European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2018:T021214.20180514 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 14 Mai 2018 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0212/14 | ||||||||
Anmeldenummer: | 08716101.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | F16K 1/50 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Regulierventil | ||||||||
Name des Anmelders: | Dorma GmbH + Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | GEZE GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (nein: Hauptantrag; ja: Hilfsantrag) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde des Patentinhabers betrifft die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 2 134 992 zu widerrufen.
Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der Gegenstand des Hauptantrags sowie der Hilfsanträge 1, 2 und 4 nicht erfinderisch sei. Der Gegenstand des Hilfsantrags 3 wurde als erfinderisch angesehen, doch der Hilfsantrag wurde mit Hinweis auf Widersprüche zwischen den Ansprüchen und der Beschreibung als unklar zurückgewiesen.
Die Einspruchsabteilung hat unter anderem folgende Druckschriften berücksichtigt:
E1: EP 0 919 688 A2;
E2: US 4,148,111;
E3: DE 1 575 314.
Zusammen mit der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin den Auszug E5 aus dem Buch "Maschinenelemente" von G. Niemann, H. Winter und B. Höhn, Springer Verlag, 2005, Seiten 448-451, eingereicht. Die dazugehörige Impressumseite wurde mit Schreiben vom 12. März 2018 nachgereicht.
II. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 14. Mai 2018 statt.
III. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Einspruch zurückzuweisen. Hilfsweise beantragte sie, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf Grundlage des während der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
IV. Anspruch 1 des Streitpatents (Hauptantrag) lautet wie folgt (die Merkmalsgliederung durch die Kammer ist in eckigen Klammern angegeben):
"[1] Regulierventil (1), das [1a] insbesondere in eine mit einem Innengewinde (2) ausgeführte Bohrung (3) eines hydraulischen Türschließers (10) befestigbar ist, [2] mit einem Grundkörper (4), [3] der einen Regulierbereich (5) aufweist, [4] einer Verdrehsicherung und [5] einem Gewinde (7), [6] das in das Innengewinde (2) der Bohrung (3) anordbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass [7] die Verdrehsicherung zumindest eine Nut (6a) aufweist, [8] die am Gewinde (7) angeordnet ist und [9] ein elastisches Element (6b) aufnimmt, wobei [10] der Grundkörper (4) an der dem Ventilsitz (11) zugewandten Seite einen Hohlraum (12) aufweist, [11] in den sich der Regulierbereich (5) erstreckt und [12] der Regulierbereich (5) am Grundkörper (4) befestigt ist."
Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch das zusätzliche Merkmal "wobei [13] der Grundkörper (4) und der Regulierbereich (5) aus einem Kunststoffmaterial bestehen, [13a] insbesondere der Grundkörper (4) aus einem faserverstärkten Kunststoff besteht".
V. Die Beschwerdeführerin hat Folgendes vorgetragen:
a) Hauptantrag
Der Gegenstand von Anspruch 1 sei erfinderisch; die entsprechenden Einwände der Beschwerdegegnerin seien nicht überzeugend:
i) E2+E3
Ausgehend von der Druckschrift E2 wäre die Aufgabe darin zu sehen, eine Verdrehsicherung vorzusehen.
Die Druckschrift E3 zeige nur ein Beispiel, wie man eine Schraube, die fest verschraubt ist, gegen das Lösen schützen könne. Darin bestehe der große Unterschied zu einem Regulierventil. Letzteres müsse in jeder Position fixiert bleiben, wohingegen die Schraube fest angezogen und somit unter eine Vorspannung gebracht werde und sich dann nicht lösen solle. Deshalb ergebe sich ein Unterschied in der Aufgabenstellung, nämlich das Regulierventil in jeder beliebigen Stellung zu fixieren, und zwar in einer Art, die man zwar lösen könne, aber die sich nicht durch Vibrationen oder dergleichen selbst löse. Diese Aufgabe werde von den herkömmlichen Schraubensicherungen nicht gelöst.
Im dritten Absatz auf Seite 10 der Druckschrift E3 sei offenbart, dass "nach dem fünften Herausschrauben das statische Drehmoment ... um 30% schwächer [ist] als beim ersten Herausschrauben". Daraus sei schon ersichtlich, dass nicht vorgesehen sei, die Schraube hundertmal ein- und auszuschrauben. Bei Türschließern sei die Einstellung oft zu ändern.
In der Tatsache, dass die Druckschrift E2 schon alt sei und auch Schraubensicherungen schon lange bekannt seien, dass aber erst jetzt eine Kombination vorgeschlagen wurde, sei ein Indiz für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit zu sehen.
ii) E2+E1
Die Druckschrift E1 offenbare die Verdrehsicherung immer nur in Kombination mit einer snap-fit Verbindung. Die Absätze [0020] und [0021] würden in dieser Beziehung das genaue Gegenteil dessen aussagen, was die Beschwerdegegnerin aus ihnen herauslesen will. Absatz [0021] beschreibt einen zusätzlichen Vorteil des im Absatz [0020] beschriebenen Ventils. Darüber ist das Material Kunststoff nur in Verbindung mit dem stem part 12, also mit einer snap-fit Verbindung, offenbart. Natürlich ließe sich im Nachhinein eine solche Kombination konstruieren, aber es beruhe auf einer rückschauenden Betrachtungsweise, wenn man den Arm 28 unabhängig von der Verbindung sehen würde. Der Fachmann entnähme der Druckschrift E1 nicht die Lehre, die Verdrehsicherung unabhängig von der snap-fit Verbindung vorzusehen. Das treffe zu, egal ob man von der Druckschrift E1 oder der Druckschrift E2 ausgehe und sie mit der jeweils anderen Druckschrift kombiniere.
Ausgehend von der Druckschrift E2 wäre die Aufgabe darin zu sehen, eine Verdrehsicherung vorzusehen. Die Druckschrift E1 offenbare eine spezielle Lösung dieser Aufgabe, nämlich eine Lösung, die mit der snap-fit Verbindung verflochten ist. Der Fachmann würde dementsprechend die Teile 42 und 52 mit einer snap-fit Verbindung verbinden und deshalb keinen anspruchsgemäßen Hohlraum (Merkmale 10-12) vorsehen.
iii) E1+E2
Die zu lösende Aufgabe wäre in der Verbesserung des Halts der beiden Teile zu sehen. Damit würde man aber die snap-fit Verbindung verlieren und somit auch die Verdrehsicherung. Somit würde man zur Konstruktion gelangen, die ohnehin schon in der Druckschrift E2 gezeigt sei.
b) Hilfsantrag
Die Ansprüche dieses Antrags entsprächen den Ansprüchen des Hilfsantrags 3, deren Gegenstand die Einspruchsabteilung für erfinderisch angesehen hatte. Die Beschreibung sei entsprechend angepasst worden, womit die Einwände der Einspruchsabteilung bezüglich der Klarheit entkräftet seien.
Die Tatsache, dass sowohl der Grundkörper als auch der Regulierbereich aus Kunststoff bestehen, ermögliche eine größere fertigungstechnische Flexibilität. Ein zweiter Vorteil bestehe darin, das im Gegensatz zur Verwendung einer metallischen Schraube (wie in der Druckschrift E3 offenbart) in einem Grundkörper aus Kunststoff die beiden Körper eine ähnliche thermische Ausdehnung hätten. Damit könne verhindert werden, dass sich der Kunststoffteil, der einen relativ höheren Ausdehnungskoeffizienten besitzt, aus der Schrauben-Nut herausquetsche falls die Schraube noch nicht eingeschraubt ist. Im Falle einer eingeschraubten Schraube könne das unterschiedliche Ausdehnungsverhalten dazu führen, dass das Verstellen erschwert werde.
Mehrere Aufgaben würden somit gelöst, nämlich:
- die Verbindung zwischen Kunststoffelement und Nut zu verbessern;
- das elastische Teil gegen das Herausfallen zu sichern;
- die Verstellbarkeit auch bei Temperaturänderungen zu gewährleisten.
Die Argumentation der Beschwerdegegnerin gehe von der irrtümlichen Annahme aus, dass keine Synergie bestehe zwischen der Bereitstellung der Verdrehsicherung und der Wahl von Kunststoff für den Grundkörper. Das Argument der Beschwerdegegnerin verlange darüber hinaus eine Kombination von drei Druckschriften.
VI. Die Beschwerdegegnerin hat Folgendes vorgetragen:
a) Hauptantrag
Dem Gegenstand von Anspruch 1 fehle es an der erfinderischen Tätigkeit gegenüber den folgenden Kombinationen von Druckschriften: E2+E3, E2+E1, E1+E2.
i) E2+E3
Die Druckschrift E2 offenbare die Merkmale 1-3,5-6 und 10-12. Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheide sich von der Offenbarung der Druckschrift E2 durch die Merkmale 4 und 7-9.
Die mit den Unterscheidungsmerkmalen gelöste objektive technische Aufgabe bestehe darin, ein selbstständiges Verdrehen oder Verstellen des Regulierventils zu verhindern.
Diese Aufgabe werde bereits durch die in der Druckschrift E3 beschriebene Schraube gelöst. Der Fachmann würde die Vorteile dieser Lehre erkennen und sie ohne jegliche praktische Schwierigkeiten auf das Regulierventil der Druckschrift E2 übertragen.
Die Druckschrift E3 gehöre zum allgemeinen Gebiet der Schraubverbindungen, das dem Fachmann bekannt sei und sei Teil seines Fachwissens. Es sei selbstverständlich, dass der Fachmann, der ein Losdrehen verhindern möchte, sich auf diesem Fachgebiet umsehen würde.
ii) E2+E1
Die Druckschrift E1 gehe von der Druckschrift E2 aus (Absätze [0002] und [0003]). Wenn man den vorderen Teil 12 des Ventils weglasse, dann habe man genau denselben Aufbau wie in der Druckschrift E2.
Auch die Druckschrift E1 offenbare ein Regulierventil. Der stem part 12 sei aufsetzbar auf den body part 11. Es sei auch offenbart, dass das Regulierventil nicht wie gezeigt zweiteilig sein müsse, sondern dass der body part als Ventil verwendet werden könne (Spalte 3, Zeilen 16-18). Dann könne der spigot 16 mit seinem Abschnitt 16 in den Ventilsitz eingreifen.
Der Arm 28, der sich zugegebenermaßen im stem part 12 befinde, werde in den Gewindebereich 14 des body part 11 eingelegt. In Spalte 5, Zeilen 40ff sei offenbart, dass dies eine Verdrehsicherung darstelle. Der Absatz [0021] offenbare einen "weiteren Vorteil" (further advantage), wohingegen der Absatz [0020] "einen Vorteil" (one advantage) betreffend der snap-fit Verbindung beschreibe. Diese Formulierung suggeriere, dass diese beiden Vorteile unabhängig voneinander sind. Der Fachmann würde also verstehen, dass die Verdrehsicherung auch ohne snap-fit Verbindung vorgesehen werden könne.
iii) E1+E2
Ausgangspunkt sei die Variante, in der kein stem part 12 vorgesehen sei. Die Druckschrift E1 offenbare somit ein Regulierventil mit Bohrung und Innengewinde (Spalte 4, Zeilen 24-25). Der Grundkörper sei der body part 11 mit dem Gewinde 14 und der spigot 15 bilde den Regulierbereich. Der Arm 28 aus elastischem Material (Spalte 3, Zeilen 53ff) bilde die Verdrehsicherung. Letztere sei unabhängig vom stem part, wie aus dem Vergleich der Absätze [0020] und [0021] ("one advantage" bzw. "further advantage") hervorgehe. Die Druckschrift E1 offenbare nicht, dass der Grundkörper einen Hohlraum aufweist, in den sich der Regulierbereich erstreckt.
Die durch das Unterscheidungsmerkmal gelöste Aufgabe bestehe darin, einen zuverlässigen Halt zwischen den beiden Teilen zu gewährleisten.
In der Druckschrift E2 finde man auch die Bohrung 56 und die Projektion 58. Die Druckschrift E2 sei der Ausgangspunkt für in der Druckschrift E1 beschriebene Erfindung gewesen. Wenn man in der Druckschrift E1, wie dort vorgeschlagen, den stem part 12 weglasse, dann habe man ein Ventil, das dem Ventil der Druckschrift E2 sehr vergleichbar sei. Da die Druckschrift E2 in der Einleitung zitiert sei, würde der Fachmann sie ganz besonders in Betracht ziehen, wenn er den spigot anbringen wolle. Den zuverlässigen Halt würde er aus der Druckschrift E2 übernehmen.
b) Hilfsantrag
Dem Gegenstand von Anspruch 1 fehle es an der erfinderischen Tätigkeit gegenüber den folgenden Kombinationen von Druckschriften: E2+E3+E1, E2+E1, E1+E2.
Der Hauptantrag sei, wie von der Kammer in ihrem Ladungszusatz dargelegt worden sei, von der Kombination der Druckschriften E2 und E3 nahegelegt. Im Zusammenhang mit dem Hilfsantrag komme noch die Druckschrift E1 hinzu. Die Kombination von drei Druckschriften sei gerechtfertigt, da kein synergistischer Effekt vorliege. Es gäbe keine besondere technische Wirkung, die über die Summe der Einzelwirkungen hinausgehe. Man könne daher von zwei verschiedenen Teilaufgaben sprechen.
Die Druckschrift E2 offenbare bereits, dass der Regulierbereich aus Kunststoff bestehen kann (Spalte 4, Zeilen 31-32 und Spalte 6, Zeilen 1-3). Die Tatsache, dass auch der Grundkörper aus Kunststoff gefertigt ist, stelle aber einen Unterschied zur Lehre der Druckschrift E2 dar, wo nur die Verwendung von Stahl oder Aluminium offenbart sei.
Die entsprechende Aufgabe bestehe darin, ein alternatives Material für den Grundkörper anzugeben. Die Druckschrift E2 offenbare bereits die Verwendung von Materialien mit unterschiedlichen thermischen Eigenschaften (Spalte 2, Zeilen 12-15; Spalte 5, Zeilen 12 und 15). Die Druckschrift E2 lehre also die Verwendung von Materialien mit verschiedenen Ausdehnungskoeffizienten zur Kompensation von Temperaturschwankungen (siehe Spalte 1, Zeilen 60-66; Spalte 4, Zeilen 43 und 56). Insbesondere solle der Regulierbereich aus einem Material mit einem relativ höheren Ausdehnungskoeffizienten hergestellt werden. Die Druckschrift E2 beschreibe also bereits eine Lösung der Aufgabe, Temperaturschwankungen zu kompensieren. Die objektive technische Aufgabe bestehe darin, eine dazu äquivalente Lösung als Alternative zur Lösung gemäß der Druckschrift E2 zu finden.
Die Druckschrift E1 offenbare eine solche Alternative. Sie beschäftige sich mit demselben Problem (Spalte 1, Zeilen 15-21) und beziehe sich ausdrücklich auf die Lehre der Druckschrift E2. Die Druckschrift E1 beschreibe eine alternative Möglichkeit, nämlich die Verwendung eines Grundkörpers aus Plastik (Spalte 5, Zeile 19).
Unterstützend komme noch hinzu, dass in dem Dokument E1 auch eine Verdrehsicherung offenbart sei, die genauso funktioniere wie in der Druckschrift E3, denn der Arm 28 werde in die Nut 21 eingelegt und habe nach dem Einbau eine Klemmwirkung.
Wenn man davon ausgehe, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags nicht erfinderisch ist im Hinblick auf eine der Kombinationen von Druckschriften E1+E2 oder E2+E1, dann könne auch Antrag 1 des Hilfsantrags nicht erfinderisch gegenüber diesen Kombinationen sein, da das zusätzliche Merkmal von Anspruch 1 des Hilfsantrags schon in der Druckschrift E1 offenbart sei. In diesem Fall bedürfe es keiner dritten Druckschrift.
Entscheidungsgründe
1. Anspruchsauslegung: "Innengewinde der Bohrung"
Merkmal 6 von Anspruch 1 der beiden Anträge bezieht sich auf "das Innengewinde der Bohrung". Dieses Innengewinde wird im Merkmal 1a eingeführt, also einem Merkmal, das rein optional und daher bei der Untersuchung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen ist. Die Kammer deutet das Merkmal 6 daher ganz allgemein im Sinne von "das in ein Innengewinde einer Bohrung anordbar ist". Dass die Bohrung eine Bohrung eines hydraulischen Türschließers ist, das verlangt Anspruch 1 nicht.
2. Hauptantrag: erfinderische Tätigkeit
Die Beschwerdeführerin stützte ihre Angriffe auf die Druckschriften E1 und E2. Obwohl dies strenggenommen im Falle des Hauptantrags nicht erforderlich ist - weil einer der Angriffe erfolgreich ist (siehe Punkt 2.1.4 b)) - hat die Kammer alle Einwände geprüft, da dies im Zusammenhang mit dem Hilfsantrag erforderlich ist.
2.1 Ausgehend von der Druckschrift E2
2.1.1 Unterschiede
Die Druckschrift E2 offenbart ein Regulierventil (Fig. 4), das in eine mit einem Innengewinde ausgeführte Bohrung 14 eines hydraulischen Türschließers 10 eingebracht wird (siehe Fig. 2). Das Ventil besitzt einen Grundkörper 42 und einen Regulierbereich (Abschnitt 52 mit Fortsatz 58; im Streitpatent umfasst der Regulierbereich auch den in den Hohlraum ragenden Bereich), sowie ein Gewinde 44, das in das Innengewinde der Bohrung passt (Fig. 2). Der Grundkörper 42 weist an der dem Ventilsitz 66 zugewandten Seite einen Hohlraum 56 auf, in den sich der Regulierbereich erstreckt (Fig. 2). Der Regulierbereich 52,58 ist mittels Presspassung (interference fit) am Grundkörper 42 befestigt.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Die Parteien waren sich einig, dass sich der Gegenstand von Anspruch 1 dadurch von der Lehre der Druckschrift E2 unterscheidet, dass das Regulierventil eine Verdrehsicherung besitzt (Merkmal 4), welche eine Nut aufweist (Merkmal 7), die am Gewinde angeordnet ist (Merkmal 8) und ein elastisches Element aufnimmt (Merkmal 9).
2.1.2 Objektive technische Aufgabe
Die Einspruchsabteilung hat die gelöste Aufgabe darin gesehen, ein ungewolltes Verstellen des Regulierventils während des Betriebes zu verhindern.
Die Beschwerdegegnerin hat die Aufgabe mit Berufung auf Spalte 1, Zeilen 45-48 des Streitpatents ähnlich definiert, nämlich dass kein selbstständiges Verdrehen oder Verstellen des Regulierventils auftritt. Beide Aufgabestellungen entsprechen eigentlich nur dem Merkmal 4 und gehen nicht näher auf die Merkmale 7 bis 9 ein. Bezüglich dieser Merkmale offenbart der Absatz [0005] des Streitpatents Folgendes:
"Im eingeschraubten Zustand des Regulierventils befindet sich das elastische Element innerhalb der Nut und liegt unmittelbar am Innengewinde der Bohrung des Türschließers an, wodurch eine klemmende Wirkung erzielt wird. Das bedeutet, dass der Spielraum zwischen dem Innengewinde der Bohrung und dem Gewinde des Regulierventils durch das elastische Element vollständig ausgefüllt ist. Hierdurch wird eine hohe Flächenpressung, insbesondere zwischen den Gewindeflanken des Innengewindes und des Regulierventils erzeugt. Es hat sich gezeigt, dass sich durch eine derartige Anordnung die ineinander greifenden Gewindeteile nicht mehr selbständig verdrehen. Ferner ist ein manuelles und/oder gewolltes Verstellen des Regulierventils selbstverständlich weiterhin möglich. In anderen Worten ausgedrückt kann das Regulierventil jederzeit entsprechend den gewünschten Anforderungen bezogen auf ein definiertes Schließverhalten reguliert werden, wobei die Verdrehsicherung ein selbständiges Verdrehen, insbesondere durch auftretende dynamische Belastungen wirkungsvoll verhindert." (Unterstreichung durch die Kammer)
Die Kammer versteht dies so, dass das Merkmal 4 die Verdrehsicherung nur funktionell beschreibt, während die Merkmale 7-9 die konkrete Struktur der Verdrehsicherung definieren.
Die Kammer schließt sich deshalb der Definition der objektiven technischen Aufgabe durch die Einspruchsabteilung an.
2.1.3 Fachmann
Die Kammer kann sich dem Vortrag der Beschwerdeführerin nicht anschließen, dass der relevante Fachmann ein Diplomingenieur mit Erfahrung auf dem Gebiet der hydraulischen Systeme ist, denn der Anspruch 1 ist keineswegs auf hydraulische Systeme beschränkt. Der Hinweis auf hydraulische Türschließer im Merkmal 1a ist insofern nicht entscheidend, als dieses Merkmal rein optional ist. Der relevante Fachmann ist also ein Maschinenbau-Ingenieur mit Kenntnissen auf dem Gebiet der Regulierventile.
2.1.4 Naheliegen
a) Kombination mit der Druckschrift E1
Die Druckschrift E1 präsentiert ihren Gegenstand als eine Verbesserung des Ventils der Druckschrift E2, welches in den Absätzen [0002] bis [0004] eingehend gewürdigt wird. Daher ist es nicht abwegig, anzunehmen, dass der Fachmann, der von der Druckschrift E2 ausgeht und sich die Aufgabe stellt, ein ungewolltes Verstellen des Regulierventils während des Betriebes zu verhindern, die Druckschrift E1 in Betracht ziehen würde.
Die Druckschrift E1 lehrt den Fachmann, das Ventil zweiteilig herzustellen, nämlich mit einem Grundkörper (body part) 11 und einem Bolzen (stem part) 12, der mittels einer Schnappverbindung (snap fitting engagement) mit dem Grundkörper verbunden ist und an seinem Ende einen Ventilsitz 26 aufweist, wobei das Material des Bolzens 12 einen Ausdehnungskoeffizienten hat, der größer ist als der Ausdehnungskoeffizient des Türschließers.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK Die Absätze [0020] und [0021] beschreiben Vorteile dieser Vorrichtung.
Im Absatz [0020] werden Vorteile der Schnappverbindung angesprochen. Diese Verbindung ist kommerziell brauchbarer (more commercially viable) als die gängigen, durch Umspritzen hergestellten Ventile; darüber hinaus erlaubt sie eine leichtere Anpassung der thermischen Kompensation an spezifische Gegebenheiten.
Der Absatz [0021] beschreibt einen weiteren Vorteil, der erreicht wird, wenn das Gewinde 14 vom Arm 28 unterbrochen wird, so dass der Arm als Sperre wirkt, wenn der Grundkörper 11 in eine mit Innengewinde ausgeführte Bohrung eingeschraubt wird.
Der Fachmann, der diese Ausführungen zur Kenntnis nimmt, würde verstehen, dass dies in der Tat eine Lösung der sich ihm stellenden Aufgabe darstellen könnte. Er würde aber auch feststellen, dass dieser Vorteil innig mit der Bauweise des Ventils der Druckschrift E1 verbunden ist und sich nicht ohne weiteres auf das Ventil der Druckschrift E2 übertragen lässt. Der Fachmann würde also entweder feststellen, dass die Lehre der Druckschrift E1 sich nicht übertragen lässt, oder aber er würde das Ventil der Druckschrift E2 durch ein Ventil gemäß der Druckschrift E1 ersetzen, zumal dieses Ventil als eine Verbesserung des Ventils der Druckschrift E2 beschrieben ist. In beiden Fällen würde er aber nicht zum Gegenstand von Anspruch 1 gelangen.
Der Ansatz der Beschwerdeführerin, dass der Fachmann der Druckschrift E1 nur die Anregung entnimmt, eine Nut am Gewinde vorzusehen und den Regulierbereich mit einem elastischen Element auszustatten, der in die Nut eingreift, übergeht die Tatsache, dass die Ventile der Druckschriften E2 und E1 strukturell sehr verschieden sind; er beruht nach Auffassung der Kammer auf einer rückschauenden Betrachtungsweise.
Die Kammer ist daher zum Schluss gelangt, dass die Beschwerdegegnerin nicht überzeugend dargelegt hat, dass sich der Gegenstand von Anspruch 1 für den Fachmann in naheliegender Weise aus einer Kombination der Druckschrift E2 mit der Lehre der Druckschrift E1 ergibt.
b) Kombination mit der Druckschrift E3
Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass sich der Fachmann, der von der Druckschrift E2 ausgeht und sich die Aufgabe stellt, ein ungewolltes Verstellen des Regulierventils während des Betriebes zu verhindern, die Druckschrift E3 zur Lösung heranziehen würde.
Die Kammer teilt die Auffassung der Einspruchsabteilung, dass der Fachmann, der sich die objektive technische Aufgabe stellt, die Lösung nicht nur auf dem Gebiet der Regulierventile, sondern auch auf dem allgemeinen Gebiet der Schraubverbindungen, das ihm als Maschinenbauer vertraut ist, suchen würde.
Dabei würde er sich für selbstsichernde Befestigungselemente interessieren und bei seiner Suche auf diesem Gebiet auf die Druckschrift E3 stoßen. Diese Druckschrift betrifft selbstsichernde Befestigungselemente und beschreibt eine Lösung der Aufgabe, ein solches Befestigungselement zu schaffen, das ohne Verformung des Schafts hergestellt werden kann, und dessen Sicherungseinsatz nicht leicht entfernt werden kann bzw. sich beim Einschrauben in das Muttergewinde nicht leicht verlagert (siehe Seite 3, zweiter Absatz).
Die Druckschrift E3 lehrt den Fachmann, das Befestigungselement zu sichern, indem eine längliche Ausnehmung in nebeneinander liegenden Gewindegängen 16 geformt und ein Streifen 20 aus elastischem Material darin eingelassen wird.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Die Beschwerdeführerin war der Auffassung, dass der Fachmann die Lehre der Druckschrift E3 nicht in Betracht ziehen würde, da die dort offenbarte Schraube dazu bestimmt ist, fest angezogen und somit unter eine Vorspannung gebracht zu werden. Die Kammer teilt diese Auffassung nicht, da die Druckschrift E3 ein selbstsicherndes Befestigungselement offenbart, dessen Einsatz 20 eine selbstsichernde Wirkung entfaltet, sobald er mit dem Innengewinde der Bohrung in Berührung kommt. Ein festes Anziehen der Schraube ist dazu nicht erforderlich. Daher stellt die Schraube gemäß der Druckschrift E3 durchaus eine mögliche Lösung der objektiven technischen Aufgabe dar.
Die Beschwerdeführerin hat weiters geltend gemacht, dass die Lehre der Druckschrift E3 selbst den Fachmann abschrecken würde, da die Druckschrift offenbart, dass das statische Drehmoment beim Herausschrauben der Schraube nach dem fünften Herausschrauben um 30% verringert ist (siehe Seite 10, dritter Absatz). Diese Offenbarung der Druckschrift E3 ist nicht entscheidend, da die Verdrehsicherung demnach selbst nach wiederholtem Herausschrauben immer noch wirksam ist, wenn auch mit abnehmender Wirkung.
Die Lehre der Druckschrift E3 lässt sich problemlos auf das Regulierventil der Druckschrift E2 übertragen und führt den Fachmann zu einem Gegenstand nach Anspruch 1.
Die Kammer findet die Argumentation der Einspruchsabteilung in diesem Zusammenhang schlüssig und überzeugend.
Die Beschwerdeführerin hat dargelegt, dass der Stand der Technik reibschlüssige Schraubensicherungen nicht grundsätzlich als Verdrehsicherungen in Betracht zieht. Die Kammer kann sich diesem Vortrag nicht anschließen.
Die Druckschrift E5, die das einschlägige Fachwissen belegt, beschreibt mehrere Schraubensicherungen und schlägt sowohl formschlüssige als auch kraftschlüssige (reibschlüssige) Sicherungen vor (siehe z.B. Abb. 10.60a, die einen guten Überblick gibt). Als "Maßnahmen gegen selbsttätiges Losedrehen" werden unter anderem reibschlüssige Sicherungen genannt (Seite 450, Zeilen 7-8 und Seite 451, Zeilen 3-5).
Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass der Gegenstand von Anspruch 1 nicht erfinderisch ist gegenüber der Offenbarung der Druckschriften E2 und E3 in Kombination.
Die Tatsache, dass die Druckschrift E2 bereits im Jahr 1979 veröffentlicht wurde und dass auch Schraubensicherungen schon lange bekannt sind, dass aber eine Kombination erst im Jahr 2007 vorgeschlagen wurde, kann nicht zu einer anderen Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit führen. Solche Beweisanzeichen sind nur in Zweifelsfällen von Bedeutung, wenn also die objektive Bewertung der Lehren des Stands der Technik noch kein klares Bild ergibt (siehe "Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA", 8. Auflage, 2008, Punkt I.D.10.1). Dies ist hier aber nicht der Fall.
2.2 Ausgehend von der Druckschrift E1
2.2.1 Unterschiede
Die Druckschrift E1 offenbart ein Regulierventil, das in eine mit einem Innengewinde ausgeführte Bohrung eines hydraulischen Türschließers eingebracht wird (Spalte 4, Zeilen 24-25). Zusätzlich zu der in den Figuren 1 und 2 gezeigten Variante in der der Grundkörper 11 und der Bolzen 12 mit einer Schnappverbindung verbunden sind, beschreibt die Druckschrift E1 ein Ausführungsbeispiel, in dem nur der Grundkörper als Ventil verwendet wird, wobei der Zapfen (spigot) 15 die Rolle des Bolzens 12 bzw. des Regulierbereichs übernimmt. Die Beschwerdegegnerin hat ihren Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit auf diese Variante gestützt.
In der in den Figuren 1 und 2 gezeigten Variante ist der Arm 28, der die Verdrehsicherung bildet, eine Verlängerung des Bolzens 12 (siehe Absatz [0016]: "... At the end of the portion 27 remote from the section 22, there projects an arm 28 ..."). Da die Variante ohne Bolzen nur beiläufig erwähnt wird, geht aus der Druckschrift nicht unmittelbar und eindeutig hervor, ob diese Variante überhaupt eine Verdrehsicherung aufweisen würde. Darüber hinaus ist auch unbestritten, dass der Grundkörper 11 an der dem Ventilsitz zugewandten Seite keinen Hohlraum aufweist, in den sich der Regulierbereich erstreckt.
2.2.2 Objektive technische Aufgabe
Die Parteien waren sich einig, dass der erfindungsgemäße Hohlraum die technische Wirkung hat, dass eine bessere Verbindung zwischen dem Grundkörper und dem Regulierbereich hergestellt wird.
2.2.3 Naheliegen
Die Beschwerdeführerin hat argumentiert, dass der Fachmann, der von der Variante ohne Bolzen der Druckschrift E1 ausgeht und eine Lösung für die objektive technische Aufgabe sucht, feststellen würde, dass eine große Ähnlichkeit des Ventils mit dem Ventil der Druckschrift E2 besteht, zumal letzteres Ventil in der Druckschrift E1 eingehend gewürdigt wird, und dass er den Hohlraum aus der Druckschrift E2 übernehmen würde.
Diese Argumentation hat die Kammer nicht überzeugt. Die Druckschrift E1 offenbart eine Verbesserung des Ventils der Druckschrift E2. Der Fachmann würde also nicht ohne guten Grund auf die Offenbarung der Druckschrift E2 zurückgehen. Es ist für die Kammer auch nicht ersichtlich, warum der Fachmann, der von der Variante ohne Bolzen der Druckschrift E1 ausgeht, angesichts der Lehre der Druckschrift E2 einen Hohlraum vorsehen würde. Die Druckschrift E2 beschreibt zwar in Spalte 3, Zeilen 56-59 einen Hohlraum (bore) 56, offenbart aber keinen damit verbundenen technischen Vorteil. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, warum in der Variante ohne Bolzen der Druckschrift E1 das Vorsehen eines solchen Hohlraums zu einer besseren Verbindung zwischen dem Grundkörper und dem Regulierbereich führen würde, da der Zapfen 15 mit dem Grundkörper fest verbunden zu sein scheint.
Die Kammer ist daher zum Schluss gelangt, dass die Beschwerdeführerin nicht überzeugend dargelegt hat, dass auch eine Kombination der Druckschriften E1 und E2 den Gegenstand von Anspruch 1 nahelegt.
2.3 Ergebnis
Da der Gegenstand von Anspruch 1 nicht erfinderisch ist gegenüber der Offenbarung der Druckschriften E2 und E3 in Kombination, kann dem Hauptantrag nicht stattgegeben werden.
3. Hilfsantrag: erfinderische Tätigkeit
Die Beschwerdegegnerin hat den Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit ausgehend von den Druckschriften E2 und E1 erhoben. Die Kammer untersucht beide Argumentationslinien.
3.1 Ausgehend von der Druckschrift E2
3.1.1 Unterschiede
Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch das zusätzliche Merkmal 13, dem zufolge der Grundkörper und der Regulierbereich aus einem Kunststoffmaterial bestehen. Das Merkmal 13a ist optional ("insbesondere") und wird daher bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit nicht berücksichtigt.
In der Druckschrift E2 ist offenbart, dass der Regulierbereich aus Kunststoff hergestellt wird (Spalte 4, Zeilen 31-32; Anspruch 1), wohingegen der Grundkörper aus Stahl oder Aluminium (Spalte 4, Zeilen 15-24) oder allgemeiner aus Metall (Anspruch 1) besteht. Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheidet sich also (zusätzlich zu den Unterschieden, die unter Punkt 2.1.1 dargelegt wurden) dadurch von der Offenbarung der Druckschrift E2, dass auch der Grundkörper aus Kunststoffmaterial besteht.
3.1.2 Objektive technische Aufgabe
Das Streitpatent beschränkt sich auf die Aussage, dass auch der Grundkörper "selbstverständlich" aus einem Kunststoff hergestellt werden kann und offenbart als einen Vorteil, dass ein solcher Grundkörper leicht mit einer Farbe versehen werden kann (siehe Absatz [0009]).
Die Einspruchsabteilung scheint den Vorteil von Kunststoff in den geringeren Herstellungskosten gesehen zu haben. Darüber hinaus hat die Einspruchsabteilung eine Synergie des zusätzlichen Unterscheidungsmerkmals mit den Unterschieden, die unter Punkt 2.1.1 dargelegt wurden, gesehen. Sie hat dazu Folgendes ausgeführt:
"Die Einspruchsabteilung ist der Auffassung, dass die Art des Materials für den Grundkörper und die Art der Verdrehsicherung nicht auf eine bloße Aneinanderreihung von Merkmalen, sondern auf eine echte Kombination gerichtet sind. Die Wahl der Verdrehsicherung ist abhängig von der Art des Materials des Grundkörpers, da ein Kunststoffteil in einem einzigen Prozessschritt mit viel mehr Flexibilität in Bezug auf seine Form als ein metallisches Teil hergestellt werden kann. Außerdem hat eine Kunststoffgewinde, auch eines aus hartem Kunststoff, elastische Eigenschaften, die einen Einfluss auf das ungewollte Verstellen des Regulierventils während des Betriebes haben." (siehe Punkt 5.2 der angefochtenen Entscheidung)
Die Kammer kann keine direkte Synergie zwischen den Merkmalen erkennen, d.h. es ist weder erwiesen noch selbstverständlich, dass eine besondere technische Wirkung erreicht wird, die über die Summe der Einzelwirkungen hinausgeht. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Merkmale 7-9 eine Verdrehsicherung charakterisieren, die bei Verwendung in einem Grundkörper aus Kunststoffmaterial besondere Vorteile bietet. Daher ist es angebracht, die Unterscheidungsmerkmale gesondert zu betrachten und sie jeweils als Lösung einer Teilaufgabe zu verstehen.
Die Kammer ist zum Schluss gelangt, dass der Fachmann verstehen würde, dass die Wahl eines Grundkörpers aus Kunststoffmaterial die technische Wirkung hat, dass das Herstellungsverfahren vereinfacht wird, da es z.B. möglich ist, beide Teile durch Einspritzung herzustellen. Daher besteht die durch das zusätzliche Unterscheidungsmerkmal gelöste objektive technische Aufgabe nicht nur in der Bereitstellung einer Alternative, sondern in der Vereinfachung des Herstellungsverfahrens.
3.1.3 Naheliegen
Da bei der Prüfung des Hauptantrags schon dargelegt wurde, dass das Bereitstellen einer Verdrehsicherung zur Lösung der in Punkt 2.1.2 genannten Aufgabe angesichts der Lehre der Druckschrift E3 nicht als erfinderisch gelten kann (siehe Punkt 2.1.4 b)), ist im Zusammenhang mit der erfinderischen Tätigkeit von Anspruch 1 des Hilfsantrags also nur zu untersuchen, ob der Fachmann, der vom Ventil der Druckschrift E2 ausgeht und sich die unter Punkt 3.1.2 beschriebene (Teil-)Aufgabe stellt, ein leichter herstellbares Ventil zu entwickeln, eine Lösung in der Druckschrift E1 suchen und auch finden würde.
Da die Druckschrift E1 eine Verbesserung des Ventils der Druckschrift E2, das in den Absätzen [0002] bis [0004] eingehend gewürdigt wird, beschreibt, ist es nicht abwegig, anzunehmen, dass der Fachmann, der von der Druckschrift E2 ausgeht und sich die Teilaufgabe stellt, in leichter herstellbares Ventil zu entwickeln, die Druckschrift E1 in Betracht ziehen würde.
In der Druckschrift E1 wird die Frage der Herstellbarkeit allerdings nicht angesprochen. Das dort offenbarte Ventil wird als vorteilhaft in Hinblick auf die Schnappverbindung und die Übertragung von Vibrationen beschrieben (siehe insbesondere die Absätze [0021] bis [0023]). Die Möglichkeit, den metallischen Grundkörper aus Kunststoffmaterial herzustellen, wird in Spalte 5, Zeilen 15-21) erwähnt, aber die Formulierung ist sehr hypothetisch ("It will be appreciated that although the body part 11 would normally be made of metal to provide the required strength, it might be possible for the compensation to be by way of the body part 11 being of plastics material or the like with the stem part being of a material having a lower co-efficient of linear expansion."; Hervorhebung durch die Kammer) und erwähnt keinen Vorteil, der aus dieser Variante erwachsen würde. Darüber hinaus verbindet die Druckschrift E1 die Wahl von Kunststoff explizit mit einer besonderen Wahl des Materials des Grundkörpers (nämlich eines Materials mit geringem Ausdehnungskoeffizienten), die in Anspruch 1 keinen Ausdruck findet.
Die Kammer teilt daher die Auffassung der Einspruchsabteilung, dass der Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit auf der Grundlage der Kombination der Druckschriften E2, E3 und E1 einer rückschauenden Betrachtungsweise entspringt.
3.2 Ausgehend von der Druckschrift E1
Die Kammer hat bereits dargelegt, dass die Kombination der Druckschriften E1 und E2 den Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags nicht nahelegt (siehe Punkt 2.2). Daraus folgt, dass auch der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags, der sich von Anspruch 1 des Hauptantrags nur durch ein zusätzliches Merkmal unterscheidet, sich nicht in naheliegender Weise aus der Kombination der Druckschriften E1 und E2 ergeben kann.
3.3 Ergebnis
Es wurde nicht überzeugend dargelegt, dass sich der Gegenstand von Anspruch 1 in naheliegender Weise aus dem der Kammer vorgelegen Stand der Technik ergibt.
Somit steht einer Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Form auf Grundlage des Hilfsantrags nichts im Wege.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent im geändertem Umfang in folgender Fassung aufrechtzuerhalten :
- Patentansprüche 1 bis 10 gemäß dem während der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrag;
- angepasste Beschreibung, Seiten 1 bis 7 gemäß dem während der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrag;
- Zeichnungen 1 bis 4 der Patentschrift.