European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2017:T098714.20170720 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 20 Juli 2017 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0987/14 | ||||||||
Anmeldenummer: | 06723342.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | C09J 123/08 C08L 23/08 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | NICHTREAKTIVE THERMOPLASTISCHE SCHMELZKLEBSTOFFE AUF BASIS VON METALLOCENKATALYTISCH HERGESTELLTEN POLYOLEFINEN | ||||||||
Name des Anmelders: | Jowat AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | H.B. Fuller Company (a Minnesota company) Henkel AG & Co. KGaA |
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Kammer: | 3.3.09 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit Erfinderische Tätigkeit Änderungen Zulassung Hilfsantrag - Konvergenzkriterium |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde des Patentinhabers richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent EP 1 874 884 zu widerrufen.
II. Die Einsprechenden 1, 2 und 3 hatten den Widerruf des Patentes im gesamten Umfang auf der Grundlage der Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit) und 100 b) EPÜ beantragt.
Im Einspruchsverfahren wurden unter anderem vorgelegt:
Von den Einsprechenden:
D1: WO97/33921 A1;
Vom Patentinhaber:
D24: Experimentelle Daten zum Einfluss des Harzanteils;
D29: Klebetechnik, W. Brockmann et al., 2005, Wiley-VCH Verlag, Weinheim, Seiten 41 bis 47;
D30: C. Creton, MRS Bulletin, Juni 2003, Seiten 434 bis 439;
D31: "Wingtack Hydrocarbon Resins in Pressure Sensitive Adhesives Application Guide", Januar 2010, 34 Seiten;
D32: Power Point Präsentation "NOVARES® in Hotmelt Pressure Sensitive Adhesives (HMPSA)", 6 Seiten;
D33: Versuchsbericht, unterzeichnet von Herrn Starck am 11. März 2014, 4 Seiten; und
D34: Deutsche Norm DIN EN 923, Juni 2008, Seiten 8 und 9.
III. Die erteilten Ansprüche lagen der Entscheidung als Hauptantrag zugrunde. Anspruch 1 lautet wie folgt:
"1. Klebstoffsystem auf Basis eines nichtreaktiven thermoplastischen Schmelzklebstoffs, insbesondere zur Anwendung in der Holz- und Möbelverarbeitung, wobei der Schmelzklebstoff
(A) eine Mischung von mindestens zwei voneinander verschiedenen metallocenkatalytisch hergestellten Copolymeren jeweils von Ethylen oder Propylen mit mindestens einem vorzugsweise linearen alpha-Olefin,
- wobei die voneinander verschiedenen Copolymere der Mischung unterschiedliche Schmelzindizes (MFIs) aufweisen, wobei die Mischung metallocenkatalytisch hergestellte Copolymere ("Copolymere I") mit Schmelzindizes MFI >= 500 g/10 min einerseits und metallocenkatalytisch hergestellte Copolymere ("Copolymere II") mit Schmelzindizes MFI <= 100 g/10 min andererseits umfaßt und wobei die Angaben der Schmelzindizes auf ISO 1133 oder ASTM D 1238 bei 190°C und unter 2,16 kg Last bezogen sind, und
- wobei alle Copolymere der Mischung eine Polydispersität Mw/Mn von 1,5 bis 2,5 aufweisen;
(B) gegebenenfalls mindestens ein weiteres Polymer; und
(C) gegebenenfalls mindestens ein Harz und/oder mindestens ein Wachs enthält."
Gemäß Entscheidung der Einspruchsabteilung sei die in den Ansprüchen des Hauptantrages definierte Erfindung ausreichend offenbart, jedoch mangele es dem Gegenstand des Anspruchs 1 an Neuheit gegenüber D1. Insbesondere offenbare dieses Dokument Klebstoffe, die die anspruchsgemäße Mischung aus Copolymer I und II enthielten, die, auch wenn sie bei Raumtemperatur klebrig seien, durch das Anspruchsmerkmal "Schmelzklebstoff" umfasst seien, und die aufgrund der in der Zusammenfassung der D1 offenbarten Verwendung in dekorativen Folien und Schutzfolien inhärent die anspruchsgemäße Eignung zur Verwendung in Möbeln aufwiesen.
Auch der Gegenstand des Anspruchs 1 der Hilfsanträge I, II, III und IV wurde als nicht neu gegenüber D1 befunden.
Anspruch 1 des Hilfsantrags V bezog sich auf die Verwendung eines wie in Anspruch 1 des Hauptantrages definierten Klebstoffsystems als Schmelz- und/oder Montagewerkstoff in der Holz- und Möbelverarbeitung. Der Gegenstand dieses Anspruchs sei neu gegenüber D1, da die Klebstoffe der darin enthaltenen und bezüglich der höherrangigen Anträge diskutierten Beispiele nicht der in Anspruch 1 geforderten Verwendung unterworfen würden. Allerdings mangele es dem Gegenstand dieses Anspruchs an erfinderischer Tätigkeit gegenüber dem im Absatz [0003] des Streitpatents genannten nächstliegenden Stand der Technik in Kombination mit D1.
Auch der Gegenstand des Anspruchs 1 der Hilfsanträge VI bis XII wurde als nicht erfinderisch angesehen.
Schließlich wurden die Dokumente D29 bis D34 wegen fehlender Relevanz und verspätetem Vorbringen nicht in das Verfahren zugelassen.
IV. Gegen diese Entscheidung legte der Patentinhaber (Beschwerdeführer) Beschwerde ein und reichte mit der Beschwerdebegründung (Schreiben vom 24. Juli 2014) die Hilfsanträge I bis X ein.
V. Mit Schreiben vom 16. Dezember 2014 zog der Einsprechende 3 seinen Einspruch zurück.
VI. Die Erwiderung der Einsprechenden 1 und 2 (Beschwerdegegner 1 und 2) erfolgte mit Schreiben vom 6. und 11. Februar 2015.
VII. Mit Bescheid vom 5. April 2017 teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Meinung mit.
VIII. Mit Schreiben vom 1. Juni 2017 reichte der Beschwerdeführer die Hilfsanträge IIA, IIB und VIA ein.
IX. Am 20. Juli 2017 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Zunächst wurden der Hauptantrag und Hilfsantrag I diskutiert. Nachdem die Kammer beide Anträge für nicht gewährbar befunden hatte, zog der Beschwerdeführer die im schriftlichen Verfahren eingereichten Hilfsanträge II, IIA, IIB und III zurück. Anschließend wurde der Hilfsantrag IV diskutiert, unter der Annahme eines geänderten abhängigen Anspruchs 2 und der Streichung des abhängigen Anspruchs 4. Von den Beschwerdegegnern 1 und 2 wurde beantragt, den Hilfsantrag IV nicht in das Verfahren zuzulassen. Nachdem die Kammer Hilfsantrag IV zugelassen und für gewährbar befunden hatte, wurde die entsprechende Änderung im abhängigen Anspruch 2 durchgeführt und der abhängige Anspruch 4 entsprechend gestrichen und der so resultierende Antrag in Hilfsantrag II umnummeriert.
Am Ende der Verhandlung wurde vom Vorsitzenden darauf hingewiesen, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Dokumente D29 bis D34 und aller von ihm im Einspruchsverfahren eingereichten Schriftsätze, Dokumente und Beweismittel gegenstandslos geworden war. Dies wurde vom Beschwerdeführer bestätigt.
X. Die Schlussanträge der Parteien waren entsprechend wie folgt:
Der Beschwerdeführer beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patentes
- in erteilter Fassung (Hauptantrag) oder
auf der Grundlage eines der folgenden Anträge:
- des mit Schreiben vom 24. Juli 2014 eingereichten Hilfsantrags I, oder
- des am 20. Juli 2017 in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereichten Hilfsantrags II.
Die Beschwerdegegner 1 und 2 beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.
XI. Anspruch 1 des Hauptantrags entspricht dem erteilten Anspruch 1 (siehe Punkt III oben).
Anspruch 1 des Hilfsantrags I lautet wie folgt (Änderungen gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags hervorgehoben):
"1. Klebstoffsystem auf Basis eines nichtreaktiven thermoplastischen Schmelzklebstoffs, insbesondere zur Anwendung in der Holz- und Möbelverarbeitung, wobei der Schmelzklebstoff
(A) eine Mischung von mindestens zwei voneinander verschiedenen metallocenkatalytisch hergestellten Copolymeren jeweils von Ethylen oder Propylen mit mindestens einem vorzugsweise linearen alpha-Olefin,
- wobei die voneinander verschiedenen Copolymere der Mischung unterschiedliche Schmelzindizes (MFIs) aufweisen, wobei die Mischung metallocenkatalytisch hergestellte Copolymere ("Copolymere I") mit Schmelzindizes MFI >= 500 g/10 min einerseits und metallocenkatalytisch hergestellte Copolymere ("Copolymere II") mit Schmelzindizes MFI <= 100 g/10 min andererseits umfaßt und wobei die Angaben der Schmelzindizes auf ISO 1133 oder ASTM D 1238 bei 190°C und unter 2,16 kg Last bezogen sind, und
- wobei alle Copolymere der Mischung eine Polydispersität Mw/Mn von 1,5 bis 2,5 aufweisen;
(B) gegebenenfalls mindestens ein weiteres Polymer; und
(C) [deleted: gegebenenfalls] mindestens ein Harz [deleted: und/oder mindestens ein ]Wachs, wobei der Schmelzklebstoff das Harz, bezogen auf den Schmelzklebstoff, in Mengen von 1 bis 40 Gew.-% enthält und wobei das Harz ausgewählt ist aus der Gruppe von gegebenenfalls modifizierten, insbesondere gegebenenfalls hydrierten Kohlenwasserstoffharzen und Naturharzestern, enthält, wobei das Klebstoffsystem eine Brookfield-Viskosität bei 160°C von 5.000 bis 120.000 mPa**(.)s aufweist."
Anspruch 1 des Hilfsantrags II lautet wie folgt (Änderungen gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags hervorgehoben):
"1. Verwendung eines Klebstoffsystems auf Basis eines nichtreaktiven thermoplastischen Schmelzklebstoffs als Schmelz- und/oder Montagewerkstoff [deleted: insbesondere zur Anwendung] in der Holz- und Möbelverarbeitung, wobei der Schmelzklebstoff
(A) eine Mischung von mindestens zwei voneinander verschiedenen metallocenkatalytisch hergestellten Copolymeren jeweils von Ethylen oder Propylen mit mindestens einem vorzugsweise linearen alpha-Olefin,
- wobei die voneinander verschiedenen Copolymere der Mischung unterschiedliche Schmelzindizes (MFIs) aufweisen, wobei die Mischung metallocenkatalytisch hergestellte Copolymere ("Copolymere I") mit Schmelzindizes MFI >= 500 g/10 min einerseits und metallocenkatalytisch hergestellte Copolymere ("Copolymere II") mit Schmelzindizes MFI <= 100 g/10 min andererseits umfaßt und wobei die Angaben der Schmelzindizes auf ISO 1133 oder ASTM D 1238 bei 190°C und unter 2,16 kg Last bezogen sind, und
- wobei alle Copolymere der Mischung eine Polydispersität Mw/Mn von 1,5 bis 2,5 aufweisen;
(B) gegebenenfalls mindestens ein weiteres Polymer; und
(C) [deleted: gegebenenfalls] mindestens ein Harz [deleted: und/oder mindestens ein Wachs] enthält."
XII. Die Argumente des Beschwerdeführers können im Wesentlichen wie folgt zusammengefasst werden:
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags sei neu gegenüber den Beispielen 79, 103 und 104 der D1. Insbesondere sei Anspruch 1 dahingehend beschränkt, dass die darin zitierten Klebstoffsysteme eine Eignung in der Holz- und Möbelverarbeitung auf jeden Fall aufweisen, und diese Eignung liege bei den in den Beispielen 79, 103 und 104 der D1 offenbarten Klebstoffen wegen des zu hohen Wachsanteils nicht vor.
Anspruch 1 des Hilfsantrags I verletze nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ. So sei die Komponente (C) lediglich auf ein Harz eingeschränkt worden, was keinerlei Individualisierung darstelle. Der aufgenommene Bereich für den Harzanteil ergebe sich aus Anspruch 4 der ursprünglich eingereichten Anmeldung.
Hilfsantrag II sei in das Verfahren zuzulassen. Durch den Kategoriewechsel von einem Stoff- zu einem Verwendungsanspruch habe eine erhebliche Beschränkung des Schutzumfangs stattgefunden, so dass dieser Hilfsantrag das Konvergenzkriterium erfülle. Auch werde durch diese Beschränkung die Neuheit gegenüber D1 hergestellt, so dass die Erfordernisse der Regel 80 EPÜ erfüllt seien.
Anspruch 1 des Hilfsantrags II erfülle die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ. Insbesondere sei in diesem Anspruch die Komponente (C) lediglich auf ein Harz eingeschränkt worden und stelle die anspruchsgemäße Verwendung keine Auswahl dar. Entsprechend sei entgegen der Angabe des Beschwerdegegners 2 keine Mehrfachauswahl erforderlich, um zum Anspruchsgegenstand zu gelangen.
Schließlich sei der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags II auch erfinderisch gegenüber D1. Entgegen den Angaben der Beschwerdegegner gehe der Fachmann nicht von den hinsichtlich der Neuheit zitierten Beispiele 79, 103 und 104 aus, sondern von der allgemeinen Offenbarung der D1. Die gegenüber dieser allgemeinen Offenbarung der D1 gelöste Aufgabe bestehe in einer leistungsstärkeren Anwendung für den speziell ausgewählten Bereich der Holz- und Möbelverarbeitung. Im Hinblick auf diese Aufgabe sei die anspruchsgemäße Lösung nicht naheliegend. So sei die in der Zusammenfassung der D1 offenbarte Verwendung in Dekor- und Schutzfolien für Regalbretter und Schubladen überhaupt nicht mit der anspruchsgemäßen Verwendung in der Möbelverarbeitung gleichzusetzen, sondern stelle eine Möbelbearbeitung dar. Ferner sei diese Verwendung wenn überhaupt nur in der Zusammenfassung, und an keiner anderen Stelle der D1 offenbart. Schließlich fehle in D1 jeglicher Hinweis, dass im Rahmen dieser Verwendung eine leistungsstärkere Anwendung dadurch erzielt werden könne, dass ein Klebstoffsystem ausgewählt werde, welches die anspruchsgemäße Mischung aus den Copolymeren (I) und (II) enthalte und zusätzlich ein Harz umfasse.
XIII. Die Argumente der Beschwerdegegner 1 und 2 können im Wesentlichen wie folgt zusammengefasst werden:
Dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags mangele es an Neuheit gegenüber D1. Entgegen den Angaben des Beschwerdeführers sei Anspruch 1 nicht auf für die Holz- und Möbelverarbeitung geeignete Klebstoffsysteme beschränkt, sondern enthalte diese Eignung lediglich als fakultatives Merkmal. Ferner sei die angeblich in Anspruch 1 geforderte Eignung ohnehin implizit in den Klebstoffen der Beispiele 79, 103 und 104 der D1 vorhanden.
Anspruch 1 des Hilfsantrags I erfülle nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ. Insbesondere sei die in diesem Anspruch genannte Obergrenze von 40 Gew% für den Wachsgehalt nicht mehr beschränkend, während diese in der ursprünglich eingereichten Anmeldung auch für den Wachsgehalt gegolten habe.
Hilfsantrag II solle nicht in das Verfahren zugelassen werden, da er das Konvergenzkriterium nicht erfülle und den Erfordernissen der Regel 80 EPÜ zuwiderlaufe.
Ferner erfülle Anspruch 1 des Hilfsantrags II nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ, da ausgehend von der ursprünglich eingereichten Anmeldung eine Doppelauswahl, nämlich eine Auswahl der anspruchsgemäßen Verwendung und eine Auswahl eines Harzes als Komponente (C), erforderlich sei, um zum Anspruchsgegenstand zu gelangen.
Schließlich sei der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags II nicht erfinderisch gegenüber den Beispielen 79, 103 und 104 der D1, von denen sich der Gegenstand des Anspruchs 1 lediglich durch die Art der Verwendung unterscheide. Die gegenüber diesen Beispielen gelöste Aufgabe bestehe entsprechend in der Bereitstellung einer alternativen Verwendung. Im Hinblick auf den in der Zusammenfassung der D1 gegebenen Hinweis, dass die in diesem Dokument beanspruchten Klebstoffe unter anderem eine Eignung in Dekor- und Schutzfolien für Regalbretter und Schubladen aufweisen, sei es für den Fachmann naheliegend gewesen, die in den Beispielen genannten Klebstoffe auch der Verwendung in der Möbelverarbeitung zuzuführen und so zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen.
Entscheidungsgründe
Einwand unzureichender Offenbarung
1. Von den Beschwerdegegnern 1 und 2 wurde in ihren Beschwerdeerwiderungen ein Einwand mangelnder Offenbarung erhoben. Jedoch wurde ausschließlich auf in der ersten Instanz gemachte Eingaben verwiesen. Somit war weder für den Beschwerdeführer noch die Kammer ersichtlich, weshalb die Entscheidung der Einspruchsabteilung, dass die Erfindung ausreichend offenbart ist, aufzuheben sei und weshalb die in der Beschwerdebegründung des Beschwerdeführers zusätzlich vorgebrachten Argumente nicht überzeugen. Daher wurde dieser Einwand der mangelnden Offenbarung wegen fehlender Substantiierung von der Kammer nicht in das Verfahren zugelassen.
Hauptantrag (erteilte Ansprüche)
2. Neuheit
2.1 Die Beschwerdegegner 1 und 2 argumentierten, dass es dem Gegenstand des Anspruchs 1 an Neuheit gegenüber D1 mangele.
2.1.1 D1 bezieht sich auf Schmelz- und Haftklebstoffe aus mindestens einem Ethylen/C3-C20-alpha-Olefin Copolymer, wobei dieses Copolymer mit Hilfe eines Single-Site Katalysators erhalten wird und eine Polydispersität von weniger als 2.5, nämlich 1.5 bis 2.5 aufweist (Seite 1, Zeile 3 bis 6 und Seite 8, Zeile 1 bis 28).
Beispiel 79 (Tabelle 16B) der D1 offenbart einen Klebstoff zum Buchbinden aus einer Mischung aus zwei Ethylen/1-Octen Copolymeren (Seite 72, Zeile 14 bis 20), wobei eines einen Schmelzindex von 14 g/10 min und das zweite einen Schmelzindex von 2200 g/10 min aufweist.
Beispiele 103 und 104 (Tabelle 18C) der D1 offenbaren einen Klebstoff zum Verkleben von Verpackungen aus einer Mischung aus (i) einem Ethylen/1-Octen Copolymer mit einem Schmelzindex von 2200 g/10 min (Tabelle 18C in Verbindung mit der Fußnote der Tabelle 16B) und (ii) dem Ethylen/alpha-Olefin Copolymer Affinity**(TM) EG-8200 mit einem Schmelzindex von 5 g/10 min (Tabelle 6 auf Seite 58 der D1).
Somit offenbaren die Beispiele 79, 103 und 104 der D1 die in Anspruch 1 geforderte Mischung (A) aus den Copolymeren (I) und (II). Dies wurde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.
2.1.2 Der in Beispiel 79 offenbarte Klebstoff wird zum Buchbinden verwendet. Wie vom Beschwerdeführer ebenfalls nicht bestritten wurde, kommt von den beiden in D1 beschriebenen Alternativen eines Schmelz- und Haftklebers zum Buchbinden nur erstere in Frage. Der Klebstoff des Beispiels 79 ist somit ein Schmelzklebstoff.
Auf Seite 77, Zeile 3 bis 4 der D1 wird explizit offenbart, dass es sich bei den zum Verpacken eingesetzten Klebstoffen der Beispiele 103 und 104 um Schmelzklebstoffe handelt.
Somit erfüllen die Klebstoffe der Beispiele 79, 103 und 104 auch das Merkmal des Anspruchs 1 "Klebstoffsystem auf der Basis eines nichtreaktiven thermoplastischen Schmelzklebstoffs".
2.1.3 Vom Beschwerdeführer wurde die Auffassung vertreten, dass Anspruch 1 dahingehend beschränkt sei, dass die darin zitierten Klebstoffsysteme eine Eignung in der Holz- und Möbelverarbeitung aufweisen, und dass diese Eignung bei den in den Beispielen 79, 103 und 104 der D1 offenbarten Klebstoffen nicht vorliege. Ausgehend hiervon sei die Neuheit gegenüber D1 anzuerkennen.
Dieses Argument kann nicht durchgreifen.
So ist der unabhängige Anspruch 1 nicht auf die vom Beschwerdeführer genannte Eignung beschränkt, sondern enthält diese, wie durch den Ausdruck "insbesondere" signalisiert, lediglich als spezielle und damit optionale Ausführungsform ("insbesondere zur Anwendung in der Holz- und Möbelverarbeitung"). Diesbezüglich muss auch die Annahme des Beschwerdeführers fehlgehen, dass anspruchsgemäß durch den Ausdruck "insbesondere" gefordert wird, dass das Klebstoffsystem auf jeden Fall für die Holz- und Möbelverarbeitung geeignet sein muss, und eventuell zusätzlich in anderen Anwendungsgebieten einsetzbar ist. Diese Auslegung des Anspruchs 1 steht nämlich im Widerspruch zu Seite 2, Zeile 3 bis 7 des Streitpatents, wo nach der Nennung von "insbesondere in der Holz- und Möbelverarbeitung" weitere hiervon völlig verschiedene Anwendungsgebiete als Alternativen aufgeführt werden ("... sowie dessen Verwendung insbesondere in der Holz- und Möbelverarbeitung, insbesondere zu Zwecken der Profilummantelung oder der Kantenverleimung, aber auch in anderen Anwendungsbereichen (z. B. in der Transport- und Bauindustrie, in der Textilindustrie, im allgemeinen Montagebereich etc)" (Hervorhebung durch die Kammer). Somit kann zumindest im Lichte der Beschreibung des Streitpatents keinerlei Zweifel daran bestehen, dass die Eignung für die Holz- und Möbelverarbeitung in Anspruch 1 nicht zwingend vorhanden sein muss. Da dieses Merkmal daher nicht beschränkend ist, kann es auch die Neuheit nicht begründen.
Aber selbst wenn man zugunsten des Beschwerdeführers annimmt, dass das Klebstoffsystem des Anspruchs 1 "auf jeden Fall" für die Holz- und Möbelverarbeitung geeignet sein muss, kann dieses Merkmal die Neuheit gegenüber D1 nicht herstellen. Es muss nämlich davon ausgegangen werden, dass die in den Beispielen 79, 103 und 104 der D1 offenbarten Klebstoffe inhärent die angeblich geforderte Eignung für die Holz- und Möbelverarbeitung aufweisen. Diesbezüglich muss das Argument des Beschwerdeführers, dass die Klebstoffe der Beispiele 79, 103 und 104 diese Eignung wegen eines zu hohen Wachsgehaltes nicht besitzen, fehlgehen. So beträgt der Wachsgehalt in diesen Beispielen lediglich 25% (Gehalt an Paraflint**(®) H4 in Beispiel 79), 34.7% (Gehalt an Paraflint**(®) H4 und Paraffin**(®) 155 in Beispiel 103) und 20% (Gehalt an Paraffin**(®) 155 in Beispiel 104). Diese Gehalte liegen sämtlich innerhalb des im abhängigen Anspruch 4 des Streitpatents genannten Gehaltsbereiches (0.001 bis 50 Gew%). Da Anspruch 4 von Anspruch 1 abhängig ist, müssen Klebstoffsysteme mit Wachsgehalten innerhalb dieses Bereiches und damit auch diejenigen der Beispiele 79, 103 und 104 der D1, die angeblich von Anspruch 1 geforderte Eignung zur Holz- und Möbelverarbeitung aufweisen.
2.2 Aus den obigen Gründen mangelt es dem Gegenstand des Anspruchs 1 an Neuheit gegenüber D1.
Hilfsantrag I
3. Änderungen - Artikel 123(2) EPÜ
3.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags I unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags u. a. dadurch, dass in der Definition der Komponente (C) "gegebenenfalls mindestens ein Harz und/oder mindestens ein Wachs" die Ausdrücke "gegebenenfalls" und "und/oder mindestens ein Wachs" gestrichen wurden, so dass als Komponente (C) jetzt ein Harz zwingend anwesend sein muss. Gleichzeitig wurde die Harzmenge auf 1 bis 40 Gew% beschränkt.
3.2 Gemäß Beschwerdeführer findet diese Änderung eine Basis in Anspruch 4 und der entsprechenden Textstelle auf Seite 10, Zeile 11 bis 16 der ursprünglich eingereichten Anmeldung (vom Beschwerdeführer wurde die entsprechende Beschreibungsstelle in Absatz [0040] des Streitpatents genannt).
Die Kammer kann sich dieser Auffassung nicht anschließen. Anspruch 4 und die entsprechende Stelle in der Beschreibung der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbaren, dass der Schmelzklebstoff das Harz und/oder das Wachs (C), bezogen auf den Schmelzklebstoff, in Mengen von 0,001 bis 50 Gew.-%, insbesondere 0,01 bis 40 Gew.-%, vorzugsweise 1 bis 30 Gew.-%, enthält. In der ursprünglich eingereichten Anmeldung beschränkt die Obergrenze von 40 Gew.-% somit den Anteil an Harz und/oder Wachs. Dies bedeutet, dass, sobald Wachs vorhanden ist, dessen Anteil gemäß der ursprünglichen Offenbarung unterhalb dieser Obergrenze von 40 Gew% liegen muss. Im Gegensatz hierzu ist durch die Aufnahme dieser Obergrenze bei gleichzeitiger Streichung der Alternative "Wachs" in Anspruch 1 des Hilfsantrags I der Wachsanteil nicht mehr beschränkt. Daher können die vom Beschwerdeführer genannten Textstellen der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht als Basis dienen. Da auch der übrige Teil der ursprünglich eingereichten Anmeldung keine solche Basis liefert, verstößt Anspruch 1 gegen die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
Hilfsantrag II
4. Zulassung
4.1 Die Beschwerdegegner 1 und 2 beantragten, den Hilfsantrag II (ursprünglich Hilfsantrag IV, siehe Punkt IX oben) nicht in das Verfahren zuzulassen, da die in Anspruch 1 durchgeführten Änderungen die Änderungen des Hilfsantrags I nicht konvergent fortführten und die Erfordernisse der Regel 80 EPÜ nicht erfüllten.
4.2 Anspruch 1 des Hilfsantrags II ist nicht mehr als Stoff- sondern als ein Verwendungsanspruch formuliert, der sich auf die Verwendung eines Klebstoffsystems als Schmelz- und/oder Montagewerkstoff in der Holz- und Möbelverarbeitung bezieht. Das zu verwendende Klebstoffsystem ist bezüglich der Komponenten (A) und (B) identisch zu demjenigen des Hilfsantrags I definiert, und Komponente (C) ist wie in Hilfsantrag I mindestens ein Harz, jedoch wurde die Beschränkung der Art und Menge des Harzes und die Beschränkung der Viskosität des Klebstoffsystems gestrichen.
Es ist daher den Beschwerdegegnern 1 und 2 darin zuzustimmen, dass Anspruch 1 des Hilfsantrags II gegenüber Anspruch 1 des Hilfsantrags I hinsichtlich des im Anspruch definierten Klebstoffsystems zu einem gewissen Grad aufgeweitet wurde. Jedoch erfolgte, wenn man Anspruch 1 als Ganzes betrachtet, durch den Kategoriewechsel von einem Stoff- zu einem Verwendungsanspruch eine sehr starke Beschränkung des Schutzumfangs. Daher steht das von den Beschwerdegegnern angezogene Konvergenzkriterium einer Zulassung des Hilfsantrags II nicht entgegen.
Ferner wird, wie von den Beschwerdegegnern nicht bestritten wurde (siehe Punkt 6 unten), durch diese Beschränkung die Neuheit gegenüber D1 hergestellt. Die Anspruchsänderung erfüllt somit auch die Erfordernisse der Regel 80 EPÜ.
4.3 Die Kammer hat daher entschieden, Hilfsantrag II in das Verfahren zuzulassen.
5. Änderungen - Artikel 123(2) EPÜ
5.1 Vom Beschwerdegegner 2 wurde argumentiert, dass die in Anspruch 1 durch Änderung entstandene Kombination aus (i) einer Verwendung als Schmelz- und/oder Montagewerkstoff in der Holz- und Möbelverarbeitung mit (ii) der Beschränkung auf mindestens ein Harz als Komponente (C) eine Doppelauswahl aus der ursprünglich eingereichten Anmeldung darstelle, die die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ verletze.
5.2 Die ursprünglich offenbarte Formulierung "gegebenenfalls mindestens ein Harz und/oder mindestens ein Wachs" (siehe Anspruch 1 der ursprünglich eingereichten Anmeldung) beinhaltet bezüglich der Komponente (C) vier Alternativen, nämlich
- die Abwesenheit dieser Komponente,
- mindestens ein Harz als Komponente (C),
- mindestens ein Wachs als Komponente (C) und
- mindestens ein Harz und mindestens ein Wachs als Komponente (C).
Aus diesen vier Alternativen wurde in Anspruch 1 des Hilfsantrags II eine Alternative ausgewählt, nämlich mindestens ein Harz als Komponente (C). Es ist dem Beschwerdegegner 2 daher zuzustimmen, dass hier eine Auswahl erforderlich ist. Allerdings liefert die ursprünglich eingereichte Anmeldung einen Hinweis auf diese Auswahl in Form des Beispiels I, in dem als Komponente (C) ein Harz (Escorez**(®) 5320) und kein Wachs enthalten ist.
Es ist dem Beschwerdegegner 2 auch darin zuzustimmen, dass die ursprünglich eingereichte Anmeldung neben der in Anspruch 1 des Hilfsantrags II genannten Verwendung mehrere weitere Verwendungen offenbart (Anspruch 27), so dass auch hier eine Auswahl erforderlich ist. Jedoch existiert auch hier ein Hinweis auf die in Anspruch 1 des Hilfsantrags II ausgewählte Verwendung in Form des sich ausschließlich auf diese Verwendung beziehenden unabhängigen Anspruchs 28 der ursprünglich eingereichten Anmeldung.
Daher geht der durch Änderung in den Anspruch 1 des Hilfsantrags II eingeführte Gegenstand unmittelbar und eindeutig aus der ursprünglich eingereichten Anmeldung hervor. Anspruch 1 des Hilfsantrags II erfüllt folglich die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
Von den Beschwerdegegnern wurden keine Einwände unter Artikel 123(2) EPÜ gegen die weiteren Ansprüche des Hilfsantrags II erhoben und die Kammer ist überzeugt, dass auch diese Ansprüche die Erfordernisse dieses Artikels erfüllen.
6. Neuheit
Von den Beschwerdegegnern wurden keine Einwände erhoben. Wie oben hinsichtlich der Neuheit des Hauptantrages bereits diskutiert, werden die Klebstoffe der Beispiele 79, 103 und 104 zum Buchbinden oder zur Verpackung, nicht jedoch in der Holz- und Möbelverarbeitung verwendet. Daher ist der Gegenstand des Verwendungsanspruchs 1 und damit aller übrigen von diesem Anspruch abhängigen Ansprüche neu gegenüber D1.
7. Erfinderische Tätigkeit
7.1 Wie von allen Parteien anerkannt wurde, stellt D1 den nächstliegenden Stand der Technik dar.
7.2 Von den Beschwerdegegnern 1 und 2 wurde argumentiert, dass der Fachmann von den bezüglich der Neuheit bereits diskutierten Beispielen 79, 103 und 104 der D1 ausgehen würde, von denen sich der Gegenstand des Anspruchs 1 lediglich durch die Art der Verwendung unterscheide. Insbesondere würde das Klebstoffsystem anspruchsgemäß in der Holz- und Möbelverarbeitung eingesetzt, während die Klebstoffe der genannten Beispiele zum Buchbinden bzw. in Verpackungen eingesetzt würden. Die gegenüber D1 gelöste Aufgabe bestehe entsprechend in der Bereitstellung einer alternativen Verwendung. Im Hinblick auf den in der Zusammenfassung der D1 gegebenen Hinweis, dass die in diesem Dokument beanspruchten Klebstoffe unter anderem bei Dekor- und Schutzfolien für Regalbretter und Schubladen Anwendung finden, sei es für den Fachmann naheliegend gewesen, die in den Beispielen genannten Klebstoffe auch dieser Anwendung zuzuführen und so zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen. Daher sei der Gegenstand dieses Anspruchs gegenüber D1 nicht erfinderisch.
7.3 Die Kammer kann sich dieser Argumentation aus folgenden Gründen nicht anschließen.
7.3.1 Der nach Klebstoffsystemen für die Holz- und Möbelverarbeitung Ausschau haltende Fachmann hätte keine Veranlassung gehabt, speziell die Klebstoffe der Beispiele 79, 103 und 104 in Betracht zu ziehen, da D1 für diese Klebstoffe explizit eine von der Holz- und Möbelverarbeitung verschiedene Anwendung, nämlich das Buchbinden und Verpacken, vorsieht. Der Fachmann hätte als Ausgangspunkt vielmehr die allgemeine nicht auf eine bestimmte Verwendung beschränkte Offenbarung der D1 als Ausgangspunkt gewählt. Gemäß dieser allgemeinen Offenbarung (Seite 4, Zeile 20 bis Seite 25, Zeile 2) kann das dort offenbarte Klebstoffsystem ein oder mehrere Ethylencopolymere mit oder ohne Harz ("tackifier" in D1) aufweisen, wobei im Falle von zwei Ethylencopolymeren beide jeweils einen Schmelzindex von 30 g/10 min oder einen von 30 g/10 min und einen von mehr als 125 g/10 min aufweisen. Um von dieser allgemeinen Offenbarung der D1 zu dem Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen, müsste der Fachmann zumindest ein solches Klebstoffsystem aus D1 auswählen, welches zwei Ethylencopolymere mit jeweils anspruchsgemäßen Schmelzindizes enthält und welches zusätzlich ein Harz umfasst. Dieses Klebstoffsystem müsste er dann der anspruchsgemäßen Verwendung zuführen.
7.3.2 Aus einem Vergleich des erfindungsgemäßen Schmelzklebstoffs I mit den nicht erfindungsgemäßen Schmelzklebstoffen IIA und IIB im Streitpatents geht hervor, das durch die Wahl einer anspruchsgemäßen Mischung zweier Ethylencopolymere (I) und (II) die maximale Zugfestigkeit und Reißdehnung des Klebstoffsystems deutlich verbessert wird. So beträgt die maximale Zugfestigkeit und Reißdehnung des erfindungsgemäßen Schmelzklebstoffs I, welcher eine anspruchsgemäße Mischung aus den Copolymeren (I) und (II) enthält, 1.3 MPa und 700% (Tabelle 2), während die nicht erfindungsgemäßen Schmelzkleber IIA und IIB, welche lediglich das Copolymer (I) enthalten, eine maximale Zugfestigkeit und Reißdehnung von lediglich 0.9 MPa und 22% (Schmelzkleber IIA) bzw. 1.0 MPa und 210% (Schmelzkleber IIB) aufweisen (Tabelle 4). Somit kann diesen experimentellen Daten entnommen werden, dass durch die Auswahl einer anspruchsgemäßen Mischung zweier Copolymere (I) und (II) eine Verbesserung der maximalen Zugfestigkeit und Reißdehnung erhalten wird.
Ferner geht aus den experimentellen Daten in D24 hervor, dass durch die Anwesenheit eines Harzes die Adhäsion des Klebstoffsystems verbessert wird. So weist ein Klebstoffsystem, welches zwar die anspruchsgemäße Mischung aus Copolymer (I) und (II), nicht jedoch ein Harz enthält, gegenüber zahlreichen Werkstoffen einen Werkstoff- bzw. Kohäsionsbruch auf. Im Gegensatz hierzu weisen Klebstoffsysteme mit der anspruchsgemäßen Mischung aus Copolymer (I) und (II), welche wie anspruchsgemäß gefordert zusätzlich ein Harz (in Gehalten von 15 %, 35 %, 50 % bzw. 60 %) enthält, deutlich verbesserte Adhäsionseigenschaften auf.
7.3.3 Gestützt auf diese experimentellen Ergebnisse und im Einklang mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers kann die objektiv gegenüber D1 gelöste Aufgabe daher in einer leistungsstärkeren Anwendung für den speziell ausgewählten Bereich der Holz- und Möbelverarbeitung gesehen werden.
7.3.4 Selbst wenn man den Beschwerdegegnern 1 und 2 darin zustimmt, dass die in der Zusammenfassung der D1 offenbarte Verwendung für Dekor- und Schutzfolien für Regalbretter und Schubladen als Möbelverarbeitung anzusehen ist, ist die anspruchsgemäße Lösung nicht naheliegend. So wird diese Verwendung ausschließlich in der Zusammenfassung der D1 genannt, während die übrige Offenbarung der D1 auf hiervon völlig verschiedene Verwendungen, insbesondere das Buchbinden und das Verkleben von Verpackungen, abstellt. Ferner fehlt in D1 jeglicher Hinweis, dass eine leistungsstärkere Anwendung dadurch erzielt werden kann, dass ein Klebstoffsystem ausgewählt wird, welches die anspruchsgemäße Mischung aus den Copolymeren (I) und (II) enthält und zusätzlich ein Harz umfasst. Schließlich fehlt ein Hinweis, gerade dieses Klebstoffsystem in der in der Zusammenfassung der D1 genannten Anwendung einzusetzen.
7.3.5 Der Beschwerdegegner 1 argumentierte, dass aus Seite 18, Zeile 15 bis 20 der D1 hervorgehe, dass zum Erreichen niedriger Viskositäten und Verarbeitungstemperaturen eine Mischung aus zwei Ethylencopolymeren einzusetzen sei, von denen eines einen Schmelzindex von weniger als 30 g/10 min und das zweite einen Schmelzindex von bevorzugt mehr als 500 g/10 min aufweise. Da der Fachmann wisse, dass gerade in der Möbelverarbeitung niedrige Verarbeitungstemperaturen erforderlich seien, um die Möbel nicht zu schädigen, würde der Fachmann die in der genannten Textstelle offenbarte Mischung auswählen und so zu der anspruchsgemäßen Mischung aus den beiden Copolymeren (I) und (II) gelangen. Die noch fehlende Komponente eines Harzes sei typischerweise in Schmelzklebern enthalten, so dass der Fachmann auch diese Komponente hinzugefügt hätte.
Diese Argumentation geht jedoch nicht von der oben definierten, objektiven technischen Aufgabe aus, sondern scheint auf einer rückschauenden Betrachtungsweise zu beruhen.
7.4 Der mit der objektiven technischen Aufgabe konfrontierte Fachmann wäre somit ausgehend von D1 nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangt. Der Gegenstand dieses Anspruchs und damit einhergehend aller weiteren von diesem Anspruch abhängigen Ansprüche beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
8. Weitere Anträge des Beschwerdeführers
Vom Beschwerdeführer wurde beantragt, D29 bis D34 und alle von ihm im Einspruchsverfahren eingereichten Schriftsätze, Dokumente und Beweismittel in das Beschwerdeverfahren zuzulassen. Da diese Dokumente, Schriftsätze und Beweismittel vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung nicht benutzt wurden und für die vorliegende Entscheidung nicht relevant sind, ist, wie vom Beschwerdeführer nicht bestritten wurde, dieser Antrag gegenstandslos geworden. Die Kammer brauchte daher über diesen Antrag nicht zu entscheiden.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 24 gemäß Hilfsantrag II, eingereicht während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, und einer noch anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.