T 1164/14 (STADA/ Pharmazeutische Zusammensetzung) of 8.11.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T116414.20181108
Datum der Entscheidung: 08 November 2018
Aktenzeichen: T 1164/14
Anmeldenummer: 05005536.7
IPC-Klasse: A61K 7/42
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verwendung von Antioxidantien zur Herstellung einer pharmazeutischen oder kosmetischen Zusammensetzung zum Schutz der Haut gegen Schädigung durch Infrarot-Strahlung
Name des Anmelders: STADA ARZNEIMITTEL AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.10
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Hauptantrag: erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Anmelderin) richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 9. Dezember 2013, mit welcher die europäische Patentanmeldung Nr. 05 005 536.7 aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen wurde.

II. Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß des damaligen Hauptantrages lautet wie folgt:

"1. Pharmazeutische Zusammensetzung, umfassend einen wirksamen Gehalt an Antioxidantien zum Schutz der Haut vor Schädigung durch Infrarotstrahlung, wobei die Antioxidantien ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus N-Acetylcystein, Kaffeesäure, Ester der Kaffeesäure, Emblica, Grünteeextrakt, Edelweissextrakt, Lutein, Lycopen, Traubenkernextrakt, Chicory-Extrakt, Curcumin, Silymarin, Apigenin und Resveratrol und wobei die Schädigung durch Aktivierung der Bildung von Matrixmetalloproteinase-1 hervorgerufen wird."

III. Im Prüfungsverfahren zog die Prüfungsabteilung u.a. die folgenden Druckschriften heran:

(3) "ARCHIVES OF DERMATOLIGICAL RESEARCH", Springer, International, Berlin, Bd. 295, Nr. 6-8, Februar 2004 (2004-02), Seite 367, XP002291087, IS-SN: 0340-3696 und

(10) Skin Research and Technology, 1999; 5; 260-265, "Effect of antioxidants and free radical scavengers on protection of human skin against UVB, UVA and IR irradiation".

In der angefochtenen Entscheidung vertrat die Prüfungsabteilung die Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß des damaligen Hauptantrages ausgehend von der Druckschrift (10) nur eine naheliegende Alternative darstelle. Die Passage in Anspruch 1, wonach "die Schädigung durch Aktivierung der Bildung von Matrixmetalloproteinase-1 hervorgerufen wird", betreffe lediglich den Mechanismus der Genese der Schädigung. Dies stelle jedoch kein beschränkendes technisches Merkmal der beanspruchten pharmazeutischen Zusammensetzung dar, so dass diese Passage bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit unberücksichtigt bleibe. Die Verwendung von den in Anspruch 1 genannten Antioxidantien zum Zweck des Schutzes der Haut gegen die schädigende Wirkung von IR-Strahlen sei jedoch bereits durch den Stand der Technik nahegelegt. Dies treffe auch auf den Gegenstand von Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 bis 3 zu, der folglich ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

IV. Mit der Beschwerdebegründung stellte die Beschwerdeführerin erneut die Anträge, die Gegenstand der angefochtenen Entscheidung waren, nämlich die Ansprüche 1 bis 5 gemäß Hauptantrag, sowie die Ansprüche 1 bis 5 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3, alle Anträge wie eingereicht mit Schreiben vom 6 September 2013. Sie trug vor, dass die von der Prüfungsabteilung nicht berücksichtigte Passage einen Unterschied zum Stand der Technik darstelle und ein anderes Krankheitsbild betreffe, als die in Druckschrift (10) beschriebene Hautschädigung durch Infrarot-Licht, nämlich die spontane Hautrötung unmittelbar nach der Bestrahlung, die sich rasch wieder zurückbildet. Das Krankheitsbild gemäß der Streitanmeldung betreffe jedoch eine chronische Hautschädigung, die Druckschrift (10) nur in Verbindung mit UVA- und UVB-Strahlung offenbart.

V. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patentes auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 5 gemäß Hauptantrag, sowie hilfsweise, auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 5 gemäß einem der Hilfsanträge 1 bis 3, alle Anträge wie eingereicht mit Schriftsatz vom 6. September 2013.

VI. Am Ende der mündlichen Verhandlung am 8. November 2018 wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Hauptantrag

2. Änderungen (Artikel 123(2) EPÜ)

Die Ansprüche 1 bis 5 gemäß Hauptantrag waren bereits von der Prüfungsabteilung im Hinblick auf Artikel 123(2) EPÜ als zulässig erachtet worden. Als Basis für die Änderungen wurden die ursprünglichen Ansprüche 1 und 3 in Kombination mit Seite 4, Zeilen 21 bis 24 und dem einleitenden Teil der Anmeldung auf Seite 2, Zeilen 9 bis 12 der ursprünglichen Anmeldung angegeben. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 basieren auf den ursprünglichen Ansprüchen 2 und 4 bis 6 und wurden jeweils hinsichtlich ihrer Anspruchskategorie und ihrer Rückbezüge angepasst.

Die Ansprüche 1 bis 5 erfüllen somit die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.

3. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

In der angefochtenen Entscheidung wurde die Neuheit des beanspruchten Gegenstandes nicht angegriffen. Da prima facie keine der zitierten Druckschriften den beanspruchten Gegenstand offenbart, sieht die Kammer keine Veranlassung, die Neuheit in Zweifel zu ziehen.

4. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

4.1 Anspruch 1 der Streitanmeldung betrifft pharmazeutische Zusammensetzungen zum Schutz der Haut gegen Schädigung durch Infrarotstrahlung. Eine derartige Zusammensetzung wird bereits in Druckschrift (10) offenbart. In Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin und der Prüfungsabteilung geht die Kammer daher von dieser Druckschrift als nächstliegendem Stand der Technik aus.

4.2 Druckschrift (10) betrifft eine Untersuchung der unterschiedlichen Hautschädigungen durch UVA-, UVB- und IR-Strahlung, sowie den protektiven Einfluss der Antioxidantien Vitamin-E-Linoleat, Butyl-Hydroxytoluol, Norhydroguaradinsäure und Magnesium-Ascorbylphosphat. Als Messgröße für den Einfluss der IR-Strahlung wurde die Bildung von Erythemen und die Veränderung des Blutdurchflusses unmittelbar nach Beendigung der IR-Bestrahlung gemessen. Die Druckschrift (10) beschreibt chronische Schädigungen der Haut nur in Verbindung mit UVA- und UVB-Strahlung. Im Falle der Infrarot-Strahlung wird als Hautschädigung lediglich eine spontan auftretende Hautrötung offenbart.

4.3 Ausgehend von diesem Stand der Technik bestand die technische Aufgabe der Streitanmeldung darin, eine Zusammensetzung zum Schutz der Haut vor einem weiteren Krankheitsbild bereitzustellen.

4.4 Diese Aufgabe wird durch die Zusammensetzung gemäß Anspruch 1 gelöst, in welcher eine Schädigung, die durch IR-induzierte Aktivierung der Bildung von Matrixmetalloproteinase-1 hervorgerufen wird, durch Antioxidantien verhindert wird.

4.5 Zum Beleg dafür, dass die beanspruchte Lösung die technische Aufgabe erfolgreich löst, verwies die Beschwerdeführerin auf den Versuchsbericht, eingereicht als "Ergänzende Technische Angaben" mit Schriftsatz vom 11. März 2008. In diesem Versuchsbericht wurden dermale Fibroblasten mit IR-A-Strahlung bestrahlt und anschließend die Menge an Matrixmetalloproteinase-1 gemessen. Es wurden Proben ohne Zusatz von Antioxidantien mit Proben verglichen, die mit unterschiedlichen Antioxidantien versetzt waren. Dabei zeigte sich bei allen Proben, die mit einem Antioxidans geschützt waren, eine deutlich geringere Menge an Matrixmetalloproteinase-1, als bei der ungeschützten Vergleichsprobe. Daher erscheint glaubhaft belegt, dass die beanspruchten Zusammensetzungen die in Paragraph 4.3 supra genannte Ausgabe erfolgreich lösen.

4.6 Es bleibt daher zu untersuchen, ob die in der Streitanmeldung beanspruchte Lösung im Licht der weiteren zitierten Druckschriften nahegelegen hat.

4.6.1 Druckschrift (10) selbst enthält keinen Hinweis darauf, dass im Falle von Infrarotstrahlung neben der spontan auftretenden Hautrötung eine weitere Hautschädigung auftritt.

4.6.2 Druckschrift (3) betrifft die Zusammenfassung eines wissenschaftlichen Artikels. Die dort referierte wissenschaftliche Studie zeigt, dass durch IR-A-Strahlung die Bildung von Matrixmetalloproteinase-1 induziert wird. Es gibt jedoch keinen Hinweis darauf, dass eine vermehrte Bildung von Matrixmetalloproteinase-1 durch Antioxidantien verhindert werden kann.

4.7 Daher hätte der Fachmann ausgehend von der Druckschrift (10) auch in Zusammenschau mit der Druckschrift (3) keine Veranlassung gehabt, zur Verhinderung einer Hautschädigung, die durch IR-induzierte Aktivierung der Bildung von Matrixmetalloproteinase-1 hervorgerufen wird, eine Antioxidantien enthaltende Zusammensetzung gemäß Anspruch 1 einzusetzen.

5. Aus den oben genannten Gründen kommt die Kammer daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht.

Die erfinderische Tätigkeit für den Gegenstand der abhängigen Ansprüche 2 bis 5 wird von derjenigen des Anspruchs 1 getragen.

6. Da die Kammer den Hauptantrag der Beschwerdeführerin als gewährbar erachtet, erübrigt sich eine Entscheidung über die nachrangigen Hilfsanträge.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anweisung, ein Patent zu erteilen auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 5 gemäß Hauptantrag wie eingereicht mit Schreiben vom 6. September 2013 und einer anzupassenden Beschreibung.

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