T 0471/14 () of 9.10.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T047114.20181009
Datum der Entscheidung: 09 October 2018
Aktenzeichen: T 0471/14
Anmeldenummer: 06708473.1
IPC-Klasse: C09K 5/20
C09K 5/10
C23F 11/10
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 348 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: GLYZERINHALTIGE GEFRIERSCHUTZMITTELKONZENTRATE MIT KORROSIONSSCHUTZ
Name des Anmelders: BASF SE
Name des Einsprechenden: Chevron U.S.A. Inc.
Kammer: 3.3.10
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 113(1)
European Patent Convention Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Schlagwörter: Rechtliches Gehör verletzt (nein)
Alle Anträge: Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 1378/11
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Einsprechende) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 19. Dezember 2013, mit welcher das europäische Patent Nr. 1 859 002 in geänderter Fassung auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 6 des damaligen Hauptantrages aufrecht erhalten worden war.

II. Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß damaligem Hauptantrag lautet wie folgt:

"1. Gefrierschutzmittel-/Korrosionsschutzkonzentrat enthaltend

- Glyzerin, wobei die Menge an Glyzerin 15 bis 35 Gew.-% bezogen auf die Gesamtmenge des Konzentrats beträgt;

- Ethylenglykol als Gefrierschutzkomponente, wobei die Summe der Mengen an Ethylenglykol und Glyzerin mindestens 75 Gew.-% bezogen auf die Gesamtmenge des Konzentrats beträgt;

- eine Korrosionsschutzkomponente, wobei die Menge an Korrosionsschutzkomponente mindestens 1 Gew.-% bezogen auf die Gesamtmenge des Konzentrats beträgt."

III. In ihrer Entscheidung bezog sich die Einspruchsabteilung u.a. auf die folgenden Druckschriften:

(1) RU 2 009 158 C1 (in ihrer Übersetzung in Englisch) und

(11) Parts of a product folder of Texaco Chemical Company titled "Ethylene Glycols", dated 1981, Seiten 1 bis 52.

IV. In ihrer Begründung stellte die Einspruchsabteilung fest, dass der Gegenstand der Ansprüche gemäß Hauptantrag den Erfordernissen der Artikel 123(2) und 83 EPÜ genüge. Er sei neu gegenüber dem zitierten Stand der Technik. Ausgehend von der Druckschrift (1) als nächstliegendem Stand der Technik habe es nicht nahegelegen, zur Bereitstellung eines verbesserten Konzentrates das in Druckschrift (1) verwendete Diethylenglykol gegen Ethylenglykol zu ersetzen.

V. Die Beschwerdeführerin rügte schriftlich, dass die Einspruchsabteilung in ihrer Begründung zur erfinderischen Tätigkeit angeführt habe, dass die Druckschrift (1) von der Verwendung von Ethylenglykol weg weise. Dieses Argument sei erstmals in der angefochtenen Entscheidung vorgetragen worden, weshalb die Beschwerdeführerin keine Gelegenheit hatte, zu diesem Argument Stellung zu nehmen. Daher sei ihr rechtliches Gehör verletzt worden.

Zusätzlich brachte sie vor, dass die vorgenommenen Änderungen über die ursprüngliche Offenbarung hinausgingen und dass der beanspruchte Gegenstand nicht ausführbar und nicht neu sei. In diesem Zusammenhang reichte sie eine weitere Druckschrift

(16) WO 03/070854 A1

gegen die Neuheit ein. Des weiteren trug sie vor, dass der Gegenstand des Streitpatentes ausgehend von der Druckschrift (1) als nächstliegendem Stand der Technik nahegelegen habe. Da bereits aus Druckschrift (11) bekannt war, dass wässrige Ethylenglykol-Lösungen niedrigere Gefrierpunkte als wässrige Diethylenglykol-Lösungen aufweisen, hätte der Fachmann zur Erreichung eines besseren Gefrierschutzes das in Druckschrift (1) verwendete Diethylenglykol gegen Ethylenglykol ersetzt.

VI. Die Beschwerdegegnerin reichte mit ihrer Antwort auf die Beschwerdebegründung die Hilfsanträge 1 bis 8 ein.

a) Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 basiert auf dem Wortlaut des erteilten Anspruchs 1, wobei klargestellt wurde, dass "der zusätzliche Alkohol Ethylenglykol ist".

b) Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist identisch mit dem Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag.

c) Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß der Hilfsanträge 3 und 4 ist identisch und basiert auf dem Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag, wobei als Korrosionsschutzkomponente mindestens eine der Gruppen (a) bis (g) des erteilten Anspruchs 2 in den dort angegebenen Mengen eingesetzt wird.

d) Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß der Hilfsanträge 5 und 6 ist identisch und basiert auf dem Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag, wobei als Korrosionsschutzkomponente mindestens eine der Gruppen (a), (b) und (e) des erteilten Anspruchs 2 in den dort angegebenen Mengen eingesetzt wird.

e) Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß der Hilfsanträge 7 und 8 ist identisch und basiert auf dem Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag, wobei als Korrosionsschutzkomponente mindestens eine der Gruppen (a), (b) und (e) des erteilten Anspruchs 2 in einer Menge von 1 bis 8 Gew.-% eingesetzt wird.

VII. Die Beschwerdegegnerin trug vor, dass die Druckschrift (16) verspätet und nicht relevant sei. Daher solle sie nicht in das Verfahren vor der Kammer zugelassen werden. In Bezug auf die erfinderische Tätigkeit brachte sie vor, dass der Fachmann im Falle von Gemischen mit mehreren Komponenten nicht erwartet hätte, dass der Ersatz von Diethylenglykol gegen Ethylenglykol tatsächlich zu einem besseren Gefrierschutz führen würde, da die Druckschrift (11) nur für die jeweiligen Glykole als Reinstoffe Aussagen trifft. Darüber hinaus sei der Bereich von 60 bis etwa 80 Gew.-% in Druckschrift (11) nicht erfasst. Die Hilfsanträge seien in erster Linie zur Behebung von Einwänden unter Artikel 123 EPÜ eingereicht worden. In Bezug auf die erfinderische Tätigkeit treffe für alle Hilfsanträge im wesentlichen die selbe Argumentation wie für den Hauptantrag zu.

VIII. Mit Schriftsatz vom 16. August 2018 teilte die Beschwerdeführerin der Kammer mit, dass sie an der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 9. Oktober 2018 nicht teilnehmen werde, aber alle Anträge aus dem schriftlichen Verfahren aufrecht halte.

IX. Die Beschwerdeführerin beantragte schriftlich die Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung und Rückerstattung der Beschwerdegebühr, hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Europäischen Patents in vollem Umfang.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, als Hauptantrag, und hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderten Umfang auf der Grundlage einer der Hilfsanträge 1 bis 8, alle eingereicht mit Schriftsatz vom 15 September 2014. Weiterhin beantragt sie, die Angelegenheit nicht zurückzuverweisen und die Nichtzulassung der Druckschrift D16 in das Verfahren, weiter die Zulassung der Dokumente D13 und D14.

X. Am Ende der mündlichen Verhandlung vor der Kammer wurde die Entscheidung verkündet.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Rechtliches Gehör (Artikel 113(1) EPÜ)

2.1 In ihrer Beschwerdebegründung rügte die Beschwerdeführerin, dass die Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung erstmals angeführt habe, dass die Druckschrift (1) von der Verwendung von Ethylenglykol weg weise. Dieses Argument sei ihr erstmals mit der Beschwerdebegründung mitgeteilt worden, weshalb ihr rechtliches Gehör verletzt worden sei.

2.2 Gemäß Artikel 113(1) EPÜ dürfen Entscheidungen des Europäischen Patentamtes nur auf Gründe gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

2.3 Im vorliegenden Fall bezieht sich die Rüge auf ein Argument der Einspruchsabteilung im Zusammenhang mit der Begründung zur erfinderischen Tätigkeit. Der Offenbarungsgehalt der Druckschrift (1) war als nächstliegender Stand der Technik ausführlich diskutiert worden und beide Parteien hatten ihre Argumentation in Bezug auf die erfinderische Tätigkeit vorgetragen. Aus den jeweiligen vorgelegten Beweismitteln und dem Sachvortrag der Parteien bildet sich die Einspruchsabteilung ihre Meinung und begründet diese in der schriftlichen Entscheidung. Zur Wahrung des rechtlichen Gehörs gemäß Artikel 113(1) EPÜ ist es jedoch nicht erforderlich, dass die Abteilung den Parteien vorab alle Einzelheiten der Begründung mitteilt (siehe T 1378/11, Punkt 2.1 der Entscheidungsgründe). Die Kammer sieht daher das rechtliche Gehör gemäß Artikel 113(1) EPÜ als nicht verletzt an.

2.4 Da der Einwand der Beschwerdeführerin in Bezug auf das Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels nicht durchgreift, ist auch die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung, sowie eine Rückerstattung der Beschwerdegebühr nicht angezeigt.

3. Verspätet eingereichte Druckschrift (16)

3.1 Zusammen mit der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin die Druckschrift (16) als ein weiteres neuheitsschädliches Dokument eingereicht. Die Beschwerdegegnerin beantragte, diese Druckschrift unter Artikel 12(4) VOBK nicht in das Verfahren vor der Kammer zuzulassen, da sie bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätte vorgebracht werden müssen.

3.2 Im vorliegenden Fall basiert die angefochtene Entscheidung auf den Ansprüchen gemäß Hauptantrag. Somit war deren Gegenstand der Beschwerdeführerin bereits im Einspruchsverfahren bekannt. Die Druckschrift (16) ist als Stand der Technik bereits im Streitpatent anhand einer Druckschrift derselben Patentfamilie genannt. Folglich kann die Kammer keinen Grund erkennen, weshalb diese Druckschrift nicht bereits während des Einspruchsverfahrens eingereicht worden ist. Darüber hinaus hat sich die Kammer auch davon überzeugt, dass diese Druckschrift für die Beurteilung der Neuheit nicht relevant ist. Daher macht die Kammer von ihrer Befugnis Gebrauch und lässt die Druckschrift (16) nicht in das Verfahren vor der Kammer zu (Artikel 12(4) VOBK).

Hauptantrag

4. Einwände betreffend Artikel 123, 83 und 54 EPÜ

Die Beschwerdegegnerin hat das Streitpatent im Beschwerdeverfahren u.a. wegen Unzulässigkeit der Änderungen, fehlender Neuheit und mangelnder Ausführbarkeit angegriffen. Da die Kammer jedoch zu einer negativen Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit gelangt ist (siehe Paragraph 5. infra), kann eine Entscheidung hierüber dahinstehen.

5. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

5.1 Das Streitpatent betrifft Gefrierschutz-/Korrosions-schutzkonzentrate auf Basis von Ethylenglykol und Glyzerin. Ein ähnliches Konzentrat wird bereits in Druckschrift (1) offenbart. Daher geht die Kammer in Übereinstimmung mit beiden Parteien von dieser Druckschrift als nächstliegendem Stand der Technik aus.

5.2 Druckschrift (1) offenbart in Beispiel 5 eine Mischung aus 20 Gew.-% Glyzerin, 61 Gew.-% Diethylenglykol und als Korrosionsschutzkomponenten 1,84 Gew.-% Benzoesäure, 0.81 Gew.-% Natriumhydroxid, 1.26 Gew.-% Natriumtetraborat, 0.11 Gew.-% Natriumnitrit, 0.03 Gew.-% Kaliumnitrat, alle Mengenangaben bezogen auf das Gesamtgewicht der Zusammensetzung. Die Zusammensetzung aus Beispiel 5 stellt durch ihre prozentuale Zusammensetzung die dem beanspruchten Konzentrat am nächsten kommende Zusammensetzung dar.

5.3 Die Beschwerdegegnerin formulierte ausgehend von diesem Stand der Technik als Aufgabe des Streitpatentes die Bereitstellung eines Konzentrates, welches ausgewogene Eigenschaften in Bezug auf Korrosionsschutz, Wärmeübertragung und Frostbeständigkeit und zumindest verbesserte Frostschutzeigenschaften aufweist.

5.4 Als Lösung bietet das Streitpatent das Gefrierschutz-/Korrosionsschutzkonzentrat gemäß Anspruch 1 an, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass es Ethylenglykol anstelle von Diethylenglykol als Alkoholkomponente enthält.

5.5 Zum Beleg dafür, dass die technische Aufgabe tatsächlich gelöst wird, verweist die Beschwerdegegnerin auf ihre im Einspruchsverfahren als Druckschrift (10) eingereichten Vergleichsversuche.

5.5.1 Dabei werden Mischungen gemäß der Zusammensetzung 5 aus Druckschrift (1), sowie weitere Mischungen, die in ihrer Zusammensetzung unter den Anspruch von Druckschrift (1) fallen mit Mischungen verglichen, welche sich nur dadurch unterscheiden, dass sie Ethylenglykol anstelle von Diethylenglykol enthalten. Dabei zeigten die Zusammensetzungen mit Ethylenglykol ein besseres Frostschutzverhalten, erkennbar an einem niedrigeren Gefrierpunkt und einem niedrigeren Flockungspunkt, als die Zusammensetzungen gemäß Druckschrift (1). Darüber waren sich die Parteien einig.

5.5.2 Die Beschwerdegegnerin hat jedoch, wie von der Beschwerdeführerin gerügt, keine Belege dafür erbracht, dass durch den Ersatz von Diethylenglykol gegen Ethylenglykol ausgewogene Eigenschaften in Bezug auf Korrosionsschutz und die Wärmeübertragung erzielt werden, oder diese zumindest nicht verschlechtert werden.

5.5.3 Die Beispiele im Streitpatent zeigen lediglich, dass bei Frostschutzkonzentraten auf Basis von Ethylenglykol durch den Zusatz von Glyzerin eine Verbesserung des Korrosionsschutzes erreicht wird. Diese Beispiele stellen aber keinen Vergleich zu den aus Druckschrift (1) bekannten Konzentraten dar.

5.5.4 Die Kammer kommt daher zu der Überzeugung, dass nicht gezeigt wurde, dass die in Paragraph 5.3 supra definierte technische Aufgabe in allen Aspekten gelöst wurde. Die technische Aufgabe ist folglich dahingehend umzuformulieren, dass sie nur darin bestand, ein Konzentrat bereitzustellen, welches ein verbessertes Gefrierschutzverhalten aufweist.

5.5.5 Dass diese reduzierte technische Aufgabe erfolgreich gelöst wird, wurde auch von der Beschwerdeführerin nicht angezweifelt.

5.6 Es bleibt daher zu untersuchen, ob es zur Lösung der in Paragraph 5.5.4 supra definierten Aufgabe nahegelegen hat, Diethylenglykol gegen Ethylenglykol zu ersetzen.

5.6.1 In diesem Zusammenhang verwies die Beschwerdeführerin auf die Druckschrift (11). Dort sind physikalische Parameter und Eigenschaftsprofile von wässrigen Ethylenglykol-Lösungen, sowie wässrigen Di- und Triethylenglykol-Lösungen offenbart. Die Tabelle auf Seite 16 zeigt den Verlauf der Gefrierpunkte wässriger Glykol-Lösungen in Abhängigkeit von deren Konzentration. Es zeigt sich dabei, dass die Gefrierpunkte von wässrigen Ethylenglykol-Lösungen stets niedriger sind, als diejenigen von wässrigen Di- und Triethylenglykol-Lösungen. Ausgehend von der Druckschrift (1) als nächstliegendem Stand der Technik hätte der Fachmann daher in Druckschrift (11) die Anregung gefunden, zur Erreichung eines niedrigeren Gefrierpunktes das in Druckschrift (1) eingesetzte Diethylenglykol gegen Ethylenglykol zu ersetzen.

5.6.2 Die Beschwerdegegnerin brachte vor, dass das Streitpatent Mengen an Ethylenglykol verwende, die im Bereich von über 60 Gew.-% lägen. Der Mengenbereich von etwa 60 bis 80 Gew.-% sei jedoch in der Tabelle der Druckschrift (11) nicht gemessen worden. Der Fachmann könne daher für diesen Bereich keine Informationen erhalten.

Indessen ist festzustellen, dass die Kurve im Bereich von etwa 60 bis etwa 80 Gew.-% nicht angegeben ist, da die verwendete Messmethode in diesem Bereich keinen eindeutigen Punkt einer erkennbaren Kristallbildung liefert. Die Tendenz der Gefrierpunkte ist jedoch für den Fachmann in diesem Bereich erkennbar, so dass das Argument der Beschwerdegegnerin nicht überzeugt.

5.6.3 Weiterhin verwies die Beschwerdegegnerin auf die Beispiele 3, 8 und 9 der Druckschrift (1). Dort werde jeweils eine Gesamtmenge von Glyzerin und Diethylenglykol von 60 Gew.-% eingesetzt, mit jeweils unterschiedlichen Anteilen an Diethylenglykol. Die Gefrierpunkte sanken jedoch trotz steigender Diethylenglykol-Konzentrationen in den Lösungen. Daher hätte auch der Fachmann bei Ersatz von Diethylenglykol gegen Ethylenglykol keine Aussagen über die zu erwartenden Gefrierpunkte treffen können.

Indessen ist festzustellen, dass das Argument des Beschwerdegegners in erster Linie auf die unterschiedlichen Konzentrationen der Glykole in wässrigen Lösungen abzielt. Die Lösung des Streitpatentes ist jedoch nicht die Auswahl von spezifischen Konzentrationen des Glykols, sondern der Austausch einer spezifischen Komponente, nämlich der Ersatz von Diethylenglykol durch Ethylenglykol (siehe Paragraph 5.4 supra). Auch dieses Argument der Beschwerdegegnerin kann somit nicht durchgreifen.

5.6.4 Als weiteres Argument trug die Beschwerdegegnerin vor, dass der Fachmann vor der Aufgabe gestanden habe, ein komplexes Gemisch mit mehreren Komponenten so zu modifizieren, dass ein niedrigerer Gefrierpunkt, d.h. besserer Gefrierschutz resultiert. Er weiß jedoch auch, dass sich das Verhalten komplexer Systeme nicht vorhersagen lässt. Folglich hätte er auch mit der Information aus Druckschrift (11) nicht unbedingt erwarten können, dass der Gefrierpunkt durch den Ersatz von Diethylenglykol gegen Ethylenglykol absinkt.

Indessen ist festzustellen, dass der Fachmann nicht schon vorher sicher sein muss, dass eine Maßnahme erfolgreich ist. Im vorliegenden Fall hat der Fachmann aus Druckschrift (11) die Information, dass wässrige Ethylenglykol-Lösungen stets niedrigere Gefrierpunkte aufweisen, als wässrige Diethylenglykol-Lösungen. Dies stellt für den Fachmann eine realistische Erwartung des Erfolges dar, die zumindest dazu ausreicht, es zumindest zu versuchen. Daher kann auch dieses Argument der Beschwerdegegnerin nicht überzeugen.

5.7 Aus den oben genannte Gründen kommt die Kammer daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht.

Hilfsanträge 1 bis 8

6. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

6.1 Der Wortlaut des Anspruchs 1 der Hilfsanträge 1 bis 8 ist entweder identisch mit dem Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag (Hilfsantrag 2, siehe Paragraph VI.b) supra), oder beinhaltet eine Klarstellung in Bezug auf den Einwand des Beschwerdeführers gegen Artikel 123(2) EPÜ (Hilfsantrag 1; siehe Paragraph VI.a) supra), oder betrifft engere Definitionen der Korrosionsschutz-Komponente (Hilfsanträge 3 bis 8, siehe Paragraph VI.c) bis e), supra). Da der Gegenstand des Anspruch 1 in den Hilfsanträgen 1 und 2 dem des Hauptantrages entspricht und die jeweils in den Hilfsanträgen 3 bis 8 definierten Korrosionsschutzkomponenten bereits im Stand der Technik bekannt sind, tragen die Änderungen nicht zu einer anderen Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit bei. Folglich trifft für alle Hilfsanträge die selbe Argumentation in Bezug auf die erfinderische Tätigkeit zu, wie für den Hauptantrag. Die Beschwerdeführerin hat während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer keine Gegenargumente gegen diese Einschätzung der Kammer vorgebracht.

Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass auch dem Gegenstand von Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 bis 8 keine erfinderische Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ zugrunde liegt.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

Quick Navigation