European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2016:T029114.20160926 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 26 September 2016 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0291/14 | ||||||||
Anmeldenummer: | 12157516.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | B01F 3/18 B01F 7/00 B01F 7/16 B01F 7/18 B01F 13/00 B01F 13/10 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zum Mischen von pulver- und/oder granulatförmigen Stoffen sowie Mischmaschine | ||||||||
Name des Anmelders: | Dr. HERFELD GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.3.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Änderungen der Anmeldung Änderungen - zulässig (ja) Patentansprüche - Klarheit nach Änderung (ja) Neuheit - nach Änderung (ja) Zurückverweisung an die erste Instanz - (ja) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der Anmeldung Nr. 12 157 516.1 Beschwerde eingelegt. Die Anmeldung betrifft ein Verfahren zum Mischen von pulver- und/oder granulatförmigen Stoffen und eine Mischmaschine.
Die Prüfungsabteilung war zur Auffassung gekommen, dass im Hinblick auf die Entgegenhaltung
D1: DE 198 09 476 A1
die Anmeldung nicht dem Erfordernis der Neuheit nach Artikel 52(1) iVm Artikel 54 EPÜ genüge.
II. Mit der Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdeführerin einen Hilfsantrag ein.
III. Es erging eine Mitteilung der Kammer, in der sie Einwände wegen mangelnder Klarheit und mangelnder Neuheit gegenüber D1 erhob.
IV. Die Beschwerdeführerin reichte in der Folge einen neuen Haupt- und Hilfsantrag ein.
V. Es ergingen eine Ladung zur mündlichen Verhandlung und eine Mitteilung der Kammer, in der sie Einwände unter Artikel 123(2), 84 und 54 EPÜ erhob.
VI. Mit einem weiteren Schreiben reichte die Beschwerdeführerin einen neuen Haupt- sowie zwei neue Hilfsanträge ein.
VII. In der mündlichen Verhandlung vom 26. September 2016 reichte die Beschwerdeführerin einen neuen, alle vorhergehenden Anträge ersetzenden Antrag ein.
VIII. Der Wortlaut der unabhängigen Ansprüche und des abhängigen Anspruchs 2 dieses Antrags ist wie folgt (Hinzufügungen gegenüber dem ursprünglichen Wortlaut unterstrichen):
"1. Verfahren zum Mischen von pulver- und/oder granulatförmigen Stoffen mit einer Mischmaschine (1), umfassend einen Mischkopf (3, 24), ausgestaltet mit einem oder mehreren Elementen (12) zum Anschließen desselben an ein ein Mischgut enthaltenes Behältnis (5) zur Ausbildung eines das Mischgut enthaltenden geschlossenen Mischbehälters, welcher Mischkopf (3, 24) schwenkbar gegenüber einem Gestell (2) dergestalt gelagert ist, dass der aus Mischkopf (3, 24) und Behältnis (5) gebildete Mischbehälter zum Durchführen des Mischprozesses verschwenkt werden kann, sowie umfassend eine Einrichtung zum Erzeugen eines Mischgutstromes und zumindest ein in den Mischgutstrom eingreifendes, rotatorisch und mit höherer Drehzahl angetriebenes Mischwerkzeug (W2, W2'), wobei das Behältnis (5) an den Mischkopf (3, 24) angeschlossen und dann der Mischbehälter um 180**(o) in eine Mischstellung verschwenkt wird, in welcher sich der Mischkopf (3, 24) zuunterst befindet, und mittels der Mischgutstromerzeugungseinrichtung ein niedrig energetischer Primärmischgutstrom als Förderstrom zum Zuführen des in dem Mischbehälter enthaltenen Mischgutes an das zumindest eine Mischwerkzeug (W2, W2') erzeugt wird, durch welches Mischwerkzeug (W2, W2') ein nur einen Bruchteil des in dem Mischbehälter befindlichen Mischgutes erfassender, jedoch für den eigentlichen Mischvorgang verantwortlicher Sekundärmischgutstrom als Querstrom zu dem als Förderstrom dienenden Primärmischgutstrom erzeugt wird, wobei der Primärmischgutstrom durch zumindest ein in dem Mischbehälter angeordnetes, rotierend und mit geringerer Drehzahl angetriebenes bodenräumendes Förderwerkzeug (W1, W1') erzeugt wird, und wobei das Förderwerkzeug (W1, W1') mehrere, in gleichem Winkelabstand zueinander angeordnete, wendelsegmentartig konzipierte Förderarme (15, 15.1) umfasst, die in radialer Richtung bezogen auf die Welle (14) des Förderwerkzeuges (W1, W1') außenseitig an dem zumindest einen Mischwerkzeug (W2, W2') vorbeibewegt werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Schwenkbarkeit des Mischkopfs (3, 24) genutzt wird, um den Mischprozess durch eine taumelnde oder parallele Bewegung des Mischbehälters zu unterstützen.
4. Mischmaschine, umfassend einen Mischkopf (3, 24), ausgestaltet mit einem oder mehreren Elementen (12) zum Anschließen desselben an ein ein Mischgut enthaltendes Behältnis (5) zur Ausbildung eines das Mischgut enthaltenden geschlossenen Mischbehälters, welcher Mischkopf (3, 24) schwenkbar gegenüber einem Gestell (2) dergestalt gelagert ist, dass der aus Mischkopf (3, 24) und Behältnis (5) gebildete Mischbehälter zum Durchführen des Mischprozesses verschwenkbar ist, sowie umfassend eine Einrichtung zum Erzeugen eines Mischgutstromes und zumindest ein in den Mischgutstrom eingreifendes rotatorisch angetriebenes Mischwerkzeug, wobei nach Anschluss des Behältnisses (5) an den Mischkopf (3, 24) der Mischbehälter um 180**(o) in eine Mischstellung verschwenkbar ist, in welcher sich der Mischkopf (3, 24) zuunterst befindet, wobei die Mischgutstromerzeugungseinrichtung zum Erzeugen eines niedrig energetischen Primärmischgutstroms als Förderstrom zum Zuführen des in dem Mischbehälter enthaltenen Mischgutes an das zumindest eine in dem Mischkopf (3, 24) in den durch die Mischgutstromerzeugungseinrichtung erzeugten Primärmischgutstrom eingreifend angeordnete Mischwerkzeug (W2, W2') ausgelegt ist, das zumindest eine Mischwerkzeug (W2, W2') zum Erzeugen eines nur einen Bruchteil des in dem Mischbehälter enthaltenen Mischgutes umfassenden Sekundärmischgutstroms als Querstrom zu dem Primärmischgutstrom vorgesehen ist, wobei als Mischgutstromerzeugungseinrichtung ein rotatorisch mit geringerer Drehzahl angetriebenes bodenräumendes Förderwerkzeug (W1, W1') zum Herbeiführen einer Mischgutförderung konzentrisch zur Drehachse des Förderwerkzeuges (W1, W1') vorgesehen ist, welches Werkzeug (W1, W1') über wenigstens eine Schaufel (17, 17.1 ) verfügt, wobei das zumindest eine mit höherer Drehzahl angetriebene Mischwerkzeug (W2 , W2') zwischen der Bewegungsbahn der Schaufel (17, 17.1) des Förderwerkzeuges (W1, W1') und der Welle (14) des Mischwerkzeuges (W1, W1') angeordnet ist und wobei das Förderwerkzeug (W1, W1') mehrere, in gleichem Winkelabstand zueinander angeordente, wendelsegmentartig konzipierte Förderarme (15, 15.1) umfasst, die in radialer Richtung bezogen auf die Welle (14) des Förderwerkzeuges (W1, W1') außenseitig an dem zumindest einen Mischwerkzeug (W2, W2') vorbeibewegbar angeordnet sind.
IX. Anträge
Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung vom 26. September 2016 eingereichten Antrags zu erteilen.
Entscheidungsgründe
1. Änderungen - Artikel 123(2) EPÜ
1.1 Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 4 findet seine Grundlage in den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 bzw. 5 und 6 sowie 8 und in der ursprünglichen Beschreibung, insbesondere Seite 6, Zeilen 20 bis 24, Seite 11, Zeilen 30 bis 34 und Seite 8, Zeilen 15 bis 22.
1.2 Der Gegenstand von Anspruch 2 ist auf Seite 14, Zeilen 26 bis 29 der ursprünglich eingereichten Beschreibung offenbart.
1.3 Die übrigen abhängigen Ansprüche 3 und 5 bis 10 finden ihre Grundlage in den ursprünglich eingereichten abhängigen Ansprüchen 4, 7 und 9 bis 13.
1.4 Die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ sind daher erfüllt.
2. Klarheit der Ansprüche - Artikel 84 EPÜ
2.1 Durch das Hinzufügen der Merkmale in den unabhängigen Ansprüchen, wonach das Mischwerkzeug mit höherer Drehzahl und das Förderwerkzeug mit geringerer Drehzahl angetrieben wird, ist nunmehr das funktionelle Verhältnis zwischen dem Förderwerkzeug, welches zum Erzeugen des Primärmischgutsstroms dient, und dem Mischwerkzeug, welches zum Erzeugen des Sekundärmischgutsstroms dient, klargestellt.
2.2 Im unabhängigen Anspruch 4 sind die in den Mitteilungen der Kammer beanstandeten Verfahrensmerkmale entweder wieder gestrichen oder nunmehr als funktionelle Merkmale formuliert (vgl. insbesondere "verschwenkbar").
2.3 Die Kammer hat daher keinen Anlass, die Ansprüche unter Artikel 84 EPÜ zu beanstanden.
3. Neuheit der Ansprüche - Artikel 54(1),(2) EPÜ
3.1 D1 offenbart eine Mischmaschine, umfassend einen Mischkopf (8, 21), ausgestaltet mit Elementen (22) zum Anschließen desselben an ein ein Mischgut enthaltendes Behältnis (2) zur Ausbildung eines das Mischgut enthaltenden geschlossenen Mischbehälters, welcher Mischkopf (8, 21) schwenkbar gegenüber einem Gestell (4, 13) dergestalt gelagert ist, dass der aus Mischkopf (8, 21) und Behältnis (2) gebildete Mischbehälter zum Durchführen des Mischprozesses verschwenkbar ist. Zudem umfasst die Mischmaschine eine Einrichtung zum Erzeugen eines Mischgutstromes und ein in den Mischgutstrom eingreifendes rotatorisch angetriebenes Mischwerkzeug (12), wobei die Mischgutstromerzeugungseinrichtung zum Erzeugen eines niedrig energetischen Primärmischgutstroms als Förderstrom zum Zuführen des in dem Mischbehälter enthaltenen Mischgutes an das eine, in dem Mischkopf (8, 21) in den durch die Mischgutstromerzeugungseinrichtung erzeugten Primärmischgutstrom eingreifend angeordnete Mischwerkzeug (12) ausgelegt ist. Das zumindest eine Mischwerkzeug (12) ist zum Erzeugen eines nur einen Bruchteil des in dem Mischbehälter enthaltenen Mischgutes umfassenden Sekundärmischgutstroms als Querstrom zu dem Primärmischgutstrom vorgesehen. Der vom Mischwerkzeug 12 erzeugte Strom ist ebenso "quer" zum von der Schaufel 11 erzeugten Strom ausgerichtet wie dies in Figur 2 der Anmeldung der Fall ist. Als Mischgutstromerzeugungseinrichtung ist ein rotatorisch mit - im Vergleich zur Drehzahl des Mischwerkzeugs - geringerer Drehzahl (vgl. Spalte 5, Zeile 41: "hochtourig") angetriebenes bodenräumendes Förderwerkzeug (6, 11, 10) zum Herbeiführen einer Mischgutförderung konzentrisch zur Drehachse des Förderwerkzeuges (6, 11, 10) vorgesehen. Dieses Werkzeug (6, 11, 10) verfügt über wenigstens eine Schaufel (11). Ein mit - im Vergleich zur Drehzahl des Förderwerkzeugs - höherer Drehzahl (loc. cit.: "hochtourig") angetriebenes Mischwerkzeug (12) ist zwischen der Bewegungsbahn der Schaufel (11) des Förderwerkzeuges (6, 11, 10) und der Welle (5) des Mischwerkzeuges (12) angeordnet.
3.2 Die Mischmaschine nach D1 ist dazu geeignet, so betrieben zu werden, dass nach Anschluss des Behältnisses (2) an den Mischkopf (8, 21) der Mischbehälter um 180**(o) in eine Mischstellung verschwenkbar ist, in welcher sich der Mischkopf (8, 21) zuunterst befindet (siehe insbesondere die Pfeile in den Figuren 2 und 3).
3.3 Das Förderwerkzeug nach D1 umfasst ein Schraubenband (6) (Spalte 3, Zeile 26), welches als Wendel bezeichnet werden kann und außenseitig an dem Mischwerkzeug (12) vorbeibewegbar angeordnet ist. Diese Wendel erstreckt sich über 360**(o) (siehe Figuren 1, 2 und 4). Auch wenn diese Wendel gedanklich in mehrere theoretische Wendelsegmente aufgeteilt werden kann, so offenbart D1 jedoch keinen "wendelsegmentartig konzipierten Förderarm". Ein solcher Ausdruck bezeichnet ein armartiges Fördermittel, welches nur aus einem Wendelsegment besteht, d.h. keine sich über 360**(o) erstreckende Wendel umfasst. Darüber hinaus offenbart D1 keine Mehrzahl an solchen Förderarmen, welche in gleichem Winkelabstand zueinander angeordnet sind.
3.4 Der Gegenstand von Anspruch 4 ist daher neu.
3.5 Der Gegenstand von Anspruch 1 ist aus den gleichen Gründen neu gegenüber D1. Darüber hinaus wird in D1 nicht offenbart, dass der Mischbehälter um 180**(o) in eine Mischstellung verschwenkt wird. Auch wenn die Mischmaschine nach D1 dazu geeignet ist, wird in D1 ein entsprechender Verfahrenschritt nicht offenbart. Dort werden zwar Winkel von 30**(o), 60**(o) und 90**(o) offenbart (Spalte 4, Zeilen 64 bis 66), und es heißt dort, dass "jeder andere beliebige Winkel... angenommen werden [kann]", hieraus ergibt sich jedoch keine eindeutige und unmittelbare Offenbarung für den beanspruchten Wert von 180**(o).
3.6 Die Ansprüche 2, 3 und 5 bis 10 sind abhängige Ansprüche und demzufolge ist ihr Gegenstand auch neu gegenüber D1.
3.7 Die Kammer stellt fest, dass die Prüfungsabteilung im Prüfungsverfahren keinen Einwand wegen mangelnder Neuheit gegenüber einem weiteren, im Recherchebericht zitierten Dokument erhoben hat. Einen solchen Mangel kann die Kammer auch nicht erkennen.
3.8 Die Ansprüche erfüllen somit das Erfordernis nach Artikel 52(1) iVm Artikel 54(1),(2) EPÜ.
4. Zurückverweisung - Artikel 111(1) EPÜ
In Anbetracht der Tatsache, dass die angefochtene Entscheidung sich ausschließlich mit dem Patentierbarkeitserfordernis der Neuheit befasste und erfinderische Tätigkeit noch nicht Gegenstand des Prüfungsverfahrens war, macht die Kammer von ihrem Ermessen nach Artikel 111(1) EPÜ Gebrauch und verweist die Angelegenheit zur weiteren Behandlung an die Prüfungsabteilung zurück.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Behandlung auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung vom 26. September 2016 eingereichten Antrags an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen.