T 0190/14 () of 29.6.2017

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2017:T019014.20170629
Datum der Entscheidung: 29 Juni 2017
Aktenzeichen: T 0190/14
Anmeldenummer: 03767653.3
IPC-Klasse: B42D 15/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Sicherheitselement mit zwei unterschiedlichen, lesbaren Informationen
Name des Anmelders: Giesecke & Devrient GmbH
Name des Einsprechenden: Leonhard Kurz Stiftung & Co. KG
DE LA RUE INTERNATIONAL LIMITED
Hueck Folien Ges.m.b.H.
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Schlagwörter: Neuheit - Hauptantrag (nein)
Neuheit - Hilfsanträge 1 bis 4 (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 5 (nein)
Im erstinztanzlichen Verfahren spät eingereichter Hilfsantrag 6 - Antrag eindeutig gewährbar (nein) - Zugelassen (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Entscheidung der Ein­spruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 1 575 785 widerrufen worden ist.

II. Die Einsprüche der Einsprechenden 1, 2 und 3 stützten sich auf die in Artikel 100(a) EPÜ genannten Ein­spruchsgründe der fehlenden Neuheit, Artikel 54 EPÜ 1973 und mangelnden erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ 1973.

Die Einspruchsabteilung führte zudem den Einspruchs­grund gemäß Artikel 100(b) EPÜ von Amts wegen ein (Artikel 114(1) EPÜ).

III. Die Einspruchsabteilung hat entschieden:

- dass die beanspruchte Erfindung des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 bis 4 den Anforderungen des Artikels 100(b) EPÜ nicht genügen;

- dass der Gegenstand der Ansprüche 23 bis 25 des Hauptantrags den Anforderungen des Artikels 100(a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ nicht genügt;

- dass der jeweilige Gegenstand des Anspruchs 1 der Hilfsanträge 1 bis 4 den Anforderungen des Artikels 100(c) EPÜ nicht genügt;

- dass der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 3 des Hilfsantrags 5 (entspre­chen Ansprüchen 23 bis 25 des Hauptantrags) den Anforderungen des Artikels 100(a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ nicht genügt; und

- dass Hilfsantrag 6 nicht zugelassen wird.

IV. Am 29. Juni 2017 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt, ohne die Beschwerdegegnerin II, deren Vertreter die Kammer zuvor davon informierte, dass sie bei der Verhandlung nicht anwesend sein würde.

V. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und als Haupt­an­trag das Patent in der erteilten Fassung, oder hilfs­wei­se auf der Grundlage einer der folgenden Hilfs­an­träge, aufrechtzuerhalten:

- Hilfsanträge 1a, 2a, eingereicht mit Schreiben vom 2. April 2014

- Hilfsantrag 1, eingereicht mit Schreiben vom 5. Januar 2012

- Hilfsanträge 5 und 6, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 5. November 2013

- Hilfsanträge 2, 3, 4, eingereicht mit Schreiben vom 30. April 2013.

Die Beschwerdeführerin beantragte zusätzlich den Ein­spruchsgrund gemäß Artikel 100(b) EPÜ nicht zum Ver­fah­ren zuzulassen und die Rückzahlung der Beschwerdege­bühr.

VI. Die Beschwerdegegnerinnen I und III (Einsprechende 1 und 3) beantragten die Beschwerde zurückzuweisen.

VII. Die Beschwerdegegnerin II hat im schriftlichen Ver­fahren beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und zusätzlich, die Zurückverweisung an die Vorinstanz, sofern der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100(b) EPÜ entweder nicht zugelassen wird, oder dessen Anforde­rungen von der Kammer als erfüllt angesehen werden, bzw. die Anforderungen des Artikels 100(c) EPÜ in Bezug auf Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 von der Kammer als erfüllt angesehen werden. Die Beschwerdegegnerin II hat zudem beantragt, den Hilfsantrag 6 zum Verfahren nicht zuzulassen.

VIII. Diese Entscheidung nimmt Bezug auf folgende Druck­schrif­ten aus dem Einspruchsverfahren:

B1: EP-A-0 659 587;

B2: WO-A-91/06925;

B3: US-B-6,474,695.

IX. Der unabhängige Anspruch 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung (Hauptantrag) lautet wie folgt:

"Sicherheitselement (12, 18) mit einer Abdeckschicht (22; 42; 50), die Aussparungen (24; 30, 32, 34; 44) in Form von Zeichen oder Mustern aufweist, die eine visuell und/oder maschinell lesbare erste Information bilden, wobei in den Aussparungen (24; 30, 32, 34; 44) registerhaltig ein Druckbild (26; 36, 38, 40; 46, 48; 52) angeordnet ist, das eine visuell und/oder maschinell lesbare zweite Information bildet, dadurch gekennzeichnet, dass der Informationsgehalt der ersten und der zweiten Information unterschiedlich ist."

X. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1, 1a und 3 sind identisch und unterscheiden sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags nur durch den durch die Kammer hervorgehobenen Text:

"Sicherheitselement (12, 18) mit einer Abdeckschicht (22; 42; 50), die Aussparungen (24; 30, 32, 34; 44) in Form von Zeichen oder Mustern aufweist, wobei die Aussparungen Buchstaben oder Zahlen bilden, die eine visuell und/oder maschinell lesbare erste Information bilden, wobei in den Aussparungen (24; 30, 32, 34; 44) registerhaltig ein Druckbild (26; 36, 38, 40; 46, 48; 52) angeordnet ist, wobei das Druckbild Buchstaben oder Zahlen bildet, die [deleted: das] eine visuell und/oder maschinell lesbare zweite Information bilden[deleted: t], dadurch gekenn­zeichnet, dass der Informationsgehalt der ersten und der zweiten Information unterschiedlich ist."

XI. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2, 2a und 4 sind identisch und unterscheiden sich vom Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 nur dadurch, dass im Anspruch 1 folgender Text am Ende des Anspruchs hinzugefügt ist:

"und dass die Abdeckschicht (22; 42; 50) eine Metallbeschichtung umfasst, bevorzugt, dass die Metallbeschichtung aus Aluminium, Gold, Kupfer, Eisen, Nickel oder aus einer Legierung gebildet ist, die eines oder mehrere dieser Metalle enthält."

XII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 entspricht dem erteilten Verfahrensanspruch 23:

"Verfahren zur Herstellung eines Sicherheitselements mit einem Druckbild und einer Abdeckschicht, wobei die Abdeckschicht Aussparungen in Form von Zeichen oder Mustern aufweist, wobei zunächst die Abdeckschicht mit den Aussparungen auf eine Trägerfolie aufgebracht wird, und das Druckbild dann in Digitaldruck registerhaltig in den Aussparungen der Abdeckschicht erzeugt wird."

Dieser Anspruch bildet zudem Anspruch 23 des Hauptan­trags und Anspruch 21 des Hilfsantrags 1.

XIII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 lautet:

"1. Verfahren zur Herstellung eines Sicherheitselements (12, 18) mit einer Abdeckschicht (22; 42; 50), die Aus­sparungen (24; 30, 32, 34; 44) in Form von Zeichen oder Mustern aufweist, die eine visuell und/oder maschi­nell lesbare erste Information bilden, wobei in den Ausspa­rungen (24; 30, 32, 34; 44) registerhaltig ein Druck­bild (26; 36, 38, 40; 46, 48; 52) angeordnet ist, das eine visuell und/oder maschinell lesbare zweite Infor­mation bildet, wobei der Informationsgehalt der ersten und der zweiten Information unterschiedlich ist dadurch gekennzeichnet, dass zunächst die Abdeckschicht mit den Aussparungen auf eine Trägerfolie aufgebracht wird, und dass das Druckbild dann in Digitaldruck registerhaltig in den Aussparungen der Abdeckschicht erzeugt wird."

XIV. Die Beschwerdeführerin hat im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Fol­gendes vorgetragen:

In der angefochtenen Entscheidung ist nicht begründet, warum Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 nicht die Anfor­de­rungen des Artikels 100(b) EPÜ erfülle: Die ange­foch­tene Entscheidung verweise hierzu lediglich auf die ent­sprechende Begründung zum Hauptantrag und sei somit nicht auf das zusätzliche Merkmal eingegangen, dass die Ansparungen und das Druckbild aus "Buchstaben oder Zahlen" gebildet seien.

Die ange­foch­tene Entscheidung begründe ebenfalls nicht, warum die schriftlich vorgetragenen Argumente vom 30. April 2013 (Punkt III.3) mit Bezug zur Entscheidung T 727/00 beim Hilfsantrag 1 nicht erfolg­reich waren. Die Einspruchsabteilung habe sich geweigert, die Debat­te nach Verkündung der Auffassung der Einspruchs­abtei­lung bezüglich Artikel 100(c) EPÜ wieder zu eröffnen. Aus diesen Gründen liege ein schwerwiegender Verfah­rens­fehler vor, welcher die Rückzahlung der Beschwer­degebühr rechtfertige.

Der Ein­spruchs­grund gemäß Artikel 100(b) EPÜ hätte nicht von der Einspruchsabteilung von Amts wegen einge­führt werden dürfen: die Begründung in der Einspruchs­entscheidung sei dabei nur von Anspruch 1 für sich betrachtet ausgegangen und die Tatsache, dass keiner der Einsprechenden den Ein­spruchs­grund gemäß Artikel 100(b) EPÜ vorgebracht habe, spräche dafür, dass dieser Einspruchs­grund nicht prima facie relevant sei.

Der Begriff "Informationsgehalt" im kennzeichnenden Merkmal des erteilten Anspruchs 1 sei wie folgt zu verstehen: Ein Informationsgehalt stelle lediglich die Menge aller möglichen Interpretationen eines Buch­sta­bens oder einer Zahl bereit. Der Informationsgehalt sei als ein abstraktes Konzept geeignet, eine erste Infor­ma­tion von einer zweiten Information zu unterscheiden. Wie ein solcher unterschiedlicher Informationsgehalt bewerkstelligt werde sei dahingestellt, dieser müsse lediglich im Kontext des Sicherheitselements mit bloßem Auge oder maschinen­lesbar sein. Es gäbe eine Mehrzahl an Möglichkeiten den Begriff des Informationsgehalts zu bestimmen, was an sich nicht schädlich sei. Somit seien auch semantische Bedeutungen als auch der soziokultu­rel­le Hintergrund eines menschlichen Betrachters dahingestellt. Bei mehrdeutigen Informationen könne der erwünschte Infor­mationsgehalt z.B. in einem maschinellen Lesegerät mittels einer Tabelle umgesetzt werden. Die Erfindung sei daher so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne.

Die Druckschrift B1 offenbare ein Sicher­heits­element von dem sich der Gegenstand des Anspruchs 1 durch den kennzeichnenden Teil unterscheide. Die z.B. in Figur 7 offenbarten erste 5 und zweite Informationen 8 würden beide die Buchstaben "PL" in unterschiedlicher Größe und/oder mit unterschiedlichem visuellen Eindruck darstellen. Da sich die Buchstaben "PL" der ersten 5 und zweiten Information 8 gleichen, erkenne der Fach­mann, dass diese gleichen Buchstaben lediglich in ihrer Größe skaliert seien. Bei einem Skalieren der Größe handele es sich jedoch nicht um ein Variieren des Informations­gehalts, genau wie dies bei einem Variieren des visu­ellen Eindrucks der Falls sei. Der visuelle Ein­druck könne mittels unterschiedlicher gestalte­rischer Möglich­keiten derart variiert werden, dass stets der gleiche Informationsgehalt widergespiegelt werde. Die z.B. in Figur 7 offenbarte erste 5 und zweite Information 8 würden daher beide den gleichen Informationsgehalt haben, nämlich die Buchstaben "PL". Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hauptantrag) sei somit gegenüber dem in der Druckschrift B1 offenbarten Sicher­heits­element neu.

Die zusätzliche Einschränkung auf "Buchstaben oder Zahlen" des Anspruchs 1 der Hilfsanträge 1, 1a und 3 bewirke, dass der Informationsgehalt, den Buchstaben oder Zahlen bereitstellen würden, nicht von deren Größe oder visuellen Eindruck abhängig sei. Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hilfsanträge 1, 1a und 3) sei somit gegenüber dem in der Druckschrift B1 offenbarten Sicher­heits­element neu.

Der weiter eingeschränkte Gegenstand des Anspruchs 1 (Hilfsanträge 2, 2a und 4) sei gegenüber dem in der Druckschrift B1 offenbarten Sicher­heits­element neu.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5 unterscheide sich von der Druck­schrift B3 nur dadurch, dass das Druckbild im Digitaldruck er­stellt werde. Die Druckschrift B3 enthalte keine Anzei­chen dafür, dass auch ein Herstellen des Druckbildes in kleinen Serien oder bei individueller Gestaltung ein Ziel sein könnte. Die sich daraus ergebende Aufgabe sei somit, das Druck­bild kostengünstiger herzustellen. Der Fachmann würde die Druckschriften B3 und B2 nicht kom­binieren, weil ein mehrlagiger Schichtenaufbau, wie er für Banknoten (Druckschrift B2) typisch sei, bei Sicherheitsfäden (Druckschrift B3) unty­pisch sei. So ist es vielmehr der Fall, dass Sicherheits­fäden in ein bestehendes Wert­do­kument eingebracht wer­den und hierbei andere struktu­relle Merkmale aufweisen als die Banknote an sich. Selbst wenn der Fachmann ausgehend von der Druckschrift B3 die Druckschrift B2 zu Rate ziehen würde, so würde er nicht in nahelie­gen­der Weise zum erfindungsgemäßen Gegenstand gelangen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hilfs­antrag 5) beruhe auf einer erfinderischen Tätig­keit.

Der "Grundsatz der eindeutigen Gewährbarkeit" besage, dass verspätet eingereichte Ansprüche nicht zum Ver­fahren zugelassen werden, wenn sie nicht eindeutig gewährbar seien, d. h. eindeutig nicht den Erfor­der­nissen des EPÜ genügten. Die angefochtene Entschei­dung (Punkt 6.1.1) begründe die Ablehnung des Antrags damit, dass dieser vermutlich gegen Artikel 83 EPÜ aus den gleichen Gründen wie Anspruch 1 des Hauptantrags verstoße. Die Einspruchsabteilung habe somit ihr Ermessen, den spät vorgebrachten Hilfsantrag 6 zum Verfahren nicht zuzulassen, nicht richtig ausgeübt.

Im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 sei das Merkmal des "unterschiedlichen Infor­mationsgehalts" zusätzlich mit aufgenommen worden, um sich deutlicher vom Stand der Technik abzugrenzen. Hilfsantrag 6 sollte zum Verfahren zugelassen werden.

XV. Die Beschwerdegegnerinnen I bis III haben im schrift­lichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Die Tatsache, dass keiner der Einsprechenden den Ein­spruchs­grund gemäß Artikel 100(b) EPÜ im Einspruchs­verfahren vorgebracht habe, belege nicht, dass dieser Einspruchs­grund prima facie nicht relevant sei. "Dieses Argument [sei] nicht schlüssig, denn dann wäre es der Einspruchsabteilung in jedem Fall unmöglich, einen Einspruchsgrund, der nicht von einem Einspre­chen­den eingebracht wurde, ins Verfahren einzubringen" (Be­schwer­de­erwiderung der Beschwerde­gegnerin III, Seite 2, vorletzter Absatz; Siehe auch Beschwerdeerwiderung II, Seite 3, erster Absatz). Die Einspruchs­abteilung habe ihr Ermessen gemäß Artikel 114(1) EPÜ nicht falsch ausgeübt. Ferner habe die Ein­spruchs­abteilung ent­schieden, dass der Hauptantrag und Hilfs­anträge 1 bis 4 den Anforderungen des Artikels 100(b) EPÜ nicht genü­gen. Die Relevanz des Einspruchs­grunds gemäß Artikel 100(b) EPÜ habe sich daher in der angefochtenen Ent­scheidung bestätigt.

Der Begriff "Informationsgehalt" werde im Streitpatent nur in den Absätzen [0013], [0015] und [0016] ver­wen­det, ohne dass es dazu weitergehende Erklärungen gäbe. Die Ausführungsbeispiele enthielten keinerlei Aussagen zu den Informationen oder zu deren Informa­tionsgehalt. Das kennzeichnende Merkmal des erteilten Anspruchs 1, "der Informationsgehalt der ersten und zweiten Informa­tion [ist] unterschiedlich", sei deshalb so unklar, dass der Fachmann keine Kri­te­rien habe, an Hand derer er bestimmen könne, wie dieser Informationsgehalt der ersten und zweiten Information zuzuordnen wäre. Die Erfindung sei deshalb nicht ausreichend offenbart.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei unter Anderem ge­gen­über dem Beispiel der Figur 7 der Druckschrift B1 nicht neu.

Im Ausführungsbeispiel der Figur 7 der Druckschrift B1 würden die Aussparungen, bzw. das Druckbild jeweils Buchstaben oder Zahlen bilden. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß der Hilfsanträge 1, 1a und 3 sei gegenüber dem Beispiel der Figur 7 der Druckschrift B1 nicht neu.

Ferner seien im Ausführungsbeispiel der Figur 7 der Druckschrift B1 die Aussparungen 5 in einer Metall­schicht 4 eingebracht (Spalte 7, Zeilen 15 bis 21). Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß der Hilfsanträge 2, 2a und 4 sei gegenüber der Druckschrift B1 ebenfalls nicht neu.

Die Einspruchsentscheidung gehe bereits von der Druck­schrift B3 aus (Punkt 2.3.2.2). Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5 unterscheide sich davon nur dadurch, dass das Druckbild in Digitaldruck erstellt werde. Die sich daraus ergebende Aufgabe sei gemäß Streitpatent, das Druckbild wirt­schaftlich bei Kleinserien und bei Individuali­sierung herzustellen. Die Sicherheitsmerkmale betreffende Druckschrift B2 offenbare diese Vorteile für Digital­druck (siehe Seite 6, Zeile 27: "electronic printing"; Seite 5, Zeile 17: "ink jet imaging"; Seite 6, Zeilen 27 bis 29 und 34, 35). Der Fachmann brauche nicht erfinderisch tätig zu werden, wenn er die aus der Druckschrift B2 bekannte Lösung ("Digitaldruck") für die ihr zugeschriebene bekannte Wirkung ("Individualisierung des Druckbilds") verwende und somit unmittelbar zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelange. Der Gegenstand des Anspruchs 1 (Hilfs­antrag 5) beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das zusätzliche Merkmal des "unterschiedlichen Infor­mationsgehalts" im Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 sei nicht geeignet den Gegenstand gegenüber den Druck­schrif­ten B3 und B2 erfinderisch abzugrenzen. Der im Einspruchsverfahren spät vorgebrachte und bereits nicht zugelassene Hilfsantrag 6 sollte im Beschwerdeverfah­ren ebenfalls nicht zugelassen werden.

Entscheidungsgründe

1. Einwand eines Begründungsmangels in der angefochtenen Entscheidung und mangelnden rechtlichen Gehöhrs

1.1 Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass die ange­foch­tenen Entscheidung lediglich auf die entsprechende Begründung zum Hauptantrag verweise und dass somit nicht auf das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 des damaligen Hilfsantrags 1 eingegangen wurde, dass die Ansparungen und das Druckbild aus "Buchstaben oder Zahlen" gebildet sind.

Die ange­foch­tene Entscheidung setzt sich allerdings bereits im Zusammenhang mit Anspruch 1 des Hauptantrags mit dem semantischen Ansatz zum Verständnis des Begriffs "Infor­ma­tions­gehalts" im Punkt 2.1.2 aus­einander. Insbesondere wird dabei vorgreifend darauf eingegangen, dass die Argumente auch bei "Buchstaben oder Zahlen" zutreffen (Seite 11, erster Absatz).

Die Einspruchsentscheidung ist daher gegenüber dem Ge­gen­stand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 insbe­son­dere in Bezug auf das zusätzliche Merkmal "Buch­staben oder Zahlen" ausreichend begründet. Dement­spre­chend kann die Kammer diesbezüglich keinen Verfahrens­mangel erkennen.

1.2 Die Beschwerdeführerin argumentiert weiter, dass in der ange­foch­tenen Entscheidung ungenügend begründet sei, warum ihre schriftlichen Argumente vom 30.04.2013 (Punkt III.3) mit Bezug zur Entscheidung T 727/00 im Zusammenhang mit Hilfsantrag 1 nicht erfolgreich waren.

Selbst wenn zu Gunsten der Beschwerdeführerin angenom­men werden würde, dass die Einspruchsabteilung ein Ar­gu­ment der Beschwerdeführerin bezüglich des Einspruchs­grunds nach Artikel 100(c) EPÜ zum Hilfsantrag 1 nicht berücksichtigt oder begründet hätte, so wäre dies im vorliegenden Fall kein die Rückzahlung der Beschwerde­gebühr rechtfertigender wesentlicher Verfahrensmangel, weil gemäß der Ein­spruchsentscheidung der damalige Hilfsantrag 1 eben­falls den Anforderungen des Artikels 100(b) EPÜ nicht genügt, so dass die Beschwerde­führerin dennoch eine Beschwerde hätte einlegen müssen.

1.3 Die Beschwerdeführerin argumentiert zusätzlich, die Ein­spruchs­abtei­lung habe sich geweigert, die Debat­te nach Verkündung ihrer Auffassung bezüglich Artikel 100(c) EPÜ zum Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 wieder zu eröff­nen.

Laut Protokoll Punkt 4 hatte die Beschwerde­führe­rin die Gelegenheit sich zu den Ein­wänden bezüglich Artikel 100(c) EPÜ zu äußern, bereits genutzt, so dass sie das ihr zustehende rechtliche Gehör diesbezüg­lich bereits wahr­neh­men konnte und wahrgenom­men hat. Es wurde nicht vorgetra­gen, dass das Protokoll in diesem Punkt fehler­haft gewesen wäre. Ein wesentlicher Verfah­rensmangel liegt diesbezüglich nicht vor.

1.4 Somit liegt kein wesentlicher Verfahrensmangel vor. Die Rückerstattung der Beschwerdegebühr ist unter diesen Umständen nicht möglich, weil die Anforderungen der Regel 103(1)a) EPÜ nicht erfüllt sind.

2. Artikel 100(b) EPÜ - Zulässigkeit im Einspruchsverfah­ren

Die Einspruchsabteilung hat den Einspruchs­grund gemäß Artikel 100(b) EPÜ von Amts wegen gemäß Artikel 114(1) EPÜ eingeführt. Im Abschnitt 2.1.1 der angefochtenen Entscheidung wird dies damit begründet, dass der Fach­mann nicht wisse, wie das kennzeichnende Merkmal des erteilten Anspruchs 1, "der Informationsgehalt der ersten und zweiten Information [ist] unterschiedlich", zu bestimmen sei und es hierzu in der Beschreibung keine entsprechenden Hinweise gäbe.

Das Argument der Beschwerdeführerin, die Einspruchs­abteilung hätte nur den Anspruch 1 betrachtet, trifft daher nicht zu (siehe angefochtene Entschei­dung, Seite 10, erster Absatz "Auch in der Beschreibung findet der Fachmann nicht auf Anhieb welche Informationsart bzw. -gehalt zu prüfen ist, womit es notwendig wird der Einspruchsgrund des Art. 100(b) einzuführen").

Die Beschwerdeführerin argumentiert zusätzlich, dass die Tat­sache, dass keiner der Einsprechenden den Ein­spruchs­grund gemäß Artikel 100(b) EPÜ vorgebracht haben, dafür spräche, dass dieser Einspruchs­grund prima facie nicht relevant sei.

Dieses Argument ist nicht schlüssig, denn dann wäre es der Einspruchsabteilung in jedem Fall unmöglich, einen Einspruchsgrund, der nicht von einem Einsprechenden vorgetragen wurde, ins Verfahren einzubringen.

Es wurde ferner nicht belegt, dass die Einspruchs­abteilung ihr Ermessen gemäß Artikel 114(1) EPÜ falsch ausgeübt hätte, bzw. dass die Einspruchsabteilung ihr Ermessen nach Maßgabe der falschen Kriterien, unter Nichtbeachtung der richtigen Kriterien und in will­kürlicher Weise ausgeübt hat. Die Beschwerdefüh­rerin hat hierzu lediglich ausgeführt, dass ihrer Meinung nach, die Erfindung ausreichend offenbart ist - dies ist aber eine andere Fragestellung als diejenige, ob die Einspruchs­abteilung ihr Ermessen gemäß Artikel 114(1) EPÜ falsch ausgeübt habe.

Die Einspruchs­abteilung ist dagegen zu dem Schluss ge­kommen, dass der Hauptantrag und Hilfs­anträge 1 bis 4 den Anforderungen des Artikels 100(b) EPÜ nicht genü­gen. Die Einspruchsentscheidung ist daher bezüglich der Relevanz des Einspruchs­grunds gemäß Artikel 100(b) EPÜ schlüssig.

Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass die Ein­spruchs­abteilung den Einspruchsgrund nach Artikel 100(b) EPÜ gemäß Artikel 114(1) EPÜ in das Verfahren eingeführt hat, ohne dabei ihr Ermessen falsch ausgeübt zu haben.

3. Zurückverweisung an die Vorinstanz - Hauptantrag und Hilfsanträge 1 und 1a

Die für diese Anträge relevanten Einwände bezüglich Ar­tikel 100(b) EPÜ, bzw. die für die Einwände bezüglich Arti­kel 100(a) EPÜ relevanten Drucksschriften B1 bis B3 wur­den bereits in der Einspruchsentscheidung behandelt.

Die Kammer hat keine Veranlassung, diese in der Be­schwer­debegründung und den Beschwerdeer­wide­rungen eben­falls angesprochenen Einwände ohne diesbezügliche Stel­lung­nahme der Kammer zur nochmaligen Behand­lung durch die Einspruchs­abteilung zurückzuver­weisen.

4. Auslegung des Begriffs "Informationsgehalt" im kenn­zeich­nenden Teil des erteilten Anspruchs 1 ("der Informationsgehalt der ersten und zweiten Information [ist] unterschiedlich")

Die Beschwerdeführerin hatte diesen Begriff im schrift­lichen Verfahren zunächst als "semantischer Informa­tions­gehalt" bzw. als "Bedeutungen" verstanden (siehe auch Be­schwer­de­be­grün­dung, Abschnitt II.1.a), die der ersten Information ("Ausspa­rungen in Form von Zeichen oder Mustern") und der zweiten Information ("Druck­bild") von einem Menschen zugeordnet werden könnten. Dieser Ansatz wurde nach der Mitteilung der vorläufigen Meinung der Kammer nicht mehr weiterverfolgt.

In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer wurde sei­tens der Beschwerdeführerin stattdessen vorgetragen, dass der Fachmann diesen Begriff wie folgt verstehe: Ein Informationsgehalt stelle lediglich die Menge aller möglichen Interpretationen eines Buch­sta­bens oder einer Zahl bereit. Der Informationsgehalt sei als ein ab­strak­tes Konzept geeignet, eine erste Informa­tion von einer zweiten Information zu unterscheiden. Wie ein solcher unterschiedlicher Informationsgehalt bewerk­stelligt werde, sei dahingestellt, dieser müsse ledig­lich im Kontext des Sicherheitselements mit bloßem Auge oder maschinen­lesbar sein. Es gäbe eine Mehrzahl an Möglichkeiten den Begriff des Informationsgehalts zu bestimmen, was an sich nicht schädlich sei. Somit seien auch semantische Bedeutungen als auch der soziokultu­rel­le Hintergrund eines menschlichen Betrachters dahin­gestellt. Bei mehrdeutigen Informationen könne der er­wünschte Infor­mationsgehalt z.B. in einem maschinellen Lesegerät mittels einer Tabelle umgesetzt werden.

Die Kammer kommt daher zu Schluss, dass gemäß der Beschwerdeführerin der Begriff "Informationsgehalt" breit auszulegen ist. Dieser Ansatz ent­spricht auch der Patentschrift, weil diese, wie auch von den Beschwer­de­gegnerinnen vorge­tragen, keine weiteren konkreten Anga­ben zum "Informa­tionsgehalt" enthält.

Dementsprechend ist das kennzeichnende Merkmal des erteilten Anspruchs 1, "der Informationsgehalt der ersten und zweiten Information [ist] unterschiedlich", so zu verstehen, dass jede technische Umsetzung eines abstrakten Konzepts, welches geeignet ist, eine erste Informa­tion von einer zweiten Infor­mation zu unter­scheiden, mit umfasst ist.

Diese Auslegung bildet fortan die Grundlage zur Beur­tei­lung der Einwände der Beschwerdegegnerinnen insbe­sondere in Bezug auf Artikel 100(a) und (b) EPÜ.

5. Einwand der fehlenden Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 (Hauptantrag) gegenüber der Druckschrift B1

5.1 Anspruch 4 der Druckschrift B1 offenbart ein Sicher­heits­element in Form eines Fadens oder Bandes, das aus einer lichtdurchlässigen Kunststofffolie mit zumindest teilweiser opaker Beschichtung ("Abdeck­schicht") be­steht, wobei die Beschichtung lichtdurchlässige Berei­che ("Aussparungen") in Form von visuell und/oder ma­schinell lesbaren Zeichen oder Mustern aufweist, die eine erste Information bilden, wobei auf der Kunst­stoff­folie (6, 10) eine zweite Information (8, 18, 12) in Form von visuell und/oder maschinell lesbaren Zei­chen oder Mustern aufgedruckt (Druckschrift B1, An­spruch 2) ist, die sie von der ersten Information bezüglich ihrer Größe und/oder ihrem visuellen Eindruck unterscheidet, wobei die erste und zweite Information (8, 18) ineinander angeordnet sind (Druckschrift B1, An­spruch 4, Figur 7). Letzteres impli­ziert, dass das der zweiten Information entspre­chende Druckbild registerhaltig zu den Aussparungen angeordnet ist.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Da sich die zweite Information von der ersten Informa­tion bezüglich ihrer Größe und/oder ihrem visuellen Eindruck unterscheidet, ist das kennzeichnende Merkmal des Anspruchs 1 des Hauptantrags "der Informationsge­halt der ersten und zweiten Information [ist] unter­schiedlich" in seiner breiten Auslegung er­füllt.

5.2 Seitens der Beschwerdeführerin wurde vorgetragen, dass der Fachmann die erste Information (Aussparungen 5 in Form der Buchstaben "PL") und die zweite Information (Aufdruck 8 der Buchstaben "PL"), die sich bezüglich ihrer Größe und/oder ihrem visuellen Eindruck zwar unter­scheiden aber den gleichen Informationsgehalt (nämlich die Buchstaben "PL") hätten, weil er den Inhalt von der Darstellung trennen würde.

Die Kammer kann sich diesem Argument nicht anschließen, weil dabei der Begriff "Informationsgehalt" enger ausgelegt wird, als oben unter Punkt 4 angegeben. Eine Beschränkung auf die semantische Information der Buch­staben ist enger als "jede techni­sche Um­set­zung eines abstrakten Konzepts, welches geeig­net ist, eine erste Informa­tion von einer zweiten Infor­mation zu unter­scheiden". Für diese engere Ausle­gung gibt es in der Patentschrift, wie oben ausgeführt, keine Grundlage.

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

Das Gegenteil ist der Fall: In der Mitte des Ausfüh­rungs­beispiels der Figur 3 (Absätze [0041] und [0043] der Patentschrift) sind die Ausspa­rungen 32 in Form der Zahl "100" geformt. In diese ziffern­förmigen Aus­spa­rungen 32 ist im Digital­druck die Darstellung einer Landesflagge 40 entspre­chend der Farbgebung der jewei­ligen Flagge eingebracht. Somit sind sowohl die Ausspa­rungen als auch das Druck­bild beide in Form der Zahl "100" und unterscheiden sich lediglich in ihrem visuel­len Eindruck. Diese Situation ist mit dem der Figur 7 der Druckschrift B1 unmittelbar vergleichbar.

Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist somit gegenüber der Druckschrift B1 nicht neu (Artikel 100(a) und 54 EPÜ).

6. Einwand der fehlenden Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 (Hilfsanträge 1, 1a und 3) gegenüber der Druckschrift B1

Anspruch 1 (Hilfsanträge 1, 1a und 3) unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags nur dadurch, dass die Aus­sparungen, bzw. das Druckbild jeweils Buchstaben oder Zahlen bilden. Dies ist auch im Ausführungsbei­spiel der Figur 7 der Druckschrift B1 mit den Buch­sta­ben "PL" bereits der Fall.

Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass die zusätz­liche Einschränkung auf "Buchstaben oder Zahlen" bewir­ke, dass der Informationsgehalt, den Buchstaben oder Zahlen bereitstellen, nicht von deren Größe oder visu­ellen Eindruck abhängig sei. Die Kammer kann sich aus den gleichen Gründen wie oben unter Punkt 5.2 angege­ben, nicht anschließen.

Die hinzugefügten Merkmale können somit die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen 1, 1a und 3 gegenüber der Druckschrift B1 nicht herstellen (Artikel 100(a) und 54 EPÜ).

7. Einwand der fehlenden Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 (Hilfsanträge 2, 2a und 4) gegenüber der Druckschrift B1

Anspruch 1 (Hilfsanträge 2, 2a und 4) unter­schei­det sich vom Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 nur durch das zwingendermaßen erforderliche Merkmal, dass die Abdeck­schicht eine Metallbeschichtung umfasst.

Im Ausführungsbeispiel der Figur 7 der Druckschrift B1 sind die Aussparungen 5 in einer Metall­schicht 4 ein­gebracht (Spalte 7, Zeilen 15 bis 21).

Das zusätzliche Merkmal bezieht sich auf die Beschaf­fenheit der Abdeckschicht und hat daher keine Aus­wir­kungen auf die Frage des "Informationsgehalts", so dass die Schlussfolgerungen bezüglich Anspruch 1 gemäß Hilfs­antrag 1 entsprechend auch auf Anspruch 1 gemäß der Hilfsanträge 2, 2a und 4 zutreffen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß der Hilfsanträge 2, 2a und 4 ist gegenüber der Druckschrift B1 nicht neu (Artikel 100(a) und 54 EPÜ).

8. Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 5 ausgehend von der Druckschrift B3

In der Einspruchsentscheidung (Punkt 2.3.2.2) wurde die Druckschrift B3 als der nächstliegende Stand der Technik für den erteilten Anspruch 23 (identisch mit Anspruch 1 des Hilfsantrags 5) angesehen. Dies wurde im Beschwerdeverfahren nicht in Frage gestellt. Die Druckschrift B3 offenbart (siehe Figur 5) ein:

FORMEL/TABELLE/GRAPHIK

"Verfahren zur Herstellung eines Sicherheits­elements (Spalte 1, Zeile 15) mit einem Druckbild 9 und einer Abdeckschicht 3, wobei die Abdeckschicht Aussparungen 4 in Form von Zeichen oder Mustern aufweist, wobei zunächst die Abdeckschicht mit den Aussparungen auf eine Trägerfolie 7 aufgebracht wird (siehe Spalte 6, Zeilen 11 bis 13), und das Druckbild dann register­haltig in den Aussparungen der Abdeckschicht erzeugt wird (siehe Spalte 6, Zeilen 13 bis 16)"

von dem sich das Verfahren des Anspruchs 1 des Hilfs­antrags 5 lediglich dadurch unterscheidet, dass "das Druckbild in Digitaldruck erstellt wird".

Im Streitpatent werden folgende Effekte für dieses Merkmals offenbart:

- die Wirtschaftlichkeit von Kleinserien (Streit­patent, Spalte 4, Zeilen 10 bis 15); und

- eine individuelle Gestaltung jedes einzelnen Sicherheitselements (Streitpatent, Spalte 4, Zeilen 19 bis 21).

Die sich aus diesen Effekten ergebende objektive Auf­gabe ist somit ein Verfahren zur Herstellung eines Sicherheitsmerkmals mit einem Druckbild anzugeben, bei dem das Druckbild wirt­schaftlich auch in Kleinserien und der Möglichkeit zur individuellen Gestaltung jedes einzelnen Sicherheitselements herzustellen.

Von der Beschwerdeführerin wurde argumentiert, dass die Aufgabe ledig­lich daraus bestehe, das Druckbild kosten­günstiger herzustellen, weil es in der Druck­schrift B3 weder Hinweise für eine Kleinserien­herstel­lung noch für eine individuelle Gestaltung des Druck­bildes gäbe.

Die Kammer kann diesem Ansatz nicht folgen, weil die objektive Aufgabe nach dem Aufgabe-Lösungsansatz von denjenigen Effekten abgeleitet wird, die durch die techni­schen Unter­schiede bewirkt werden.

Die Druckschrift B2 betrifft Sicherheitsmerkmale mit einem Druckbild (Seite 1, Zeilen 29 bis 34; Seite 3, Zeilen 16 bis 19), wobei mittels Digital­druck (siehe Seite 6, Zeile 27: "electronic printing" und Seite 5, Zeilen 15 bis 17: "ink jet imaging") ein individuali­siertes Druckbild erzeugt werden kann (Seite 6, Zeilen 27 bis 29 und 34, 35).

Der Fachmann, der von der Druckschrift B3 ausgeht und das Druckbild bei einem Sicher­heitselement wirt­schaft­lich auch in Kleinserien und der Möglichkeit zur indi­viduellen Gestaltung jedes einzelnen Sicherheits­ele­ments her­stel­len möchte, wird die Druckschrift B2 konsul­tieren und dabei erfahren, dass mittels Digital­druck ein indi­vidualisiertes Druckbild erzeugt werden kann. Eine von der Beschwerdeführerin angesprochene Absicht, die Er­fin­dungen dieser beiden Druck­schriften kombinieren zu wollen, ist hierzu nicht erforderlich.

Der Fachmann braucht nicht erfinderisch tätig zu werden wenn er das aus der Druckschrift B2 bekannte Verfahren ("Digitaldruck") für die ihm zugeschriebene bekannte Wirkung ("Individualisierung des Druckbilds") verwendet und somit unmittelbar zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangt.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5 beruht demnach nicht auf einer erfinderische Tätigkeit und erfüllt somit nicht die Anforderungen des Artikels 100(a) in Verbindung mit dem Artikel 56 EPÜ.

Gleiches gilt auch für den gleichlautenden Anspruch 23 des Hauptantrags und den ebenfalls gleichlautenden Anspruch 21 des Hilfsantrags 1.

9. Zulässigkeit des Hilfsantrags 6

9.1 Die Einspruchsabteilung hat den erst während der münd­lichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vorge­brachten Hilfsantrag 6 nicht zum Verfahren zugelassen, weil sie diesen als nicht "eindeutig gewährbar" einge­schätzt hat.

Die Beschwerdeführerin bemängelt die Aussage in der Einspruchsentscheidung, dass Anspruch 1 gemäß Hilfs­antrag 6 "vermutlich" gegen Artikel 83 EPÜ aus den gleichen Gründen wie Anspruch 1 des Hauptantrags verstößt (angefochtene Entscheidung, Punkt 6.1.1 "Grundsatz der eindeutigen Gewährbarkeit"). Die Beschwerdeführerin möchte dabei das Kriterium einer prima facie Prüfung durch den vollständigen Nachweis eines eindeutigen Verstoßes (hier gegen Artikel 83 EPÜ) ersetzen. Die Kammer kann diesem Ansatz nicht folgen, weil die Situation umgekehrt ist: Hilfsantrag 6 müsste eindeutig den Anforderungen des EPÜs genügen, um als "eindeutig gewährbar" zu gelten. Sofern, die Ein­spruchs­abteilung gerechtfertigter Weise der Meinung ist, dass dies "vermut­lich" nicht der Fall ist, so hat die Einspruchs­abteilung ihr Ermessen korrekt ausgeübt.

9.2 Hilfsantrag 6 wurde mit der Beschwerde­be­gründung noch­mals vorgebracht und seine Zulässigkeit wurde von den Beschwerdegegnerinnen in Frage gestellt. Gemäß der Ver­fahrensord­nung der Beschwerdekammern (VOBK) liegt es im Ermessen der Kammer, Anträge nicht zuzulassen, die im erstins­tanzlichen Verfahren nicht zugelassen wurden (Artikel 12(4) VOBK).

9.3 Im Vergleich zum Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5, ist Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 im Wesentlichen dahin­ge­hend einge­schränkt worden, dass der Informationsgehalt der ersten und der zweiten Information unterschiedlich ist. Letzteres Merkmal ist, siehe Punkt 4 oben, so zu verstehen, dass jede technische Umsetzung eines ab­strak­ten Konzepts, welches geeignet ist, eine erste Informa­tion von einer zweiten Infor­mation zu unter­scheiden, mit umfasst ist.

In der Druckschrift B3 unterscheidet sich das Druckbild farblich von den Aussparungen 4 in der Abdeckschicht 3 (Spalte 6, Zeilen 11 bis 16), so dass sich die erste Informa­tion ("Aussparungen") von der zweiten Infor­mation ("Druckbild") unter­scheiden lässt: der Infor­mationsgehalt der ersten und der zweiten Information ist im Sinne des Anspruchs unterschiedlich.

9.4 Somit gibt es keinen prima facie Anhaltspunkt dafür, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 6 den im Kontext des Hilfsantrags 5 vorgebrachten Einwand der mangelnden erfinderischen Tätig­keit überwinden könnte.

Unter diesen Umständen übt die Kammer ihr Ermessen dahingehend aus, den Hilfsantrag 6 nicht zum Verfahren zuzulassen.

10. Sonstige Einwände

Bei dieser Sachlage war den sonstigen Einwänden, insbesondere der mangelnden Ausführbarkeit und dem Antrag auf Zurückverweisung nicht mehr nachzugehen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird abgelehnt.

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