T 0244/14 () of 20.11.2018

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2018:T024414.20181120
Datum der Entscheidung: 20 November 2018
Aktenzeichen: T 0244/14
Anmeldenummer: 07726561.9
IPC-Klasse: H01L 31/18
H01L 23/544
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: SOLARZELLENMARKIERVERFAHREN UND SOLARZELLE
Name des Anmelders: Hanwha Q CELLS GmbH
Name des Einsprechenden: Hennecke Systems GmbH
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 54
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention R 115(2)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 15
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - nach Änderung
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerden der Patentinhaberin und der Ein­spre­chenden richten sich gegen die Entscheidung der Ein­spruchsabteilung, das europäische Patent Nr. EP-B- 1 989 740 in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten (Artikel 101(3) a) EPÜ).

II. Der Einspruch war gegen das Patent in gesamtem Umfang gerichtet und darauf gestützt, dass der Gegenstand des Patents nicht neu sei und nicht auf einer erfin­de­rischen Tätigkeit beruhe (Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikeln 54 und 56 EPÜ 1973).

Ein weiterer Einspruch war während des Einspruchs­ver­fahrens zurückgezogen worden.

III. Es wird auf folgende Dokumente Bezug genommen:

D2: JP 2001-313238 A (Teilübersetzung D2b),

D19: US-A-4,626,613,

D20: SEMI T2-0298 (Reapproved 1104) SPECIFICATION FOR MARKING OF WAFERS WITH A TWO-DIMENSIONAL MATRIX CODE SYMBOL, November 2004,

D22: JP-2004-200514 A (Übersetzung D22b),

D23: US 2006/0065985 A1.

IV. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer beantragte die Beschwerdeführerin 1 (Patentinhaberin) die Auf­hebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrecht­erhaltung des Patents in der Fassung des Hauptantrages, eingereicht als Hilfsantrag 1 in der mündlichen Verhandlung, sowie einer angepassten Beschreibung.

Im schriftlichen Verfahren hatte die Beschwerdeführerin 2 (Einsprechende) beantragt, das Patent vollumfänglich zu widerrufen.

V. Der Wortlaut der unabhängigen Ansprüche 1 und 17 des einzigen Antrags lautet wie folgt:

"1. Solarzellen-Markierverfahren, mit den Schritten- Bereitstellen eines Substrates mit einer Substrat­oberfläche zum Herstellen einer Solarzelle (1), die eine aktive Zone (5) aufweist, und- Erzeugen mindestens einer Vertiefung (21, 31) in der Substratoberfläche unter Verwendung von Laser­strahlung, wobei die mindestens eine Vertiefung (21, 31) eine Markierung (2, 3) zum Markieren der Solarzelle (1) bildet, und das Erzeugen der Ver­tiefung (21, 31) vor einem Durchführen eines Solar­zellen-Herstellungsprozesses oder während eines Durchführens eines Solarzellen-Herstellungs­prozesses vorgenommen wird,dadurch gekennzeichnet, dass

das Substrat als Halbleiterwafer mit einer Wafer­ober­fläche ausgebildet ist, und die Markierung (2, 3) auf der Waferoberfläche derart positioniert wird, dass die Markierung (2, 3) auf der Vorderseite in der aktiven Zone (5) der aus dem Halbleiterwafer gebildeten Solar­zelle (1) liegt."

"17. Solarzelle (1) mit einer photovoltaisch aktiven Zone (5), umfassend eine Markierung (2, 3) aus einer durch Laserabtrag erzeugten Vertiefung (21, 31), dadurch gekennzeichnet, dass

die Solarzelle (1) aus einem Halbleiterwafer mit einer Waferoberfläche hergestellt und die Markierung (2,3) auf der Vorderseite in der Waferoberfläche im Bereich der aktiven Zone (5) der Solarzelle ausgebildet ist."

VI. Die Parteien haben im Wesentlichen Folgendes vorge­tragen:

a) Verfahrensfragen

Die Beschwerdeführerin 2 (Einsprechende) reichte mit der Beschwerdebegründung erstmals das im Prioritätsjahr veröffentlichte Dokument D23, die Prioritäts­anmeldung des Streitpatents und eine Teilübersetzung D2b und eine Übersetzung D22b der Dokumente D2 bzw. D22 ein.

Die Beschwerdeführerin 1 (Patentinhaberin) ist der Ansicht, dass das Dokument D23 als verspätet zurück­zuweisen sei. Außerdem könne es dahinstehen, ob die Priorität wirksam beansprucht werde.

b) Änderungen

Die Beschwerdeführerin 1 argumentiert, dass das hinzu­gefügte Merkmal "auf der Vorderseite" in der Beschrei­bung der Anmeldung (Seite 7, Zeilen 14-16; Seite 8, Zeilen 1-9 und 11-13) offenbart sei.

c) Neuheit

Die Beschwerdeführerin 1 ist der Meinung, dass Dokument D19 keine Markierung im Sinne der Ansprüche offenbare. Dokument D22 offenbare bzgl. der Ausführungen in den Abbil­dungen 2 und 3 keine Vertiefungen in der Substrat­ober­fläche und bzgl. der Ausführung in Abbildung 4 keine Markierung in der aktiven Zone der Solarzelle. Der be­an­spruchte Gegenstand sei somit neu.

Die Beschwerdeführerin 2 teilt die in der Entscheidung geäußerte Ansicht, dass die in Dokument D19 offen­bar­ten Vertiefungen Markierungen darstellten. Ferner offen­­bare Dokument D22 bzgl. der Ausführung in Abbil­dung 4 den in den erteilten Ansprüchen bean­spruchten Gegenstand.

d) Erfinderische Tätigkeit

Die Beschwerdeführerin 1 argumentiert, dass - ausgehend von Dokument D22 - Dokumente D2 und D20 den Fachmann nicht zum beanspruchten Gegenstand führen würden.

Die Beschwerdeführerin 2 ist der Meinung, dass der Fach­­mann auf der Suche nach einer Alternative zu den in Dokument D22 für die Vorderseite der Solarzelle offen­barten Markierungsmethoden im Hinblick auf Dokumente D2, D19 und D20 eine an sich bekannte Laser­markierung in Betracht zöge.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensfragen

1.1 Rechtliches Gehör

1.1.1 Wie schriftlich angekündigt, nahm die ordnungsgemäß ge­ladene Beschwerdeführerin 2 nicht an der mündlichen Ver­­handlung vor der Kammer teil. Gemäß Regel 115(2) EPÜ wurde das Verfahren ohne die Beschwerdeführerin 2 fort­gesetzt.

1.1.2 Nach Artikel 15(3) VOBK ist die Kammer "nicht ver­pflich­tet, einen Verfahrensschritt ein­schließ­lich ihrer Entscheidung aufzuschieben, nur weil ein ord­nungs­gemäß geladener Beteiligter in der münd­lichen Verhandlung nicht anwesend ist; dieser kann dann so behandelt werden, als stütze er sich lediglich auf sein schrift­liches Vorbringen".

In der Tat, Zweck der mündlichen Verhandlung ist es, den Beteiligten die Gelegenheit zu geben, sich zu äußern und gehört zu werden. Ein Beteiligter, der nicht an der mündlichen Verhandlung teilnimmt, ver­zichtet jedoch auf diese Gelegenheit.

1.1.3 Im vorliegenden Fall reichte die Beschwerdeführerin 1 in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer einen neuen Antrag ein, der aus den unten genannten Gründen alle offenen Einwände ausräumte ohne Anlass zu neuen Bean­standungen zu geben und somit zuzulassen war.

Die Beschwerdeführerin 2 musste damit rechnen, dass die Beschwerdeführerin 1 versuchen würde, alle offenen Ein­wände durch geänderte Ansprüche zu überwinden. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als lediglich eine Beschränkung des beanspruchten Gegenstandes durch die Präzisierung eines breiten Begriffes ("Waferober­fläche") vorgenommen wurde, nämlich durch die Angabe, dass sich die Markie­rung auf der Vorderseite der Solar­zelle befindet. Durch ihre bewusste Abwesenheit von der mündlichen Verhandlung ver­zichtete die Be­schwerde­führerin 2 auf die Gelegenheit, sich zur Zulassung und Gewährbarkeit der geänderten Ansprüche zu äußern und kann deshalb so behandelt werden, als stütze sie sich diesbezüglich auf ihr schrift­liches Vorbringen.

Die vorliegende Entscheidung, welche auf dem neu ein­gereichten Antrag basiert, verletzt daher nicht das recht­liche Gehör der Beschwerdeführerin 2 (Artikel 113(1) EPÜ).

1.2 Zulassung des einzigen Antrags

In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer reichte die Beschwerdeführerin 1 den gegenwärtigen, einzigen An­trag ein, welcher alle offenen Einwände ausräumte, ohne Anlass zu neuen Beanstandungen zu geben. Die Kammer sah keinen Grund für dessen Nicht-Zulassung und ließ den Antrag somit in das Verfahren zu (Artikel 13(1) und (3) VOBK).

1.3 Zulassung verspätet vorgebrachter Dokumente

1.3.1 Die Beschwerdeführerin 2 reichte mit ihrer Beschwerde­begründung erstmals das im Prioritätszeitraum veröf­fent­lichte Dokument D23, die Prioritäts­anmeldung des Streitpatents und die Teilübersetzung D2b und die Über­setzung D22b der Dokumente D2 bzw. D22 ein.

Dokument D23 und die Prioritätsanmeldung wurden nach der neunmonatigen Einspruchs­frist und somit verspätet eingereicht. Überdies geht Dokument D23 nicht über den Offen­barungs­gehalt der Dokumente D2 und D20 hinaus. Da da kein weiteres zitiertes Dokument im Prioritäts­zeit­raum veröffentlicht wurde, kann die Gültigkeit der bean­spruch­ten Priorität dahingestellt bleiben.

Die Kammer ließ daher Dokument D23 nicht in das Ver­fahren zu (Artikel 12(4) VOBK).

Dagegen sah die Kammer keinen triftigen Grund, die neu vorgelegten Übersetzungen D2b und D22b nicht in das Verfahren zuzulassen, welche sich somit im Verfahren befinden (Artikel 12(1), (2) und (4) VOBK).

2. Neuheit

2.1 In der angefochtenen Entscheidung entschied die Ein­spruchsabteilung, dass der in den er­teilten Ansprüchen des Streitpatents bean­spruchte Gegenstand gegenüber Doku­ment D19 nicht neu ist (siehe Punkt 3.1 der Gründe).

2.1.1 Dokument D19 offenbart (siehe Spalte 3, Zeilen 14-28; Spalte 5, Zeilen 50-65; Abbildungen 1, 5a-5c, 6a-6c) eine Solarzelle mit einem Halbleitersubstrat 10, wel­ches mit einem rück­seitigen Kontakt 11 und einem p-n-Übergang 12 auf gegen­­­überliegenden Oberflächen ver­sehen ist. Der p-n-Über­gang 12 ist zwischen dem Sub­strat 10 und einer Deck­­schicht 13 ausgebildet, die einen dem Substrat ent­gegengesetzten Halbleitertyp hat. Kerben 14, welche mittels eines Lasers vor der Ausbil­dung des p-n-Übergangs 12 in die Oberfläche des Sub­strats 10 ein­geritzt wurden, erhöhen die Übergangs­fläche be­trächt­lich und erleichtern gleichzeitig das Aufsammeln von Minoritätsladungsträgern 15, die tief im Innern des Substrats 10 gebildet wurden.

In den Abbildungen 5a-5c wird eine Struktur gezeigt, bei der die Kerben 23 von Zwischenräumen 25 unterbrochen sind, um dort Versteifungsrippen 26 anzubringen. Ein brei­terer Zwischenraum 27 im Kerbenmuster ergibt eine ebene Fläche 21, welche einen Ort für die oberseitige Metal­li­sierung der fertigen Solarzelle schafft. In den Bei­spielen gemäß Abbildungen 6a-6c werden die Kerben 23 aus Abbildungen 5a-5c durch Löcher 33 ersetzt, die mittels eines Lasers in Form eines Quadrat­musters der­art gebohrt werden, dass nach dem Ätzen eine umgekehrte Pyramidenstruktur entsteht.

2.1.2 Die Einspruchsabteilung war insbesondere der Ansicht, dass die in Dokument D19 offenbarten Kerben eine "Mar­kierung" im Sinne der erteilten Ansprüche darstellten und beispielsweise­­­ die ebene Fläche 21 markierten.

Nach Ansicht der Kammer ist eine "Markierung" im Sinne der Ansprüche 1 und 17 eine Struktur, welche die Solar­zelle in geeigneter Weise kennzeichnet und von anderen Solarzellen unterscheid­bar macht. Dies ent­spricht der gängigen Bedeutung die­ses Begriffs und wird auch durch die Beschreibung des Patents bestätigt, worin beschrie­ben wird, dass die Markierung auslesbar ist und der Her­stellungsprozess dadurch zurück­verfolg­bar ist (siehe Absätze [0011] und [0013] des Streit­patents).

Die in Dokument D19 beschriebenen Ker­ben 14 oder Löcher 33 dienen der Steigerung der Effizienz der Solarzelle, da sie die Lebensdauer der Minoritätsladungsträger er­höhen, die Fläche des p-n-Übergangs vergrößern und die Antireflex-Eigenschaften der Solarzelle verbessern. An­de­rerseits erhöhen die Versteifungsrippen 26 die Sta­bi­lität der Solarzelle und die ­ebene Fläche 21 wird zur elek­tri­schen Kontaktierung genutzt (siehe Spalte 1, Zei­­le 49 - Spalte 2, Zeile 9; Spalte 5, Zeilen 50-65).

Es ist jedoch im Dokument D19 nicht beschrieben, dass die Kerben 19 bzw. Löcher 33 oder die Muster, welche durch die ebene Fläche 21, Kerben 19 und Versteifungs­rippen 26 bzw. Löcher 33 gebildet werden, die Solar­zellen in irgend einer Weise kennzeichnen. Eine Kenn­zeichnung von einzelnen Solarzellen könnte womöglich durch eine im Vergleich zu anderen Solar­zellen unter­­schied­liche Ausgestaltung der Kerben 19 bzw. Löcher 33 oder der genannten Muster erreicht werden. Dies wird jedoch im Dokument D19 nicht be­schrie­ben und gehört somit nicht zum Offenbarungs­gehalt dieses Dokuments.

Die in D19 beschrie­benen Solarzellen sind somit un­unterscheidbar und tra­gen keine "Markierung" im Sinne der bean­spruch­ten Er­fin­dung.

2.1.3 Der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 17 ist daher neu gegenüber Dokument D19.

2.2 Die Beschwerdeführerin 2 ist der Meinung, dass da­s Do­ku­ment D22 bzgl. der Ausführung in Abbil­dung 4 den in den erteilten Ansprüchen des Streitpatents bean­spruch­ten Gegenstand offenbart.

2.2.1 Dokument D22 offenbart bezüglich dieses Ausführungs­beispiels (siehe die Übersetzung D22b, Ab­satz [0045]) ein Solarzellenelement mit einem Identi­fi­zierungs­merk­mal 10, d. h. einer "Markierung" im Sinne der Er­fin­dung, welche sich auf der Seitenfläche des Solar­zellen­elements be­findet.

Die Beschwerdeführerin 1 hat sich durch die während des Beschwerdeverfahrens vorgenommenen Änderungen in den unab­hängigen Ansprüchen­, nämlich durch die Angabe, dass sich die Markie­rung auf der Vorderseite der Solar­zelle befindet, von dem in Abbildung 4 gezeigten Ausführungs­beispiel abgegrenzt.

2.2.2 Bezüglich des Ausführungsbeispiels gemäß Abbildung 2 offenbart Dokument D22 (siehe die Über­setzung D22b, Ab­satz [0034]) zwar ein Solar­zellen­­ele­ment 9 mit einem Iden­tifizierungsmerkmal 10 auf der Vorderseite des Solarzellen­elements 9. Dieses Merkmal­­ 10 wird hier jedoch nicht - wie beansprucht - durch eine Ver­tie­fung in der Halb­leiter-Waferoberfläche der Solar­zelle­­­ gebil­det (siehe Punkt 3.2 unten).

2.2.3 Der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 17 ist daher auch gegenüber Dokument D22 neu.

2.3 Die übrigen zitierten Dokumente des Standes der Technik sind dem Gegenstand der Ansprüche 1 und 17 nicht näher als die Dokumente D19 und D22. Ansprüche 2 bis 16 und 18 bis 28 hängen von Anspruch 1 beziehungsweise An­spruch 17 ab.

Folglich ist der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 28 neu (Artikel 52(1) und 54 EPÜ).

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1 Nächstliegender Stand der Technik

Dokument D22 offenbart einen Gegenstand, der zum glei­chen Zweck entwickelt wurde wie die beanspruchte Er­fin­dung, nämlich zur Bereitstellung einer Solarzelle mit einer Markierung und eines entsprechenden Solar­zellen-Markierverfahrens, und die wichtigsten tech­nischen Merk­male mit ihr gemein hat. Dokument D22 wird daher als der nächstliegende Stand der Technik ange­sehen.

Insbesondere wird das in Dokument D22 mit Bezug auf Abbildung 2 beschrie­bene Aus­führungsbeispiel, bei welchem sich die Markie­rung auf der Vorderseite der Solarzelle befindet, als dem beanspruchten Gegenstand nächstliegend ange­sehen.

3.2 Unterschiedsmerkmale

3.2.1 In Bezug auf das genannte Ausführungsbeispiel gemäß Abbildung 2 offenbart Dokument D22 (siehe die Über­setzung D22b, Ab­sätze [0028]-[0038]) ein Solarzellen­element 9, welches auf einem dotierten Siliziumsubstrat 1 mit einer entgegengesetzt dotierten Diffusionsschicht 2 an dessen Vorderseite ba­siert. Eine Antireflex­schicht 3 wird an derselben Seite auf dem Substrat 1 geformt, wobei ein Teil dieser Schicht wieder entfernt wird, so dass eine vorder­seitige Elektrode 5 in direkten Kontakt mit dem Sub­strat 1 gebracht werden kann. Auf der Rück­seite des Substrats 1 wird eine Auffangelektrode 7 und eine rück­seitige Elektrode 6 geformt.

Zur Herstellung eines Identifizierungsmerkmals 10 wird eine Phosphorpaste entweder auf die Antireflex­schicht 3 aufgebracht oder auf das Substrat 1 aufgetragen bevor die Antireflex­schicht 3 geformt wird. Durch Reaktion der Phosphorpaste mit dem Silizium­nitrid der Anti­re­flex­­­schicht 3 wird das Merkmal 10 durch Farb­änderung sicht­bar. Alternativ wird das Merkmal 10 durch Auf­bringen von Löt- oder Elektrodenmaterial auf die Anti­reflexschicht 3 hergestellt. Bevorzugt wird licht­durch­lässiges Lötmaterial verwendet, so dass die licht­emp­findliche Fläche des Solarzellenelements nicht ver­kleinert wird.

3.2.2 Dokument D22 offenbart somit, unter Verwendung des Wortlauts von Anspruch 1, ein Solarzellen-Markier­verfahren, mit den Schritten

- Bereitstellen eines Substrates (Siliziumsubstrat 1) mit einer Substrat­oberfläche zum Herstellen einer Solarzelle (Solarzellen­element 9), die eine aktive Zone aufweist, wobei

- das Substrat als Halbleiterwafer (Siliziumsubstrat 1) mit einer Wafer­ober­fläche ausgebildet ist, und die Markierung (Identifizierungsmerkmal 10 aus Phosphorpaste) auf der Waferoberfläche derart posi­tioniert wird, dass die Markierung (Identifi­zie­rungs­­merkmal 10) auf der Vorderseite in der aktiven Zone der aus dem Halbleiterwafer gebildeten Solar­zelle liegt (implizit offenbart, da in einer Vari­ante lichtdurchlässiges Material zur Her­stel­lung des Identifizierungs­merkmals 10 verwendet wird).

Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich durch den folgenden Schritt von dem aus Dokument D22 bekann­ten Verfahren:

- Erzeugen mindestens einer Vertiefung in der Sub­stratoberfläche unter Verwendung von Laser­strah­lung, wobei die mindestens eine Vertiefung eine Markierung zum Markieren der Solarzelle bildet, und das Erzeugen der Ver­tiefung vor einem Durchführen eines Solar­zellen-Herstellungsprozesses oder während eines Durchführens eines Solarzellen-Herstellungs­prozesses vorgenommen wird.

3.3 Objektive technische Aufgabe

Die Kammer stimmt mit der Beschwerde­führerin 1 darin überein, dass es die Unterschiedsmerkmale ermög­lichen, die noch unfertigen Solarzellen zu einem frühen Zeit­punkt während des Fertigungs­prozesses identi­fi­zieren zu können.

Bei dem Markier-Verfahren nach Doku­ment D22 ist eine Identi­fi­ka­tion nämlich erst nach dem Aufbringen der Anti­­re­flex­­­schicht 3 auf das Substrat 1 möglich, da das Iden­tifizierungs­merkmal 10 erst nach der Reaktion der auf das Substrat 1 aufge­tragenen Phosphorpaste mit dem Si­li­zium­nitrid der Anti­re­flex­­­schicht 3 durch Farb­ände­rung sichtbar wird. Dagegen ist erfindungsgemäß bereits das markierte Substrat identifizierbar.

Somit ist es nicht die Aufgabe der Er­findung - wie von der Beschwerdeführerin 2 vorge­tragen - lediglich ein alternatives Markierungs­ver­fahren bereitzustellen. Viel­mehr ist es als die objektive technische Aufgabe der Erfindung anzusehen, die oben genannte tech­nische Wirkung zu erreichen.­

3.4 Naheliegen

3.4.1 Die Beschwerdeführerin 2 ist der Ansicht, dass die Do­ku­mente D2 und D20 Lasermarkierungen auf der Oberseite eines Wafers beschrieben. Wie aus Dokument D19 hervor­gehe habe der Fachmann auch kein Vorurteil gegen die Lasermarkierung von Solarzellen in deren aktiver Zone. Somit würde es der Fachmann in Betracht ziehen, im Verfahren nach Dokument D22 statt den dort offenbarten Markierungsmethoden eine Laser­markierung zu verwenden.

3.4.2 In der Tat offenbart Dokument D2 (siehe Abbildung 15 und Teilübersetzung 2b, Absätze [0095]-[0096] und [0105]), auf der Vorderseite eines Wafers 80 eine Mar­kierung 84 in Form einer Gruppe von Vertie­fungen anzu­bringen, welche beispielsweise mit Lasern hergestellt werden können. Dies geht auch aus Dokument D20 hervor (siehe Abbildung A1-1 und Absätze 1.1, 2.1 und 2.2).

Nach Ansicht der Kammer würde der Fachmann zur Lösung der gestellten Aufgabe jedoch nicht das in Dokument D22 of­fenbarte Identifizierungsmerkmal 10 am selben Ort be­lassen und lediglich statt der Phosphorpaste die in D2 und D20 beschriebenen Laservertiefungen verwenden. Die Vertiefungen würden dort nämlich die Diffusions­schicht 2 beschädigen und somit das Funktionieren der Solar­zelle beein­träch­tigen. Da auf Vertiefungen basierende Markierungen einen möglichst großen Kontrast zwischen dem Refle­xions­grad der Vertiefungen und der umgebenden Substratoberfläche aufweisen müssen, um gut auslesbar zu sein (siehe D20, Punkt 4.1.10), wäre der Fachmann ohne­hin abgeneigt, solche Markierungen im Bereich des p-n-Übergangs der Solarzelle zu verwenden. Dort sollte der Reflexionsgrad nämlich durchweg möglichst niedrig sein, um eine hohe Effizienz der Solarzelle zu gewährleisten.

Dokument D19 betrifft Maßnahmen zur Steigerung der Ef­fi­zienz von Solarzellen (siehe oben unter Punkt 2.1.2) und würde vom Fachmann zur Lösung der gestell­ten Auf­gabe, unfertige Solarzellen zu einem frühen Zeit­punkt während des Fertigungs­prozesses identi­fi­zierbar zu machen, nicht herangezogen werden.

Der Fachmann würde somit zur Lösung der gestellten Auf­gabe das in Dokument D22 offenbarte Identifizie­rungs­merk­mal 10 durch eine in den Dokumenten D2 und D20 be­schrie­bene­ Mar­kierung aus Laservertiefungen ersetzen, welche außer­halb des Bereiches der Solarzelle ange­bracht ist.

Der Fachmann würde daher nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen, welcher folg­lich eine erfin­derische Tätig­keit aufweist.

3.4.3 Der Vorrichtungsanspruch 17 entspricht im Wesentlichen dem Verfahrensanspruch 1. Ansprüche 2 bis 16 und 18 bis 28 sind von Anspruch 1 beziehungsweise Anspruch 17 ab­hängig.

Folglich weist der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 28 eine erfin­de­rische Tätigkeit auf (Artikel 52(1) und 56 EPÜ).

4. Schlussfolgerung

Da unter Berücksichtigung der von der Beschwerde­führe­rin 1 während des Einspruchsbeschwerdeverfahrens vorge­nommenen Änderungen das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genü­gen, ist das Patent in geänderter Fassung aufrecht­zu­erhalten (Artikel 101(3) a) und 111(1) EPÜ).

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Vorinstanz mit der Maßgabe zurückverwiesen, das Patent in folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

- Ansprüche 1 - 28 des Hauptantrages, eingereicht als Hilfsantrag 1 in der mündlichen Verhandlung;

- Beschreibung S. 2, 2a wie in der mündlichen Verhandlung eingereicht, S. 3 - 8 wie in der Patentschrift;

- Figuren 1 - 4 wie in der Patentschrift.

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