T 0436/14 (Online aktualisierbares Bediengerät für einen Umrichter/LENZE) of 21.3.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T043614.20180321
Datum der Entscheidung: 21 März 2018
Aktenzeichen: T 0436/14
Anmeldenummer: 04020441.4
IPC-Klasse: G05B 19/042
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Online aktualisierbares Bediengerät (BAE) für einen Umrichter
Name des Anmelders: Lenze Automation GmbH
Name des Einsprechenden: SEW-EURODRIVE GMBH & CO. KG
Kammer: 3.5.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag und Hilfsanträge A.1, B, F und H
Unzulässige Erweiterung (ja) - Hilfsanträge C, D, E' und G
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 1 513 034 zu widerrufen, legte die Patentinhaberin Beschwerde ein. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung gemäß dem Hauptantrag nicht neu ist und dass der Gegenstand des Anspruchs 1 der Hilfsanträge B, C, D, F, G und H nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

II. Mit ihrer Beschwerdebegründung beantragte die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten, d.h. den Einspruch zurückzuweisen, hilfsweise das Patent auf der Grundlage eines der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge B, C, D, E', F, G und H aufrechtzuerhalten.

III. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte mit ihrer Erwiderung, die Beschwerde zurückzuweisen.

IV. Die Kammer lud zu einer mündlichen Verhandlung und nahm in einer nachfolgenden Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK zum Sachverhalt, unter anderem zu der Frage, ob der Gegenstand des Anspruchs 1 der vorliegenden Anträge auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, Stellung.

V. Mit Schreiben vom 14. März 2018 reichte die Beschwerdeführerin einen weiteren Hilfsantrag A.1 ein.

VI. Am 21. März 2018 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und den Einspruch zurückzuweisen, hilfsweise das Patent auf der Grundlage des mit Schreiben vom 14. März 2018 eingereichten Hilfsantrags A.1 oder eines der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge B, C, D, E', F, G und H aufrechtzuerhalten.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

Am Ende der Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.

VII. Das folgende Dokument, auf das in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wurde, ist für die vorliegende Entscheidung relevant:

E6: DE 100 22 567 A1.

VIII. Der unabhängige Anspruch 1 in der erteilten Fassung gemäß dem Hauptantrag lautet wie folgt:

"Verfahren zum Bedienen eines Umrichters (1) für einen elektrischen Antrieb oder Generator (M), welcher Umrichter einen Leistungsteil (10) und einen Steuerteil (20) aufweist, wobei der Steuerteil den Leistungsteil ansteuert;

(a) mit einer Schnittstelle (30,31,32;3;30,36;31, 33,33a) für eine insbesondere drahtlose Übertragung (A) von Ein- und Ausgangssignalen, welche Schnittstelle dem Steuerteil (20) zugeordnet ist;

(b) mit einem Mobiltelefon (50) als eine Bedien- und Anzeigeeinheit für den Umrichter über die Schnittstelle und den Steuerteil (20;3);

(c) wobei auf einem Display (51) des Mobiltelefons Daten und/oder einzustellende Parameter (40,41) des Steuerteils (20) angezeigt werden, und sie über eine - von einem Anwendungsprogramm im Mobiltelefon (50) gesteuerten - Menueführung initial eingestellt werden oder änderbar sind,

dadurch gekennzeichnet, dass das Mobiltelefon (50) einen Arbeitsspeicher (52) und einen Zugang zum Internet (70) besitzt, mit welchem Zugang eine Verbindung zu zumindest einer Internet-Adresse (URL) ermöglicht wird und aus dem Internet von einer Site (60) eines Herstellers des Umrichters ein Programm (55) in den Arbeitsspeicher (52) des Mobiltelefons (50) geladen wird."

IX. Anspruch 1 des Hilfsantrags A.1 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags, dadurch, dass am Ende folgende Formulierung hinzugefügt ist:

"- wobei das Mobiltelefon den Zugang zum Internet (70) über eine dazu geeignete weitere Schnittstelle erlangt, mit der die Verbindung zu der zumindest einen Internet-Adresse (URL) erfolgt,

- wobei aus dem Internet (70) von der Site (60) des Herstellers des Umrichters das Programm (55) in den Arbeitsspeicher (52) des Mobiltelefons (50) über die weitere Schnittstelle und nicht über das Steuerteil oder eine Internet-Kopplung des Steuerteils (20) oder des Umrichters (1) geladen wird,

- und das Programm ein Bedienprogramm für das Bedienen des Umrichters über den Steuerteil (20) ist".

X. Anspruch 1 des Hilfsantrags B unterscheidet sich inhaltlich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass

im vorletzten Absatz beginnend mit "(c)" die Formulierung "änderbar sind" durch "geändert werden" ersetzt ist und

im letzten Absatz die Formulierung "ermöglicht wird" durch "hergestellt wird" und die Formulierung "ein Programm (55)" durch "vor einem Bedienen ein Programm als aktuelleres Anwendungsprogramm (55)" ersetzt ist.

XI. Anspruch 1 des Hilfsantrags C unterscheidet sich inhaltlich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass

im ersten Absatz "für einen elektrischen Antrieb oder Generator (M)" durch "eines elektrischen Antriebs oder Generators (M)" ersetzt ist,

im vorletzten Absatz beginnend mit "(c)" die Formulierung "änderbar sind" durch "geändert werden" ersetzt ist,

im letzten Absatz die Formulierung "ermöglicht wird" durch "hergestellt wird" und die Formulierung "Programm" durch die Formulierung "Anwendungsprogramm" ersetzt ist, und

am Ende folgende Formulierung hinzugefügt ist:

"und gestartet wird;

wobei das Mobiltelefon (50) ein Betriebssystem aufweist, das in dem als Bedien- und Anzeigeeinheit arbeitenden Mobiltelefon Einsatz findet".

XII. Anspruch 1 des Hilfsantrags D unterscheidet sich inhaltlich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass

im ersten Absatz "für einen elektrischen Antrieb oder Generator (M)" durch "eines elektrischen Antriebs oder Generators (M)" ersetzt ist,

im vorletzten Absatz die Formulierung "änderbar sind" durch "geändert werden" und die Formulierung "Daten und/oder einzustellende Parameter" durch "Daten als Messgrößen aus dem Umrichter und einzustellende Parameter" ersetzt ist, und

im letzten Absatz die Formulierung "ermöglicht wird" durch "hergestellt wird" und die Formulierung "ein Programm (55)" durch "ein aktuelleres Anwendungsprogramm (55)" ersetzt ist.

XIII. Anspruch 1 des Hilfsantrags E' unterscheidet sich inhaltlich von Anspruch 1 des Hilfsantrags D dadurch, dass die Formulierung

"wobei auf einem Display (51) des Mobiltelefons Daten als Messgrößen aus dem Umrichter und einzustellende Parameter (40, 41) des Steuerteils (20) angezeigt werden, und die einzustellenden Parameter (40, 41) über eine - von einem Anwendungsprogramm im Mobiltelefon (50) gesteuerten - Menüführung initial eingestellt werden oder geändert werden;"

durch die folgende Formulierung ersetzt ist:

"wobei das Mobiltelefon mit seinem Display als Anzeigeeinheit dient und Daten als Messgrößen aus dem Umrichter anzeigt und zur Kontrolle einem Bediener auf dem Display darstellt;

wobei auf dem Display (51) des Mobiltelefons Daten und/oder einzustellende Parameter (40,41) des Steuerteils (20) angezeigt werden, und sie über eine - von einem Anwendungsprogramm im Mobiltelefon (50) gesteuerten - Menüführung initial eingestellt werden oder geändert werden;".

XIV. Anspruch 1 des Hilfsantrags F unterscheidet sich inhaltlich von Anspruch 1 des Hilfsantrags B dadurch, dass

im letzten Absatz die Formulierung "vor einem Bedienen ein Programm als aktuelleres Anwendungsprogramm (55)" durch "ein Anwendungsprogramm (55)" ersetzt ist und

am Ende folgende Formulierung hinzugefügt ist:

"wobei bei einem Verbinden zur Site des Herstellers (60) die im Mobiltelefon bereits geladene Anwendung abfragt, ob eine aktualisierte oder aktuellere Version der in seinem Arbeitsspeicher (52) bereits geladenen, insbesondere früher heruntergeladenen Anwendung auf der Site (60) eingestellt ist;

das in den Arbeitsspeicher geladene Anwendungsprogramm nach Beenden der Herunterlade-Verbindung (B) zum Internet (70) weiterhin offline lauffähig ist".

XV. Anspruch 1 des Hilfsantrags G unterscheidet sich inhaltlich von Anspruch 1 des Hilfsantrags B dadurch, dass

im ersten Absatz "für einen elektrischen Antrieb oder Generator (M)" durch "eines elektrischen Antriebs oder Generators (M)" ersetzt ist,

im letzten Absatz die Formulierung "vor einem Bedienen ein Programm als aktuelleres Anwendungsprogramm (55)" durch "ein Anwendungsprogramm (55)" ersetzt ist und

am Ende folgende Formulierung hinzugefügt ist:

"und das Mobiltelefon den Zugang zum Internet (70) über eine dazu geeignete weitere Schnittstelle erlangt, mit der die Verbindung zu der zumindest einen Internet Adresse (URL) hergestellt wird;

(e) wobei aus dem Internet (70) von der Site (60) des Herstellers des Umrichters das Programm (55) in den Arbeitsspeicher (52) des Mobiltelefons (50) über die weitere Schnittstelle und nicht über das Steuerteil oder eine Internet-Kopplung des Steuerteils (20) oder des Umrichters (1) geladen wird, und nach dem Laden und vor oder nach einem Starten des im Mobiltelefon (50) lauffähigen und laufenden Programms als Bedien- oder Steuerprogramm für den Umrichter eine Übertragungsverbindung zur ersten Schnittstelle (30,31,32) aufgebaut wird, mit der aus dem laufenden Programm mit dem Umrichter Daten und/oder einzustellende Parameter ausgetauscht werden."

XVI. Anspruch 1 des Hilfsantrags H lautet wie folgt:

"Verfahren zum Bedienen eines Umrichters (1) für einen elektrischen Antrieb oder Generator (M), welcher Umrichter einen Leistungsteil (10) und einen Steuerteil (20) aufweist, wobei der Steuerteil den Leistungsteil ansteuert;

(a) mit einer Schnittstelle (30,31,32;3;30,36;31, 33,33a) für eine insbesondere drahtlose Übertragung (A) von Ein- und Ausgangssignalen, welche Schnittstelle dem Steuerteil (20) zugeordnet ist;

(b) mit einem Mobiltelefon (50) als eine Bedien- und Anzeigeeinheit für den Umrichter über die Schnittstelle und den Steuerteil (20;3), wobei das Mobiltelefon (50) ein Betriebssystem aufweist, das in der als Mobiltelefon (50) eingesetzten Bedien- und Anzeigeeinheit Einsatz findet;

(c) wobei auf einem Display (51) des Mobiltelefons Daten als Messgrößen aus dem Umrichter und einzustellende Parameter (40,41) des Steuerteils (20) angezeigt werden, und sie über eine - von einem Anwendungsprogramm (55) im Mobiltelefon (50) gesteuerten - Menueführung initial eingestellt werden oder geändert werden,

(d) wobei das Mobiltelefon (50) einen Arbeitsspeicher (52) und einen Zugang zum Internet (70) besitzt, mit welchem Zugang eine Verbindung zu zumindest einer Internet-Adresse (URL) hergestellt wird und aus dem Internet von einer Site (60) eines Herstellers des Umrichters ein aktuelleres Anwendungsprogramm (55) in den Arbeitsspeicher (52) des Mobiltelefons (50) geladen wird und gestartet wird; und das Mobiltelefon den Zugang zum Internet (70) über eine dazu geeignete weitere Schnittstelle erlangt, mit der die Verbindung zu der zumindest einen Internet-Adresse (URL) erfolgt;

(e) wobei aus dem Internet (70) von der Site (60) des Herstellers des Umrichters das Programm (55) in den Arbeitsspeicher (52) des Mobiltelefons (50) über die weitere Schnittstelle und nicht über das Steuerteil oder eine Internet-Kopplung des Steuerteils (20) oder des Umrichters (1) geladen wird; und

(f) bei einem Verbinden zur Site des Herstellers (60) die im Mobiltelefon bereits geladene Anwendung abfragt, ob eine aktualisierte oder aktuellere Version der in seinem Arbeitsspeicher (52) bereits geladenen, insbesondere früher heruntergeladenen Anwendung auf der Site (60) eingestellt ist und das in den Arbeitsspeicher geladene Programm nach Beenden der Herunterlade-Verbindung (B) zum Internet (70) weiterhin offline lauffähig ist und wobei nach dem Laden und Starten des im Mobiltelefon (50) lauffähigen und laufenden Anwendungsprogramms als Bedien- oder Steuerprogramm für den Umrichter eine Übertragungsverbindung zur ersten Schnittstelle (30,31,32) aufgebaut wird, mit der aus dem laufenden Anwendungsprogramm mit dem Umrichter Daten und/oder einzustellende Parameter ausgetauscht werden."

Entscheidungsgründe

1. Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit

(Artikel 52 (1) und 56 EPÜ)

1.1 Entgegenhaltung E6 richtet sich auf ein Verfahren zum Fernbedienen von Geräten mittels eines tragbaren Kommunikationsgeräts, das Mittel zum Senden und Empfangen von Infrarotsignalen aufweist (Zusammenfassung). Das Kommunikationsgerät kann auch ein Mobiltelefon sein und verwendet für die Fernbedienung der Geräte verschiedene Codiertabellen (Absätze [0007] bis [0009]).

Das fernzusteuernde Gerät kann ein Umrichter in einer industriellen Anlage sein (Spalte 2, Zeilen 13 und 14 und Zeilen 25 bis 28). Umrichter sind Vorrichtungen, die aus einer ersten Wechselspannung eine zweite Wechselspannung mit einstellbarer Amplitude und Frequenz erzeugen, um einen Elektromotor mit Energie zu versorgen oder um eine von einem Generator gelieferte Wechselspannung in eine Stromnetz einzuspeisen. Dazu weisen Umrichter bekanntermaßen Leistungsschalter und eine Steuerung für diese auf.

Somit offenbart E6 implizit einen Umrichter für einen elektrischen Antrieb oder Generator, wobei der Umrichter einen Leistungsteil und einen Steuerteil aufweist.

1.2 Unter Verwendung des Wortlauts des Anspruchs 1 des Hauptantrags offenbart E6 somit ein

Verfahren zum Bedienen eines Umrichters für einen elektrischen Antrieb oder Generator, welcher Umrichter einen Leistungsteil und einen Steuerteil aufweist, wobei der Steuerteil den Leistungsteil ansteuert;

a) mit einer Schnittstelle für eine drahtlose Übertragung von Ein- und Ausgangssignalen welche Schnittstelle dem Steuerteil zugeordnet ist ("Infrarot-Empfänger" beziehungsweise "Infrarot-Verbindung" zum Empfangen und Senden von Daten vom beziehungsweise zum tragbaren Kommunikationsgerät, Anspruch 1, Spalte 2, Zeilen 13 bis 16 und Zeilen 22 bis 25, weiter merkt die Kammer an, dass die Übertragung von Daten zum Fernbedienen des Umrichters und damit die Schnittstelle in den Bereich Steuerung fällt und die Schnittstelle daher implizit dem Steuerteil zuzuordnen ist);

b) mit einem Mobiltelefon als eine Bedien- und Anzeigeeinheit für den Umrichter über die Schnittstelle und den Steuerteil (Spalte 5, Zeilen 45 bis 51, das Mobiltelefon zeigt auch Informationen und Parameterwerte aus dem Umrichter an);

c) wobei auf einem Display des Mobiltelefons einzustellende Parameter des Steuerteils angezeigt werden (eine Einstellbarkeit der Parameter ergibt sich aus Spalte 2, Zeilen 25 bis 28 und Spalte 4, Zeilen 55 bis 63), und sie über eine - von einem Anwendungsprogramm im Mobiltelefon gesteuerten - Menüführung änderbar sind (die Funktionalität der Fernbedienung ist mit "Software" realisiert, Absatz [0008], ferner wird ein "Bedienungsprogramm" mit einem "Menupunkt" offenbart, Spalte 4, Zeilen 37 bis 41);

wobei das Mobiltelefon einen Arbeitsspeicher (Spalte 2, Zeilen 9 bis 12) und einen Zugang zum Internet besitzt ("Internetverbindung", Spalte 3, Zeilen 28 bis 37 und Spalte 4, Zeilen 26 bis 28), mit welchem Zugang eine Verbindung zu zumindest einer Internet-Adresse ermöglicht wird (eine Internetverbindung impliziert eine Verbindungsmöglichkeit zu einer Internet-Adresse) und aus dem Internet von einer Site eine Codiertabelle in den Arbeitsspeicher des Mobiltelefons geladen wird (Spalte 3, Zeilen 28 bis 37).

1.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von dem Verfahren der E6 dadurch, dass die Site eine Site eines Herstellers des Umrichters ist von dieser Site anstatt einer Codiertabelle ein Programm in den Arbeitsspeicher des Mobiltelefons geladen wird.

1.4 Dass die Site einem Hersteller des Umrichters zuzuordnen ist, stellt nach Ansicht der Kammer kein technisches Merkmal dar und kann folglich nicht zu einer erfinderischen Tätigkeit beitragen. Des Weiteren versteht die Kammer im Gegensatz zur Codiertabelle, die im Verfahren der E6 nur die Kommunikationsdetails zwischen dem Mobiltelefon und dem Umrichter betrifft, den Begriff "Programm" als eine Sammlung von Anweisungen insbesondere zur Ausführung auf dem Mobiltelefon.

Die Kammer weist an dieser Stelle darauf hin, dass im Verfahren gemäß E6 bei einer Benutzereingabe auf Grundlage der Codiertabelle eine Pulsfolge berechnet und die Aussendung des Fernsteuersignals bewirkt wird (siehe zum Beispiel Absatz [0026]). Für diese komplexen Aufgaben wird eine "Software" verwendet (Absatz [0013]), mit der die Codiertabellen verwendet werden können. Weiter ist in Absatz [0024] offenbart, dass die Codiertabelle einem "Bedienungsprogramm" des Mobiltelefons zugeordnet ist. E6 macht allerdings keine Aussage darüber, wie und aus welcher Quelle diese Programme in das Mobiltelefon geladen werden.

1.5 Ausgehend von der E6 kann die Aufgabe daher darin gesehen zu werden, eine Implementierung für ein Verfahren zum Laden eines Programms in das Mobiltelefon zu finden.

1.6 Da E6 bereits das Laden der Codiertabelle über die Internetverbindung von dem Server offenbart und sowohl die Codiertabelle wie auch ein für die Fernbedienung verwendetes Programm auf den fernzubedienenden Umrichter abgestimmt sein müssen, war es nach Ansicht der Kammer für den Fachmann am Prioritätstag naheliegend, zusätzlich zur Codiertabelle auch das Programm aus dem Internet von einem Server beziehungsweise einer Site zu laden.

1.7 Argumente der Beschwerdeführerin

Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass bei dem Verfahren gemäß E6 kein Bedienungsprogramm im Mobiltelefon vorhanden sei und dass ein Tastenbefehl von der Codiertabelle in eine Infrarotpulsfolge umgesetzt werde.

Weiter argumentierte sie, dass die in E6 genannte Software nichts mit der Bedienung des Umrichters zu tun habe, sondern der Handhabung der Codiertabellen diene. Die Software wähle die richtige Codiertabelle aus und setze sie in den Übertragungskanal ein, der die Information über einen Tastendruck an den Umrichter leitet.

Dabei wurde auf Absatz [0017] der E6 verwiesen. Dieser lautet wie folgt:

"Bei einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung lädt das tragbare Kommunikationsgerät die für ein jeweiliges Gerät geeignete Codiertabelle von einem Server mittels einer Mobilfunkverbindung und/oder Internetverbindung und/oder es werden mittels der Eingabemittel des tragbaren Kommunikationsgeräts eingegebenen Eingabe-Informationen innerhalb des tragbaren Kommunikationsgeräts unter Verwendung der geeigneten Codiertabelle in eine für das jeweilige Gerät zur Fernbedienung geeignete Infrarot-Pulsfolge verarbeitet. Von Vorteil ist dabei, dass die Codiertabelle zur schnellen Erzeugung und/oder Berechnung der Infrarot-Pulsfolgen im Handy zur Verfügung steht. Es sind also keine Übertragungszeiten während der Berechnung notwendig."

Die Kammer ist von diesen Argumenten aus folgenden Gründen nicht überzeugt.

Die Codiertabelle stellt, wie von der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdebegründung selbst argumentiert (siehe zum Beispiel Seite 18), kein lauffähiges Programm dar. Sie ist eine Sammlung von Daten, auf deren Grundlage die Infrarotsignale erzeugt werden, die aber die Infrarotsignale selber nicht erzeugen können. Für deren Erzeugung wird daher ein weiteres Mittel benötigt, das im Fall der E6 das "Bedienungsprogramm" beziehungsweise die "Software" ist (vgl. Absatz [0008] und Spalte 4, Zeilen 37 bis 39). Die Kammer verweist in diesem Zusammenhang auf die Absätze [0026] und [0027] und den oben wiedergegebenen Absatz [0017], woraus hervorgeht, dass zum Zwecke der Fernbedienung des Umrichters die Infrarot-Pulsfolgen berechnet werden beziehungsweise dass Eingabe-Informationen in eine für den Umrichter geeignete Infrarot-Pulsfolge verarbeitet werden. Die Codiertabelle erzeugt somit nicht die Infrarotsignale, sondern stellt nur Parameter für deren Erzeugung bereit.

1.8 Folglich war der Gegenstand des Hauptantrags für den von E6 ausgehenden Fachmann unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens naheliegend (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ).

1.9 Da der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist dieser Antrag nicht gewährbar.

2. Hilfsantrag A.1 - erfinderische Tätigkeit

(Artikel 52 (1) und 56 EPÜ)

2.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags A.1 (siehe Punkt IX oben) unterscheidet sich im Wesentlichen von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass

- die Verbindung des Mobiltelefons zum Internet und das Laden des Programms in den Arbeitsspeicher des Mobiltelefons über eine weitere Schnittstelle erfolgt und nicht über den Umrichter und

- das Programm ein Bedienprogramm zum Bedienen des Umrichters ist.

2.2 Im Verfahren gemäß E6 wird ein Mobiltelefon mit einer Funkverbindung und einer zusätzlichen Infrarotschnittstelle eingesetzt (Absätze [0007] und [0009]), das weiterhin über eine Möglichkeit zur Verbindung mit dem Internet über eine Mobilfunk- und/oder Internetverbindung verfügt (Spalte 3, Zeilen 28 bis 37 und Spalte 4, Zeilen 26 bis 28). Die Internetverbindung wird somit über eine Verbindung hergestellt, die von der Infrarotschnittstelle verschieden ist und somit nicht über das mittels der Infrarotschnittstelle fernbediente Gerät verläuft.

E6 offenbart ein Verfahren zur Fernbedienung eines Geräts, insbesondere eines Umrichters (Titel, Zusammenfassung und Absätze [0007] und [0011]), zu welchem Zweck entsprechende Infrarotsignale erzeugt und an das fernzubedienende Gerät gesendet werden. Das Programm zur Erzeugung der Infrarotsignale ist demzufolge ein Programm zum Bedienen des Geräts, insbesondere des Umrichters.

Die zusätzlichen Merkmale gemäß Hilfsantrag A.1 sind somit bereits aus E6 bekannt, so dass die Einwände in Bezug auf den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags mutatis mutandis auch für den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags A.1 gelten.

2.3 Da der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags A.1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist dieser Antrag nicht gewährbar.

3. Hilfsantrag B - erfinderische Tätigkeit

(Artikel 52 (1) und 56 EPÜ)

3.1 In Anspruch 1 des Hilfsantrags B wurden gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags die zwei Formulierungen "änderbar sind" und "eine Verbindung ... ermöglicht wird" geändert in "geändert werden" beziehungsweise "eine Verbindung ... hergestellt wird".

Diese Änderungen tragen nicht zu einer erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 bei, da die Fundstellen in E6, die in Bezug auf die oben genannten Formulierungen in Anspruch 1 des Hauptantrags (siehe Punkt 1 oben) zitiert wurden, bereits nicht nur die Möglichkeit zur Durchführung der entsprechenden Verfahrensschritte, sondern auch deren Durchführung offenbaren.

3.2 Darüber hinaus weist Anspruch 1 des Hilfsantrags B gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags das zusätzliche Merkmal auf, dass das Programm vor einem Bedienen als aktuelleres Anwendungsprogramm geladen wird.

Dass das Programm vor dem Bedienen in das Mobiltelefon geladen wird und nicht danach, ist implizit durch die E6 offenbart, da andernfalls die Erzeugung der Infrarotsignale nicht möglich wäre.

Weiter weist die Kammer darauf hin, dass E6 in Verbindung mit einer Ausführungsvariante, in der die Fernsteuersignale von einem Server erstellt werden (Spalte 3, Zeilen 42 bis 52), es als Vorteil offenbart, dass dabei immer eine aktuelle Software mit allen aktuellen Codiertabellen zur Verfügung steht. Somit lehrt E6 bereits, dass vorteilhafterweise immer ein aktuelles Programm verwendet wird. Der Fachmann würde daher vorsehen, dass beim Laden des Programms in ein Mobiltelefon, in dem bereits ein Programm vorhanden ist, eine aktuellere Version geladen wird, so dass dieses Merkmal nicht zu einer erfinderischen Tätigkeit beiträgt.

3.3 Da der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags B nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist dieser Antrag nicht gewährbar.

4. Hilfsanträge C, D, E' und G - unzulässige Erweiterung

(Artikel 100 c) und 123 (2) EPÜ)

Anspruch 1 der Hilfsanträge C, D, E' und G richtet sich auf ein Verfahren zum Bedienen eines Umrichters eines

elektrischen Antriebs oder Generators (M) und legt damit den Umrichter als Teil des elektrischen Antriebs beziehungsweise Generators fest.

Die dem Patent zugrunde liegende Anmeldung in der eingereichten Fassung offenbart allerdings kein Verfahren zum Bedienen eines Umrichters, der Teil eines elektrischen Antriebs oder eines Generators ist. Im ersten Absatz der Anmeldung in der veröffentlichten Fassung wird beispielsweise ausgeführt, dass ein Umrichter allgemein als ein Gerät zu verstehen ist, das über einen Steuerteil einen Leistungsteil beeinflussen kann, der einen Antrieb ansteuert. Auch zu Beginn der Beschreibung der Ausführungsbeispiele wird nur ausgeführt, dass der Umrichter, hier als Kombination aus Steuerteil und Leistungsteil, dem Ansteuern eines Antriebs dient.

Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ steht daher der Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage eines der Hilfsanträge C, D, E' und G entgegen.

Die Hilfsanträge C, D, E' und G sind somit nicht gewährbar.

5. Hilfsantrag F - erfinderische Tätigkeit

(Artikel 52 (1) und 56 EPÜ)

5.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags F unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags B unter anderem dadurch, dass im letzten Absatz die Formulierung "vor einem Bedienen ein Programm als aktuelleres Anwendungsprogramm (55)" durch die Formulierung "ein Anwendungsprogramm (55)" ersetzt ist und somit eine Einschränkung entfernt wurde. Dies trägt nicht zu einer erfinderischen Tätigkeit bei.

5.2 Weiter wurden in Anspruch 1 des Hilfsantrags F gegenüber Anspruch 1 des Hilfsantrags B die Merkmale hinzugefügt, dass

- beim Verbinden mit der Site des Herstellers des Umrichters ein im Mobiltelefon geladenes Programm abfragt, ob es eine aktuellere Version dieses Programms gibt und

- das in den Arbeitspeicher des Mobiltelefons geladene Programm nach Beenden der Herunterlade-Verbindung offline lauffähig bleibt.

Wie bereits in Punkt 3.2 ausgeführt, lehrt E6 die vorteilhafte Verwendung eines aktuellen Programms. Da das Herunterladen des Programms mit der gleichen Version wie die des bereits geladenen unnötig wäre, war es nach Ansicht der Kammer für den Fachmann naheliegend, zu prüfen, ob überhaupt eine aktuellere Version des Programms vorliegt.

Dass Programme, die herunter geladen und lokal ausgeführt werden, auch offline ausführbar bleiben, war zum Prioritätszeitpunkt des Patents bekannt und war nach Ansicht der Kammer auch für den Fachmann naheliegend, um nicht jedes Mal das Programm neu herunterladen zu müssen.

5.3 Die hinzugefügten Merkmale tragen somit nicht zu einer erfinderischen Tätigkeit bei. Hilfsantrag F ist daher nicht gewährbar.

6. Hilfsantrag H - erfinderische Tätigkeit (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ)

6.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags H (siehe Punkt XVI oben) unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags im Wesentlichen dadurch, dass einige der Merkmale, die jeweils Anspruch 1 der Hilfsanträge A.1, B, C, D, F und G hinzugefügt wurden, gemeinsam aufgenommen wurden.

Dabei wurde das Merkmal, dass vor einem Bedienen ein Programm als aktuelleres Anwendungsprogramm geladen wird (Hilfsantrag B), dahingehend geändert, dass ein aktuelleres Anwendungsprogramm geladen wird. Ferner wurde das Merkmal, dass nach dem Laden und vor oder nach dem Starten des im Mobiltelefon lauffähigen Programms eine Übertragungsverbindung zur ersten Schnittstelle aufgebaut wird (Hilfsantrag G), dahingehend geändert, dass die Übertragungsverbindung nach dem Starten des Anwendungsprogramms aufgebaut wird. Diese Abweichungen entfernen jeweils Einschränkungen und tragen daher nicht zu einer erfinderischen Tätigkeit bei.

6.2 Bezüglich der aus den Ansprüchen 1 der Hilfsanträge A.1, B und F aufgenommenen Merkmale wird auf die entsprechenden Ausführungen in den obigen Punkten 2, 3 und 5 verwiesen und angemerkt, dass diese Merkmale nach Ansicht der Kammer nicht zu einer erfinderischen Tätigkeit beitragen.

6.3 In Bezug auf die übrigen, aus den Ansprüchen 1 der Hilfsanträge C, D und G aufgenommenen Merkmale merkt die Kammer Folgendes an:

Es wurde die Formulierung "Programm" durch "Anwendungsprogramm" ersetzt. Diese Änderung trägt nicht zu einer erfinderischen Tätigkeit bei, da diese beiden Begriffe im vorliegenden Kontext Synonyme sind.

Ferner wurde das Merkmal aufgenommen, dass das Mobiltelefon ein Betriebssystem aufweist, das in dem als Bedien- und Anzeigeeinheit arbeitenden Mobiltelefon Einsatz findet. Zum Prioritätsdatum war es Standard, in einem Mobiltelefon, zumal einem solche mit Internetverbindung, ein Betriebssystem zu verwenden, um die verschiedenen Anwendungen betreiben zu können. Darüber hinaus erfordert bereits die Tatsache, dass das Anwendungsprogramm von extern geladen und ausgeführt wird, irgendeine Form von Betriebssystem, um dem Anwendungsprogramm den Zugriff auf die Hardware des Mobiltelefons zu ermöglichen. Dieses Merkmal trägt somit nicht zu einer erfinderischen Tätigkeit.

Weiter wurden die Daten als Messgrößen aus dem Umrichter konkretisiert. E6 offenbart allerdings bereits, dass allgemein Werte aus dem Umrichter an das Mobiltelefon gesandt und von diesem angezeigt werden (Absatz [0033]). Des Weiteren offenbart E6 als Anwendungsgebiet unter anderem den Zugriff eines Service-Technikers auf einen Umrichter (Spalte 2, Zeilen 16 bis 19). Nach Ansicht der Kammer war es für den Fachmann somit naheliegend, einem Service-Techniker als Werte auch Messwerte aus dem Umrichter zur Verfügung zu stellen, um ihm Informationen zum Zustand des Umrichters bereitzustellen. Auch dieses Merkmal trägt somit nicht zu einer erfinderischen Tätigkeit.

Weiter wurde das Merkmal hinzugefügt, dass nach dem Laden und Starten des im Mobiltelefon lauffähigen und laufenden Anwendungsprogramms eine Übertragungsverbindung zu der ersten Schnittstelle aufgebaut wird, mit der aus dem laufenden Programm Daten und/oder einzustellende Parameter mit dem Umrichter ausgetauscht werden.

Hierzu merkt die Kammer an, dass im Verfahren gemäß E6 die Fernsteuersignale über eine Infrarotverbindung (erste Schnittstelle) übertragen werden, die für eine Datenübertragung notwendigerweise hergestellt sein muss. Weiter merkt die Kammer an, dass die übertragenen Signale von dem Programm erzeugt werden, dass zur Ausführung erst geladen und gestartet werden muss, und dass es wirkungslos wäre, die erste Schnittstelle vor dem Laden des Programms aufzubauen, da zu diesem Zeitpunkt noch keine zu übertragenden Daten erzeugt werden können. Es war daher für den Fachmann naheliegend, die zweite Schnittelle erst nach dem Laden des Programms aufzubauen.

6.4 Die aufgenommenen Merkmale entwickeln keine Synergieeffekte und tragen weder einzeln noch in Kombination zu einer erfinderischen Tätigkeit bei.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags H beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Hilfsantrag H ist daher nicht gewährbar.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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