European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2018:T043514.20181016 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 16 October 2018 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0435/14 | ||||||||
Anmeldenummer: | 04030201.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | H01L 23/473 H01L 23/467 H01L 23/46 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Mikrokühlkörper | ||||||||
Name des Anmelders: | IQ evolution GmbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Rogers Germany GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.4.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit - (ja) Neuheit - ausführbare Offenbarung Erfinderische Tätigkeit - (ja) Spät eingereichtes Dokument - zugelassen (ja) Zurückverweisung an die erste Instanz - (ja) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde durch die Beschwerdeführerin/die Einsprechende betrifft die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. EP1672690 zurückzuweisen.
II. In der vorliegenden Entscheidung wird auf die folgenden Dokumente Bezug genommen:
D1: US 5 548 605 A
D8: EP 1 555 079 B1
D10: Dirk Lorenzen: "Methoden zur verlässigkeitsorientierten Optimierung der Aufbau- und Verbindungstechnik von Hochleistungs-Diodenlaserbarren", Verlag Dr. Köster, Berlin, Oktober 2003, Seiten 2, 3, 6, 7, 30, 31, 38, 39, 154 und 155
D11: Dr. Jürgen Schulz-Harder: "Advantages and new development of DBC Substrates", European Microelectronics Packaging and Interconnection Symposium Cracow, Poland, 16 to 18 June 2002
D13: Dr. Jürgen Schulz-Harder et al.: "Innovative Cooling Concept for Highly Integrated Avionics Modules", IMAPS Strasbourg 2001
D13a: farbiges Schnittbild eines Mikrokühlers, eingereicht mit der Beschwerdebegründung (dort als D13.2 bezeichnet)
D14: Duden - Deutsches Universaltwörterbuch, 5. Auflage, Dudenverlag, Seite 1097
D18: AT 408 809 B
D19: US 4 859 520
D20: DE 199 45 794 A1
D21: Powerpoint-Präsentation von Dr. Jürgen Schulz-Harder mit dem Titel "Von der Keramik zur Schaltung"
D22: Dr. Jürgen Schulz-Harder et al.: "Micro Channel Water Cooled Power Modules", PCIM Nürnberg 2000; identisch mit dem bereits als D12 eingereichten Dokument
D23: DE 43 35 512 C2
D23a: Wikipedia-Auszug zum Thema Waferbondverfahren
III. In der Beschwerdebegründung führte die Einsprechende die Artikel 100 (a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 54 und 56 EPÜ sowie Artikel 100 (b) EPÜ an, beantragte die Zulassung des von der Einspruchsabteilung nicht zugelassenen Dokuments D18 und reichte D13a ein. Mit Schreiben vom 14.05.2014 reichte die Einsprechende zur Stützung ihrer Interpretation des Begriffes monolithisch und in Verbindung mit einem weiteren Neuheitseinwand eine zusätzliche Druckschrift D19 ein.
In weiteren Schreiben beantragte die Einsprechende die Zulassung der zusätzlichen Dokumente D20, D21, D22, D23 und D23a.
Während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer zog die Einsprechende den Einwand bezüglich Artikel 100(b) EPÜ zurück und reichte einen Wikipedia-Artikel über Sintern ein, um den Neuheitseinwand bezüglich D19 zu unterstützen. Am Ende dieser Verhandlung beantragte die Einsprechende, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das betroffene Patent in vollem Umfang zu widerrufen, war aber auch mit einer Zurückverweisung an die erste Instanz einverstanden.
IV. Die Beschwerdegegnerin/die Patentinhaberin beantragte in der Beschwerdeerwiderung, die Dokumente D13a, D18 und D19 nicht zuzulassen, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten. Während der mündlichen Verhandlung beantragte die Patentinhaberin die Zurückverweisung an die erste Instanz.
V. Anspruch 1 des angefochtenen Patents lautet wie folgt, wobei die Merkmalskennzeichnungen entsprechend dem Vorschlag der Einsprechenden (Beschwerdebegründung Punkt 2.) hinzugefügt wurden:
1. Mikrokühlkörper (1)
1.1 mit einer Montagefläche (2) für ein zu kühlendes Bauteil, insbesondere ein Halbleiterbauelement,
1.2 welcher im Inneren eine Mikrokühlstruktur (3) aufweist,
1.3 die über Verbindungskanäle (4) mit zumindest einer Zulauföffnung (5) und mit mindestens einer Ablauföffnung (6) verbunden ist, und
1.4 mit diesen einen innerhalb des Mikrokühlkörpers (1) ausgebildeten Kühlkreislauf (7) bildet, über den der Mikrokühlstruktur (3) ein Kühlmedium zuführ- bzw. aus ihr abführbar ist,
dadurch gekennzeichnet,
1.5 dass der Mikrokühlkörper (1) eine monolithische Struktur aufweist.
VI. Die Argumente der Einsprechenden lassen sich wie folgt zusammenfassen.
a) Nach Anspruch 1 weise der Mikrokühlkörper eine monolithische Struktur lediglich auf, bestehe jedoch nicht aus ihr. Jeder Mikrokühlkörper, der aus verschiedenen Bauteilen zusammengesetzt sei, von denen wenigstens eines eine monolithische Struktur besitze, fiele daher unter diese Formulierung.
b) Ein Fachmann der Leistungselektronik würde unter dem Begriff monolithische Struktur ganz allgemein eine Struktur verstehen, die aus sehr kleinen Bauteilen untrennbar zusammengesetzt sei. Dies sei mit der in D14 gegebenen Definition des Begriffes im Bereich der Elektronik sowie mit der Verwendung des Begriffes in D1 in Übereinstimmung.
Das Streitpatent wiederum lehre den Fachmann in den Absätzen 13 und 15 lediglich, dass durch die monolithische Struktur Fugen vermieden und die Wandstärke reduziert würden. Ein Formkörper aus homogenem Material sei nur in Verbindung mit dem speziellen Herstellungsverfahren des selektiven Laserschmelzens in Absatz 31 offenbart, aber nicht allgemein als Folge der monolithischen Struktur.
Der Fachmann würde also weder seinem allgemeinen Fachwissen noch dem Streitpatent entnehmen, dass der Begriff monolithische Struktur so eng zu interpretieren sei, dass er einen einheitlichen Materialblock ohne erkennbare Zwischenschichten erfordere.
Stattdessen würde er unter einem Mikrokühlkörper mit monolithischer Struktur insbesondere jeden einstückig ausgebildeten Mikrokühlkörper verstehen, sofern dieser einen fugenlosen, aus stoffschlüssig und flächig untrennbar miteinander verbundenen Teilen gebildeten Formkörper bilde.
Dieser könne dabei durchaus Einschlüsse aus einem anderen Material enthalten, wie es zum Beispiel bei einem monolithischen Stein häufig der Fall sei; der Begriff monolithisch schließe eben nicht aus, dass mehrere unterschiedliche Materialien im selben Gefüge vorhanden seien.
c) Der in D8 offenbarte Kühlkörper offenbare den Oberbegriff des Anspruchs 1. Er sei darüber hinaus auch einstückig, fugenlos und daher dicht und bestehe aus stoffschlüssig und flächig miteinander verbundenen Teilen, da er mit Hilfe des Direct Copper Bonding - Prozesses (DCB) aus Kupferschichten hergestellt werde.
Der in D8 beschriebene Kühlkörper besitze daher eine monolithische Kupferstruktur, welche Kupferoxidschichten einschließe.
Aus diesen Gründen sei D8 neuheitsschädlich für Anspruch 1.
d) Das Dokument D13 beschreibe einen Mikrokühlkörper nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Dies sei insbesondere in Figur 5b zu erkennen. In Kapitel 5 werde beschrieben, wie das verwendete, in den Figuren 6 und 7 dargestellte DCB-Verfahren ablaufe.
Dabei sei es ohne Bedeutung, dass in D13 nicht alle Prozessparameter zur Durchführung dieses Verfahrens detailliert angegeben seien. Die nicht angegebenen Parameter wie zum Beispiel die Atmosphäre und die Anordnung der Werkstücke im Ofen hätten zwar einen Einfluss auf die Qualität der gefertigten Mikrokühlkörper und seien Betriebsgeheimnisse, wären aber nicht entscheidend für die Entstehung einer homogenen Kupferstruktur ohne Zwischenschichten.
Stattdessen würde ein homogener Kupferblock ohne Zwischenschichten (without having interfaces), wie er in Figur 7 gezeigt sei, automatisch entstehen, wenn das DCB-Verfahren wie in D13 beschrieben ausgeführt würde.
Daher sei D13 auch bei einer engen Definition des Begriffes monolithisch neuheitsschädlich für Anspruch 1.
e) Das Dokument D10 offenbare Mikrokühler nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 im Kapitel 3.2.1 einschließlich der Herstellung stoffschlüssiger Verbindungen zwischen Kupferschichten mithilfe des DCB-Verfahrens in Kapitel 6.2.1 (hier DBC genannt). Ausgehend von einem solchen Mikrokühler sei die zu lösende objektive technische Aufgabe, eine Art und Weise zu finden, wie die stoffschlüssigen Verbindungen fugenlos und dicht realisiert werden können.
Dazu schlügen sowohl D11 (Zusammenfassung, Figuren 14 und 15 sowie die Teile der Beschreibung unterhalb der Figuren 13 und 14) als auch D13 (Kapitel 5, Figuren 6 und 7) vor, das DCB-Verfahren so auszuführen, dass ein fugenloser, hermetisch dichter, monolithischer Kupferblock entstünde.
Der Fachmann würde daher, ausgehend von D10, unter Berücksichtigung der Lehre der D11 oder der D13 ohne Ausübung einer erfinderischen Tätigkeit zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen, auch wenn der Begriff monolithisch eng ausgelegt würde.
f) Das Dokument D19 sei zwar nicht mit, aber unmittelbar nach der Beschwerdebegründung eingereicht worden.
Dieses Dokument sei dabei erst nach der Entscheidung der Einspruchsabteilung, in der dem Begriff monolithische Struktur eine bestimmte Bedeutung gegeben wurde, prima facie relevant geworden, weil man D19 entnehmen könne, dass der Fachmann unter diesem Begriff eben auch einen aus mehreren Schichten hergestellten Aufbau eines einstückigen Substrates verstehe (siehe Titel, Zusammenfassung und Anspruch 1 von D19).
Darüber hinaus sei D19 auch bei enger Auslegung des Begriffes monolithisch prima facie neuheitsschädlich für Anspruch 1 und damit höchst relevant, da ein durch Sintern von Schichten entstehender Formkörper in jedem Fall aus homogenem Material bestünde.
Dies werde zum Beispiel aus dem Wikipedia-Artikel über Sintern deutlich.
VII. Die Argumente der Patentinhaberin lassen sich wie folgt zusammenfassen.
a) Eine Interpretation des Merkmals 1.5 in der Art, dass nur ein kleiner Teil des Mikrokühlkörpers eine monolithische Struktur besitze sei in Widerspruch zur Beschreibung. Insbesondere das Ausführungsbeispiel der Herstellung mittels selektivem Laserschmelzen führe dazu, dass der ganze Mikrokühlkörper monolithisch sei.
b) Der relevante Fachmann sei kein Fachmann der Leistungselektronik, sondern vielmehr ein Fachmann der Werkstofftechnik. Auf dem Gebiet der Werkstofftechnik schließe der Begriff monolithisch dabei aus, dass sich mehrere Materialien im selben Gefüge befänden.
Die in der Beschreibung aufgezählten Beispiele in Bezug auf das selektive Laserschmelzen bezögen sich auch jeweils nur auf ein einziges Material, zum Beispiel Edelstahl oder Molybdän. Entsprechend sei der Begriff monolithisch im Streitpatent zu interpretieren.
c) Dokument D8 schlage zur Verbesserung der Korrosionsanfälligkeit des gezeigten Mikrokühlkörpers vor, zusätzliches Kupferoxid vorzusehen und offenbare daher gerade keinen Kühlkörper mit monolithischer Struktur.
d) Das Dokument D13 enthalte keinerlei Angaben, wie die beim DCB-Verfahren notwendigerweise anfänglich vorhandenen Kupferoxidschichten aufgelöst würden. Das Dokument sei daher in dieser Hinsicht nicht nacharbeitbar.
e) Weder in D11 noch in D13 sei offenbart, wie das DCB-Verfahren so durchgeführt werden könne, dass die Kupferoxidschichten verschwänden. Keines dieser Dokumente böte daher eine entsprechende Lehre, die der Fachmann nutzen könne, um den Mikrokühlkörper der D10 monolithisch auszugestalten.
f) Das Dokument D19 zeige in den Figuren eindeutig das Vorhandensein verschiedener Schichten. D19 offenbare daher keine monolithische Struktur im Sinne des Streitpatents und sei deshalb auch nicht prima facie relevant.
Darüber hinaus sei der Neuheitseinwand unter Verwendung der D19 verspätet eingereicht.
Aus diesen Gründen sei D19 nicht zuzulassen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Verfahrensangelegenheiten
2.1 D18
D18 wurde von der Einspruchsabteilung in einer Ermessensentscheidung nicht zugelassen (siehe Abschnitt 15. der angefochtenen Entscheidung und seine Unterpunkte). Wie die Kammer bereits in ihrer vorläufigen Meinung zum Ausdruck brachte, ist sie der Ansicht, dass die Einspruchsabteilung ihr Ermessen, das verspätet eingereichte Dokument D18 nicht zu berücksichtigen, ohne Berücksichtigung falscher Kriterien, unter Beachtung der richtigen Kriterien und in angemessener Weise ausgeübt hat. Die Einsprechende hat dieser Einschätzung in der Folge nicht widersprochen.
Die Kammer setzt sich daher nicht über diese Ermessensentscheidung der Einspruchsabteilung hinweg (siehe auch Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 8. Auflage 2016, IV.E.3.6).
2.2 D13a
Die Einsprechende hatte den farbigen Schnitt D13a eingereicht, um zu demonstrieren, dass die Figur 7 der D13 einen Mikrokühler mit einer monolithischen Struktur darstelle (Beschwerdebegründung, Punkt 4.2.3). Dies wurde jedoch weder von der Patentinhaberin noch von der Kammer in Zweifel gezogen. Eine Diskussion über die Zulassung von D13a war daher nicht notwendig.
3. Einwand nach Artikel 100 b) EPÜ
Der Einwand in Bezug auf Artikel 100 b) EPÜ wurde während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer von der Einsprechenden zurückgenommen. Es erübrigt sich daher, ihn in dieser Entscheidung zu diskutieren.
4. Das Streitpatent
Das Streitpatent betrifft einen Mikrokühlkörper mit einer Montagefläche für ein zu kühlendes Bauelement. Solche Mikrokühlkörper werden insbesondere bei der Herstellung von Diodenlaserstapeln verwendet.
Das Streitpatent geht von Mikrokühlkörpern aus, die aus gestapelten Schichten beziehungsweise Folien hergestellt werden. Dabei kann es sich ausschließlich um Kupferfolien oder um Kombinationen von Kupfer- und Keramikschichten handeln, die jeweils durch das Direct Copper Bonding-Verfahren (DCB-Verfahren, auch DBC-Verfahren genannt) miteinander verbunden werden. Bei diesem Verfahren werden an den Oberflächen der zu verbindenden Schichten Oxidschichten ausgebildet, die anschließend miteinander verschweißt werden (siehe Absätze 1 bis 5 und 11).
Diese Oxidschichten werden im Streitpatent ausdrücklich als ein Nachteil der DCB-Technik angesehen, da sie zu einer geringen Dichtigkeit führten, die Korrosionsanfälligkeit der fertigen Kühlkörper erhöhten und daher erhöhte Mindestaußenwandstärken erforderten (siehe Absätze 7 bis 8 und 12).
Die Aufgabe, die sich das Streitpatent stellt, ist, einen Mikrokühlkörper bereitzustellen, der diese Nachteile nicht aufweist (siehe Absatz 13). Dies geschieht dadurch, dass ein Mikrokühlkörper mit einer monolithischen Struktur (nach Merkmal 1.5 des Anspruchs 1) hergestellt wird (siehe Absätze 14 bis 15). Als mögliches Herstellungsverfahren führt das Streitpatent das selektive Laserschmelzen an (siehe Absatz 16).
5. Auslegung des Merkmals 1.5
5.1 Zusammengesetzter Kühlkörper (vergleiche VI.a) und VII.a) oben)
Die Beschreibung des Streitpatents gibt ganz allgemein an, dass der gesamte Mikrokühlkörper monolithisch sein muss (Spalte 3, Zeilen 1 bis 2: Dies wird erreicht, indem ein monolithischer Mikrokühlkörper hergestellt wird). Auch das spezielle Ausführungsbeispiel des selektiven Laserschmelzens führt zu Formteilen, die im Ganzen monolithisch sind.
Liest der Fachmann das Streitpatent also mit der Bereitschaft, es zu verstehen, und nicht mit dem Willen, es misszuverstehen (Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 8. Auflage 2016, II.A.6.1), wird er die Formulierung des Merkmals 1.5 dass der Mikrokühlkörper eine monolithische Struktur aufweist nicht so auslegen, dass sie die Zusammensetzung des Mikrokühlkörpers aus verschiedenen Bauteilen betrifft, von denen nur ein Teil eine monolithische Struktur besitzt, sondern dass sie die Beschaffenheit des Kühlkörpers in seiner Gesamtheit beschreibt.
In diesem Punkt folgt die Kammer daher der Auffassung der Patentinhaberin.
5.2 Monolithische Struktur (vergleiche VI.b) und VII.b) oben)
Ein Stein mag im Allgemeinen als monolithisch angesehen werden, auch wenn er Einschlüsse aus anderen Materialien im selben Gefüge aufweist, wie von der Einsprechenden vorgebracht.
Im vorliegenden Fall ist jedoch von Bedeutung, wie der Fachmann den Begriff monolithisch aus seinem Fachwissen heraus in Anbetracht des Streitpatents in seiner Gesamtheit auslegen würde.
Da sich das Streitpatent nicht damit beschäftigt, die zu kühlenden Bauteile an sich zu verbessern, sondern Probleme zu beheben, die sich aus einer bekannten Materialfügetechnik ergeben, ist der relevante Fachmann ein Fachmann auf dem Gebiet der Werkstoffkunde und nicht auf dem Gebiet der Leistungselektronik. Daraus folgt, dass die in D14 gegebene Definition für den Bereich der Elektronik im vorliegenden Fall nicht greift.
Dem Streitpatent (siehe Absätze 7, 8 und 13 bis 15) entnimmt dieser Fachmann ferner in Bezug auf den DCB-Prozess, dass dabei üblicherweise im fertigen Bauteil Oxidschichten auftreten, welche nachteilig sind und durch die monolithische Struktur gerade vermieden werden sollen (siehe auch Punkt 4. dieser Entscheidung).
Der Fachmann würde daher aus dem Gesamtzusammenhang des Streitpatents heraus den Begriff monolithisch so auslegen, dass er ausschließt, dass sich mehrere Materialien im selben Gefüge befinden, wie von der Patentinhaberin vorgebracht.
Diese Auslegung schließt einen aus Glas und Silizium bestehenden Kühlkörper, wie er in D1 offenbart ist (Spalte 4, Zeilen 58 bis 63), aus; insbesondere würde der Fachmann das Merkmal 1.5 in jedem Fall so verstehen, dass eine monolithische Struktur in keinem Fall sowohl Kupferschichten als auch Kupferoxidschichten aufweist.
6. Anspruch 1, Neuheit in Bezug auf die Dokumente D8, D10, D11 und D13
6.1 D8 (vergleiche VI.c) und VII.c) oben)
Die Kammer ist wie die Einsprechende der Ansicht, dass D8 den Oberbegriff des Anspruchs 1 offenbart. Dies geht insbesondere aus den Absätzen 9 bis 11 und 23 bis 25 in Verbindung mit der Figur 1 hervor und wurde von der Patentinhaberin nicht bestritten.
Jedoch sind bei dem in D8 offenbarten Mikrokühlkörper, der durch das DCB-Verfahren hergestellt wird (Absatz 23), ausdrücklich nach dem Fügen der Kupferplatten 1 bis 4 sämtliche Flächen mit dem Fügemittel abgedeckt (Absatz 14 in Verbindung mit Figur 3). Da das in D8 verwendete Fügemittel Kupfer(di)oxid ist (Absatz 23), sind also im fertigen Mikrokühlkörper der D8 noch Kupferoxidschichten vorhanden.
Dies wurde von der Einsprechenden nicht bestritten.
Damit fehlt dem Mikrokühlkörper aus D8 das kennzeichnende Merkmal 1.5 des Anspruchs 1 des Streitpatents so wie es der Fachmann im Gesamtzusammenhang des Streitpatents lesen würde (siehe Punkt 5.2 oben). Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher neu nach Artikel 54 EPÜ 1973 in Bezug auf D8.
Die Kammer kommt also in Bezug auf D8 zu demselben Schluss wie die Einspruchsabteilung (siehe Punkt 17.4 der angefochtenen Entscheidung).
6.2 D13 (vergleiche VI.d) und VII.d) oben)
Der in D13 beschriebene Mikrokühler wird, ebenso wie der in D8 offenbarte Mikrokühler, mittels der DCB-Technik (hier DBC-process genannt) aus Kupferfolien hergestellt. Dies wird in Kapitel 5. beschrieben.
In Bezug auf den Verbindungsschritt (DBC fusing process) offenbart D13 an dieser Stelle, dass es notwendig ist, an der Oberfläche eine Oxidschicht herzustellen und nennt zusätzlich die benötigte Prozesstemperatur (heating up to a temperature of 1072°C). Diese Prozessbedingungen entsprechen den in D8 in Absatz 23 angegebenen Bedingungen.
Im Gegensatz zu D8 gibt das Dokument D13 jedoch an, dass der dadurch entstehende Formkörper keine Oxidschichten mehr enthält (Abschnitt 5, letzter Satz auf der zweiten Seite von D13, forming solid copper structures without having interfaces, siehe auch Figur 7), wie von der Einsprechenden vorgebracht. Dem hatte die Patentinhaberin auch nicht widersprochen.
Aus der Gegenüberstellung der Dokumente D8 und D13 ergibt sich daher, dass das DCB-Verfahren, wenn es wie in Kapitel 5. der D13 beziehungsweise in Absatz 23 der D8 beschrieben durchgeführt wird, nicht in unvermeidlicher beziehungsweise automatischer Weise einen Formkörper mit einer monolithischen Struktur im Sinne des Streitpatents erzeugt. Stattdessen kann das so durchgeführte Verfahren zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.
Insbesondere können sich (wie von der Einsprechenden selbst im erstinstanzlichen Verfahren argumentiert, siehe Punkte 16.2 und 16.3 der angefochtenen Entscheidung) die Kupferoxidschichten vollständig auflösen oder nicht.
Für eine Auflösung der Kupferoxidschichten müssen daher andere als die in Kapitel 5. der D13 und Absatz 23 der D8 angegebenen Parameter entscheidend sein. Der Einfluss dieser anderen Parameter betrifft entsprechend, anders als von der Einsprechenden vorgebracht, nicht nur die Qualität der Mikrokanalkühler.
Der einzige Hinweis in D13 darauf, auf welche Weise im DCB-Verfahren ein Auflösen der Kupferoxidschichten möglicherweise erfolgen könnte, ist in Figur 6 zu finden. Dort wird im letzten Schritt eine Sauerstoffdiffusion vor oder während des Abkühlens erwähnt (O2 Diffusion and Cooling).
Jedoch offenbart D13 nicht, unter welchen Bedingungen/mit welchen Prozessparametern diese Sauerstoffdiffusion so ablaufen würde, dass keine Oxidschichten zurückblieben. Relevante Prozessparameter könnten in diesem Zusammenhang zum Beispiel das Temperatur-Zeit-Profil des Formkörpers während des Schrittes der Sauerstoffdiffusion und die Dicke und Art der auf die zu verbindenden Kupferfolien aufgebrachten Kupferoxidschicht sein.
Aus dem vorangehenden ergibt sich, dass das Dokument D13 zeigt, dass die Einsprechende zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents zwar selbst durchaus im Stande war, aus Kupferschichten mittels eines speziellen DCB-Verfahrens, das einen Sauerstoffdiffusionsschritt beinhaltet, einen homogenen Kupferkörper ohne erkennbare Kupferoxidschichten herzustellen.
Die hierzu notwendigen Bedingungen beziehungsweise Prozessparameter werden jedoch im Dokument D13 der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht (siehe hierzu auch die Aussage der Einsprechenden im Schreiben vom 30. Oktober 2013, Seite 5, Absatz 3, dass die Prozessparameter Gegenstand jahrelanger Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten und ein Betriebsgeheimnis der Einsprechenden seien).
Die Kammer kommt in Bezug auf D13 also zur selben Einschätzung wie die Einspruchsabteilung (siehe Punkt 18.5 der angefochtenen Entscheidung).
In diesem Sinne offenbart D13 die zur Erzeugung der in Figur 7 gezeigten Struktur ohne Kupferoxidschichten notwendigen DCB-Verfahrensschritte nicht in nacharbeitbarer Weise, das heißt, nicht so deutlich und vollständig, dass der Fachmann sie ausführen könnte.
D13 ist daher nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern (siehe I.C.4.11, erster Absatz) in Bezug auf diesen Aspekt nicht als Stand der Technik nach Artikel 54(1) EPÜ anzusehen und offenbart das Merkmal 1.5 des Anspruchs 1 nicht.
Das Dokument D13 ist daher nicht neuheitsschädlich für den Gegenstand des Anspruchs 1.
7. Anspruch 1, erfinderische Tätigkeit in Bezug auf D10 in Kombination mit D11 beziehungsweise D13 (vergleiche VI.e) und VII.e) oben)
Dokument D10 offenbart einen Mikrokühlkörper nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1, der mithilfe des DCB-Verfahrens hergestellt wird. Dies geht insbesondere aus den Kapiteln 3.2.1 und 6.2.1 der D10 hervor und wurde von der Patentinhaberin nicht bestritten. Dieses Dokument ist daher als nächstliegender Stand der Technik im Rahmen des Problem-Lösungs-Ansatz geeignet, wie von der Einsprechenden vorgebracht.
Das von der Einsprechenden formulierte objektive technische Problem, die stoffschlüssigen Verbindungen fugenlos und dicht zu realisieren, ist plausibel, da die Frage der Dichtigkeit bei Kühlkörpern, die von Flüssigkeiten durchströmt werden, grundsätzlich immer von Bedeutung ist.
Da sowohl D11 als auch D13 jeweils die Herstellung von Mikrokühlkörpern nach dem DCB-Verfahren betreffen, würde der Fachmann diese Dokumente auch zur Lösung des objektiven technischen Problems heranziehen.
Jedem der beiden Dokumente D11 und D13 würde er dabei entnehmen, dass es mit dem DCB-Verfahren grundsätzlich möglich ist, einen Mikrokühlkörper herzustellen, der eine monolithische Struktur im Sinne des Streitpatents, das heißt, ohne Kupferoxidschichten, aufweist.
Wie oben bemerkt enthält D13 jedoch keine Lehre, wie dieses Ergebnis zu erreichen ist. Dies gilt ebenfalls für D11, da die Figur 1 der D11 identisch zur Figur 6 der D13 ist, in welcher der DCB-Prozess illustriert wird und D11 darüber hinaus keine weiteren Informationen zum Sauerstoffdiffusionsschritt enthält.
Der Fachmann könnte also weder D11 noch D13 eine Lehre entnehmen, die ihn befähigen würde, das in D10 genannte DCB-Verfahren so anzuwenden, dass ein Mikrokühlkörper entsteht, der keine Kupferoxidschichten mehr enthält. Der Fachmann würde daher auf diese Weise nicht zum Merkmal 1.5 im Sinne des Streitpatents gelangen.
Aus diesen Gründen ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents erfinderisch nach Artikel 56 EPÜ 1973 gegenüber D10 kombiniert mit der Lehre der D11 oder der D13.
8. D19 (vergleiche VI.f) und VII.f) oben)
8.1 Zulassung
D19 betrifft einen Mikrokühlkörper (substrate), auf welchen ein elektronisches Bauteil (electronic power component) montiert werden kann und welcher im Inneren eine Mikrokühlstruktur (duct system) aufweist (Spalte 1, Zeilen 12 bis 13 und Spalte 2, Zeilen 10 bis 16).
Dieser Mikrokühlkörper wird ausdrücklich als monolithisch bezeichnet (siehe zum Beispiel Titel, Zusammenfassung und Anspruch 1).
Dabei wird der in D19 offenbarte Mikrokühlkörper bevorzugt durch Sintern aus Keramikschichten/Aluminiumoxidschichten hergestellt (Spalte 3, Zeilen 14 bis 38 und Spalte 4, Zeilen 45 bis 68). Sofern hierduch ein Körper aus homogenem Material entstehen sollte, wie von der Einsprechenden vorgebracht, würde D19 wohl einen Mikrokühlkörper mit einer monolithischen Struktur im Sinne des Streitpatents und damit Merkmal 1.5 offenbaren.
Aus diesen Gründen ist die Kammer der Ansicht, dass der Inhalt des Dokumentes D19 hochrelevant ist.
D19 wurde zwar nicht direkt mit der Beschwerdebegründung (datiert 24. April 2014) eingereicht. Dies geschah jedoch sehr kurz danach mit Schreiben vom 14. Mai 2014, noch vor der Beschwerdeerwiderung durch die Patentinhaberin. Dabei wurde ein Einwand wegen mangelnder Neuheit des Anspruchs 1 gegenüber D19 bereits in diesem Schreiben vorgebracht (Seiten 2 und 3).
Das Dokument D19 wurde also, in Verbindung mit einem Neuheitseinwand, zwar verspätet, aber dennoch zu einem frühen Zeitpunkt des Beschwerdeverfahrens eingereicht.
Aus diesen Gründen hat die Kammer entschieden, das Dokument D19 nach Artikel 13(1) VOBK ins Verfahren zuzulassen.
8.2 Zurückverweisung an die erste Instanz
D19 wurde von der Einsprechenden im schriftlichen Beschwerdeverfahren vorwiegend verwendet, um eine bestimmte Interpretation des Begriffes "monolithische Struktur" zu belegen. Siehe hierzu:
- das Schreiben vom 14. Mai 2014, zu Merkmal 1.5: ...dass unter dem Begriff "monolithische Struktur" ein Fachmann auch einen aus mehreren Schichten hergestellten Aufbau eines einstückigen Substrates versteht. Dies bestätigt die von der Einsprechenden/Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung unter Ziffer 4.1 vorgetragene Definition des Begriffes... ,
- das Schreiben vom 2. Juni 2015, Seite 2, Absätze 2 und 3: ...dass ein Fachmann unter dem Begriff "monolithisch" auch ein einstückiger Mikrokühler verstanden wird, der aus mittels Sintern oder Kleben miteinander verbundenen Schichten hergestellt ist... ,
und
- das Schreiben vom 17. September 2018, Seite 2, Absatz 2: ...zeigt, was unter dem Begriff einer monolithischen Struktur im Falle einer streitpatentrelevanten Kühlkörperanordnung zu verstehen ist..
Im Gegensatz dazu argumentierte die Einsprechende während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer (unterstützt durch die Eingabe des Wikipedia-Artikels "Sintern"), dass D19 den Gegenstand des Anspruchs deshalb vorwegnähme, weil ein gesinterter Körper immer homogen sei und daher auch unter Verwendung einer engen Interpretation eine monolithische Struktur im Sinne des Streitpatents besitze.
Dies stellt eine Verschiebung des Schwerpunkts der Argumentation bezüglich D19 auf einen anderen Aspekt dieses Dokuments dar, dessen Relevanz für die Patentinhaberin nicht ohne weiteres zu erwarten war.
Daher ist es gerechtfertigt, dem Antrag der Patentinhaberin auf Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz nach Artikel 111(1) EPÜ 1973 zur Prüfung der D19 (Neuheit/erfinderische Tätigkeit) stattzugeben. Die Kammer stellt fest, dass die Einsprechende mit diesem Antrag einverstanden war.
Die Frage der Zulassung der Dokumente D20 bis D23 und D23a wurde von der Kammer ausdrücklich nicht entschieden und wird daher von der Einspruchsabteilung zu behandeln sein.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Entscheidung wird aufgehoben.
Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.