T 0116/14 () of 26.3.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T011614.20190326
Datum der Entscheidung: 26 März 2019
Aktenzeichen: T 0116/14
Anmeldenummer: 01272551.1
IPC-Klasse: H01L 33/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: LICHTQUELLE MIT EINEM LICHTEMITTIERENDEN ELEMENT
Name des Anmelders: Tridonic Jennersdorf GmbH
Litec GBR
Leuchtstoffwerk Breitungen GmbH
TOYODA GOSEI CO., LTD.
Name des Einsprechenden: STRAWMAN LIMITED
Kammer: 3.4.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 52(1)
European Patent Convention Art 54(3)
European Patent Convention Art 101(3)(a)
European Patent Convention Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 54(1)
European Patent Convention 1973 Art 54(2)
European Patent Convention 1973 Art 54(4)
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 100(b)
European Patent Convention 1973 Art 100(c)
European Patent Convention 1973 Art 111(1)
European Patent Convention 1973 Art 113(1)
European Patent Convention 1973 R 71(2)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 12(4)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(3)
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 15(3)
Schlagwörter: Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (nein)
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Neuheit und erfinderische Tätigkeit
Neuheit - (ja)
Patentansprüche - Auslegung der Zweckangabe in einem Vorrichtungsanspruch
Orientierungssatz:

Auslegung der Zweckangabe in einem Vorrichtungsanspruch und entsprechende Neuheitsprüfung (siehe Punkt 4.2.6 der Gründe).

Angeführte Entscheidungen:
T 0287/86
T 0083/01
T 1886/12
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Einsprechenden richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das euro­päische Patent Nr. EP 1 352 431 B1 in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten (Artikel 101(3) a) EPÜ).

II. Der Einspruch war gegen das Patent im gesamten Umfang gerichtet und darauf gestützt, dass

- der Gegenstand des Patents nicht neu sei und nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (Artikel 100 a) EPÜ 1973 in Verbindung mit Artikel 54 und 56 EPÜ 1973),

- das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne (Artikel 100 b) EPÜ 1973), und

- der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe (Artikel 100 c) EPÜ 1973).

III. Es wird auf folgende Dokumente Bezug genommen:

D1: |WO 00/19546 A1, |

D2: |WO 01/89001 A2, |

D8: |WO 00/33390 A1, |

D9: |WO 97/50132 A1, |

D18:|Prioritätsanmeldung des Streitpatents (Österreich, Aktenzeichen A2154/2000),|

D19:|Datenblatt des Produkts "U 724" von Philips Lighting B.V., |

D20:|US 5,688,438 A, |

D21:|US 2001/0000622 A1. |

| |

IV. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nahmen die Patentinhaberinnen ihre Beschwerde zurück und bean­trag­ten - nunmehr als Beschwerdegegnerinnen - die Auf­hebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrecht­er­hal­tung des Patent gemäß Hauptantrag, wobei der Haupt­an­trag folgende Fassung aufweist:

Beschreibung:|Seiten 2, 2a, 3 bis 6 eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer,|

Ansprüche: |Ansprüche 1 bis 11 eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, |

Zeichnungen: |Figuren 1 bis 10 der Patentschrift. |

Hilfsweise beantragten die Beschwerdegegnerinnen (Pa­tent­inhaberinnen) die Aufhebung der angefochtenen Ent­scheidung und die Aufrechterhaltung des Patents im Um­fang eines der Hilfsanträge II bis VII, eingereicht mit der Beschwerdebegründung vom 14 März 2014.

Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) nahm - wie im Schreiben vom 26. Februar 2019 angekündigt - nicht an der mündlichen Verhandlung vor der Kammer teil und hatte schriftlich die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents im vollen Umfang beantragt.

Weitere ehemalige Verfahrensbeteiligte, nämlich die ehemalige beschwerdeführende Einsprechende II und die ehemaligen Beitretenden III und IV, hatten im schrift­lichen Ver­fahren ihre Beschwerde und Einspruch (ehe­ma­lige Einsprechende II) bzw. ihre Beitritte (ehemalige Beitretende III und IV) zurückgenommen.

V. Der Wortlaut des unabhängigen Anspruchs 1 des Haupt­antrags lautet wie folgt (Kenzeichnung "(A)", "(B)", "(C)", "(D)", "(E)", "(F)" und "(G)" durch die Kammer):

"1. Lichtquelle

(A)|zur Erzeugung von weißem Licht, |

|um­fas­send |

(B)|eine Licht-Emittierende-Diode (LED) zur Emis­sion einer blauen Strahlung, und |

(C)|mindestens einen Lumi­no­phor, der einen Teil der blauen Strahlung absor­biert und selbst Strahlung in einem anderen Spektralbereich emittiert, |

|dadurch gekennzeichnet, dass |

(D)|der Luminophor ein mit zweiwertigem Europium akti­viertes Erdalkaliorthosilikat einer der nach­fol­gen­den Zusammensetzungen oder einer Mischung aus diesen Zusammensetzungen ist:a) (2-x-y)SrO · x(Bau, Cav)O · (1-a-b-c-d)SiO2 · aP2O5 bAl2O3 cB2O3 dGeO2 : yEu**(2+) wobei 0 <= x < 1,6 0,005 < y < 0,5 x+y <= 1,6 0 <= a,b,c,d < 0,5 u+v = 1 gilt,b) (2-x-y)BaO · x(Sru, Cav)O · (1-a-b-c-d)SiO2 · aP2O5 bAl2O3 cB2O3 dGeO2 : yEu**(2+) wobei 0,01 < x < 1,6 0,005 < y < 0,5 0 <= a,b,c,d < 0,5 u+v = 1 x·u >= 0,4 gilt;|

(E)|der Luminophor Strahlung im gelb-grünen, gelben oder orangefarbigen Spektralbereich emittiert, deren Charakteristik von den Parametern x, y, u, v, a, b, c und d abhängig ist;|

(F)|durch Auswahl der Parameter in den genannten Be­rei­chen die Farbtemperatur und der Farbwieder­gabe­­index des erzeugten weißen Lichts einstellbar sind, |

(G)|wobei die mittlere Korngröße d50 der Volumen­ver­teilung des Luminophors zwischen 2 µm und 20 µm liegt." |

VI. Die Parteien haben im Wesentlichen Folgendes vorge­tragen:

a) Verfahrensfragen

Die Beschwerdeführerin machte geltend, dass sie die Doku­mente D18-D21 in Replik auf in der mündlichen Ver­handlung vor der Einspruchsabteilung oder in der Ent­scheidung vorgebrachte Punkte eingereicht habe.

Die Beschwerdegegnerinnen sind der Meinung, dass die verspätet ein­gereichten Doku­mente D18-D21 nicht in das Verfahren zugelassen werden sollten.

b) Hauptantrag - Änderungen

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin gehe der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.

Die Beschwerdegegnerinnen äußerten die Meinung, dass die Merkmale im Anspruch 1 des Hauptantrags explizit oder implizit aus den ursprünglichen Anmeldungsunter­lagen hervorgingen.

c) Hauptantrag - Offenbarung

Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, dass die bean­spruchte Erfindung insbesondere in Bezug auf den Gegen­stand in den kennzeichnenden Merkmalen von Anspruch 1 des Haupt­an­trags unzureichend offenbart sei.

Nach Ansicht der Beschwerdegegnerinnen trage bezüglich der Frage der ausreichenden Offenbarung die Beschwerde­führerin die Beweislast. Ferner sei die Erfindung im gesamten beanspruchten Bereich ausreichend offenbart.

d) Hauptantrag - Neuheit

Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei der bean­spruchte Gegenstand gegenüber den Dokumenten D1 und D2 nicht neu; insbesondere werde die beanspruchte Korn­größe in diesen Dokumenten implizit offenbart.

Die Beschwerdegegnerinnen sind der Meinung, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags gegenüber den Dokumenten D1 und D2 neu sei, da in diesen Doku­menten insbesondere die beanspruchte Korngröße nicht offenbart sei.

e) Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit

Die Beschwerdeführerin machte geltend, dass der bean­spruchte Gegenstand gegenüber Dokument D1 im Hinblick auf die Dokumente D9 und D19-D21 zumindest keine erfin­de­rische Tätigkeit aufweise.

Nach Ansicht der Beschwerdegegnerinnen weise der beanspruchte Gegenstand auch eine erfinderische Tätigkeit auf.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensfragen

1.1 Rechtliches Gehör

Wie schriftlich angekündigt, nahm die ordnungsgemäß ge­ladene Beschwerdeführerin nicht an der mündlichen Ver­handlung vor der Kammer teil. Gemäß Regel 71(2) EPÜ 1973 wurde das Verfahren ohne sie fort­gesetzt.

Nach Artikel 15(3) VOBK ist die Kammer "nicht ver­pflich­­­tet, einen Verfahrensschritt einschließlich ihrer Entscheidung aufzuschieben, nur weil ein ordnungsgemäß geladener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend ist; dieser kann dann so behandelt wer­den, als stütze er sich lediglich auf sein schrift­liches Vorbringen".

In der Tat, Zweck der mündlichen Verhandlung ist es, den Beteiligten die Gelegenheit zu geben, sich zu äußern und gehört zu werden. Ein Beteiligter, der nicht an der mündlichen Verhandlung teilnimmt, verzichtet jedoch auf diese Gelegenheit.

Im vorliegenden Fall reichten die Beschwerdegegnerinnen in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer einen neu­en Hauptantrag ein, der aus den unten genannten Gründen alle offenen Einwände ausräumte ohne Anlass zu neuen Beanstandungen zu geben und somit zuzulassen war. Die Beschwerdeführerin musste damit rechnen, dass die Be­schwerdegegnerinnen versuchen würden, alle offenen Ein­wände durch geänderte Ansprüche zu überwinden. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als lediglich die Beschränkung des beanspruchten Gegenstandes durch die Streichung der Alternative, dass die beanspruchte LED ultra­violette Strahlung emittiert, vorgenommen wurde.

Durch ihre bewusste Abwesenheit von der mündlichen Ver­handlung verzichtete die Beschwerdeführerin auf die Gelegenheit, sich zur Zulassung und Gewährbarkeit der geänderten Ansprüche zu äußern und kann deshalb so behandelt werden, als stütze sie sich diesbezüglich auf ihr schriftliches Vorbringen.

Die vorliegende Entscheidung, welche auf dem neu ein­gereichten Hauptantrag basiert, verletzt daher nicht das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin (Artikel 113(1) EPÜ 1973).

1.2 Zulassung des neuen Hauptantrags

Wie oben beschrieben reichten die Beschwerdegegnerinnen in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer einen neuen Hauptantrag ein, welcher alle offenen Einwände ausräumte, ohne Anlass zu neuen Beanstandungen zu geben. Die Kammer sah keinen Grund für dessen Nicht-Zulassung und ließ den Antrag somit in das Verfahren zu (Artikel 13(1) und (3) VOBK).

1.3 Zulassung verspätet vorgebrachter Dokumente

Die Beschwerdeführerin reichte mit der Beschwerde­begründung erstmals die Prioritätsanmeldung D18 des Streitpatents, das Produkt-Datenblatt D19 sowie die Patentschrift D20 und die Patentanmeldung D21 ein.

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin seien diese Doku­mente ­in Replik auf in der mündlichen Ver­handlung vor der Einspruchsabteilung oder in der Ent­scheidung vor­gebrachte Punkte eingereicht worden. Die Beschwerde­gegnerinnen sind der Meinung, dass die verspätet ein­gereichten Doku­mente D18-D21 nicht in das Verfahren zugelassen werden sollten.

Die Kammer stellt fest, dass die Dokumente D18-D21 nach der neunmonatigen Einspruchsfrist und somit verspätet eingereicht wurden. Ferner wurde die im Prioritäts­zeit­raum veröffentlichte US-Patentanmeldung D21 lediglich als Über­setzung der in der angefochtenen Entscheidung er­wähnten (auf Deutsch verfassten) paral­lelen PCT-Patent­­­anmeldung D9 einge­reicht, in wel­cher bereits die relevante tech­nische Lehre offenbart ist.

Der Offenbarungsgehalt der Dokumente D19 und D20 geht überdies nicht über denjenigen der Dokumente D8 und D9 hinaus, in welchen bereits Partikelgrößen von Lumino­phoren in dem beanspruchten Bereich offenbart sind (sie­he Merkmal (G) im Anspruch 1 des Hauptantrags).

Da kein rele­vantes Dokument im Prioritätszeitraum ver­öffentlicht wurde, kann die Gültigkeit der bean­spruch­ten Priorität dahingestellt bleiben.

Somit ist keines der Dokumente D18-D21 prima facie relevant. Folg­lich lässt die Kammer diese Dokumente nicht in das Verfahren zu (Artikel 12(4) VOBK).

2. Hauptantrag - Änderungen

2.1 Die Ansprüche des Hauptantrags unterscheiden sich von den von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen An­sprüchen (gemäß damaligem Hilfsantrag I) dadurch, dass im Anspruch 1 des Hauptantrags die Alternative, dass die bean­spruch­te LED ultra­violette Strahlung emittiert, ge­strichen wurde (d. h. folgende Streichung vorgenommen wurde: "blauen [deleted: und/oder ultravioletten] Strahlung").

2.2 In der angefochtenen Entscheidung entschied die Ein­spruchs­abteilung, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des damaligen Hilfsantrags I nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe (Punkte 1.1 und 2.1 der Gründe).

2.3 Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei die bean­spruch­te LED in der Anmeldung nur als eine von vielen mög­lichen Licht­quellen genannt worden und die angegebenen Spektral­bereiche seien im ursprünglichen Anspruch 1 ledig­lich als optionale Merkmale beansprucht worden. Die letzten beiden kennzeichnenden Merkmale hätten überhaupt keine Basis in den ursprünglichen Anmeldungs­unterlagen. Daher gehe der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus.

2.4 Die Kammer stimmt mit den Beschwerdegegnerinnen darin über­ein, dass die bloße Beschränkung des beanspruchten Gegen­standes auf die in den ursprünglichen Ansprüchen als optional beanspruchten Spektralbereiche keine neue Lehre einführt. Die Ausführungsform der Lichtquelle als Leuchtdiode hat, wie in der Ent­scheidung ausgeführt (siehe Punkt 1.1.3 der Gründe), eine explizite Grund­lage in der ursprünglichen Beschreibung. Ferner geht auch die Kombination dieser Merkmale nicht über die ursprünglich offenbarte Lehre hinaus, da jeweils die bevorzugten Aus­führungsformen beansprucht werden.

Die Merkmale in Anspruch 1 des Hauptantrags bezüglich der Abhängigkeit der Charakteristik der von dem Lumino­phor emittierten Strahlung von den beanspruchten Para­metern (siehe Merkmal (E)) und der Einstellbarkeit der Farbtemperatur und des Farbwiedergabeindexes des weißen Lichtes durch die Auswahl der Parameter (siehe Merkmal (F)) hat zwar keine explizite Grund­lage in den Anmel­dungs­­unterlagen. Sie drücken jedoch lediglich Eigen­schaf­ten aus, welche der bean­spruchte Luminophor zwangs­­läufig aufweist. Dies ist für den Fachmann ange­sichts der in den ursprünglichen Anmel­dungs­unterlagen beschriebenen Ausführungsbeispiele der Erfindung und seines Fachwissens offenkundig.

Der unabhängige Anspruch 1 des Hauptantrags ist daher unmittelbar und eindeutig aus den ursprünglichen An­meldungsunterlagen ableitbar.

Gegen die abhängigen Ansprüche 2 bis 11 des Haupt­antrags wurden bezüg­lich Erweiterung des Gegenstands keine Einwände er­hoben.

Die Beschreibung wurde an die geänderten Ansprüche angepasst, ohne einen ursprünglich nicht offenbarten Gegenstand einzuführen.

Die bezüglich des Hauptantrags ausgeführten Ände­rungen gehen daher nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (Artikel 100 c) EPÜ 1973 und Artikel 123 (2) EPÜ).

3. Hauptantrag - Offenbarung

3.1 Die Einspruchsabteilung war in der angefochtenen Ent­scheidung der Meinung, dass das Patent die gemäß da­maligem Hilfsantrag I beanspruchte Erfindung so deut­lich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne (siehe Punkte 1.2 und 2.1 der Gründe).

3.2 Die Beschwerdeführerin erhob mehrere Einwände bezüglich angeblicher mangelnder Offenbarung. Insbesondere ent­halte das Patent keine Angabe, welche den Fachmann in die Lage versetze zu bestimmen, ob die Luminophore für alle Parameterwerte in dem beanspruchten Spektral­be­reich emittierten. Auch enthalte das Patent keine An­gabe darüber, wie die Parameter zur Einstellung der Farb­­temperatur und des Farbwiedergabeindexes des weißen Lichtes verwendet werden könnten. Schließlich seien keine Messmethoden zur Bestimmung der beanspruchten mittleren Korngröße der Volumenverteilung des Lumino­phors angegeben. Die Mittel zur Steuerung des Durch­messers der Luminophorpartikel seien unzureichend beschrieben.

3.3 Die Kammer stellt zunächst fest, dass - wie von den Beschwerdegegnerinnen vorgetragen - bezüglich der Frage der mangelnden Offen­barung die Beweislast bei der beschwerdeführenden Ein­sprechenden liegt (siehe T 1886/12, Punkt 6 der Gründe).

3.4 Die Kammer stimmt mit der Einspruchsabteilung darin überein, dass das beanspruchte Merkmal, dass der "Lu­mino­phor Strahlung im gelb-grünen, gelben oder orange­farbigen Spektralbereich emittiert" im Lichte der Beschreibung des Patents breit auszulegen ist (siehe Punkt 1.3.1.3 der Gründe). Dort wird nämlich im Absatz [0029] Folgendes festgestellt:

"Die erhaltenen erfindungsgemäßen Orthosilikat­lumino­phore emittieren bei Wellenlängen zwischen etwa 510 nm und 600 nm und besitzen eine Halbwertsbreite bis zu 110 nm."

Dementsprechend umfasst das genannte Merkmal die Emis­sion des Luminophors bei Wellenlängen in dem genannten Bereich (510 nm - 600 nm).­ So­mit weisen die beanspruch­ten Luminophore dieses Merkmal zwangsläufig auf. Die Frage, wie die Parameter (x, y, u, v, ...) eingestellt werden müssen, um Luminophore zu erhalten, welche in dem beanspruchten Spektralbereich emittieren, stellt sich daher im Rahmen der Prüfung der ausreichenden Offenbarung nicht. Ande­rer­seits hat die Be­schwer­de­führerin keine begrün­deten Zweifel - z. B. mittels Gegenbeispielen - daran vorge­tragen, dass die bean­spruchten Lumino­phore tat­sächlich in die­sem Wellen­längenbereich emittieren.

Da ferner nicht beansprucht wird, auf welche Weise die Farb­temperatur und der Farbwiedergabe­index des weißen Lichtes mittels der Parameter eingestellt werden kann, bedarf es diesbezüglich auch keiner entsprechen­den An­gabe im Streitpatent.

3.5 In Bezug auf die Bestimmung der mittleren Korngröße d50 verwies die Beschwerdeführerin auf den Vortrag der ehe­maligen Einsprechenden II, wonach zwei Messmethoden (Laserbeugung und Coulter-Counter-Verfahren) unter­schiedliche Ergebnisse lieferten.

In der Entscheidung hatte die Einspruchsabteilung Zwei­fel an der Aussage­kraft der vorgelegten Versuchs­be­rich­te geäußert, da die Messwerte keine Fehlerbalken ent­hiel­ten (siehe Punkte 1.2.2.1 und 1.2.2.2 der Gründe).

Die Kammer kann der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht folgen, dass es darauf nicht ankäme. Messwerte ohne Fehlerbalken können nämlich im vorliegenden Fall nicht sinnvoll mitein­ander verglichen werden. Ins­be­sondere kann aus einem solchen Vergleich von Mess­ergeb­nissen ohne Fehlerbalken nicht der Schluss gezogen wer­den, dass die Messergebnisse wider­sprüchlich sind. Die Ergebnisse könnten sich nämlich im Rahmen ihrer Ge­nau­igkeit auch bestätigen. Es bestehen auch keine Schwie­rigkeiten die dem Fachmann bekannten Messmethoden auf die Luminophorpartikel anzu­wenden. Darin unter­scheidet sich der vorliegende Fall von dem von der Beschwerde­führerin angeführten Fall T 83/01, wo die Messung des Durchmessers von wässrigen Partikeln in einem plas­tischen, fettkontinuierlichen Brotaufstrich beson­dere Schwierigkeiten mit sich brachte (siehe T 83/01, Punkt 2 der Entscheidungsgründe). Es bestehen daher keine begründeten Zweifel daran, dass der Fachmann die mitt­lere Korngröße d50 durch die ihm bekannten Mess­methoden widerspruchsfrei bestimmen kann.

Bezüglich der Mittel zur Steuerung des Durch­messers der Luminophorpartikel enthält das Streitpatent im Absatz [0030] der Beschreibung die Angabe, dass durch die Gestaltung der Reaktionsparameter und durch bestimmte Zusätze die Korngrößenverteilung bestimmt werden kann. Außerdem werden dort auch Zerkleinerungsprozesse er­wähnt um dies zu erreichen, wenn dies auch wegen ihrer schädigenden Wirkung nicht bevorzugt ist. Dem Fachmann sind dazu ferner - wie von den Beschwerde­gegnerinnen festgestellt - entsprechende Siebvorrichtungen bekannt. Nach Ansicht der Kammer ist es daher für den Fachmann ohne unzumutbaren Aufwand möglich, Luminophorpartikel mit der gewünschten mittleren Korngröße d50 herzu­stel­len.

3.6 Angesichts der vorstehenden Überlegungen hält die Kammer die Einwände bezüglich mangelnder Offenbarung für nicht überzeugend und kommt daher zu dem Schluss, dass die Beweislast im vorliegenden Fall nicht umge­kehrt wird und das Patent die Erfindung so deutlich und voll­ständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann (Artikel 100 b) EPÜ 1973).

4. Hauptantrag - Neuheit

4.1 Die Einspruchsabteilung war in der angefochtenen Ent­scheidung der Ansicht, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des damaligen Hilfsantrags I neu gegenüber den Doku­menten D1 und D2 sei (siehe Punkt 2.2 der Gründe).

4.2 Dokument D1

4.2.1 Dokument D1 offenbart (siehe Seite 1, Zeilen 1-3; Seite 2, Zeile 26 - Seite 3, Zeile 4; Seite 6, Zeilen 12-30; Anspruch 1, Abbildung 1A) ein Beleuchtungssystem zur Erzeugung von weißem Licht mit einem hohen Farbwieder­gabe­index. Das System weist zwei sichtbares Licht in einem vorgewählten Wellenlängenbereich emittierende Leuchtdioden und Umwandlungsmittel auf, welche einen Teil des von einer der Leuchtdioden emittierten Lichts in sichtbares Licht in einem weiteren Wellenlängen­bereich umwandeln.

Insbesondere weist das Beleuchtungssystem 1 ein Gehäuse 2 auf, in dem die Steuerelektronik für die Licht emit­tierenden Dioden (LEDs) und ein Schirm 3 unter­gebracht sind. Die LEDs 6, 6' ..., 7, 7' ... umfassen eine Grup­pe von blauen LEDs 6, 6' ... (Maximum der spek­tralen Emission liegt im Wellenlängenbereich 430-490 nm) und roten LEDs 7, 7' ... (Maximum der spektralen Emission liegt im Wellenlängenbereich 590-630 nm). Auf einer den LEDs 6, 6' ...,7, 7' ... zugewandten Seite ist der Schirm 3 mit diffus reflektierenden Reflexionsmitteln 9 und mit Umwandlungsmitteln 10 versehen. Die Umwand­lungs­­mittel 10 enthalten ein lumineszierendes Material, welches die Eigenschaft hat, von den blauen LEDs 6, 6' ... ausgehendes, blaues Licht in grünes Licht in dem gewünschten, weiteren Wellenlängenbereich (530?565 nm) umzuwandeln. Ein geeignetes lumineszierendes Material hat die Zusammensetzung (Sr, Ca)2SiO4:Eu**(2+).

4.2.2 Es ist zwischen den Parteien unstrittig, dass Dokument D1 - unter Verwendung des Wortlauts von Anspruch 1 des Hauptantrags - eine Lichtquelle (Beleuch­tungssystem 1) offenbart, um­fas­send eine Licht-Emit­tierende-Diode (blaue LED 6) zur Emis­sion einer blauen Strahlung, und mindestens einen Lumi­no­phor (Umwand­lungs­­mittel 10 mit lumineszierendem Mate­rial), der einen Teil der blauen Strahlung absor­biert und selbst Strahlung in einem an­deren Spektral­bereich emittiert (das blaue Licht wird durch die Umwand­lungs­­mittel 10 in grünes Licht umge­wan­delt).

Die Merkmale (B) und (C) von Anspruch 1 des Haupt­antrags sind also im Dokument D1 offenbart.

4.2.3 Wie oben unter Punkt 4.2.1 beschrieben, offenbart Doku­ment D1, dass die Umwand­lungs­mittel 10 Strahlung im Wellen­­längen­bereich 530-565 nm emittieren, welcher in dem von Merk­mal (E) umfassten Wellen­längenbereich 510-600 nm liegt (siehe Punkt 3.4 oben). Ferner werden die Merk­male be­züg­lich der Ab­hän­gig­keit der Strahlungs­charak­teristik (Merkmal (E)) und der Ein­stell­barkeit der Farb­­tempe­ra­tur und des Farb­wiedergabe­indexes (Merkmal (F)) als nicht einschränkend für den beanspruchten Gegen­stand angesehen (siehe Punkt 2.4 oben).

Somit offenbart Dokument D1 auch die Merkmale (E) und (F) von Anspruch 1 des Hauptantrags.

4.2.4 In der angefochtenen Entscheidung war die Einspruchs­abteilung der Ansicht, dass durch die in Dokument D1 beschriebene Zusammensetzung (Sr, Ca)2SiO4:Eu**(2+)des lu­miniszierenden Materials die beanspruchte Zusammen­set­zung a) im Merkmal (D) offenbart werde. Insbesondere seien die Kriterien einer Auswahlerfindung nicht er­füllt (siehe Punkt 1.3.1 der Entscheidungsgründe).

Dabei berücksichtigte die Einspruchsabteilung jedoch lediglich die durch den Parameter x in der bean­spruch­ten Zusammensetzung a) bestimmte Auswahl des Anteils von Ca bzw. Ba ("0 <= x < 1,6") gegenüber dem aus D1 be­kannten, durch die Formel (Sr, Ca)2 implizierten An­teil von Ca­­, nämlich 0 <= x <= 2. Dies ist jedoch nicht die ein­zige zu treffende Auswahl, um zu der bean­spruch­ten Zu­sammensetzung zu gelangen. Im Dokument D1 wird näm­lich keine Angabe über den Anteil von Eu**(2+) in der Zu­sammen­setzung (Sr, Ca)2SiO4:Eu**(2+) gemacht. Dagegen wird dieser Anteil gemäß der bean­spruch­ten Zusammen­set­zung a) durch den angegebenen Bereich des Parameters y be­stimmt ("0,005 < y < 0,5"). Außerdem wirkt sich dieser Anteil laut Anspruch 1 des Hauptantrags sowohl auf den Anteil von Ca bzw. Ba (durch die zusätzliche Vorgabe "x+y <= 1,6") als auch auf den beanspruchten Anteil ­"(2-x-y)" von Sr aus. Es bedarf somit einer mehrfachen Auswahl von Komponentenanteilen um von der aus D1 be­kannten Zusammensetzung zu der beanspruchten Zusammen­setzung zu gelangen. Nach Ansicht der Kammer kann diese Auswahl nicht als im Doku­ment D1 implizit offen­bart angesehen werden.

Folglich ist das Merkmal (D) von Anspruch 1 des Haupt­antrags nicht im Dokument D1 offenbart.

4.2.5 In der angefochtenen Entscheidung entschied die Ein­spruchs­abteilung außerdem, dass die beanspruchte mitt­lere Korn­größe d50 nicht im Dokument D1 offenbart ist (siehe Punkt 2.2 der Gründe).

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin liege der bean­spruchte Bereich genau dort, wo der Fachmann am An­mel­dungstag der Anmeldung den Wert von d50 erwar­tet hätte.

Die Kammer stellt fest, dass Dokument D1 keinerlei Angabe über die Korngröße von Partikeln der dort be­schrie­benen lumineszierenden Materialien enthält. In den in der angefochtenen Entscheidung zitierten Doku­menten D8 und D9 wird zwar beschrieben, dass die dort verwendeten Leucht­stoffpartikel eine jeweilige Größe von 2-5 µm bzw. 10 µm haben, welche somit jeweils in dem bean­spruch­ten Bereich von 2-20 µm liegt (D6, Seite 6, Zeilen 24-25; D9, Seite 12, Zeilen 31-34). Dem Fach­mann sind aus seinem Fachwissen aber auch Partikel­größen bekannt, die außer­halb des beanspruchten Be­reiches liegen. Es kann also nicht als im Dokument D1 implizit offenbart angesehen werden, dass der Wert von d50 für Partikel der dort beschriebenen lumines­zieren­den Materialien in dem bean­spruchten Bereich liegt.

Somit ist das Merkmal (G) von Anspruch 1 des Haupt­antrags im Dokument D1 auch nicht offenbart.

4.2.6 Es ist ständige Rechsprechung, dass eine Zweckangabe in einem Vorrichtungsanspruch - welcher beispielsweise mit den Worten "Vorrichtung für ..." oder "Gerät zur ..." beginnt - dahingehend auszulegen ist, dass die bean­spruch­te Vorrichtung in der Tat für den angege­benen Zweck geeignet sein muss (siehe T 287/86, Punkt 2.1 der Gründe; Rechsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 8. Auf­lage 2016, Abschnitt I.C.8.1.5).

Die beanspruchten Merkmale der Vorrichtung müssen also in ihrem Zusammenwirken­ bereits die Eignung für den an­gege­benen Zweck ergeben. Es darf dabei nicht auf nicht-beanspruchte Merkmale ankommen, auch wenn diese durch eine offene Anspruchsformulierung, z. B. unter Verwen­dung von Ausdrücken wie "umfassend" und "ent­haltend", nicht ausgeschlossen sind. Ansonsten würde der An­spruch einen Klarheitsmangel aufweisen.

Für die Prüfung, ob eine Entgegenhaltung ein mit Hilfe einer Zweckangabe formuliertes Merkmal ("Zweckmerkmal") offenbart, ergibt sich daraus, dass die Entgegenhaltung das Zweckmerkmal nur dann offenbart, wenn die Attribute der in der Entgegenhaltung beschriebenen Vorrichtung, welche mit den anderen (neben dem Zweckmerkmal) bean­spruchten Merkmalen identifizierbar sind, in ihrem Zusammenwirken­ bereits die Eignung für den angege­benen Zweck ergeben.

Im vorliegenden Fall entschied die Einspruchsabteilung, dass Dokument D1 die beanspruchte Lichtquelle zur Er­zeu­gung von weißem Licht offenbare, da es durch die An­spruchsformulierung nicht ausgeschlossen sei, dass die Lichtquelle weitere LEDs enthalte (siehe Punkte 1.3.1.1 und 1.3.1.3 der Gründe).

Dies widerspricht nach Ansicht der Kammer jedoch der oben angeführten Auslegung der Zweckangabe in einem Vor­richtungsanspruch und der entsprechenden Neuheits­prü­fung. Die oben zitierten, mit den Merkmalen (B), (C), (E) und (F) identifizierbaren Attribute der aus Dokument D1 bekannten Lichtquelle sind nämlich allein genommen nicht bereits zur Erzeugung von weißem Licht geeignet. Dazu sind - wie oben unter Punkt 4.2.1 be­schrie­ben - zusätz­lich sowohl die Umwandlungsmittel 10 als auch die roten LEDs 7, 7' ... notwendig.

Folglich ist das Merkmal (A), dass die Lichtquelle zur Erzeugung von weißem Licht ist, im Dokument D1 nicht offenbart.

4.2.7 Zusammenfassend wird festgestellt, dass sich der Gegen­stand von Anspruch 1 des Hauptantrags von der aus D1 bekannten Vorrichtung dadurch unterscheidet, dass die Lichtquelle

(A)|zur Erzeugung von weißem Licht ist, |

(D)|der Luminophor ein mit zweiwertigem Europium akti­viertes Erdalkaliorthosilikat einer der nach­fol­gen­den Zusammensetzungen oder einer Mischung aus diesen Zusammensetzungen ist:a) (2-x-y)SrO · x(Bau, Cav)O · (1-a-b-c-d)SiO2 · aP2O5 bAl2O3 cB2O3 dGeO2 : yEu**(2+) wobei 0 <= x < 1,6 0,005 < y < 0,5 x+y <= 1,6 0 <= a,b,c,d < 0,5 u+v = 1 gilt,b) (2-x-y)BaO · x(Sru, Cav)O · (1-a-b-c-d)SiO2 · aP2O5 bAl2O3 cB2O3 dGeO2 : yEu**(2+) wobei 0,01 < x < 1,6 0,005 < y < 0,5 0 <= a,b,c,d < 0,5 u+v = 1 x·u >= 0,4 gilt;|

(G)|wobei die mittlere Korngröße d50 der Volumen­ver­teilung des Luminophors zwischen 2 µm und 20 µm liegt.|

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags ist daher neu gegenüber Dokument D1. Ansprüche 2 bis 11 sind von Anspruch 1 abhängig.

Folglich ist der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 11 des Hauptantrags neu gegenüber Dokument D1 (Artikel 52(1) EPÜ und Artikel 54(1) und (2) EPÜ 1973).

4.3 Dokument D2

4.3.1 Dokument D2 ist eine Internationale (PCT) Anmeldung, wel­che vor dem Anmeldetag des Streitpatents (19. Novem­ber 2001) angemeldet wurde (nämlich am 15. Mai 2001) und nach diesem Anmeldetag veröffentli­ch­t wurde (­am 22. November 2001). Somit gehört die aus der PCT-Anmel­dung D2 hervorgehende Europäische Patent­anmel­dung zum Stand der Technik gemäß Artikel 54(3) EPÜ für die Ver­trags­staaten gemäß Artikel 54(4) EPÜ 1973, inso­fern die Priorität dieser Anmeldung gültig oder die­jenige des Streitpatents ungültig ist (Artikel 89 EPÜ 1973).

4.3.2 Dokument D2 offenbart (siehe Seite 4, Zeile 21 - Seite 5, Zeile 2) ein Leuchtsystem zur Erzeugung von weißem Licht mit einer Leuchtdiode und ersten, zweiten und dritten lumineszierenden Materialien, welche primär in den Wellenlengenbereichen 575-620 nm, 495-550 nm, beziehungsweise 420-480 nm emittieren.

4.3.3 In der angefochtenen Entscheidung entschied die Ein­spruchs­abteilung, dass die beanspruchte mitt­lere Korn­größe d50 nicht im Dokument D2 offenbart sei (siehe Punkt 2.2 der Gründe).

4.3.4 Da das Dokument D2 keinerlei Angabe über die Korngröße von Partikeln der in diesem Dokument be­schrie­benen lu­mines­zierenden Materialien enthält, offen­bart dieses Dokument in der Tat aus den unter Punkt 4.2.5 genannten Gründen, zumindest nicht das Merkmal (G) von Anspruch 1 des Haupt­antrags.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags und der von Anspruch 1 abhängigen Ansprüche 2 bis 11 des Haupt­antrags ist daher neu gegenüber der aus der PCT-Anmel­dung D2 hervorgehenden Europäischen Patent­anmel­dung (Ar­­­tikel 52(1) und 54(3) EPÜ und Artikel 54(4) EPÜ 1973).

5. Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit

5.1 Nächstliegender Stand der Technik

In der angefochtenen Entscheidung ging die Einspruchs­abteilung von Dokument D1 als dem nächstliegenden Stand der Technik aus (siehe Punkt 2.3.1 der Gründe).

In der Tat, Dokument D1 befasst sich ebenfalls mit der Erzeugung von weißem Licht und hat wichtige technischen Merkmale mit der beanspruchten Erfindung gemein. Doku­ment D1 wird daher als der nächstliegende Stand der Tech­nik angesehen.

5.2 Unterschiedsmerkmale

Wie oben unter Punkt 4.2 ausgeführt, unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags durch die Merkmale (A), (D) und (G) von der aus D1 bekannten Lichtquelle.

5.3 Objektive technische Aufgabe

Die Beschwerdeführerin war der Ansicht, dass durch das Merkmal (G) bestenfalls die Aufgabe gelöst werde, ef­fi­­zientere Luminophore bereitzustellen.

Die Kammer ist damit einverstanden. Bei der Formulie­rung der objektiven technischen Aufgabe ist jedoch auch die Wirkung der weiteren Unter­schieds­­­­merkmale (A) und (D) miteinzubeziehen.

Die Kammer stimmt mit der Be­schwerde­gegnerin darin über­­­ein, dass durch die beanspruchten Unterschieds­merk­male eine be­sonders einfache Lichtquelle zur Er­zeugung von weißem Licht bereitgestellt werden kann. Die in der Licht­quelle nach D1 verwendeten zusätzlichen roten LEDs werden dazu nämlich nicht mehr benötigt. Ferner emit­tieren die Luminophore mit der beanspruchten Korngröße besonders effizient und können somit in Kombination mit der von der Leuchtdiode emittierten Strahlung das ge­wünschte weiße Licht erzielen.

Somit wird es als die objektive technische Aufgabe der Erfindung angesehen, eine vereinfachte, effizient emit­tierende Lichtquelle bereitzustellen.

5.4 Naheliegen

5.4.1 Die Beschwerdeführerin war der Ansicht, dass es für den Fachmann aufgrund seines Fachwissens oder der Lehre des Dokuments D9 naheliegend wäre, Luminophore mit Korn­größen gemäß Merkmal (G) zu verwenden.

5.4.2 Nach Ansicht der Kammer sind bei der Prüfung der erfin­de­rischen Tätigkeit jedoch nicht allein das Naheliegen des Merkmals (G), sondern dasjenige der Kombination der Unter­schiedsmerkmale (A), (D) und (G) zu erwägen.

Wie oben ausgeführt, wird gemäß dem in Dokument D1 be­schriebenen Leuchtsystem das gewünschte weiße Licht durch die Kombination von zwei sichtbares Licht in ver­schiedenen Wellenlängen­bereichen (rot und blau) emit­tierenden Leuchtdioden mit in einem weiteren Wellen­längen­bereich (grün) emittierenden ­­Um­wand­lungsmitteln erzielt. Der Fachmann erhält aus Dokument D1 jedoch kei­nen Hinweis, dies allein durch die Kombination von einer einzigen Leuchtdiode mit lumines­zierendem Mate­ri­al zu erreichen. Dieses Dokument enthält auch keine An­regung, die beanspruchte Zusammensetzung gemäß Merkmal (D) zu verwenden.

Dokument D9 enthält ebenfalls keinen Hinweis, die bean­spruchte Zusammensetzung gemäß Merkmal (D) zur Erzeu­gung von weißem Licht zu verwenden. Ob die bloße Aus­wahl der beanspruchten Korngröße (Merkmal (G)), d. h. unabhängig von den Merkmalen (A) und (D), für den Fach­mann im Hinblick auf Dokument D9 naheliegend wäre, kann dahingestellt bleiben.

Dokument ­D2 wird als eine PCT-Anmeldung, welche eine Europäische Patent­anmel­dung gemäß Artikel 54(3) EPÜ begründet, für die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht gezogen (Artikel 56 EPÜ 1973).

Sein Fachwissen würde den Fachmann nach Ansicht der Kammer auch nicht zu dem beanspruchten Gegenstand führen.

Daher ist der Gegenstand von Anspruch 1 des Haupt­antrags für den Fachmann nicht naheliegend.

Ansprüche 2 bis 11 sind von Anspruch 1 abhängig. Folg­lich weist der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 11 des Hauptantrags eine erfinderische Tätigkeit auf (Artikel 52(1) EPÜ und Artikel 56 EPÜ 1973).

6. Schlussfolgerung

Da unter Berücksichtigung der von den Patentinhabe­rin­nen in Bezug auf den Hauptantrag vor­ge­nom­menen Ände­rungen das Patent und die Erfindung, die es zum Gegen­stand hat, den Erforder­nissen des EPÜ ge­nügen, ist das Patent in geänderter Fassung aufrecht­zuerhalten (Arti­kel 101(3) a) EPÜ und Artikel 111(1) EPÜ 1973). Die Prüfung der Hilfsanträge ist daher nicht notwendig.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

Beschreibung:|Seiten 2, 2a, 3 bis 6 eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer,|

Ansprüche: |Ansprüche 1 bis 11 eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, |

Zeichnungen: |Figuren 1 bis 10 der Patentschrift. |

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