher dem Fachmann die technische Aufgabe, die Funktionsfähigkeit des Laserscanners mit hinreichender Zuverlässigkeit sicherzustellen.

9. Der Fachmann würde zur Lösung dieser Aufgabe eine Testvorrichtung vorsehen, wie sie aus D2 in Form eines Laserradars offenbart und wie folgt dargestellt ist:FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Im bestimmungsgemäßen Betrieb des Laserradars wird das von dem Impulslaser 11 abgegebene Licht, sobald es von dem rotierenden Umlenkspiegel 11 auf den Testkörper 86 gelenkt wird, zurückgestreut und von dem Fotoempfänger 23 detektiert. Dieser Betriebszustand ist in der Figur 7 (oben) dargestellt. Das detektierte Licht wird als Empfangssignal Us bereitgestellt (siehe Gleichung (2) in Spalte 10 von D2). Anhand des Referenzsignals wird die einwandfreie Funktion des Impulslasers und des Empfangssystems im Betrieb überprüft (D2, Spalte 10, Zeilen 14 bis 38). Der Fachmann würde daher zur Lösung der genannten Aufgabe ausgehend von D1 eine zusätzliche Testvorrichtung wie in D2 vorsehen, um ein Referenzsignal zu erzeugen und damit die Sendeleistung der Lichtquelle zu überwachen.

Somit gelangt der Fachmann ohne die Ausübung einer erfinderischen Tätigkeit zu dem Verfahren gemäß dem Anspruch 1 des Hauptantrags.

10. Die Beschwerdeführerin hat gegen diesen Einwand keine weiteren Argumente vorgetragen.

11. Aus den genannten Gründen ist der Hauptantrag nicht gewährbar (Artikel 56 EPÜ).

12. Aus denselben Gründen ist auch der Hilfsantrag nicht gewährbar, denn die Unterschiede im Wortlaut (siehe Punkt VI oben) beschränken das mit dem Hilfsantrag beanspruchte Verfahren nicht weiter.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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