T 0777/14 () of 16.1.2020

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2020:T077714.20200116
Datum der Entscheidung: 16 Januar 2020
Aktenzeichen: T 0777/14
Anmeldenummer: 05701177.7
IPC-Klasse: C07C 253/10
C07C 253/30
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN ZUR HERSTELLUNG VON ADIPODINITRIL DURCH HYDROCYANIERUNG VON 1,3-BUTADIEN
Name des Anmelders: BASF SE
Name des Einsprechenden: INVISTA Technologies S.à.r.l.
Kammer: 3.3.10
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 83
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Ausreichende Offenbarung - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - nicht naheliegende Alternative
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Einsprechende) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent Nr. EP-B 1 713 759 unter Artikel 101(3)(a) EPÜ in geänderter Form aufrechtzuerhalten.

II. In der Einspruchsschrift war das Patent unter Artikel 100(a) und (b) EPÜ wegen mangelnder Neuheit, mangelnder erfinderischer Tätigkeit und mangelnder Ausführbarkeit angegriffen worden.

III. Im Einspruchs- und Beschwerdeverfahren wurde unter anderem auf die folgenden Dokumente verwiesen:

D1:|Process Economics Program Report No. 54B, Nylon 66 (September 1987), Index ii-xvii, pages 201-215 and fig. 10.1 sheets 1-3|

D10|Von der Einsprechenden mit Anmerkungen versehene Abbildung 10.1 der D1 |

IV. Im Einspruchsverfahren verteidigte die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) das Patent in eingeschränkter Fassung. In ihrer Entscheidung kam die Einspruchsabteilung zu dem Schluss, dass der vorliegende Hauptantrag die Erfordernisse des EPÜ erfülle. Insbesondere sei das beanspruchte Verfahren ausführbar (Artikel 83 EPÜ) und gegenüber D1 neu und erfinderisch (Artikel 54/56 EPÜ).

V. Der unabhängige Anspruch 1 der aufrechterhaltenen Fassung, auf dem die angefochtene Entscheidung beruht, lautet wie folgt:

"Verfahren zur Herstellung von Adipodinitril durch Hydrocyanierung von 1,3-Butadien an einem Katalysator, wobei

in einem ersten Verfahrensschritt 1,3-Butadien zu 3-Pentennitril an mindestens einem Nickel(0)-Katalysator hydrocyaniert wird und

in einem zweiten Verfahrensschritt 3-Pentennitril zu Adipodinitril an mindestens einem Nickel(0)-Katalysator unter Zugabe mindestens einer Lewis-Säure hydrocyaniert wird,

dadurch gekennzeichnet,

dass zumindest einer der in den jeweiligen Verfahrensschritten verwendeten Nickel(0)-Katalysatoren zumindest teilweise in den jeweils anderen Verfahrensschritt überführt wird und das Verfahren ferner gekennzeichnet ist durch die folgenden Verfahrensschritte:

(a) Hydrocyanierung von 1,3-Butadien an mindestens einem Nickel(0)-Katalysator, wobei ein Hydrocyanierungsstrom 1 resultiert, der 3-Pentennitril, 2-Pentennitril, 2-Methyl-2-butennitril, C9-Nitrile, 2-Methyl-3-butennitril, Methylglutardinitril, den mindestens einen Nickel(0)-Katalysator, nicht umgesetztes 1,3-Butadien und Reste nicht umgesetzten Cyanwasserstoffs enthält,

(a') Unterziehen des Hydrocyanierungsstroms 1 einem Isomerisierungsschritt mit Isomerisierung von 2-Methyl-3-butennitril, das in dem Hydrocyanierungsstrom 1 enthalten ist, zu 3-Pentennitril an mindestens einem Nickel(0)-Katalysator, wobei ein an 2-Methyl-3-butennitril abgereicherter und ein an 3-Pentennitril angereicherter Isomerisierungsstrom 1 erhalten wird,

(b) Abtrennung des mindestens einen Nickel(0)-Katalysators aus dem Isomerisierungsstrom 1 unter Erhalt eines Katalysatorstromes 1, der den mindestens einen Nickel(0)-Katalysator enthält, und eines Hydrocyanierungsstroms 2, der 3-Pentennitril, 2-Pentennitril, 2-Methyl-2-butennitril, C9-Nitrile und 2-Methyl-3-butennitril enthält,

(c) Regeneration des mindestens einen Nickel(0)-Katalysators in dem Katalysatorstrom 1 durch reduktive Nickel-Katalysatorsynthese unter Zugabe von frischem Ligand unter Erhalt eines Katalysatorstroms 2,

(d) Hydrocyanierung von 3-Pentennitril an mindestens einem Nickel(0)-Katalysator und in Gegenwart mindestens einer Lewis-Säure, wobei der Nickel(0)-Katalysator und die Lewis-Säure zumindest teilweise aus dem Katalysatorstrom 2 stammen und ein Hydrocyanierungsstrom 3 resultiert, der den mindestens einen Nickel(0)-Katalysator, Adipodinitril und die mindestens eine Lewis-Säure enthält,

(e) Abtrennung des mindestens einen Nickel(0)-Katalysators aus dem Hydrocyanierungsstrom 3 durch Extraktion mit einem organischen Lösemittel unter Erhalt eines Katalysatorstroms 3, der den mindestens einen Nickel(0)-Katalysator enthält, und eines Produktstromes, der Adipodinitril enthält, wobei der Katalysatorstrom 3 zumindest teilweise in Verfahrensschritt (a) zurückgeführt wird."

Dieser Anspruch liegt auch der vorliegenden Entscheidung als Hauptantrag zugrunde.

VI. In ihrer Beschwerdebegründung, und im weiteren Verfahren, brachte die Beschwerdeführerin vor, das beanspruchte Verfahren sei nicht ausreichend offenbart und ausgehend von D1 für den Fachmann naheliegend gewesen.

VII. In ihrer Antwort auf die Beschwerdebegründung, und im weiteren Verfahren, brachte die Beschwerdegegnerin Argumente vor, weshalb das Verfahren ausreichend offenbart sei und weshalb ein Fachmann ausgehend von D1 nicht auf naheliegende Weise zum beanspruchten Verfahren gelangt wäre.

Des weiteren reichte sie mit ihrer Antwort auf die Beschwerdebegründung verschiedene Anspruchssätze als Hilfsanträge ein.

VIII. Anträge der Parteien

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 1 713 759.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde und somit die Aufrechterhaltung des Patents in der im Einspruchsverfahren aufrechterhaltenen Fassung (Hauptantrag) oder hilfsweise, Aufrechterhaltung des Patents gemäß einer der Hilfsanträge 1-5 und 2a-5a, alle Anträge eingereicht mit Schreiben von 22. Dezember 2014.

IX. Am 16. Januar 2020 fand eine mündliche Verhandlung statt. Am Ende der Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Hauptantrag

2. Ausführbarkeit (Artikel 83 EPÜ)

2.1 Fehlendes Ausführungsbeispiel

2.1.1 Die Beschwerdeführerin bemängelt, dass kein Beispiel unter die Ansprüche fällt, da das einzige Beispiel des Patents nach den durchgeführten Beschränkungen die beanspruchten Schritte (b), (c) und (e) nicht mehr aufweise.

2.1.2 Die Beschwerdegegnerin argumentiert, dass die Abfolge der beanspruchten Verfahrensschritte für den Fachmann klar sei und zudem ein erfindungsgemäßes Fließschema in Figur 2 vorliege. Das Beispiel des Patents unterscheide sich vom Anspruch nur darin, dass nach Schritt (a) unreagiertes Butadien aus dem Hydrocyanierungsstrom vor der Isomerisierung abgetrennt und in den Reaktor zurückgeführt wird.

2.1.3 Gemäß Regel 42(1)(e) EPÜ ist wenigstens ein Weg zur Ausführung der beanspruchten Erfindung im Einzelnen anzugeben. Dies ist im vorliegenden Fall geschehen, etwa in Figur 2. Ausführungsbeispiele schreibt das EPÜ nicht zwingend vor. Die Abwesenheit eines Ausführungsbeispiels alleine begründet keine mangelnde Ausführbarkeit, solange der Fachmann in der Lage ist, das beanspruchte Verfahren durchzuführen. Die Verfahrensschritte an sich sind dem Fachmann bekannt. Es wurden keine Argumente vorgebracht, weshalb der Fachmann nicht in der Lage sein sollte, die Verfahrensschritte in der beanspruchten Reihenfolge auszuführen. Dieser Einwand der Beschwerdeführerin ist daher nicht überzeugend.

2.2 "Nickel(0)-Katalysator"

2.2.1 Die Beschwerdeführerin hat das Merkmal "Nickel(0)-Katalysator" in den Ansprüchen bemängelt. Ihrer Ansicht nach ist bei wörtlicher Auslegung dieses Merkmals Verfahrensschritt (c) undurchführbar, da dort das Nickel bereits in Oxidationsstufe 0 vorliegt.

Die Einspruchsabteilung ist in ihrer Entscheidung zu dem Schluss gekommen, der Fachmann interpretiere diesen Begriff dahingehend, dass sowohl Nickel(0) alleine als auch im Gemisch mit dem bei der Reaktion entstandenen deaktivierten Katalysator in oxidiertem Zustand gemeint ist.

Die Kammer schließt sich in diesem Punkt der Ansicht der Einspruchsabteilung an. Ein Fachmann weiß, dass, wenn von Katalysatorregenerierung gesprochen wird, der verbrauchte Anteil des Katalysators regeneriert wird, auch wenn dieser im Gemisch mit noch aktivem Katalysator vorliegt.

2.2.2 Die Beschwerdeführerin hat auch bemängelt, dass in Verfahrensschritt (c) eine Regeneration des Katalysators durch reduktive Katalysatorsynthese verlangt wird. Sie ist der Ansicht, Regeneration und Synthese seien zwei verschiedene Dinge, so dass der Fachmann nicht wisse, ob er innerhalb oder außerhalb des Anspruchs 1 arbeite.

Nach Ansicht der Kammer ist dies, wenn überhaupt, eine Frage der Klarheit unter Artikel 84 EPÜ, die vorliegend nicht zur Debatte steht. Außerdem ist in Absätzen [0074] bis [0078] der Beschreibung ausgeführt, wie dieses Verfahren durchgeführt werden kann.

2.3 Insgesamt kommt die Kammer daher zu dem Schluss, dass in der Beschreibung das beanspruchte Verfahren für den Fachmann in ausführbarer Weise beschrieben ist.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1 Nächster Stand der Technik

Beide Parteien gehen von D1 als nächstem Stand der Technik aus, und die Kammer schließt sich dem an. Dort ist ein Verfahren zur Herstellung von Adipodinitril durch zweifache Hydrocyanierung von Butadien insbesondere in Abbildung 10.1 beschrieben. Diese Abbildung ist mit Anmerkungen zum besseren Vergleich mit dem beanspruchten Verfahren als D10 im Verfahren.

3.2 Das beanspruchte Verfahren

Beansprucht wird ein zweistufiger katalytischer Hydrocyanierungsprozess von 1,3-Butadien zu Adipodinitril mit zwischengeschalteter Isomerisierung von Pentennitrilen und Katalysatorregeneration, in dessen Verlauf die Verfahrensströme verschiedenen Trennstufen unterworfen werden. Im vorliegenden Fall hält es die Kammer für angebracht, zunächst die Bedeutung einiger technischer Merkmale des beanspruchten Verfahrens zu klären.

3.2.1 Nach der ersten Hydrocyanierung in Schritt (a) wird der gesamte Hydrocyanierungsaustrag in die Isomerisierung überführt, Schritt (a').

Dies folgt aus dem Wortlaut des Anspruchs ("Unterziehen des Hydrocyanierungsstroms 1 einem Isomerisierungsschritt (...)"). Etwaige dazwischengeschaltete weitere Verfahrensschritte würden die Zusammensetzung des Stroms verändern, so dass nicht mehr der "Hydrocyanierungsstrom 1" einer Isomerisierung unterzogen würde.

3.2.2 Aus dem Isomerisierungsaustrag ("Isomerisierungsstrom 1") wird sodann in Schritt (b) der Katalysator abgetrennt und in Schritt (c) regeneriert (Katalysatorstrom 2"). Dieser regenerierte Katalysatorstrom 2, der Nickel-(0)-Katalysator und Lewis-Säure enthält, stellt zumindest einen Teil des im zweiten Hydrocyanierungsschritt (d) verwendeten Katalysators dar.

3.2.3 Aus dem Hydrocyanierungsaustrag der zweiten Hydrocyanierung ("Hydrocyanierungsstrom 3") wird in Schritt (e) der Katalysator abgetrennt und als Katalysatorstrom 3 zumindest teilweise in Schritt (a), d. h. in die erste Hydrocyanierung zurückgeführt.

Dies kann nur so verstanden werden, dass dieser Strom direkt in die erste Hydrocyanierung überführt wird, und nicht über den Umweg eines weiteren Verfahrensschritts wie etwa einer Regeneration.

Die Beschwerdeführerin hat zwar angeführt, der Anspruch verlange nur bestimmte Verfahrensschritte und sei ansonsten offen formuliert. Der Anspruch verlange nicht, dass die Ströme jeweils direkt in den jeweiligen Verfahrenschritt überführt würden. Die Kammer kann dieser Lesart des Anspruchs jedoch nicht folgen. Der Anspruch definiert natürlich nicht alle Details des Verfahrens. Wenn der Anspruch allerdings wörtlich verlangt, dass ein bestimmter Strom in einen bestimmten Verfahrensschritt geführt wird, so muss dies auch so verstanden werden.

3.3 Das Verfahren in D1

Das Verfahren in D1 ist in Abbildung 10.1 der D1 illustriert; eine Version mit Anmerkungen der Beschwerdeführerin liegt als D10 vor.

In D1 wird nach der ersten Hydrocyanierung der Produktstrom aufgeteilt und ein Grossteil des Produktstroms nach Abtrennung verbrauchten Katalysators zusammen mit noch aktivem Katalysator als Strom 12 in die zweite Hydrocyanierung überführt. Ein zweiter Teilstrom geht als Strom 11 in die Isomerisierung und wird dort mit neuem Katalysator versetzt.

Für den zweiten Hydrocyanierungsschritt setzt das Verfahren der D1 eine aktivierte Katalysatorlösung ein, die in Tank T-302 aus noch aktivem Katalysator, regeneriertem Katalysator und Lewis-Säure gemischt wird (Ströme 58 und 68). Nach der zweiten Hydrocyanierung wird der Katalysator als Strom 34 vom Produktstrom abgetrennt und einer Regenerierung zugeführt ("catalyst section"), bevor er dann über Strom 67 teilweise in die erste Hydrocyanierung zurückgeführt wird.

3.4 Aufgabe

Die Kammer sieht als mit dem beanspruchten Verfahren zu lösende technische Aufgabe das Auffinden eines alternativen Verfahrens zur Herstellung von Adipodinitril aus 1,3-Butadien.

Zwar hat die Beschwerdegegnerin vorgebracht, das Verfahren sei im Vergleich zu D1 apparativ weniger aufwendig, da nur ein Katalysatorkreislauf benötigt werde und der Katalysator auch an weniger Stellen im Verfahren regeneriert werden müsse. Es sei daher wirtschaftlicher.

Demgegenüber hat die Beschwerdeführerin vorgebracht, es lägen keine Beweise für eine solche Behauptung vor. Andererseits seien verschiedene Teilschritte des beanspruchten Verfahrens unwirtschaftlicher als das Verfahren der D1. Beispielsweise werde ja hier der gesamte Hydrocyanierungsaustrag in die Isomerisierung überführt, was wegen des herrschenden Gleichgewichts zwischen gewünschtem, aber schon im Überschuss vorliegendem Produkt und unerwünschtem, zu isomerisierendem Nebenprodukt die Effizienz der Isomerisierung gegenüber D1 verringere.

Der Beschwerdeführerin ist hier insoweit recht zu geben, als dass keine Beweise dafür vorliegen, das beanspruchte Verfahren wäre insgesamt wirtschaftlicher als das der D1. Andererseits ist für das Gesamtverfahren auch keine offensichtliche Verschlechterung erkennbar. Nach Ansicht der Kammer sind die Verfahren der D1 und das vorliegend beanspruchte Verfahren in unterschiedlicher Weise optimiert. Die zu lösende Aufgabe wird daher als Alternative formuliert.

3.5 Lösung

3.5.1 Die Aufgabe wird durch das beanspruchte Verfahren gelöst, das zumindest durch folgende Merkmale charakterisiert ist:

(i) Der gesamte Hydrocyanierungsaustrag, d. h. Produkt und Katalysator, wird in die Isomerisierung überführt (Schritte (a) und (a'))

(ii) Die zweite Hydrocyanierung wird mit einem Katalysatorstrom durchgeführt, der Katalysator und Lewis-Säure enthält und der zumindest teilweise aus der Katalysatorregeneration stammt (Schritt (d))

(iii) Der aus dem Austrag der zweiten Hydrocyanierung abgetrennte Katalysator wird zumindest teilweise in die erste Hydrocyanierung zurückgeführt (Schritt (e))

Merkmale (i) und (ii) waren unstrittig.

Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht, Merkmal (iii) sei in D1 auch realisiert, da der Katalysatorstrom 34 nach durchlaufen des Regenerationsverfahrens ("catalyst section") ebenfalls teilweise über Strom 67 in die erste Hydrocyanierung geführt werde. Dem kann die Kammer allerdings nicht zustimmen. In D1 wird der Katalysatorstrom 34 eben nicht in die erste Hydrocyanierung, sondern zunächst in die Regeneration geführt. Eine solche Verfahrensweise wird aber vom Anspruch nicht umfasst, wie oben ausgeführt.

3.5.2 Dass das beanspruchte Verfahren die Aufgabe löst, d. h. dass es zur zur Herstellung von Adipodinitril aus 1,3-Butadien geeignet ist, wurde von der Beschwerdeführerin am Schluss nicht mehr bestritten. Auch die Kammer sieht keinen Grund, weshalb das nicht der Fall sein sollte.

3.6 Naheliegen der Lösung

3.6.1 In der angefochtenen Entscheidung wurde erfinderische Tätigkeit im wesentlichen damit begründet, dass der Fachmann aus D1 keinen Hinweis darauf erhalte, den gesamten Hydrocyanierungsaustrag in die Isomerisierung zu überführen (Merkmal (i) oben). Es sei der D1 nicht zu entnehmen, dass der Katalysator nach der ersten Hydrocyanierung noch aktiv genug ist, um auch die Isomerisierung zu katalysieren. In D1 werde ja der Katalysator nach der Hydrocyanierung abgetrennt und für die Isomerisierung frischer Katalysator verwendet (Strom 13).

3.6.2 Die Beschwerdeführerin hat dagegen insbesondere argumentiert, aus einem Vergleich der Ströme 6 und 13 in D1 würde der Fachmann ablesen, dass der Hydrocyanierungsaustrag (Strom 6) noch Katalysator in einer Menge enthalte, die für die Durchführung der Isomerisierung ausreichend sei. Ein Fachmann hätte daher gewusst, dass der gesamte Hydrocyanierungsaustrag in die Isomerisierung überführt werden könne.

Dem kann sich die Kammer nicht anschließen. D1 verwendet zwei unterschiedliche Kreisläufe für die Katalysatoren in den Hydrocyanierungsschritten und im Isomerisierungsschritt. Im Isomerisierungsschritt wird der Katalysator in Strom 13 eingespeist und über Strom 19 wieder zurückgeführt; oxidierter Katalysator wird über Strom 15 abgetrennt und einer Trocknung und nachfolgender Regenerierung zugeführt. Der Katalysator aus dem ersten Hydrocyanierungsschritt wird demgegenüber über Strom 12 in den zweiten Hydrocyanierungsschritt überführt und dort mit zusätzlichem Katalysator und Lewis-Säure aktiviert. Von der Beschwerdegegnerin wurde richtigerweise angeführt, dass eine Überführung des gesamten Hydrocyanierungsstroms inklusive des Katalysators in die Isomerisierung in D1 auch eine Umstrukturierung der Katalysatorkreisläufe erfordern würde. Darauf jedoch gibt es in der D1 keinen Hinweis.

3.6.3 Auch die Unterschiede (ii) und (iii) gehen aus D1 nicht auf naheliegende Weise hervor.

Diese Merkmale resultieren daraus, dass im vorliegend beanspruchten Verfahren der Katalysator aus der ersten Hydrocyanierung in die Isomerisierung, danach vor der zweiten Hydrocyanierung unter Bildung der Lewis-Säure regeneriert und so in der zweiten Hydrocyanierung eingesetzt wird. Danach wird er von der zweiten Hydrocyanierung zumindest teilweise direkt (d. h. ohne zwischenzeitliche Regenerierung) wieder in die erste Hydrocyanierung zurück geführt. Diese Verfahrensweise unterscheidet sich grundlegend von dem Verfahren der D1, das ja zwei getrennte Katalysatorkreisläufe vorsieht und nach jedem Schritt den oxidierten Teil des Katalysators der Regenerierung zuführt. Eine Überführung des Katalysators von der zweiten in die erste Hydrocyanierung ohne vorherige Regenerierung (Merkmal (iii)) ist in D1 nicht vorgesehen. Ein Fachmann erhält aus D1 keinen Hinweis auf die beanspruchte Verfahrensweise.

3.7 Insgesamt kommt die Kammer daher zu dem Schluss, das das beanspruchte Verfahren ausgehend von D1 eine nicht-naheliegende Alternative zur Herstellung von Adipodintril durch Hydrocyanierung von 1,3-Butadien darstellt.

3.8 Auf die Hilfsanträge braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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