European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2017:T110314.20170531 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 31 Mai 2017 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1103/14 | ||||||||
Anmeldenummer: | 08772589.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | D06N 3/00 D06M 15/227 B29C 65/00 D06N 3/04 B65D 33/22 B65D 30/04 B32B 27/12 B65D 75/12 F02F 1/24 F02F 1/40 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | BESCHICHTETES GEWEBE AUS MONOAXIAL VERSTRECKTEN KUNSTSTOFFBÄNDCHEN UND DARAUS HERGESTELLTER SACK | ||||||||
Name des Anmelders: | STARLINGER & CO. GESELLSCHAFT MBH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | LOHIA CORP LIMITED | ||||||||
Kammer: | 3.3.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - Hauptantrag und Hilfsantrag 1 (nein, (Produktanspruch) Neuheit - Hilfsantrag 2 (ja, Verfahrensanspruch) Erfinderische Tätigkeit Hilfsantrag 2 (ja, Verfahrensanspruch) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2 188 438 zurückzuweisen.
II. Das Patent wurde mit dreizehn Ansprüchen erteilt. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 9 lauten wie folgt:
1. "Verfahren zum Verbinden von beschichteten Geweben (11, 11'), welche Gewebe (12) aus monoaxial verstreckten Polymerbändchen (12a, 12b), insbesondere Polyolefin- oder Polyesterbändchen, vorzugsweise Polypropylen- oder Polyethylenterephthalatbändchen umfassen, wobei die Gewebe (12) aus monoaxial verstreckten Polymerbändchen (12a, 12b) mit einer Siegelschicht (13) aus einem thermoplastischen Kunststoff beschichtet sind, dessen Schmelzpunkt unter dem Kristallit-Schmelzpunkt des Materials der monoaxial verstreckten Polymerbändchen (12a, 12b) liegt, gekennzeichnet durch das Übereinanderlegen von zwei beschichteten Geweben (11, 11') mit einander zugewandten Siegelschichten (13) und das Erwärmen zumindest eines der beschichteten Gewebe (11, 11') von der Seite des Gewebes (12) aus monoaxial verstreckten Polymerbändchen auf eine Temperatur unter der Kristallit-Schmelztemperatur des Gewebebändchen-Materials: bis zum Schmelzen der Siegelschichten (13)."
9. "Beschichtetes Gewebe (11, 11'), welches mit einem weiteren beschichteten Gewebe (11, 11') verbunden ist, wobei die beschichteten Gewebe (11, 11'), ein Gewebe (12) aus monoaxial verstreckten Polymerbändchen (12a, 12b), insbesondere Polyolefin- oder Polyesterbändchen, vorzugsweise Polypropylen- oder Polyethylenterephthalatbändchen umfassen, wobei das Gewebe (12) aus monoaxial verstreckten Polymerbändchen (12a, 12b) mit einer Siegelschicht (13) aus einem thermoplastischen Kunststoff beschichtet ist, dessen Schmelzpunkt unter dem Kristallit-Schmelzpunkt des Materials der monoaxial verstreckten Polymerbändchen (12a, 12b) liegt, wobei zwei beschichtete Geweben (11, 11') mit einander zugewandten Siegelschichten (13) übereinanderliegen, gekennzeichnet durch eine Schweißnaht, welche durch Schweißelemente (15, 16) von der Seite des Gewebes (12) aus monoaxial verstreckten Polymerbändchen gebildet wurde, welche auf eine Temperatur unter der Kristallit-Schmelztemperatur des Gewebebändchen-Materials bis zum Schmelzen der Siegelschichten (13) der beschichteten Gewebe (11, 11') erwärmt wurden."
Der unabhängige Anspruch 10 ist auf einen "Sack" gerichtet, der miteinander verbundene Gewebe nach Anspruch 9 umfasst.
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 8 und 11 bis 12 beziehen sich auf besondere Ausgestaltungen des beanspruchten Verfahrens bzw. des beanspruchten Sacks.
III. Im Einspruchsverfahren hatte die Einsprechende mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit als Einspruchsgründe nach Artikel 100(a) EPÜ geltend gemacht.
IV. Im Einspruchverfahren wurden unter anderem folgende Beweismittel genannt:
E1: US 3,535,184 A;
E2: WO 95/30598 A1;
E8: US 3,294,616 A und
E11: Auszug aus: Carlowitz, Bodo, Kunststoff-Tabellen, 1995, Seiten 4, 5, 14, 15, 22 bis 25, 30, 31, 40 und 41.
V. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, dass der beanspruchte Gegenstand des erteilten Patents neu und sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
VI. In ihrer Beschwerdebegründung machte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) weiterhin mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit geltend. Dabei bezog sie sich insbesondere auf die Dokumente E1, E2, E8 und E11 sowie auf die zusätzlichen, neu eingereichten Beweismittel
E13: US 4,373,979 A und
E14: Datasheet von FABRENE T712W8F8.
VII. In ihrer Erwiderung auf die Beschwerdebegründung verteidigte die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) das Patent in seiner erteilten Fassung. Sie beantragte zusätzlich, die Dokumente E13 und E14 wegen späten Vorbringens und mangelnder Relevanz nicht ins Verfahren zuzulassen.
VIII. In Erwiderung auf eine in Vorbereitung der mündlichen Verhandlung erlassene Mitteilung der Kammer reichte die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 22. Mai 2017 drei geänderte Anspruchssätze als Hilfsanträge 1 bis 3 ein.
IX. Am 31. Mai 2017 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.
X. Anträge
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochten Entscheidung und den Widerruf des Streitpatentes.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde als Hauptantrag.
Hilfsweise beantragte sie die Aufrechterhaltung des Patents auf Basis der Ansprüche gemäß einem der mit Schreiben vom 22. Mai 2017 eingereichten Hilfsanträge 1 bis 3.
XI. Die schriftlich bzw. mündlich vorgebrachten Einwände der Beschwerdeführerin, die von Relevanz für die vorliegende Entscheidung sind, können wie folgt zusammengefasst werden:
Im Beschwerdeverfahren eingereichte Beweismittel
Die Dokumente E13 und E14 seien wegen ihrer Relevanz trotz ihrer späten Einreichung ins Verfahren zuzulassen.
Hauptantrag und Hilfsantrag 1
Der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1, 9, 10 und 13 sei gegenüber E13 nicht neu.
Der Gegenstand von (unter anderem) Anspruch 9 sei (unter anderem) gegenüber E2 nicht neu.
Hilfsantrag 2
Der Gegenstand des Verfahrensanspruchs 1 sei nicht neu im Hinblick auf E2 und auf E13.
Ferner habe er nahegelegen im Hinblick auf E2 alleine, auf eine Kombination von E2 mit E13, sowie auf E1 alleine.
XII. Die Beschwerdegegnerin trug diesbezüglich im Wesentlichen Folgendes vor:
Im Beschwerdeverfahren eingereichte Beweismittel
Die Dokumente E13 und E14 seien nicht von besonderer Relevanz. Deren Zulassung ins Verfahren sei demnach nicht gerechtfertigt.
Hauptantrag und Hilfsantrag 1
Der Gegenstand von Produktanspruch 9 sei neu im Hinblick auf E2, da dieses Dokument nicht alle kennzeichnenden Markmale offenbare.
Hilfsantrag 2
E13 sei nicht zu berücksichtigen.
Der Gegenstand des Verfahrensanspruchs 1 sei neu im Hinblick auf E2, insbesondere da das Merkmal "Erwärmen [...] auf eine Temperatur unter der Kristallit-Schmelztemperatur des Gewebebändchen-Materials" in E2 nicht offenbart sei. Ein Verfahren mit diesem Merkmal habe im Hinblick auf E2 auch nicht nahegelegen.
E1 könne den Gegenstand des Anspruchs 1 ebenfalls nicht nahe legen.
Entscheidungsgründe
Nicht-Zulassung der mit der Beschwerdebegründung vorgebrachten Beweismittel E13/E14
1. Die Dokumente E13/E14 wurden erstmals mit der Beschwerdebegründung eingereicht, ohne Begründung für den späten Zeitpunkt der Einreichung. Die Beschwerdeführerin trug diesbezüglich lediglich vor, dass sie aufgrund ihrer Relevanz ins Verfahren zuzulassen seien.
1.1 In ihrer in Vorbereitung der mündlichen Verhandlung erlassenen Mitteilung (siehe dort Punkt 4.5) hatte die Kammer angemerkt, dass der späte Zeitpunkt der Einreichung nicht begründet worden war.
1.1.1 In der mündlichen Verhandlung trug die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf Absatz [0026] des Streitpatents diesbezüglich dennoch lediglich vor, dass E13 (und E14) eingereicht worden sei(en), um die in diesem Absatz enthaltene, unrichtige Behauptung zu widerlegen, wonach die beschichteten Gewebe gemäß E2 sich nicht für das Ultraschallschweißen, Heizelementschweißen, Infrarotschweißen oder Laserstrahlschweißen eigneten. Zu diesem Punkt habe sie vor der Einspruchsabteilung nicht vortragen können. Daher habe sie dann E13 (und E14) erst mit der Beschwerdebegründung eingereicht, um zu zeigen, dass es Stand der Technik war, beschichtete Gewebe auch durch Ultraschallschweißen zu behandeln.
1.1.2 Nach dem Dafürhalten der Kammer vermag dieser Vortrag nicht, die Zulassung von E13 und E14 zu rechtfertigen.
Zum einen ist nicht ersichtlich, wieso E13/E14 nicht schon im Einspruchsverfahren hätten vorgebracht werden können bzw. sollen, insbesondere da die in Frage gestellte Behauptung im erteilten Streitpatent enthalten ist.
Zum anderen ist dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung nicht zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin nicht die Gelegenheit hatte, die besagte Behauptung zu erörtern.
Darüberhinaus erscheinen E13/E14 prima facie nicht relevanter als die bereits im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen E1 und E2, worauf die Kammer bereits in ihrer Mitteilung (siehe dort Punkt 4.5) hingewiesen hat. Insbesondere geht aus der relevanten Passage von E13 (Spalte 2, Zeile 66, bis Spalte 3, Zeile 6) nicht eindeutig hervor, aus welchen Materialien das Gewebe bzw. das "overlaid plastic layer 8" besteht, und ob diese im Verbund miteinander vorliegen (im Sinn eines mit einer Siegelschicht beschichteten Gewebes, wie gemäß Anspruch 1). Auch Dokument E14 scheint prima facie nicht geeignet zu sein, diesbezüglich Klarheit herzustellen.
1.2 Die Kammer entschied daher in Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 12(4) VOBK und Artikel 114(2) EPÜ, die spät eingereichten Beweismittel E13 und E14 nicht ins Verfahren zuzulassen.
Hauptantrag (Patent wie erteilt)
2. Mangelnde Neuheit - Produktanspruch 9
2.1 Anspruch 9 ist auf "beschichtetes Gewebe" gerichtet, welches mit einem weiteren beschichteten Gewebe verbunden ist. Anspruch 9 enthält im Oberbegriff strukturelle Merkmale des besagten Produktes, der kennzeichnende Teil des Anspruchs definiert die zwingend vorliegende "Schweißnaht" jedoch lediglich durch Merkmale des Schweißverfahrens.
2.2 Neuheit gegenüber Dokument E2
2.2.1 E2 offenbart (Seite 12, 3. Absatz, in Verbindung mit Figur 9 und Anspruch 1) ein beschichtetes Gewebe (3a), welches mit einem weiteren, ebensolchen beschichteten Gewebe (4a) verbunden wird. Die Gewebe (3a, 4a) aus monoaxial verstreckten Polymerbändchen, insbesondere aus Polyolefin, z. B. Polypropylen, sind jeweils mit einer Siegelschicht (3b, 4b) aus Polyolefinen, z.B. Polypropylen, beschichtet. Figur 9 zeigt, wie die zwei beschichteten Gewebe (3a,4a) mit einander zugewandten Siegelschichten (3b, 4b) durch beschichtungsseitige Erhitzung bis zur Plastifizierung der Beschichtungen mit anschließendem Verpressen und Kühlen miteinander verbunden werden:
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
2.2.2 Für die Beschwerdegegnerin weist ein durch dieses Verfahren hergestelltes Produkt nicht die folgenden Merkmale von Anspruch 9 gemäß Streitpatent auf:
Siegelschichten mit einem Schmelzpunkt unter dem Kristallit-Schmelzpunkt des Gewebebändchen-Materials,
b) eine Schweißnaht,
c) welche homogen und geradlinig ist, und
d) in Folge der thermischen Behandlung von außen nach innen verlaufende Veränderungen des Materials des Gewebes aus monoaxial verstreckten Polymerbändchen.
2.3 Ad Merkmal a)
2.3.1 Es ist unbestritten, dass E2 ganz allgemein die Möglichkeit offenbart, den "Schmelzpunkt" der Siegelschicht durch Beimischung eines Copolymers aus Ethylen und Vinylacetat (in der Folge mit EVA bezeichnet) zu verringen, um derart die Verschweißbarkeit der Beschichtung zu verbessern (E2: Seite 4, dritter Absatz; Seite 13, dritter Absatz). In der unter Bezugnahme auf Figur 9 beschriebenen Ausführungsform bestehen das Bändchengewebe (3a, 4a) und die Beschichtungen (3b, 4b) aus dem selben Polyolefinmaterial (Seite 12, dritter Absatz).
Im Fall einer derartigen Zumischung von EVA wird der Schmelzpunkt der Siegelschichten demnach unstreitig unter dem Schmelzpunkt des Bändchengewebes liegen.
2.3.2 In der mündlichen Verhandlung vertrat die Beschwerdegegnerin die Auffassung, dass der Schmelzpunkt des Bändchengewebes nicht seinem Kristallit-Schmelzpunkt gleichzusetzen sei. Der Kristallit-Schmelzpunkt sei niedriger als der Schmelzpunkt, und zwar entspreche er jener Temperatur, bei der die kristalline Struktur des Polymers verloren gehe. Der Schmelzpunkt entspreche hingegen der Temperatur, bei der das Polymer in den flüssigen Aggregatszustand übergehe. E2 offenbare daher nicht, dass der Schmelzpunkt der Siegelschicht unter dem Kristallit-Schmelzpunkt des Bändchengewebes liege.
2.3.3 Dieses Argument überzeugt die Kammer nicht. Die Patentinhaberin hat diesen vermeintlichen Unterschied erstmals in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, allerdings ohne ihre Behauptung, die von der Beschwerdeführerin bestritten wurde, mittels eines entsprechenden Beweismittels belegen zu können.
Demgegenüber wird in Dokument E11, das als Beleg des allgemeinen Fachwissens bezüglich der Eigenschaften von Polymeren anzusehen ist, unter anderem zu den im Streitpatent sowie in E2 erwähnten Polyolefinen, lediglich ein "Kristallit-Schmelzpunkt" (und kein anderer "Schmelzpunkt") genannt (vgl. Seiten 4, 15, 23 und 40).
Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte geht die Kammer daher davon aus, dass der in E2 angesprochene "Schmelzpunkt" gleichzusetzen ist mit dem "Kristallit-Schmelzpunkt" laut vorliegendem Anspruch 9.
Merkmal a) stellt demnach keinen Unterschied zu E 2 dar.
2.4 Ad Merkmal b)
2.4.1 Die Beschwerdegegnerin machte erstmals während der mündlichen Verhandlung im Speziellen geltend, dass das gemäß Figur 9 des E2 hergestellte Produkt keine "Schweißnaht" im Sinne vom Anspruch 9 aufweise. Sie hat unter Bezugnahme auf Seite 12, dritter Absatz,von E2 vorgetragen, dass Figur 9 die Verbindung eines Deckblattes mit einem Sacklappen beschreibe. Das daraus resultierende Produkt sei ein über die gesamte (Kontakt-)Oberfläche verbundenes Gewebe. Man könne somit nicht von einer "Schweißnaht" sprechen.
2.4.2 Die Kammer teilt diese Ansicht aus den folgenden Gründen nicht.
Anspruch 9 bezieht sich lediglich auf eine "Schweißnaht", die durch nicht weiter spezifizierte "Schweißelemente" und durch das Schmelzen der Siegelschichten gebildet wurde.
Zur flächigen Ausdehnung (Breite) einer solchen Naht kann aus diesen Angaben nichts Näheres abgeleitet werden.
2.4.3 Außerdem wird in den Absätzen [0006] bis [0008] des Streitpatents die Herstellung von Säcken gemäß dem Verfahren von E2 besprochen, wobei insbesondere im Absatz [0008] angegeben wird, dass es sich dabei als kritisch herausgestellt hat, "dass nur bei exakter Einhaltung von Temperatur und Verarbeitungs-geschwindigkeit Schweißnähte herstellen lassen, die allen Festigkeitsanforderungen entsprechen"
(Hervorhebung durch die Kammer).
Also erachten selbst die Autoren der Patentschrift die aus dem Verfahren gemäß E2 resultierende Gewebeverbindung durchaus als eine "Schweißnaht".
2.4.4 Ferner ist Anspruch 10 des Streitpatents auf einen "Sack" gerichtet, der durch die Verbindung eines Sackkörpers mit einem Deckblatt erzeugt wird, wobei "der Sackkörper und das Deckblatt miteinander verbundene beschichtete Gewebe nach Anspruch 9 umfassen" (Hervorhebung durch die Kammer).
Den Rückbezug auf Anspruch 9 versteht die Kammer dahingehend, dass die gemäß Anspruch 10 entstehende Verbindung zwischen Deckblatt und Sackkörper (siehe Figur 5 des Streitpatents) eine "Schweißnaht" im Sinne des Anspruchs 9 darstellt, obwohl sie sich über die gesamte "Endfläche" des Sackkörpers erstreckt. Die im Anspruch 9 genannte Schweißnaht muss daher nicht zwingend auf schmale, gut abgegrenzte Bereiche beschränkt sein.
2.4.5 Die Kammer kommt somit zum Schluss, dass auch ein gemäß dem Verfahren laut Figur 9 von E2 hergestelltes Produkt aus zwei verbundenen Gewebelagen eine "Schweißnaht" im Sinne vom Anspruch 9 aufweist.
2.5 Ad Merkmal c)
2.5.1 Die Beschwerdegegnerin führte aus, dass sich in Folge der Erwärmung von der Seite der Siegelschicht bei dem in Figur 9 des in E2 gezeigten Schweißverfahrens ein Pfropf bilde, der zu einer diffusen und nicht geradlinigen Schweißnaht führe. Durch die Erwärmung von der Seite des Gewebes her verlaufe der Wärmeeintrag hingegen gewissermaßen konisch und symmetrisch von außen nach innen und führe zu einer homogenen und geradlinigen Schweißnaht, die der Form der Heizelemente folge.
2.5.2 Die Kammer folgt dieser Argumentation nicht.
Anspruch 9 erwähnt lediglich, dass eine Schweißnaht "durch Schweißelemente" gebildet wird. Weder die Natur noch die Form der besagten Schweißelemente ist im Anspruch 9 spezifiziert, ganz zu schweigen von der durch letztere zu erreichenden Ausbildung der Schweißverbindung (also die Form / das Profil der "Naht"). Außerdem enthält das Streitpatent keinerlei konkrete Angaben zur Form der Schweißnaht.
2.5.3 Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte, geht die Kammer somit davon aus, dass sich eine durch das in Figur 9 des E2 gezeigte Schweißverfahren erzeugte Schweißnaht nicht von einer "Schweißnaht" gemäß dem kennzeichnenden Teil von Anspruch 9 unterscheiden lässt.
2.6 Ad Merkmal d)
2.6.1 Die Beschwerdegegnerin vertrat die Auffassung, dass die Gewebeseitige Erwärmung des Bändchengewebes laut Anspruch 9 Veränderungen in der Struktur des Materials des Bändchengewebes hinterlasse, die im Sinne eines Gradienten von außen nach innen verlaufen. Im Gegensatz dazu, hinterlasse die in Figur 9 der E2 gezeigte Erwärmung von der Seite der Siegelschicht Veränderungen im Bändchengewebe, die von innen nach außen verlaufen. Diese Veränderungen spiegelten sich in verschiedenen physikalischen Eigenschaften des Materials des Bändchengewebes wieder, wie zum Beispiel in dessen Dichte und Kristallinitätsgrad. Das unterschiedliche, von der thermischen Behandlung erzeugte Profil dieser Eigenschaften könne am fertigen Produkt festgestellt werden, beispielsweise optisch mit einem Mikroskop an einem Schnitt des Materials.
2.6.2 Dies wurde von der Beschwerdeführerin bestritten. Da die Bändchengewebe, von den im technischen Gebiet des Streitpatents die Rede ist, eine Dicke im Mikrometerbereich haben, seien derartige Veränderungen nicht mittels eines Mikroskops erkennbar.
2.6.3 Die Kammer stellt fest, dass die Beschwerdegegnerin nicht überzeugend belegen konnte, dass nach dem thermischen Verbinden der beschichteten Bändchengewebe ein Profil einer physikalischen Eigenschaft des Materials nachweisbar wäre.
Zudem entnimmt die Kammer dem Streitpatent, dass sowohl das beanspruchte Schweißverfahren als auch das in E2 beschriebene Verfahren so durchgeführt werden, dass die Orientierung der Molekülketten des Bändchengewebes nicht bzw. kaum verloren geht (siehe Streitpatent, Absätze [0009], [0014], [0022], [0028] und [0031] in Verbindung mit E2, Seite 12, dritter Absatz). Für die Kammer ist daher nicht ersichtlich, wieso sich die Dichte, der Kristallinitätsgrad oder eine andere Eigenschaft des Bändchengewebes in Folge der beschriebenen thermischen Behandlung nachweisbar verändern sollte.
2.6.4 Der Kammer erscheint es demnach nicht plausibel, dass sich beim Einsatz eines beliebigen Schweißverfahrens mit den im Kennzeichen von Anspruch 9 angegebenen Merkmalen im fertigen Produkt zwangsläufig ein messbares/feststellbares Eigenschaftsprofil ausbildet, welches dieses Produkt unterscheidbar macht von einem mit dem Verfahren nach Figur 9 von E2 erhaltenen Produkt.
2.7 Für die Kammer stellt demnach keines der Merkmale a) bis d) (siehe Punkt 2.2.2 supra) einen Unterschied dar zwischen dem im Anspruch 9 definierten Produkt und dem aus dem in Verbindung mit Figur 9 von E2 offenbarten Verfahren resultierenden verbundenen Gewebe.
Daher kommt die Kammer zu dem Schluss, dass der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 9 gegenüber E2 nicht neu ist (Artikel 52(1) und 54 EPÜ).
2.8 Das Patent kann daher in der erteilten Fassung nicht aufrechterhalten werden.
Erster Hilfsantrag
3. Mangelnde Neuheit - Produktanspruch 9
3.1 Produktanspruch 9 des ersten Hilfsantrags ist unstreitig identisch mit dem erteilten Anspruch 9 (Hauptantrag).
Sein Gegenstand ist aus den oben ausgeführten Gründen nicht neu.
3.2 Der erste Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin ist daher auch nicht gewährbar.
Zweiter Hilfsantrag
4. Der zweite Hilfsantrag umfasst lediglich die erteilten Verfahrensansprüche 1 bis 8. Alle anderen Ansprüche des erteilten Patents sind gestrichen worden.
5. Neuheit gegenüber E2
5.1 Die Beschwerdeführerin bestritt in der mündlichen Verhandlung die Neuheit des Verfahrens nach Anspruch 1 im Hinblick auf die in E2 auf Seiten 15 und 16 in Verbindung mit Figur 15 beschriebene Ausführungsform.
Die Beschwerdeführerin vertrat insbesondere die Auffassung, dass das dort beschriebene Verfahren alle Merkmale des Anspruchs 1 aufweise, wobei eine "Erwärmung ... auf eine Temperatur unter der Kristallit-Schmelztemperatur des Gewebebändchen-Materials" implizit offenbart sei.
5.1.1 Diesbezüglich stellt die Kammer aber fest, dass die in Verbindung mit Figur 15 von E2 beschriebene Ausführungsform des Schweißverfahrens zwar eine Erwärmung von der Seite des Bändchengewebes vorsieht, so wie gemäß Anspruch 1, dass E2 jedoch ausdrücklich lehrt (Seite 16, Zeilen 1 bis 2), dass im Bereich der Schweißfläche die Ausrichtung der Molekülketten verloren geht.
Letzteres wertet die Kammer dahingehend, dass dabei die Kristallit-Schmelztemperatur des Bändchengewebes überschritten wird.
5.1.2 Die Kammer kommt daher zum Schluss, das eine Erwärmung auf eine Temperatur unterhalb der Kristallit-Schmelztemperatur des Gewebebändchen-Materials gemäß Anspruch 1 in E2 nicht unmittelbar und eindeutig offenbart ist. Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 ist daher gegenüber E2 neu.
5.2 Anderer Stand der Technik
5.2.1 Da Dokument E13 nicht in das Verfahren zugelassen worden ist (siehe Punkt 1, supra), erübrigt sich eine Beurteilung des darauf beruhenden Neuheitsangriffs.
5.2.2 Die Beschwerdeführerin hat keines der anderen im Verfahren befindlichen Dokumente als neuheitsschädlich erachtet und die Kammer sieht sich nicht veranlasst, diesbezüglich einen anderen Standpunkt einzunehmen.
5.2.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 und, folglich, die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2 bis 8 gemäß dem zweiten Hilfsantrag sind demnach neu (Artikel 52(1) und 54 EPÜ).
Zweiter Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit
6. Die Erfindung
6.1 Die Erfindung betrifft Verfahren zum Verbinden von beschichteten Geweben aus monoaxial verstreckten Polymerbändchen, wobei die Gewebe mit einer Siegelschicht aus einem thermoplastischen Kunststoff beschichtet sind.
6.2 Laut Beschreibung des Streitpatents (vgl. Absatz [0011]), soll das beanspruchte Verfahren "miteinander verbundene Gewebe mit hoher Festigkeit der Schweißverbindung" bereitstellen, insbesondere auch mittels Ultraschallschweißen bzw. Heizelementschweißen.
7. Der nächstliegende Stand der Technik
7.1 Beide Parteien sahen das in Figur 9 von E2 dargestellte Schweißverfahren als nächstliegenden Stand der Technik an. Angesichts der Ähnlichkeiten zwischen den im Streitpatent bzw. in E2 angesprochenen technischen Problematiken und Produkten und deren Herstellverfahren hat die Kammer keine Veranlassung, einen anderen Standpunkt einzunehmen.
7.1.1 In der Tat betrifft das Dokument E2 (siehe Anspruch 1 und Seite 2, letzter Absatz, bis Seite 3, letzter Absatz) das Verbinden von Geweben aus monoaxial verstreckten Polymerbändchen, insbesondere zur Herstellung eines Sacks mit hoher Festigkeit der Bodenverbindung.
7.1.2 In Verbindung mit der Figur 9 (siehe Punkt 2.2.1, supra), offenbart E2 (Seite 12, dritter Absatz) ein Verfahren zum Verbinden von zwei beschichteten Geweben aus monoaxial verstreckten Polymerbändchen, insbesondere Polyolefinbändchen, wobei die Gewebe mit einer Siegelschicht aus einem thermoplastischen Kunststoff beschichtet sind, dessen Schmelzpunkt unter dem (Kristallit-)Schmelzpunkt des Gewebe-Materials liegt (siehe hierzu Punkt 2.3.3, supra). Die zwei beschichteten Gewebe mit einander zugewandten Siegelschichten werden nach Siegelschichtseitigem Erwärmen miteinander verpresst.
Laut E2 (Seite 12, dritter Absatz) verlieren die Bändchen des Gewebes in Folge dieses Schweißverfahrens kaum die Orientierung ihrer Molekülketten, sodass kein merklicher Festigkeitsverlust auftritt. Letzteres soll auch mit dem Verfahren laut Streitpatent erreicht werden (siehe Absätze [0022] und [0028]).
7.1.3 Nach dem Dafürhalten der Kammer ist daher das Verfahren gemäß Figur 9 von E2 als der angebrachteste Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit anzusehen.
7.2 Während der mündlichen Verhandlung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass das auf Seiten 15 und 16 von E2 in Verbindung mit Figur 15 beschriebene Schweißverfahren ebenfalls einen geeigneten Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit darstelle.
7.2.1 Allerdings bezieht sich diese Ausführungsform nicht zwangsläufig auf die Verbindung von beschichteten Geweben im Sinne von Anspruch 1. Ferner offenbart E2 (Seite 16, Zeilen 1 und 2) ausdrücklich, dass in dieser Ausführungsform die Ausrichtung der Molekülketten im Bereich der Schweißfläche verloren geht (siehe hierzu auch Punkt 5.1.1, supra), was eindeutig im Widerspruch zur Zielsetzung des Streitpatents steht.
Laut E2 wird dieser Verlust an Ausrichtung (und somit Festigkeit) im Fall dieser speziellen Ausführungsform aufgrund von anderweitigen Überlegungen ausdrücklich in Kauf genommen (Seite 16, Zeilen 2 bis 5: "da einerseits die Schweißfläche im Verhältnis zur Gesamtendfläche sehr klein ist und andererseits im Schweißbereich vier Lagen miteinander verbunden sind, tritt keine Verringerung der Gesamtfestigkeit der Endfläche ein").
7.2.2 Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin stellt diese Ausführungsform daher keinen geeigneten Ausgangspunkt für eine Entwicklung dar, die zur beanspruchten Erfindung führen könnte.
7.3 Die technische Aufgabe
7.3.1 Die Beschwerdeführerin führte in der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf Absatz [0011] des Streitpatents aus, dass die technische Aufgabe in der Bereitstellung eines alternativen Schweißverfahrens zu sehen sei, das auch das Ultraschallschweißen ermögliche.
7.3.2 Die Kammer kann diese Formulierung der Aufgabe nicht akzeptieren, da Anspruch 1 nicht auf ein Ultraschallschweißverfahren begrenzt ist. Ganz im Gegenteil soll das Verfahren laut Streitpatent ausdrücklich in ganz unterschiedlicher Weise durchführbar sein, wobei insbesondere auch Heizelement-, Infrarot- und Laserstrahlschweißen umfasst sein soll (Absätze [0011] und [0026]).
7.3.3 Nach dem Dafürhalten der Kammer kann im Lichte des nächstliegenden Standes der Technik (Verfahren gemäß Figur 9 von E2) die technische Aufgabe zumindest darin gesehen werden, ein weiteres Verfahren zum Verbinden von beschichteten Geweben aus monoaxial verstreckten Polymerbändchen, mit hoher Festigkeit der Schweißverbindung, bereitzustellen.
Diesbezüglich bestand in der mündlichen Verhandlung zuletzt Einigkeit zwischen den Parteien.
7.4 Die Lösung
Als Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent das Verfahren zum Verbinden von beschichteten Geweben gemäß Anspruch 1 vor (Wortlaut unter Punkt II, supra). Das Verfahren ist unter anderem gekennzeichnet durch (Hervorhebung durch die Kammer):
"das Erwärmen zumindest eines der beschichteten Gewebe von der Seite des Gewebes aus monoaxial verstreckten Polymerbändchen auf eine Temperatur unter der Kristallit-Schmelztemperatur des Gewebebändchen-Materials: bis zum Schmelzen der Siegelschichten."
7.5 Der Erfolg der Lösung
7.5.1 Laut Streitpatent (siehe insbesondere Absätze [0027] und [0028]) führt die Erwärmung der Siegelschicht(en)
- von der Seite des Gewebes aus - auf eine Temperatur unterhalb der Kristallit-Schmelztemperatur des Gewebe-Materials dazu, dass die Molekülketten in den Bändchen ihre Ausrichtung im Wesentlichen beibehalten und somit ein verbundenes Gewebe mit hoher Festigkeit hergestellt wird.
7.5.2 Es blieb unstreitig, und es ist auch für die Kammer plausibel, dass die technische Aufgabe (siehe Punkt 7.3.3, supra) durch das Verfahren gemäß Anspruch 1 auch tatsächlich gelöst wird.
8. Nicht-Naheliegen der Lösung
8.1 Das Verfahren gemäß dem nächstliegenden Stand der Technik (Verfahren gemäß Figur 9 von E2) unterscheidet sich vom Verfahren laut Anspruch 1 dadurch, dass die Erwärmung von der Seite der Siegelschicht her erfolgt, und zwar auf eine nicht ausdrücklich spezifizierte Temperatur.
8.2 Es bleibt zu entscheiden, ob es für den mit der zu lösenden technischen Aufgabe (siehe Punkt 7.3.3, supra) befassten Fachmann im Hinblick auf den Stand der Technik und allgemeines Fachwissen naheliegend war, das Verfahren des nächstliegenden Standes der Technik derart abzuändern, dass dabei die Erwärmung von der Seite des Gewebes auf eine Temperatur unter der Kristallit-Schmelztemperatur des Gewebe-Materials erfolgt.
8.3 Dokument E2 und das allgemeine Fachwissen
8.3.1 Die Beschwerdeführerin machte geltend, dass die Erwärmung von der Seite des Gewebes her die einzige Alternative zu der in Figur 9 gezeigten Erwärmung "von innen" sei. Es gäbe nur zwei Erwärmungsmöglichkeiten, entweder von innen oder von außen. Zudem offenbare E2 selbst an anderer Stelle (Figur 15 und entsprechender Beschreibungstext) eine Ausführungsform mit Erwärmung von außen. Da bei dieser Ausführungsform die Orientierung der Molekülketten im Schweißbereich verloren geht, würde der Fachmann in naheliegender Weise die Temperatur senken, um derart dennoch eine hohe Festigkeit zu erreichen. Außerdem, würde bei einer Variante mit Ultraschallschweißverfahren zwangsläufig "von außen" erwärmt.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
8.3.2 Die Kammer findet diese Argumentation nicht überzeugend.
i) Die Ausführungsform gemäß Figur 15 von E2 bezieht sich auf die Verbindung von vier Gewebelappen mittels einer "Klebefläche" aus einem thermoplastischen Kunststoff, um einen Sack herzustellen (Seite 15, letzter Absatz). Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Gewebelappen mit einer Siegelschicht beschichtet sind.
Die Ausführungsform gemäß Figur 9 betrifft hingegen das Verbinden von zwei beschichteten Geweben im Sinne des vorliegenden Anspruchs 1, nämlich eines Sacklappens und eines Deckblatts (siehe Seite 12, dritter Absatz).
ii) In der Ausführungsform gemäß Figur 15 geht zudem die Ausrichtung der Molekülketten im Schweißbereich verloren. Dies wird in Kauf genommen, weil die Schweißfläche im Verhältnis zur Gesamtendfläche sehr klein ist und weil im Schweißbereich vier Lagen miteinander verbunden sind (vgl. Seite 16, Zeilen 1 bis 5).
In der Ausführungsform gemäß Figur 9 verlieren hingegen die Molekülketten laut E2 nur bis in eine geringe Tiefe die Orientierung, sodass kein merklicher Festigkeitsverlust auftritt (vgl. Seite 12, dritter Absatz).
iii) Die Ausführungsformen gemäß den Figuren 9 und 15 stellen demnach zwei unterschiedliche Verfahren zur Gewebeverbindung dar, die dem mit der Lösung der technischen Aufgabe befassten Fachmann keinen Anlass geben, die Lehre (bezüglich des Verbindens) der einen Ausführungsform auf die jeweils andere Ausführungsform zu übertragen. Aber selbst wenn davon ausgegangen würde (lediglich arguendo), dass der vom Verfahren nach Figur 9 ausgehende Fachmann durch die Ausführungsform gemäß Figur 15 angeregt würde, eine Erwärmung "von außen" zu erwägen, hätte er damit noch nicht notwendigerweise eine Veranlassung, die Temperatur des thermoplastischen Klebestoffes unterhalb des Kristallit-Schmelzpunkts des Gewebes zu halten (auch durch geeignete Auswahl der Gewebe und Beschichtungsmaterialien). Auf eine derartige Möglichkeit gibt es in E2 keinen Hinweis. Ganz im Gegenteil, laut E2 kommen im Rahmen der Verbindung von beschichteten Geweben bevorzugt Temperaturen im Bereich von 230 bis 260°C zum Einsatz (Seite 7, 1. Absatz), also Temperaturen, die deutlich oberhalb des Schmelzpunkts der in E2 beschriebenen Gewebematerialien (bevorzugt Polypropylen, Polyethylen, vgl. Seite 12, dritter Absatz; Seite 13, dritter Absatz) liegen (siehe die in E11 enthaltenen Tabellen).
8.3.3 Bezüglich des Arguments, dass ein Ultraschallschweiß-verfahren nur von außen funktioniere, merkt die Kammer an, dass in E2 lediglich von Schweißen durch Erhitzen die Rede ist, und Ultraschall-Schweißen nicht erwähnt wird. In Unkenntnis der Erfindung (und der Angaben im Streitpatent) findet der mit der Lösung der technischen Aufgabe (siehe Punkt 7.3.3, supra) befasste Fachmann in E2 demnach keinerlei Anregung, ein Ultraschallverfahren in Betracht zu ziehen.
8.3.4 Die Kammer ist daher der Überzeugung, dass sich ein Verfahren laut Anspruch 1 nicht in naheliegender Weise aus E2 ergibt.
9. Der Vollständigkeit halber merkt die Kammer an, dass auch die weiteren, im Verlauf des Beschwerdeverfahrens vorgetragenen Angriffe betreffend die erfinderische Tätigkeit nicht durchzugreifen vermögen.
9.1 Kombination von E2 mit E8
9.1.1 Ihren schriftlich vorgetragenen Angriff auf Basis dieser Kombination hat die Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung ausdrücklich nicht mehr weiterverfolgt.
9.1.2 Diesbezüglich ist anzumerken, dass E8 ein Verfahren zum Verbinden von Folien aus nicht spezifizierten Polymeren ("polymeric sheet material") durch Ultraschall-Schweißen offenbart (vgl. Anspruch 1). Beschichtete Gewebe im Sinne des Streitpatents, ganz zu schweigen von beschichteten Bändchen-Geweben aus monoaxial verstreckten Polymeren, finden in E8 keine Erwähnung. Nicht zuletzt im Hinblick darauf ist auch für die Kammer prima facie nicht ersichtlich, dass das beanspruchte Verfahren im Hinblick auf eine Kombination von E2 (Verbinden von zwei Lagen durch Heizen der Innenseiten) mit E8 (Verbinden von zwei Lagen durch Energieeintrag von Außen) nahegelegen haben könnte.
9.2 Kombination von E2 mit E13
Da Dokument E13 nicht ins Verfahren zugelassen wurde (siehe Punkt 1, supra), erübrigt sich eine Beurteilung dieses Angriffs.
9.3 Dokument E1
9.3.1 Im Rahmen der Erörterung der erfinderischen Tätigkeit während der mündlichen Verhandlung hielt die Beschwerdeführerin zwar auch einen auf E1 basierten Einwand aufrecht, bezog sich diesbezüglich aber lediglich pauschal auf ihre schriftlichen Eingaben.
9.3.2 Allerdings hat sie E1 in ihren schriftlichen Eingaben lediglich im Zusammenhang mit Angriffen auf den erteilten Produktanspruch 9 herangezogen (Punkt 4.7 der Beschwerdebegründung). Ein substantiierter Angriff auf den vorliegenden Verfahrensanspruch 1 liegt demnach nicht vor.
9.3.3 E1 betrifft zwar das Verbinden von Geweben aus unter anderem monoaxial verstreckten Kunststoff-Bändchen (siehe Figur 2 und Spalte 2, Zeilen 24 bis 41). Die Gewebe sind jedoch nicht beschichtetet. Vielmehr wird im Bereich der zu erzeugenden Verbindung separat ein spezielles thermoplastisches Lötmaterial eingebracht, das durch Erwärmen mittels eines hochfrequenten Feldes zum Schmelzen gebracht wird (E1: Spalte 3, Zeilen 3 bis 38).
9.3.4 Laut E1 erfolgt der Energieeintrag zwar mittels zwei an den Außenseiten der zu verbindenden Gewebe angeordneten Elektroden, aber die zu verbindenden Ausgangsmaterialien sind nicht die gleichen, wie im Verfahren laut vorliegendem Anspruch 1. Daher stellt E1 für die Kammer nicht den nächstliegenden Stand der Technik für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit dar.
9.3.5 Nach dem Dafürhalten der Kammer ergibt sich das beanspruchte Verfahren daher für den Fachmann auch aus E1 nicht in naheliegender Weise.
10. Conclusio bezüglich der erfinderischen Tätigkeit
Die Kammer kommt somit im Hinblick auf Hilfsantrag 2 zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1, und folglich auch die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2 bis 8, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen (Artikel 52(1) und 56 EPÜ).
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent in beschränktem Umfang mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Ansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 2 laut Schreiben vom 22. Mai 2017 und einer noch anzupassenden Beschreibung nebst Figuren.