T 0322/14 () of 13.5.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T032214.20190513
Datum der Entscheidung: 13 Mai 2019
Aktenzeichen: T 0322/14
Anmeldenummer: 08101742.8
IPC-Klasse: G08B 29/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Rauchdetektion mittels zweier spektral unterschiedlicher Streulichtmessungen
Name des Anmelders: Siemens Schweiz AG
Name des Einsprechenden: Novar GmbH
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(c)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Schlagwörter: Einspruchsgründe - unzulässige Erweiterung (ja)
Zulassung des Hilfsantrages (nein) - Verfahrensökonomie und keine prima facie Gewährbarkeit
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die vorliegende Beschwerde der Einsprechenden (Beschwerdeführerin) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 2093733 zurückgewiesen worden ist.

II. Am 13. Mai 2019 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte,

die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Streitpatent zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte,

die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag)

oder hilfsweise, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Streitpatent in geänderter Fassung auf der Grundlage des als Hilfsantrag 2 bezeichneten Hilfsantrags, eingereicht mit Schreiben vom 12. April 2019, aufrecht zu erhalten.

III. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag (in der erteilten Fassung) lautet wie folgt:

"1. Vorrichtung zum Unterscheiden zwischen einer Detektion von Rauch und einer Detektion von Insekten auf der Grundlage von optischen Streulichtmessungen, die Vorrichtung aufweisend

eine Lichtsendeeinrichtung (110, 210, 310), eingerichtet zum Aussenden einer zeitlichen Abfolge von Lichtpulsen, wobei ein erster Lichtpuls eine erste spektrale Verteilung aufweist und ein zweiter Lichtpuls eine zweite spektrale Verteilung aufweist, die unterschiedlich ist zu der ersten spektralen Verteilung,

einen Lichtempfänger (120, 220, 320), eingerichtet zum Empfangen eines ersten Streulichts von dem ersten Lichtpuls und eines zweiten Streulichts von dem zweiten Lichtpuls, und zum Bereitstellen eines ersten Ausgangssignals, welches für das erste Streulicht indikativ ist, und eines zweiten Ausgangssignals, welches für das zweite Streulicht indikativ ist, und

eine Auswerteeinheit (330), eingerichtet zum Vergleichen des ersten Ausgangssignals mit dem zweiten Ausgangssignal und zum Bestimmen eines Indizes für das Vorhandensein von Insekten, falls sich die beiden Ausgangssignale mit großer und mit etwa gleicher Amplitude zeitlich stark verändern."

Anspruch 10 gemäß Hauptantrag ist auf ein entsprechendes Verfahren gerichtet, das insbesondere das Merkmal

"Bestimmen eines Indizes für das Vorhandensein von Insekten, falls sich die beiden Ausgangssignale mit großer und mit etwa gleicher Amplitude zeitlich stark verändern."

enthält.

IV. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist, außer der Streichung eines fakultativen Verweises auf die Vorrichtungsansprüche, identisch mit Anspruch 10 gemäß Hauptantrag.

V. Das entscheidungswesentliche Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt wiedergeben:

Anspruch 1 wie erteilt sei so geändert worden, dass neue Sachverhalte hinzugefügt worden sind. Die ursprüngliche Offenbarung habe sich auf die Auswertung des Differenzsignals für alle auftretenden Szenarien beschränkt. Insbesondere erfordere das Bestimmen des Indizes wie beansprucht, dass die Auswerteeinheit vier Kriterien prüfen müsse, nämlich ob jedes Einzelsignal groß sei, ob sich jedes Einzelsignal zeitlich stark verändere, ob beide Einzelsignale in etwa gleich groß seien und ob sich beide Einzelsignale in etwa gleich zeitlich veränderten. Dass eine Differenzbildung allein unzureichend sein könnte und daher die komplizierte beanspruchte zusätzliche Auswertung nötig sei, werde nicht ursprünglich offenbart, ebenso wenig wie die Ausgestaltung der Auswerteeinheit zur Prüfung der genannten Kriterien.

Der Hilfsantrag 2 sollte nicht in das Verfahren zugelassen werden. Bei diesem Hilfsantrag seien lediglich die Vorrichtungsansprüche gestrichen, die Verfahrensansprüche jedoch unverändert geblieben. Daher räume der Hilfsantrag prima facie nicht die Probleme des Hauptantrages aus.

VI. Das entscheidungswesentliche Vorbringen der Beschwerdegegnerin lässt sich wie folgt wiedergeben:

Der erteilte Anspruch 1 basiere auf Anspruch 1 wie eingereicht und der Passage auf Seite 6, Zeile 32 bis Seite 7, Zeile 3 der ursprünglichen Anmeldeunterlagen. Diese Passage enthalte insofern eine offensichtliche Unrichtigkeit, als dass der Begriff "zeitlich stark veränderliche Differenzsignale" durch "zeitlich stark veränderliche Ausgangssignale" zu ersetzen sei. Ursprünglich seien zwei separate Kriterien zur Erkennung von Insekten offenbart worden, nämlich der Amplitudenvergleich zweier Ausgangssignale und die zeitliche Veränderung eines aus den Ausgangssignalen gebildeten Differenzsignals. Auf Seite 5, Zeilen 17 bis 32 werde darauf hingewiesen, dass die Differenzbildung alleine unzureichend sein könnte. Für den Fachmann sei auch aufgrund seiner Praxis und seines allgemeinen Fachwissens klar, dass jegliche auftretende Differenz nicht exakt null sein würde, schon deshalb, weil die Auflösung der Auswertung begrenzt sei. Daher verstehe der Fachmann bei der Lektüre der ursprünglichen Anmeldung, dass die Auswerteeinheit für eine zuverlässige Insektenerkennung auch den Amplitudenvergleich ausführen müsse. Aus dem gelehrten Kriterium des Amplitudenvergleichs folge, dass die Auswerteeinheit so ausgestaltet sein müsse, dass sie das Indiz für das Vorhandensein von Insekten, wie im erteilten Anspruch 1 beschrieben, bestimmen kann. Auch folge aus der Aufgabenstellung, nach der ein Streulichtrauchmelder geschaffen werden solle, der eine geringe Fehlalarmwahrscheinlichkeit bei im Detektionsraum befindlichen Insekten aufweisen solle, dass die Auswerteeinheit eingerichtet sein müsse, Insekten zu detektieren. Dies setze selbstverständlich die Bestimmung eines geeigneten Indizes hierfür voraus. Eine ausschließliche Differenzbildung mache praktisch überhaupt keinen Sinn, da bei idealer Betrachtung dann nie ein Störsignal vorliegen würde, um ein Indiz für das Vorhandensein von Insekten zu bestimmen.

Der Hilfsantrag 2 sei innerhalb der Monatsfrist vor der mündlichen Verhandlung eingereicht worden und daher nicht verspätet. Er räume das Problem aus, dass die Auswerteeinheit eine bestimmte Ausgestaltung aufweisen müsse, da er nur auf die Verfahrensansprüche gerichtet sei. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 gleiche der erteilten Fassung und sollte daher nicht als verspätet angesehen werden.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ

2.1 Die Änderungen im erteilten Anspruch 1 erfolgten ausgehend vom ursprünglichen Anspruch 1 (und entsprechend Anspruch 10). Dem ursprünglichen Anspruch 1 wurde unter anderem das folgende Merkmal hinzugefügt:

"[Auswerteeinheit eingerichtet] zum Bestimmen eines Indizes für das Vorhandensein von Insekten, falls sich die beiden Ausgangssignale mit großer und mit etwa gleicher Amplitude zeitlich stark verändern."

2.2 Das Streitpatent enthält entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin keine Offenbarung darüber, dass die Auswerteeinheit dazu eingerichtet ist, das Indiz in der beanspruchten Art zu bestimmen. Dies liegt daran, dass die generelle Beschreibung der Signale bei herumschwirrenden Insekten, die von der Beschwerdegegnerin als Ursprungsoffenbarung angesehen wird, keine Auswerteeinheit (oder ein Verfahren) offenbart, die die Signale tatsächlich in der genannten Weise auswertet und somit das Indiz für das Vorhandensein von Insekten in der beanspruchten Weise bestimmt. Die Ursprungsoffenbarung vermittelt vielmehr die Lehre, dass die Auswerteeinheit in allen denkbaren Szenarien ein Differenz- oder Verhältnissignal bildet, in welchem insbesondere herumschwirrende Insekten im Gegensatz zu Rauch gar nicht erst detektiert werden. Es findet sich keine ursprüngliche Offenbarung, dass die Differenzbildung oder Verhältnisbildung unzulänglich ist und daher durch eine zusätzliche Auswertung der einzelnen Ausgangssignale vervollständigt werden sollte.

2.3 Dazu im Einzelnen:

2.3.1 Die Beschwerdegegnerin sieht die Passage auf Seite 6, Zeile 32 bis Seite 7, Zeile 3 der ursprünglichen Anmeldeunterlagen als Ursprungsoffenbarung an.

Dort wird offenbart, dass "auch in dem Messbereich befindliche Insekten zu großen Einzelsignalen führen können, deren Verhältnis nahe bei eins liegt. Zudem weist dieses Verhältnis jedoch üblicherweise starke zeitliche bzw. abrupte Schwankungen auf, die von einer typischen Bewegung des jeweiligen Insekts herrühren. Zwei zeitlich stark veränderliche Differenzsignale mit großer und etwa gleicher Amplitude sind demzufolge ein sicheres Indiz für das Vorhandensein von Insekten."

Diese Passage ist in sich nicht schlüssig und zudem fehlerhaft. Es ist technisch nicht nachvollziehbar, wieso sich das Verhältnis oder die Differenz der Ausgangssignale bei im Messbereich befindlichen Insekten stark zeitlich verändern sollte. Es scheint so, als werde hier eine Beschreibung von Signalen bei herumschwirrenden und über den Rauchmelder kriechenden Insekten vermischt. Der erteilte Anspruch betrifft eindeutig den Fall herumschwirrender Insekten, denn nur in diesem Fall ist davon auszugehen, dass sich die einzelnen Ausgangssignale zeitlich in etwa gleich verändern. Schon deshalb ist fraglich, ob die angegebene Textstelle eine eindeutige und unmittelbare Offenbarung für den erteilten Anspruch darstellen kann.

2.3.2 Aber selbst wenn man der Beschwerdegegnerin folgt und "Differenzsignale" durch "Ausgangssignale" ersetzt, stellt die Passage keine direkte und eindeutige Offenbarung für den geänderten Gegenstand dar.

Der unmittelbare Inhalt dieser Passage betrifft nämlich lediglich eine allgemeine Beschreibung, wie durch herumschwirrende Insekten hervorgerufene Ausgangssignale aussehen. Der erteilte Anspruch hingegen ist auf die tatsächliche Ausgestaltung der Auswerteeinheit gerichtet und fordert konkrete Schritte, die die Auswerteeinheit ausführen können muss, um Fehlalarme aufgrund umherschwirrender Insekten zu vermeiden. Sie muss anspruchsgemäß überprüfen, ob die Amplituden der Ausgangssignale

- "groß" sind,

- ob beide Amplituden "in etwa gleich" sind,

- ob sich die Amplituden "zeitlich stark ändern" und

- ob sich beide Amplituden in gleicher Weise zeitlich ändern.

2.3.3 Ursprünglich offenbart wurde aber lediglich, dass die Auswerteeinheit eingerichtet ist, die Differenz (oder das Verhältnis) der Ausgangssignale auszuwerten und damit Fehlalarme aufgrund von herumschwirrenden Insekten vermieden werden.

Das Streitpatent lehrt durchgehend, dass im Differenzsignal (oder Verhältnissignal) ein herumschwirrendes Insekt keine Auswirkung haben sollte, siehe insbesondere Seite 9, Zeilen 4 bis 10 und Seite 18, Zeilen 1 bis 19, insbesondere Zeilen 18 bis 19. Die einzelnen Ausgangssignale mögen für sich genommen groß sein. Sie haben aber einerseits die gleiche Amplitude und ändern sich andererseits zeitlich in gleicher Weise. Ihre Differenz ist daher null (oder ihr Verhältnis eins). Daher ist ursprünglich offenbart, dass die Auswerteeinheit die Ausgangssignale - zumindest im Falle herumschwirrender Insekten - überhaupt nicht für sich genommen daraufhin überprüfen muss, ob sie "groß" sind, oder ob sie sich "zeitlich stark ändern", wie das der Anspruch nun fordert. Vielmehr ist ursprünglich offenbart, dass durch die Auswertung der Differenzsignale (Verhältnissignale) Insekten, die durch den Detektionsbereich fliegen, überhaupt kein Störsignal liefern, und dass mithin überhaupt kein "Indiz" für diesen Fall von der Auswerteeinheit bestimmt werden muss.

Es ist weiterhin festzuhalten, dass eine Auswerteeinheit, die eingerichtet ist, die Differenz (oder das Verhältnis) der Ausgangssignale zu bilden, lediglich indirekt überprüfen kann, ob die Ausgangssignale in etwa gleiche Amplituden haben (wenn die Differenz nahe null ist) und ob sie sich zeitlich gleich verändern (wenn die Differenz sich zeitlich nicht verändert). Ob aber die Amplituden groß sind und die zeitliche Veränderung der einzelnen Ausgangssignale stark ist, kann sie nicht überprüfen. Aus der Offenbarung der Ausgestaltung der Auswerteeinheit zur Differenzbildung (Verhältnisbildung) folgt also nicht die anspruchsgemäße Ausgestaltung zur "Bestimmung des Indizes".

2.3.4 Andere Passagen der ursprünglichen Anmeldung, die eine Auswertung einzelner Ausgangssignale zumindest implizieren, wie zum Beispiel Seite 11, Zeile 33 bis Seite 12, Zeile 8 oder Seite 18, Zeilen 33 bis 37 beziehen sich klar auf den Fall kriechender Insekten und sind daher keine relevante Ursprungsoffenbarung für die Auswertung der Signalverläufe bei herumschwirrenden Insekten, auf die der erteilte Anspruch gerichtet ist. Im Übrigen sei erwähnt, dass selbst für den Fall kriechender Insekten nicht eindeutig ist, ob das Differenzsignal ausgewertet wird oder die Einzelsignale, siehe Seite 13, Zeile 31 bis Seite 14, Zeile 4. Eine weitere Passage, die andeutet, dass eine Differenzsignal-Bildung nicht ausreichend genau vor Fehlalarmen schützen könnte, nämlich auf Seite 5, Zeilen 17 bis 32 bezieht sich auf feste Objekte, wie Wände oder Böden, bei nicht abgeglichenem Detektor. Auch hier findet sich also keine eindeutige und direkte Offenbarung der anspruchsgemäßen Ausgestaltung der Auswerteeinheit zur Detektion herumschwirrender Insekten.

2.4 Auch die weiteren Argumente der Beschwerdegegnerin vermögen nicht zu überzeugen.

Die Ausführungen der Beschwerdegegnerin, dass eine ausschließliche Differenzbildung praktisch keinen Sinn ergeben würde, ist nicht plausibel. Es mag technisch zutreffend sein, dass das Differenzsignal nicht exakt null sein wird. Allerdings führt dies nicht zu der Schlussfolgerung, dass die Differenzbildung allein kein ausreichendes Kriterium zur Vermeidung von Fehlalarmen darstellt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass diesem Problem in der Praxis durch Bildung eines geeigneten Schwellwerts für das Differenzsignal begegnet wird und nicht mit der beanspruchten Einzelsignalauswertung. Zumindest ist diese nicht eindeutig und unmittelbar offenbart.

Ganz offensichtlich stellt auch die subjektive Aufgabe, der zufolge Fehlalarme durch Insekten mit geringer Wahrscheinlichkeit auftreten sollten, keinen Hinweis auf die Ausgestaltung der Auswerteeinheit dar. Es ist nicht das Ziel des Rauchmelders, Insekten im Messbereich zu detektieren - hierfür interessiert sich der Nutzer schlechthin nicht - sondern Fehlalarme aufgrund von Insekten im Messbereich zu vermeiden. Durch eine ausschließliche Differenzbildung (Verhältnisbildung) kommt es laut Streitanmeldung gar nicht erst zu einem Fehlalarm, so dass das anspruchsgemäße Indiz für das Vorhandensein von Insekten gar nicht erst bestimmt werden muss.

Auch die Behauptung, es sei gängige Praxis beim Schaltungsentwurf von Brandmeldern, die einzelnen Ausgangssignale getrennt einer Auswerteeinheit zuzuführen, kann nicht überzeugen, denn aus ihr lässt sich nicht folgern, ob und wie die Auswerteeinheit die einzeln zugefügten Signale dann getrennt weiterverarbeitet.

2.5 Daher geht der Gegenstand des europäischen Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ steht daher der Aufrechterhaltung des Streitpatents entgegen.

3. Zulässigkeit des Hilfsantrags

3.1 Gemäß Artikel 13(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern steht es im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung der Beschwerdebegründung oder Erwiderung zuzulassen und zu berücksichtigen. Bei der Ausübung des Ermessens werden insbesondere der Stand der Verfahrens und die Verfahrensökonomie berücksichtigt.

3.2 Die Kammer übt ihr Ermessen dahingehend aus, den erst nach der Beschwerdeerwiderung eingereichten und als Hilfsantrag 2 bezeichneten Hilfsantrag nicht zuzulassen.

Die übliche Aufforderung am Ende einer Ladung, etwaige Dokumente spätestens einen Monat vor einer mündlichen Verhandlung einzureichen, stellt nicht in Aussicht, dass diese Dokumente automatisch in das Verfahren zugelassen werden. Vielmehr müssen auch sie den Anforderungen der Verfahrensordnung genügen. Daher steht die Zulassung des Hilfsantrages im Ermessen der Kammer.

Der Hilfsantrag wurde erst nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung gestellt. Dieser Zeitpunkt ist aber nicht durch den Ablauf des Verfahrens bedingt. Die Kammer hat in ihrer Ladung nämlich keine neuen Einwände formuliert, sondern lediglich das Vorbringen der Beschwerdeführerin aus der Beschwerdebegründung aufgegriffen, welches wiederum schon ausführlich im Einspruchsverfahren diskutiert worden war.

Weiterhin berücksichtigt der Hilfsantrag nicht ausreichend die gebotene Verfahrensökonomie, weil die Beschwerdegegnerin den Hilfsantrag eingereicht hat, ohne dass ersichtlich war oder dargelegt wurde, inwiefern die Änderungen mögliche Mängel des Hauptantrages ausräumen könnten. Dies wurde lediglich während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer dargelegt. Beim Hilfsantrag 2 waren die Vorrichtungsansprüche gemäß Hauptantrag gestrichen, die Verfahrensansprüche aber in erteilter Form weiter vorhanden. Es ist daher nicht ersichtlich, dass dieser Hilfsantrag die Einwände bezüglich des Hauptantrages ausräumen könnte. Zumindest dass die Beschwerdegegnerin durch die Streichung der Vorrichtungsansprüche beabsichtigte, Einwände gegen eine gegenständliche Ausgestaltung der Auswerteeinheit auszuräumen, hätte bereits beim Einreichen des Hilfsantrags dargelegt werden müssen.

Darüber hinaus berücksichtigt der Hilfsantrag aber auch die gebotenen Verfahrensökonomie nicht ausreichend, weil der Antrag prima facie nicht gewährbar ist. Die Kammer teilt die Bedenken der Beschwerdeführerin, dass in der ursprünglichen Anmeldung ein Verfahren nicht unabhängig von der gegenständlichen Ausgestaltung des Rauchmelders offenbart wurde, sondern nur im Zusammenhang mit ihr. Dies ist schon daran zu erkennen, dass der beanspruchte zeitliche Verlauf der Ausgangssignale eng mit der tatsächlichen Anordnung der Lichtquellen und deren Pulsbetrieb, Pulsdauern und Wiederholraten zusammenhängt, wie dies auch in der ursprünglichen Anmeldung auf Seite 9, Zeilen 1 bis 12 und Seite 18, Zeilen 7 bis 15 offenbart wurde.

Da es keinerlei allgemeingültige direkte und eindeutige Offenbarung dafür gibt, dass die Differenz- oder Verhältnisbildung zum Vermeiden von Fehlalarmen unzureichend sei und daher zusätzlich die einzelnen Ausgangssignale in der beanspruchten Weise ausgewertet werden müssten, kann die Kammer auch nicht erkennen, dass im Gegensatz zu einem Rauchmelder ein Verfahren mit diesen Schritten ursprünglich offenbart war.

4. Die Kammer gewährt den Antrag der Beschwerdeführerin, da der Hauptantrag der Beschwerdegegnerin nicht gewährbar ist und der Hilfsantrag nicht zugelassen wurde.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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