T 0622/14 (Keramikprallkörper / Storz Medical AG) of 6.11.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T062214.20191106
Datum der Entscheidung: 06 November 2019
Aktenzeichen: T 0622/14
Anmeldenummer: 08003840.9
IPC-Klasse: A61N7/00
A61B17/22
A61H1/00
B06B1/18
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung zur Behandlung biologischer Körpersubstanzen mit mechanischen Druckwellen
Name des Anmelders: STORZ MEDICAL AG
Name des Einsprechenden: EMS Electro Medical Systems S.A.
Kammer: 3.4.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(a) (2007)
European Patent Convention Art 100(b) (2007)
European Patent Convention Art 100(c) (2007)
European Patent Convention Art 54(1) (2007)
European Patent Convention Art 54(2) (2007)
European Patent Convention Art 54(3) (2007)
European Patent Convention Art 56 (2007)
European Patent Convention Art 114(2) (2007)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4) (2007)
Schlagwörter: Ausreichende Offenbarung - Ausführbarkeit (ja)
Änderungen - unzulässige Erweiterung (nein)
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen das europäische Patent Nr. 2 095 843 wurde im gesamten Umfang Einspruch eingelegt auf der Basis von Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ (mangelnde Neuheit) und Artikel 56 EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit), auf der Basis von Artikel 100 b) EPÜ sowie auf der Basis von Artikel 100 c) EPÜ.

II. Die Einspruchsabteilung wies den Einspruch zurück.

III. Gegen diese Zurückweisung des Einspruchs legte die Einsprechende Beschwerde ein und beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen, da es nicht ausreichend deutlich und vollständig offenbart (Artikel 100 b) EPÜ) und unzulässig erweitert sei (Artikel 100 c) EPÜ) sowie die Erfordernisse der Artikel 54(1),(2) und 56 EPÜ nicht erfülle (Artikel 100 a) EPÜ).

IV. Die Patentinhaberin beantragte mit der Beschwerdeerwiderung die Zurückweisung der Beschwerde. Hilfsweise wurde beantragt, das Patent beschränkt aufrecht zu erhalten nach Maßgabe von Hilfsanträgen 1 bis 3, die zusammen mit der Beschwerdeerwiderung eingereicht wurden.

V. Beide Parteien beantragten hilfsweise die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

VI. Die Einsprechende antwortete mit einem Schriftsatz vom 15. März 2017 auf die Beschwerdeerwiderung. Die Patentinhaberin nahm darauf mit einem Schriftsatz vom 11. Mai 2017 Stellung und fügte diesem zwei weitere Hilfsanträge (Hilfsanträge 4 und 5) bei.

VII. Mit einer Ladung zur mündlichen Verhandlung versendete die Kammer ihre vorläufige Meinung in einer Mitteilung nach Artikel 15(1) VOBK 2007.

VIII. Die Patentinhaberin nahm dazu mit einem Schriftsatz vom 30. August 2019 Stellung. Seitens der Einsprechenden wurde kein weiterer Schriftsatz eingereicht.

IX. Während der mündlichen Verhandlung wurden mit den Beteiligten die Einspruchsgründe nach Artikel 100 a), 100 b) und 100 c) EPÜ gegen das erteilte Patent diskutiert.

X. Anspruch 1 des Hauptantrags (Patent wie erteilt) lautet in der seitens der Beschwerdeführerin in der Beschwerde benutzten Merkmalsanalyse:

1. Vorrichtung zur Behandlung von biologischen Körpersubstanzen eines Patienten durch Aufsetzen auf den Patienten mit

2. einem bewegbaren Schlagteil (13) und

3. einem Prallkörper (9, 9'),

4. die dazu ausgelegt ist, durch Beschleunigen des Schlagteils (13) und Aufprallen des Schlagteils (13) auf den Prallkörper (9, 9') eine mechanische Druckwelle in die biologische Körpersubstanz einzukoppeln,

dadurch gekennzeichnet,

5. dass der Prallkörper (9, 9') aus gesinterter Keramik besteht

5a. mit einer Dichte von höchsten 6g/cm**(3) und

6. durch einen pneumatischen Antrieb

6a. zur Beschleunigung des Schlagteils (13) mit einer Frequenz zwischen 1Hz und 50Hz.

XI. Die für diese Entscheidung ebenfalls relevanten abhängigen Ansprüche 9 und 10 lauten:

9. Vorrichtung nach einem der vorstehenden Ansprüche mit einer Mehrzahl unterschiedlicher Prallkörper (9, 9'), die im Austausch gegeneinander montierbar und durch unterschiedliche Färbung unterscheidbar sind.

10. Vorrichtung nach einem der vorstehenden Ansprüche, die ausgelegt ist zur Behandlung und insbesondere zur Stoßwellenakupunktur von Körperweichgewebe, insbesondere Muskeln oder Sehnen, und knochennaher Bereiche; beispielsweise zur Behandlung von Ansatztendinosen und anderen Anwendungen in Orthopädie und Chirurgie wie Kalkschultern, Fersenschmerzen, Pseudarthrosen, aber auch Muskelzerrungen, in der Neurologie, etwa zur Verbesserung der Motorik nach Schlaganfällen, Behandlung von Spasmen nach Traumen sowie Poly-Neuropathien, in der Urologie, etwa zur Behandlung von chronischen Beckenbodenschmerzen, in der Angiologie/Dermatologie und in der Chirurgie, etwa zur Behandlung von Narben oder Hautverbrennungen sowie zur Verbesserung der Wundheilung.

XII. Die Anspruchssätze der Hilfsanträge 1 bis 5 sind für diese Entscheidung nicht relevant.

Entscheidungsgründe

Ausführbarkeit (Artikel 100 b) EPÜ)

1. Die Einsprechende argumentiert, dass mit dem beanspruchten Dichtebereich ("höchstens 6g/cm**(3")) für die verwendeten gesinterten Keramiken im Merkmal 5a auch sehr kleine Dichten umfasst wären, mit denen die Erfindung nicht ausführbar wäre, da diese nicht ausreichend schlagfest seien.

2. Außerdem verweist die Einsprechende in der Beschwerdebegründung (Abschnitt III.1, Seiten 4-5) darauf, dass es unklar sei, ob der Prallkörper nur aus gesinterter Keramik bestehe, oder eventuell auch darin enthaltene metallische Anteile umfasse.

3. Wie auch von der Patentinhaberin ausgeführt (s. Beschwerdeerwiderung, Seite 4, letzter Absatz) ist kein Zusammenhang zwischen Dichte und Schlagfestigkeit einer Keramik nachgewiesen worden.

4. Außerdem ist der Beitrag der Erfindung zum Stand der Technik nicht in der Entwicklung neuer keramischer Werkstoffe zu sehen, sondern in der Verwendung ausgewählter, bereits bekannter keramischer Werkstoffe für einen Prallkörper in der beanspruchten Vorrichtung.

5. Die Angabe eines durch die Obergrenze nur einseitig beschränkten Dichteintervalls für die Keramik ist auch technisch sinnvoll angesichts des im Patent genannten zusätzlichen Vorteils eines leichten Materials, nämlich verbesserter Stoßbedingungen zwischen Schlagteil und Prallkörper.

6. Die Fachperson kann aus verschiedenen Keramiken auswählen (siehe beispielsweise die Liste auf Seite 8 der Beschwerdeerwiderung, oder auch die Dokumente E1a (Datenblatt, Metoxit AG, 01/07), E1b (Ceramaret Switzerland, "Aluminiumoxid A2O3", Ceramaret Präzisionskeramik), E1c (Wikipedia, "Siliciumnitrid"), E5b (Wikipedia, "Siliciumcarbid"), die das Merkmal 5a. erfüllen und ausreichend schlagfest sind. Nicht schlagfeste Keramiken würde die Fachperson von vornherein für die beanspruchte Vorrichtung ausschließen.

7. Auch die mögliche Beimischung metallischer Anteile fällt in das Fachwissen der Fachperson als gängige Herstellung von Keramiken.

8. Eine mangelnde Ausführbarkeit ist daher nicht gegeben.

Änderungen (Artikel 100 c) EPÜ)

9. Die Einsprechende wiederholt ihre Einwände hinsichtlich unzulässiger Änderungen aus dem erstinstanzlichen Verfahren, nämlich:

a) das Aufsetzen der Vorrichtung sei nur als "manuelles" Aufsetzen offenbart (Anspruch 1, Merkmal 1.),

b) der Begriff "gegeneinander montierbar" könne so verstanden werden, dass mehrere Prallkörper in der Vorrichtung vorhanden und gegeneinander montiert sind, was so nicht ursprünglich offenbart war (Anspruch 9),

c) es gäbe keine Stütze für eine Stoßwellenakupunktur von Körperweichgewebe(Anspruch 10),

d) eine gesinterte Keramik mit einer Dichte von höchstens 6g/cm**(3) sei nicht offenbart, lediglich eine Keramik mit einer Dichte von höchsten 6g/cm**(3).

10. Das beanspruchte "Aufsetzen" der Vorrichtung auf den Patienten (Merkmal 1) gegenüber einer Einschränkung auf "manuelles Aufsetzen" (ursprüngliche Anmeldung, Seite 7, vorletzter Absatz) stellt keine unzulässige Änderung dar. Dass sich die Vorrichtung irgendwie in Kontakt mit dem Patienten und damit den zu behandelnden Körperteilen bringen muss, ist in der gesamten Beschreibung als wesentlich beschrieben (beispielsweise auf Seite 5, dritter vollständiger Absatz: "Es hat sich herausgestellt, dass die für viele Anwendungsfälle wesentliche Druckwellenenergie tatsächlich durch die makroskopische Hubbewegung des Prallkörpers in das zu behandelnde Gewebe eingekoppelt wird ..."). Das fragliche Merkmal stellt nur eine Zweckbestimmung dar, die die beanspruchte Vorrichtung insofern beschränken könnte, dass die Eignung der Vorrichtung für die beabsichtigte Therapie durch Kontakt mit dem Patienten gewährleistet ist. Ob das "Aufsetzen" und damit der Kontakt zwischen Prallkörper und Patienten manuell oder über einen Roboter erfolgt (wie von der Einsprechenden beispielsweise in der Beschwerdebegründung auf Seite 7, Abschnitt IV.1., 1. Absatz diskutiert wird), ist dabei unerheblich. Jedenfalls ist der ursprünglichen Anmeldung nichts zu entnehmen, was die offenbarte Vorrichtung zwingend nur für ein manuelles Aufsetzen auf den Patienten geeignet macht und diese nicht auch durch einen Roboter aufgesetzt werden kann.

11. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass das manuelle Handhaben der Vorrichtung in der Anmeldung als optional dargestellt ist. Sowohl die Stelle der ursprünglichen Anmeldung, die vom manuellen Aufsetzen spricht (Seite 7, vorletzter Absatz) spricht von "auf den Patienten aufgesetzt werden kann" (nicht muss) und auch die manuelle Handhabung als solche wird als "günstigerweise" angesehen (Seite 5, letzter Absatz).

12. Der Begriff "Vorrichtung" wird zwar in der Anmeldung leider nicht vollständig konsistent benutzt, da er sowohl für die Gesamtvorrichtung (also mit - in der Regel stationärer - Druckluftversorgung, siehe zum Beispiel ursprünglicher Anspruch 7) als auch nur für den mobilen Teil derselben (siehe beispielsweise Seite 7, vorletzter Absatz). Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass die Fachperson die jeweilige Bedeutung nicht ohne Schwierigkeiten erkennen kann und damit für diesen klar ist, dass es sich bei der (bevorzugten) manuellen Handhabung (und damit auch des Aufsetzens auf den Patienten) nur um den mobilen Teil der Vorrichtung handelt.

13. Die Formulierung "im Austausch gegeneinander montierbar" im erteilten Anspruch 9 kann von der Fachperson nur so verstanden werden, dass die unterschiedlichen Prallkörper gegeneinander austauschbar sind (und in der Vorrichtung montierbar). So ist es auch im Patent beschrieben (Absätze [0029], [0047]). Für die seitens der Einsprechenden vorgebrachten Interpretation, dass mit der verwendeten Formulierung des Merkmals im Anspruch 9 auch gemeint sein könnte, dass mehrere Prallkörper in der Vorrichtung verbleiben können und dann "gegeneinander montiert" werden - was so nicht ursprünglich offenbart sei - fehlt jede technische Basis.

14. Die ersten beiden Sätze des vierten Absatzes auf Seite 6 der ursprünglichen Beschreibung (siehe Absatz [0026] der A1-Schrift) sind so zu interpretieren, dass die Behandlung von Körperweichgewebe auch durch eine Stoßwellenakupunktur erfolgen kann, was dem Wortlaut des erteilten Anspruchs 10 entspricht.

15. Die Begriffe "gesinterte Keramik" und "Keramik" werden von der Fachperson teilweise synonym benutzt. Insbesondere bei der Beschreibung von gefertigten Gegenständen ist dann, wenn nur von "Keramik" gesprochen wird, auch eine "gesinterte Keramik" und nicht ein loses oder gepresstes Keramikpulver gemeint. Die Fachperson würde eine ungesinterte Keramik nicht für Gegenstände einsetzen, die irgendwelchen mechanischen Belastungen ausgesetzt sind.

16. Da es im vorliegenden Patent darum geht, dass ein Prallkörper Druckwellen in einen biologischen Körper einkoppeln soll und dafür Impedanzanpassungen relevant sind, handelt es sich bei der Angabe der Dichtehöchstgrenze daher um eine Dichte der "gesinterten Keramik".

17. Die vorgenommenen Änderungen sind daher durch die ursprüngliche Offenbarung gedeckt.

Neuheit (Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ)

Dokument E1 (WO-A-2008/145273)

18. Dokument E1 ist ein Dokument, welches nur hinsichtlich Neuheit nach Artikeln 54(3) und 56 EPÜ zu prüfen ist. Streitig ist dabei, ob in E1 die Merkmale 5 ("gesinterte Keramik"), 5a ("Dichte von höchstens 6g/cm**(3)") und 6a ("zur Beschleunigung des Schlagteils (13) mit einer Frequenz zwischen 1Hz und 50Hz") offenbart sind.

19. Zwar ist in E1 ein pneumatischer Antrieb (Seite 8, Zeilen 2 bis 8) gezeigt, wobei Druckluft impulsartig eingeleitet wird und dadurch ein Schlagteil beschleunigt wird, über die dabei benutzten Frequenzen wird allerdings keine Aussage gemacht.

20. Die Einsprechende argumentiert zum einen, dass es für die Fachperson selbstverständlich sei, die beanspruchten Frequenzen in diesem Fachgebiet einzusetzen, und zum anderen, dass die Merkmale 6 und 6a nur eine grundsätzliche Eignung eines pneumatischen Antriebs für die Erzeugung der beanspruchten Frequenzen beschreiben.

21. Beide Argumente können nicht überzeugen. Hinsichtlich der Selbstverständlichkeit für die Fachperson fehlt jeglicher Nachweis. Außerdem werden wohl auch höhere Frequenzen für den Einsatz von Druckwellen in der Therapie benutzt, beispielsweise beschreibt Dokument E6 (DE-A-3439434) mechanische Schwingungen im Niederfrequenzbereich von bis zu 20000 Schwingungen pro Sekunde (E6, Seite 22, zweiter vollständiger Absatz). Zwar geht es dabei wohl um die Schwingungsfrequenzen, die tatsächlich in den Körper eingekoppelt werden und nicht um die Frequenz, mit der der dort offenbarte Linearmotor arbeitet. Ein Zusammenhang zwischen Linearmotorarbeitsfrequenz und Körperschwingungsfrequenz, der im Umkehrschluss erlaubt, auf eine Frequenz zurückzuschließen, mit der ein die Körperschwingungen erzeugendes Gerät arbeitet, ist nicht dargelegt worden. Daher ist nicht ersichtlich, dass die beanspruchten Schlagteilfrequenzen für den Fachmann selbstverständlich sind.

22. Da in Dokument E1 über die benutzten Schlagteilfrequenzen nichts ausgesagt wird, und auch die Druckluftversorgung weder in den Figuren noch in der Beschreibung detailliert beschrieben wird, lässt sich Dokument E1 auch nicht entnehmen, ob die dort genannte Druckluftversorgung geeignet ist, die beanspruchten Frequenzen zu erzeugen. Damit ist auch das zweite Argument der Einsprechenden nicht zielführend.

23. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist damit neu gegenüber Dokument E1, da zumindest das Merkmal 6a in E1 nicht gezeigt ist.

Dokument E2 (WO-A-2008/061645)

24. Auch Dokument E2 ist ein Dokument, welches nur hinsichtlich Neuheit nach Artikeln 54(3) und 56 EPÜ zu prüfen ist. Die Parteien streiten dabei darum, ob die Merkmale Merkmale 5 ("gesinterte Keramik") und 5a ("Dichte von höchstens 6g/cm**(3)") in E2 offenbart sind.

25. E2 offenbart Zirkoniumoxid als keramisches Material für einen Prallkörper (Seite 8, 4. und 5. vollständiger Absatz in Kombination mit Seite 11, 2. Absatz). Eine Angabe über die Dichte des verwendeten Zirkoniumoxids fehlt, ebenso wie ein Hinweis darauf, ob das Zirkoniumoxid gesintert ist.

26. Keramische Werkstoffe liegen regelmäßig zunächst als keramisches Pulver vor, welches für den Einsatz in gefertigten Gegenständen weiterverarbeitet wird. Ein Pulver eignet sich nicht als anspruchsgemäßer Prallkörper, denn es könnte auch in gepresstem Zustand den mechanischen Belastungen des Aufprallens des Schlagteils nicht wiederholt bei Frequenzen bis 50Hz standhalten. Die gängige Bearbeitung keramischer Pulver zum Erhalten von mechanisch belastbaren Werkstücken ist Sintern (siehe beispielsweise das erteilte Patent, [0016]). Ein Hinweis darauf, dass auch andere Verfahren dafür gängig sind, ist nicht zu erkennen. Daher ist bei der Erwähnung von keramischen Werkstoffen, die mechanische Belastungen aushalten müssen, davon auszugehen, dass die Fachperson die Angabe "gesintert" mitliest.

27. Der Begriff Zirkoniumoxid (oder Zirkonoxid) wird vom Fachmann als Sammelbegriff für Keramiken verschiedener Zusammensetzung verstanden, deren Hauptbestandteil Zirkoniumoxid ist und weitere Stoffe zugemischt sind. Hinsichtlich der Dichte von Zirkoniumoxid-Keramiken offenbart E1a mögliche Dichten von 6,05g/cm**(3) (TZP, TZP-A), 5,8g/cm**(3) (FSZ), 5,7g/cm**(3) (PSZ) und 5,5g/cm**(3) (ATZ), also unterschiedlich je nach Zusammensetzung, die durch die Abkürzungen TZP, TZP-A, FSZ, PSZ und ATZ beschrieben ist. Die Daten dieser Tabelle beziehen sich alle auf die "gesinterte Keramik", da beispielsweise die weiteren Angaben wie Druck- und Biegefestigkeit usw. bei einem ungesinterten Keramikpulver nicht anwendbar sind. Das Dokument E1a zeigt dabei Keramiken, die von der Firma Metoxit AG angeboten wurden. Der Tabelle E1a ist nicht zu entnehmen, dass sämtliche möglichen Zirkoniumoxidkeramiken eine Dichte von höchstens 6g/cm**(3) haben. Da die Dichte von Zirkoniumoxidkeramiken auch ausweislich des Dokuments E1a je nach Zusammensetzung unterschiedlich ist, genügt die Angabe von Dichten einer Teilmenge möglicher Zirkoniumoxidkeramiken nicht, um nachzuweisen, dass mit dem Begriff "Zirkoniumoxidkeramik" in E2 eine (gesinterte) Keramik mit einer Dichte von höchsten 6g/cm**(3) offenbart wurde. Dazu hätte nachgewiesen werden müssen, dass sämtliche bekannten Zirkoniumoxidkeramiken solche Dichten aufweisen. Ein solcher Nachweis ist nicht geführt worden.

28. Die Merkmalskombination 5 und 5a kann auch nicht dahingehend interpretiert werden, dass die angegebene Dichtegrenze sich auf chemisch reine Keramiken nur eines Stoffes bezieht. Wie in der Patentbeschreibung (Absatz [0016]) explizit angegeben, werden unter dem Begriff "Keramik" im Patent explizit auch Mischkeramiken verstanden. Wie auch beispielsweise dem Dokument E1a zu entnehmen ist, werden unter dem Oberbegriff "Zirkonoxidkeramik" verschiedene Mischkeramiken verstanden. Es ist kein Hinweis zu erkennen, dass im Gegensatz dazu der in E2 verwendete Begriff "Zirkoniumoxid" von der Fachperson ausschließlich als reines Zirkoniumoxid verstanden würde.

29. Die Einsprechende hat im Verfahren auch argumentiert, dass im Dokument E2 sämtliche Keramiken, deren Dichten sich über einen großen Bereich erstrecken, offenbart seien, und dass die Dichtegrenze "gesinterte Keramik mit einer Dichte von höchsten 6g/cm**(3)" demgegenüber eine Auswahl sei und daher die gängige Rechtsprechung der Beschwerdekammern über Auswahlerfindungen heranzuziehen sei, um festzustellen, ob der beanspruchte "engere" Dichtebereich demgegenüber neu sei.

30. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine spezielle Offenbarung für ein generisches Merkmal neuheitsschädlich, wohingegen eine generische Offenbarung für ein spezielles Merkmal nicht neuheitsschädlich ist (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage, Juli 2019, Abschnitt I.C.5.2.6, mit Nachweisen).

31. Die Rechtsprechung zu Auswahlerfindungen (hier speziell: "Auswahl aus Parameterbereichen", siehe zum Beispiel Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage, Juli 2019, Abschnitt I.C.6.3) mit den drei Kriterien hinsichtlich der Neuheit der Auswahl eines Teilbereichs numerischer Zahlenwerte aus einem größeren Bereich

a) Der ausgewählte Teilbereich muss eng sein;

b) er muss genügend Abstand von dem - durch Beispiele belegten - bekannten Bereich haben;

c) der ausgewählte Bereich darf kein willkürlich gewählter Ausschnitt aus dem Vorbekannten, also keine bloße Ausführungsform der Vorbeschreibung sein, sondern muss zu einer neuen Erfindung führen (gezielte Auswahl)

ist hier nicht anzuwenden.

32. Es fehlt nämlich an der Offenbarung des "größeren Bereichs" in E2. Die dortige Nennung unspezifischer "Keramiken" bedeutet nämlich nicht, dass damit ein zusammenhängender größerer Dichtebereich offenbart ist. Die Dichte der Keramiken spielt in E2 keine Rolle und somit ist auch kein Dichtebereich offenbart. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die Offenbarung von "Keramiken" einen abgeschlossenen Dichtebereich darstellen kann. Die Stoffklasse "Keramik" erscheint nicht als abgeschlossen, so dass der damit erzielte Dichtebereich in seinem Maximum und Minimum sich zeitlich ändern kann.

33. Auch die im Laufe des Beschwerdeverfahrens zusätzlich eingereichten Dokumente E20 (Internet-Ausdruck einer Produktinformation Mühlmeier Mahltechnik zu Zirkonoxid-Mahlperlen), E2a (Internet-Ausdruck vom 5.1.2019 von https://www.chemie.de/lexikon/Zirkoniumdioxid.html) und E20a (deutscher Wikipedia-Auszug vom 5.11.2019 über Cer(IV)-Oxid) ändern nichts daran, dass die Tabelle E1a als nicht vollständig anzusehen ist. Daher wurden diese Dokumente nicht in das Verfahren zugelassen.

34. Auf die im Verfahren seitens der Parteien diskutierte Frage, wie die Fachperson die Dichtewerte runden würde, kommt es mangels Nachweis der Vollständigkeit der Tabelle E1a nicht an.

35. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher neu gegenüber Dokument E2.

Erfinderische Tätigkeit (Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ)

36. Mit der Beschwerdebegründung hatte die Patentinhaberin beantragt, den Umfang der Beschwerde nicht auf die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit zu erstrecken, da die Beschwerdebegründung hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit keine direkte Auseinandersetzung mit der Argumentation der Einspruchsabteilung - vor allem bezüglich der Bewertung des Dokuments E5 - enthalte.

37. In der Beschwerdebegründung nutzt die Einsprechende hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit vier Ansätze:

a) Es wird zum ersten Mal mit einer Kombination von E3 mit allgemeinem Fachwissen argumentiert (Seite 16, unten).

b) Es wird mit Dokumenten argumentiert, die bisher nicht in das Verfahren zugelassen wurden (siehe bspw. "Kombination mit E17 (Seite 18), "Kombination mit E18" (Seite 20), "Kombination mit E10" (Seite 21), "Kombination mit E11" (Seite 22), "Kombination mit E12", "Kombination mit E13" (Seite 23), "Kombination mit E14" (Seite 24), "Kombination mit E19" (Seite 25).

c) Es wird mit der Kombination von E3 mit E5 argumentiert (Seiten 17-18), die nicht nur auf Eingaben im erstinstanzlichen Einspruchsverfahren verweist, sondern für sich selbstständig und vollständig ist. Allerdings geht diese Argumentation wohl nicht explizit auf die Bewertung des Dokuments E5 seitens der Einspruchsabteilung ein (siehe Entscheidung, II.5, Seiten 8-10).

d) Es wird mit Kombinationen von E3 mit Dokumenten E4, E6 (siehe Seite 20), E7 (Seite 21) argumentiert, die bereits mit dem Einspruch eingereicht wurden.

38. Zumindest die Argumentationen c) und d) sind substantiiert und daher im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen.

39. Bei der Diskussion der Kombination mit E5 stellt die Einsprechende ihre Position aus dem Einspruchsverfahren erneut vollständig dar, wohl in der Hoffnung, dass die Kammer aufgrund dieser Darstellung alleine von der Auffassung der Einspruchsabteilung abweicht. Das ist für sich alleine keinen Verfahrensmissbrauch, der eine Nichtberücksichtigung dieser Argumente zur Folge haben könnte. Es ist nur das alleinige Risiko der Einsprechenden, ob die Kammer ohne weitere Argumente von der Position der Einspruchsabteilung abweicht oder nicht.

40. Die Kombinationen des Dokuments E3 mit den Dokumenten E4, E6 und E7 war bereits im ursprünglichen Einspruch enthalten (Seite 16, letzter Absatz bis Seite 18, 1. vollständiger Absatz). In der Entscheidung werden diese Dokumente aber nur in Kombination mit dem weiteren Dokument E5 behandelt. Es gibt im Einspruchsverfahren keinen expliziten Verzicht seitens der Einsprechenden auf die Argumentation ohne die Berücksichtigung des Dokuments E5. Daher kann die Einsprechende im Beschwerdeverfahren diese Argumentation (wie in der Beschwerdebegründung geschehen) erneut vortragen.

Ermittlung der objektiven technischen Aufgabe

41. Es ist unstrittig, dass Dokument E3 (DE-A-197 25 477) als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden kann. Es offenbart sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 außer den Merkmalen 5 und 5a. In E3 ist ein Übertragungselement 2, das aus einer metallischen Sonde besteht, als Prallkörper vorgesehen (Spalte 3, Zeilen 64 bis 67). Darüber hinaus offenbart E3, dass das Übertragungselement zur Impedanzanpassung aus unterschiedlichen Materialien aufgebaut sein kann, die das Übertragungsverhalten verbessern (Spalte 3, Zeilen 18 bis 27; Anspruch 15). Dabei kann auch vorgesehen sein, dass die unterschiedlichen Materialien in Axialrichtung hintereinander angeordnet sind (Spalte 5, Zeilen 10 bis 15, Anspruch 16). Genauere Beschreibungen der "unterschiedlichen Materialien" sind E3 nicht zu entnehmen.

42. Auch das Streitpatent geht von einem solchen Stand der Technik aus, bei dem ein metallischer Prallkörper, insbesondere aus rostfreiem Stahl, verwendet wird (siehe B1: [0011]).

43. Das Patent benennt folgende technische Wirkungen durch den Ersatz von rostfreiem Stahl durch die beanspruchte Keramik:

a) sehr gute Biokompatibilität (B1: [0012])

b) geringere Wärmeleitfähigkeit (führt zu subjektiv besserem Gefühl beim Patienten) (B1: [0012])

c) bessere Stoßbedingungen beim Stoß mit dem Schlagteil, größere Auslenkungen des Prallkörpers durch leichteres Material gegenüber Stahl, geringeres Gewicht für verbesserte Handhabung (B1: [0013],[0026])

d) günstigere Impedanzen für Schallübertragung durch geringere Dichte (B1, [0013],[0026])

Eine Randbedingung ist dabei, dass die Keramik eine ausreichende Schlagzähigkeit und Härte für den Einsatz als Prallkörper aufweisen muss.

44. Durch die Vielzahl der technischen Wirkungen ist die in der Patentschrift genannte objektive Aufgabe angemessen formuliert "eine verbesserte Vorrichtung zur Behandlung von biologischen Körpersubstanzen mit einem beweglichen Schlagteil und einem Prallkörper zur Erzeugung einer mechanischen Druckwelle anzugeben" (B1: [0009]).

45. Die Beschwerdeführerin hatte in der Beschwerdebegründung die von E3 ausgehende Aufgabe konkreter definiert als "den Prallkörper derart zu verändern, dass für den Patienten subjektiv ein wärmeres Empfinden bei Berührung mit dem Prallkörper erzielt wird, der Prallkörper leichter ist und/oder eine günstigere akustische Impedanz aufweist" (Seite 16, 3. vollständiger Absatz).

46. Es ist allerdings ständige Rechtsprechung, dass die Aufgabe so formuliert werden muss, dass diese keinen Hinweis auf die Lösung enthält. Das ist so zu verstehen, dass eine Aufgabe zu formulieren ist, wie sie sich die Fachperson hätte stellen können. Dabei ist die Fachperson immer bestrebt, eine bekannte Vorrichtung oder ein bekanntes Verfahren zu verbessern, so dass davon ausgegangen werden kann, dass sich die Fachperson eine solche Aufgabe wohl immer stellen würde. Für konkretere Aufgaben - wie die von der Beschwerdeführerin angeführte - müssen aber Hinweise zu finden sein, dass diese Aufgaben sich tatsächlich gestellt haben. Weder in der E3 noch im zitierten Stand der Technik ist aber ein Hinweis auf eine bessere Biokompatibilität, eine geringere Wärmeleitfähigkeit oder ein geringeres Gewicht zu entnehmen. Einzig die Impedanzanpassung ist in E3 angesprochen. Für die Lösung dieses Problems weist die E3 allerdings eine spezielle Lösung auf (nämlich die Verwendung unterschiedlicher Materialien für den Prallkörper). Die in der E3 verwendeten Formulierungen und Ausführungsbeispiele weisen dabei darauf hin, dass es darum geht, den Prallkörper aus einer Kombination mehrerer Materialien aufzubauen und nicht aus einem einzelnen, besonderen, Material.

Untersuchung des Naheliegens der beanspruchten Lösung

47. Während des Beschwerdeverfahrens hat die Einsprechende versucht, das Naheliegen des Gegenstands nach Anspruch 1 jeweils für sich durch Kombination von E3 mit allgemeinem Fachwissen, mit Dokument E4 (DE-A-10 2006 026 232), mit Dokument E5 (DE-A-3927260), mit Dokument E6 (DE-A-3439434), mit Dokument E7 (WO-A-2001/89394) und mit den erstinstanzlich nachgereichten Dokumenten E10 (EP-A-0521233), E11 (EP-B-0879122), E12 (DE-A-4233602), E13 (Technische Keramik in der Praxis, IZTK, 7. Mai 2007), E14 (Technische Keramik in der Praxis, IZTK, Mai 2002), sowie mit den im Beschwerdeverfahren nachgereichten Dokumenten E17 (WO-A-1991/10403), E18 (CN-U-2032059) und E19 (DE-A-3707820) zu begründen. Keiner der Angriffe überzeugt.

Kombination mit E4

48. Dokument E4 offenbart einen Stoßwellenleiter, der eine aus einem keramischen Werkstoff bestehende Wandung aufweist (E4 [0048]). Der Stoßwellenleiter leitet Stoßwellen weiter in einen zu behandelnden Körper. Die Stoßwellen werden nicht durch einen mechanischen Aufprall auf den Stoßwellenleiter, sondern durch eine Funkenentladung im Brennpunkt eines mit dem Stoßwellenleiter verbundenen Reflektors erzeugt. Da es sich nicht um eine Kombination Schlagteil-Prallkörper, sondern ein anderes Prinzip der Stoßwellenerzeugung handelt, ist schon aus diesem Grund nicht zu erkennen, warum die Fachperson ausgehend von E3 das Dokument E4 heranziehen würde. Auch die ausgehend von E3 zu lösenden Aufgaben sind in E4 nicht erwähnt. Die "akustische Impedanz" ist erwähnt, aber nicht im Zusammenhang mit der Anpassung an die Impedanz des zu behandelnden Körpers, sondern nur als "deutlich unterschiedlich zu Wasser" (E4, [0048]). Des Weiteren ist eine keramische Wandung auch nicht mit einem keramischen (Voll-) Prallkörper zu vergleichen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist E4 auch kein genereller Hinweis auf die Austauschbarkeit von keramischen und metallischen Werkstoffen zu entnehmen, der über die Verwendung in einer Wandung hinausgeht. Bereits die E4 verweist auch darauf, dass eine beliebige Austauschbarkeit nicht gegeben ist, denn es ist als besonders vorteilhaft angegeben, dass der Stoßwellenleiter vorzugsweise biegbar ausgeführt ist (E4, [0072]), was mit einer keramischen Wandung wohl nicht gelingt. Zudem gibt es auf die Dichteobergrenze von 6g/cm**(3) in E4 keinen Hinweis.

49. Die Fachperson würde daher das Dokument E4 nicht heranziehen und könnte ihm auch nicht die beanspruchte Lösung entnehmen.

Kombination mit E5

50. Dokument E5 offenbart einen Sondenkopf aus schlagfester Keramik für die Anwendung in der elektrohydraulischen Lithotripsie. Das Prinzip der Stoßwellenerzeugung basiert dabei nicht wie im Patent oder im nächstliegenden Stand der Technik E3 auf einem Aufprall eines Schlagteils auf einen Prallkörper, sondern auf einem Funkenüberschlag (E5, Abstract). Ausweislich E5 weist der keramische Sondenkopf gegenüber Kunststoff die Vorteile auf nicht abzubrennen und die Druckwelle besser zu reflektieren (E5, Spalte 1, Zeile 49 bis Spalte 2, Zeile 4). Als keramische Materialien werden Zirkonoxid, mit Magnesium stabilisiert (E5, Anspruch 2) bzw. Siliziumnitrid (E5, Anspruch 3) offenbart.

51. Es ist nicht ersichtlich, warum die Fachperson das Dokument E5 ausgehend von E3 zur Lösung der Aufgabe zu Rate ziehen würde, da sich D5 mit einem anderen Stoßwellenprinzip befasst und daher keinen "Prallkörper" aufweist und außerdem Keramik als Ersatz für Kunststoff (und nicht als Ersatz für Metall) vorschlägt. Außerdem sind die Aufgaben, die die Keramik ausgehend von E3 lösen soll, im Dokument E5 nicht angesprochen. Weder die Biokompatibilität, noch die Wärmeleitung, noch die Impedanzanpassung noch das geringere Gewicht spielen eine Rolle, sondern stattdessen das Nichtabbrennen und die bessere Stoßwellenreflexion.

52. Es gibt keinen Hinweis in E5 einen Prallkörper statt aus Metall aus einem keramischen Material mit einer Dichte von höchstens 6g/cm**(3) zu ersetzen.

53. Die Dokumente E5a (DE-A-10 2006 008 010) und E5b (Wikipedia: Siliciumcarbid) wurden im Einspruch benutzt, um zu zeigen, dass Keramiken für Verbrennungsmotoren, die in E5 als Beispiel für keramische Werkstoffe genannt werden, Dichten von höchstens 6 g/cm**(3) aufweisen. Darauf kommt es vorliegend aber nicht an, da sich für die Fachperson ausgehend von E3 - wie oben ausgeführt - kein Ersatz des Metalls eines Prallkörper durch eine Keramik ergibt.

54. Die Fachperson würde daher das Dokument E5 nicht heranziehen und könnte ihm auch nicht die beanspruchte Lösung entnehmen.

Kombination mit E6

55. E6 offenbart eine Vorrichtung zur mikrofokalen Erzeugung von mechanischen Schwingungen für medizinische Zwecke (E6, Zusammenfassung). Die Vorrichtung umfasst einen Linearmotor und einen Düsenkopf, wobei "der Linearmotor mit Kolben (1) und Rückholfeder (4) wie auch der Düsenkopf (5b) aus Metall, rostfreiem Stahl, Kunststoff, Keramik besteht, korrosionsfrei und möglichst verschleißfest" ist (E6, Anspruch 6). "Keramik" findet ansonsten keine weitere Erwähnung in E6. In E6 werden mechanische Schwingungen durch Stöße von kleinen Schwingkörpern in einem Hohlraum des Kolbens erzeugt, wenn sich der Kolben des Linearmotors bewegt (E6, Seite 29, Zeilen 2 bis 5).

56. Es handelt sich damit in E6 zwar um mechanisches Erzeugen von Schwingungen, aber es ist kein pneumatischer Antrieb zum Bewegen eines Schlagteils offenbart. Inwiefern sich die in E6 offenbarte Konstruktion mit in einem pneumatisch angetriebenen Schlagteil kombinieren lässt, ist nicht erkennbar.

57. Es ist ebenfalls nicht ersichtlich, welche Teile der Vorrichtung aus E6 denn aus Keramik bestehen sollen. Das oben genannte Zitat lässt offen, ob die einzelnen Werkstoffe alleine oder in Kombination verwendet werden sollen. Beispielsweise erscheint eine Rückholfeder aus Keramik wegen der bekannten Steifigkeit von Keramiken nicht einfach zu realisieren zu sein.

58. Außerdem nennt E6 keine der Aufgaben, die mit dem patentgemäßen Ersatz von Metall durch Keramik erzielt werden sollen. Es wird stattdessen auf andere Eigenschaften hingewiesen, nämlich "korrosionsfrei und möglichst verschleißfest".

59. Aufgrund des unterschiedlichen Arbeitsprinzips der E3 und E6, sowie der fehlenden Angabe der in der technischen Aufgabe gewünschten Effekte würde die Fachperson daher das Dokument E6 nicht berücksichtigen, um die Aufgabe zu lösen. Ferner ist Dokument E6 auch nicht eindeutig eine Keramikprallkörper zu entnehmen. Die Dichteobergrenze von 6g/cm**(3) wird auch gar nicht angesprochen.

60. Die Fachperson würde daher das Dokument E6 nicht heranziehen und könnte ihm auch nicht die beanspruchte Lösung entnehmen.

Kombination mit E7

61. E7 offenbart einen intrakorporal anzuwendenden Lithotripter zur Kontakteinkopplung einer Druckwelle in einen Stein. Dazu wird eine elektromagnetische Schwingspule verwendet, die einen Hammer 40 auf eine Sonde 50 schlägt (E7, Seite 11, Absatz 2).

62. In dem Lithotripter wird ein Teil "Cup" 42 gezeigt, der aus Hartplastik, Keramik oder einem Faserkompositmaterial bestehen kann (E7, Seite 8, Zeilen 30 bis 31). Bei dem "Cup" 42 geht es aber um eine elektrische Isolierung zwischen einem Spulenkörper 32 und dem Hammer 40. Dieser "Cup" kann ganz fehlen, wenn eine Erdfehlerschutzschaltung existiert (E7, Seite 9 oben). Er ist also für den Schlagmechanismus nicht entscheidend.

63. Das eigentliche Kollisionsteil, der Hammer 40, besteht aber aus einem Metall (E7, Seite 9, Zeilen 13 bis 14) und auch das Gegenstück der Kollision, die Sonde, besteht vorzugsweise aus Edelstahl (E7, Seite 10, Zeilen 11 und 12). Diese Sonde entspricht dem Prallkörper des Anspruchs 1 des Patents, über die die Druckwelle in einen Körper eingekoppelt wird.

64. Dokument E7 nennt auch keine der gewünschten Eigenschaften, so dass die Fachperson keine Hinweise entnehmen kann, einen Prallkörper aus Keramik statt aus Metall vorzusehen. Auch für die Dichteobergrenze ergibt sich aus Dokument E7 kein Hinweis.

65. Die Fachperson würde daher das Dokument E7 nicht heranziehen und könnte ihm auch nicht die beanspruchte Lösung entnehmen.

Verspätet eingereichte Tatsachen und Beweismittel

66. Nach ständiger Rechtsprechung brauchen Tatsachen und Beweismittel zur Stützung eines Einspruchs, die nach Ablauf der Frist von neun Monaten und damit verspätet vorgelegt werden, gemäß Artikel 114 (2) EPÜ nicht im Verfahren zugelassen zu werden. Das entspreche dem Beschleunigungsgrundsatz und dem Prinzip der Fairness gegenüber der anderen Partei. Jeder Beteiligte sollte alle für seine Sache relevanten Tatsachen, Beweismittel und Argumente so frühzeitig und vollständig wie möglich vorlegen, vor allem wenn ihm diese Beweismittel bereits bekannt waren.

67. In der Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist klar festgelegt, dass es im Ermessen der ersten Instanz und der Beschwerdekammern steht, verspätetes Vorbringen zuzulassen, und dass die Ausübung dieses Ermessens vom Sachverhalt des Einzelfalls abhängt; eine Rolle kann dabei die Relevanz des neuen Materials spielen, die Frage, ob es früher hätte vorgelegt werden können und, wenn ja, warum dies in dem betreffenden Fall nicht geschehen ist, ob andere Beteiligte und/oder die Kammer selbst davon überrascht wurden und wie leicht sie sich damit befassen können bzw. ob sie dazu ausreichend Zeit haben (weitere Nachweise siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage, Juli 2019, Kapitel V.A.4.4.2b). Insbesondere kann es dabei auf die Relevanz der verspätet eingereichten Tatsachen und Beweismittel ankommen (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage, Juli 2019, Abschnitt V.A.4.13.2 mit Nachweisen), so dass prima facie hochrelevante neue Tatsachen und Beweismittel zugelassen werden können.

68. Wie oben erläutert, wurden die Tatsachen und Beweismittel hinsichtlich der Dokumente E10 bis E14 verspätet im Einspruchsverfahren und die Tatsachen und Beweismittel hinsichtlich allgemeinem Fachwissen und hinsichtlich der Dokumente E17 bis E19 erst mit der Beschwerdebegründung eingeführt und sind damit als verspätet eingereicht zu bewerten.

69. Während die genannten Tatsachen und Beweismittel spätestens mit der Beschwerdebegründung eingereicht wurden und somit ausreichend Zeit bestand, sich mit diesen Dokumenten zu beschäftigen, so ist dennoch kein Grund zu erkennen, warum sie erst im Beschwerdeverfahren und nicht in der neun-monatigen Einspruchsfrist genannt werden konnten. Vor allem aber fehlt es an der Relevanz der verspätet eingereichten Tatsachen und Beweismittel. Daher wurden diese nicht in das Verfahren zugelassen.

Kombination mit allgemeinem Fachwissen

70. Es ist für das Fachwissen weder nachgewiesen worden, dass Keramiken für sämtliche Anwendungen als Ersatz für Metall geeignet sind, noch dass Keramiken speziell beim mechanischen Erzeugen und Übertragen von Druckwellen ein geeigneter Ersatz für Metall sind.

71. Insbesondere ist E3 kein geeigneter Ausgangspunkt für ein mögliches Naheliegen der erfindungsgemäßen Lösung durch Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen. In E3 werden nämlich die gewünschten Effekte entweder gar nicht angesprochen (geringere Wärmeleitfähigkeit, bessere Biokompatibilität) oder es werden Lösungen vorgeschlagen, die gerade von der erfindungsgemäßen Lösung wegführen. In E3 soll nämlich eine geringe Bewegung des Prallkörpers (dort: Übertragungselement) erzielt werden (E3: Spalte 4, Zeilen 20 bis 23), was in Richtung eines hohen Gewichts desselben verweist und für die Impedanzanpassung wird vorgeschlagen eine Kombination unterschiedlicher Materialien zu verwenden (E3: Spalte 3, Zeilen 18 bis 27; Spalte 5, Zeilen 10 bis 15), statt ein anderes Material einzusetzen.

72. Die verspätet eingereichte Kombination von E3 mit dem allgemeinen Fachwissen ist daher nicht hoch relevant und wird nicht in das Verfahren zugelassen (Artikel 114(2) EPÜ).

Kombination mit den Dokumenten E10 bis E14

73. Die Dokumente E10 bis E14 wurden von der Einsprechenden verspätet während des Einspruchsverfahrens eingereicht und von der Einspruchsabteilung nicht zugelassen (Entscheidung, II.1). Mit der Beschwerdebegründung führte die Einsprechende diese Dokumente wieder ein und diskutierte diese, ohne auf die Nichtzulassungsgründe einzugehen. Da sich im Beschwerdeverfahren keinen neuen Gesichtspunkte hinsichtlich der Bewertung der Relevanz dieser Dokumente ergeben haben, wurden diese Dokumente nicht in das Beschwerdeverfahren zugelassen (Artikel 114(2) EPÜ, Artikel 12(4) VOBK).

Kombination mit den Dokumenten E17 bis E19

74. Die Dokumente E17 bis E19 wurden seitens der Einsprechenden zusammen mit der Beschwerdebegründung und damit ebenfalls verspätet eingereicht.

75. Keines der Dokumente E17 bis E19 ist als prima facie hoch relevant anzusehen, da keines der Dokumente die Fachperson ausgehend von Dokument E3 in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 führen kann. Vor allem zeigt keines dieser Dokumente, dass der Austausch eines metallischen Prallkörpers durch einen keramischen Prallkörper Vorteile bringt, bzw. für die Fachperson selbstverständlich ist. Auch die Dichteobergrenze des Merkmals 5a) ist keinem dieser Dokumente zu entnehmen.

76. Die Einsprechende hat insbesondere auf die Relevanz des Dokuments E17 hingewiesen, da dieses eine keramische Spitze ("vibratile tip 14", "certain ceramics", Seite 7, Zeile 31) offenbare. Es fehlt in E17 aber bereits an der Dichteobergrenze des Merkmals 5a) und auch eine Kombination mit E3 führt aufgrund der in E17 vorgesehenen möglichst geringen Masse ("a low mass tip [...] will impart the maximum mechanical shock to the hard substance", Seite 7, Zeilen 15 bis 18) von der Lehre des Dokuments E3 weg und würde daher von der Fachperson nicht berücksichtigt werden. Damit ist die hohe Relevanz von E17 nicht zu erkennen.

77. Daher wurden die Dokumente E17 bis E19 nicht in das Beschwerdeverfahren zugelassen (Artikel 114(2) EPÜ).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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