European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2018:T006514.20181213 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 13 Dezember 2018 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0065/14 | ||||||||
Anmeldenummer: | 06122723.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | A61K 8/34 A61K 8/49 A61Q 17/04 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Kosmetische Zubereitung mit 1,2-Alkandiol(e) und Triazin(en) | ||||||||
Name des Anmelders: | Beiersdorf AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Henkel AG & Co. KGaA L'Oréal Stada-Arzneimittel Aktiengesellschaft The Boots Company PLC |
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Kammer: | 3.3.10 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Hauptantrag: Unzulässige Erweiterung (nein) - Änderungen zulässig (ja) - Erfinderische Tätigkeit (ja) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Einsprechende 04) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 5. November 2013, mit welcher das Streitpatent in geänderter Fassung auf der Grundlage des damaligen Hauptantrages aufrecht erhalten wurde.
II. Im Einspruchsverfahren war das Streitpatent in seinem gesamten Umfang u.a. wegen unzulässiger Erweiterung (Artikel 100 c) EPÜ), sowie fehlender Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 100 a) EPÜ) angegriffen worden.
III. Der Wortlaut von Anspruch 1 des damaligen Hauptantrages lautet wie folgt:
"1. Kosmetische Zubereitung in Form einer Emulsion enthaltend
a) 1,2-Hexandiol und
b) ein oder mehrere UV-Lichtschutzfilter aus der Gruppe 2,4-Bis-{[4-(2-ethyl-hexyloxy)-2-hydroxy]-phenyl}-6-(4-methoxyphenyl)-1,3,5-triazin, Dioctylbutylamidotriazon, 2,4-bis-[5-1(dimethylpropyl)benzoxazol-2-yl-(4-phenyl)-imino]-6-(2-ethylhexyl)-imino-1,3,5-triazin, 2,4,6-Tribiphenyl-4-yl-1,3,5-triazin, wobei die Zubereitung dadurch gekennzeichnet ist, dass sie frei ist von 3-(4-Methylbenzyliden)campher."
IV. In ihrer Entscheidung zog die Einspruchsabteilung u.a. folgende Druckschriften und Dokumente heran:
Die Druckschriften
(15) JP-A-2003/081736 als Englische Übersetzung (15a),
(32) WO-A-00/66075,
sowie die Dokumente
(22) Versuchsbericht vom 20. Februar 2012,
(50) Versuchsberichte während des Prüfungsverfahrens, insbesondere jener vom 15. Dezember 2010,
(51) BDF Vergleichsversuch mit Druckschrift (32) und
(58) Versuchsbericht eingereicht mit Schriftsatz vom 12. August 2013.
In ihrer Begründung hatte die Einspruchsabteilung festgestellt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß des damaligen Hauptantrages keine Änderungen enthalte, die über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung und über den Umfang der erteilten Ansprüche hinausgingen. Der beanspruchte Gegenstand sei klar definiert, ausreichend offenbart und neu gegenüber den zitierten Druckschriften. Ausgehend von der Druckschrift (32) als nächstliegendem Stand der Technik werde anhand der Vergleichsversuche gemäß Dokument (51) gezeigt, dass im Vergleich zu Butylenglycol in Gegenwart von 1,2-Hexandiol eine bessere Löslichkeit des Triazinderivates erreicht werde. Da keine der zitierten Druckschriften lehre, 1,2-Hexandiol zur Verbesserung der Löslichkeit der Triazinderivate des Anspruchs 1 einzusetzen, beruhe der Gegenstand gemäß Anspruch 1 des Hauptantrages auf einer erfinderischen Tätigkeit.
V. In ihrer Beschwerdebegründung wiederholte die Beschwerdeführerin ihre Einwände in Bezug auf die Zulässigkeit der Änderungen. Sie bemängelte die Klarheit der Ansprüche und trug ihre Argumentation zur mangelnden erfinderischen Tätigkeit ausgehend von der Druckschrift (15a) als nächstliegendem Stand der Technik vor. Sie rügte, dass entgegen der Auffassung der Einspruchsabteilung die dort als Dokument (50) bezeichneten Vergleichsversuche der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) nicht automatisch Bestandteil des Einspruchsverfahrens gewesen seien und beantragte, diese nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen. Mit Schriftsatz vom 24. Januar 2017 reichte sie die u.a. die Druckschrift
(HW1) EP 1 304 102 A2
ein und brachte erstmals im Beschwerdeverfahren einen Neuheitseinwand basierend dieser Druckschrift vor. Die als Dokument (51) eingereichten Vergleichsversuche der Beschwerdegegnerin seien nicht eindeutig identifizierbar, da mehrere Versuchsberichte während des Prüfungsverfahrens eingereicht worden waren. Die in Dokument (51) beschriebene Nacharbeitung der Lehre der Druckschrift (32) sei in nicht-fachmännischer Weise erfolgt, wie in den Versuchen gemäß Dokument (58) gezeigt werde. Die Aufgabe habe somit nur in der Bereitstellung einer Alternative bestanden, der keine erfinderische Tätigkeit zugrunde liegen könne.
VI. Im Beschwerdeverfahren verfolgte die Beschwerdegegnerin erneut den Hauptantrag, auf dem die angefochtene Entscheidung basierte, sowie die Hilfsanträge 1 und 2, wie eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung am 10. Oktober 2013.
Sie brachte vor, dass die Änderungen nicht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgingen. Der Gegenstand der Ansprüche gemäß Hauptantrag sei klar. In Übereinstimmung mit der Einspruchsabteilung stelle die Druckschrift (32) den nächstliegenden Stand der Technik dar, da sie die Aufgabenstellung des Streitpatentes beträfe, nämlich die Verbesserung der Löslichkeit von UV-Lichtschutzfiltern aus der Gruppe der Triazine in kosmetischen Zubereitungen. Die während des Einspruchsverfahrens als Dokument (51) eingereichten Vergleichsbeispiele belegten eine Verbesserung gegenüber der Druckschrift (32) durch Verwendung von 1,2-Hexandiol anstelle von Butylenglycol. Diese Verbesserung sei durch keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften nahegelegt gewesen. Der Neuheitseinwand der Beschwerdeführerin, sowie u.a. die Druckschrift (HW1) seien verspätet eingereicht worden und stellten einen neuen Sachvortrag der Beschwerdeführerin dar. Da sie prima facie nicht relevant seien, beantragte sie, dass sie nicht in das Verfahren vor der Kammer zugelassen werden.
VII. Die vormalige Einsprechende 03 zog ihren Einspruch zurück und ist folglich nicht mehr am Beschwerdeverfahren beteiligt. Die weiteren Verfahrensbeteiligten (Einsprechende 01, 02 und 05) stellten keine Anträge und nahmen nicht an der mündlichen Verhandlung vor der Kammer teil.
VIII. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende 04) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patentes.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patentes auf der Grundlage der Ansprüche gemäß einem der Hilfsanträge 1 oder 2, beide Hilfsanträge wie eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung am 10. Oktober 2013.
IX. Am 13. Dezember 2018 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Am Ende der Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Hauptantrag
2. Unzulässige Erweiterung (Artikel 100 c) EPÜ)
2.1 Die Beschwerdeführerin hatte im Einspruchsverfahren gerügt, dass die im Prüfungsverfahren vorgenommenen Änderungen über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgingen. Insbesondere sei durch die Änderungen eine neue, nicht ursprünglich offenbarte Kombination von technischen Merkmalen entstanden.
2.2 Der Anspruch 1 in seiner ursprünglich eingereichten Fassung lautet:
"1. Kosmetische Zubereitung enthaltend
a. ein oder mehrere 1,2-Alkandiole und
b. ein oder mehrere UV-Lichtschutzfilter aus der Gruppe der Triazine."
2.3 Während des Prüfungsverfahrens wurde Anspruch 1 auf eine kosmetische Zubereitung "in Form einer Emulsion" beschränkt und durch den Zusatz "wobei die Zubereitung dadurch gekennzeichnet ist, dass die frei ist von 3-(4-Methylbenzyliden)campher" ergänzt. Diese Merkmale finden ihre Basis im ursprünglichen Anspruch 10, sowie in der Beschreibung auf Seite 5, Zeilen 1 bis 2.
2.4 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass die Verknüpfung der technischen Merkmale, wonach die kosmetische Zubereitung "in Form einer Emulsion" und "frei von 3-(4-Methylbenzyliden)campher" sei, nicht aus den ursprünglichen Unterlagen entnehmbar sei, sondern einer willkürlichen Auswahl entgegen der ursprünglichen Lehre entstamme. Durch den Rückbezug des ursprünglichen Anspruchs 10 auf den ursprünglichen Anspruch 9 sei die Anwesenheit von 3-(4-Methylbenzyliden)campher in der kosmetischen Zubereitung in Form einer Emulsion sogar bevorzugt gewesen.
2.5 Indessen ist festzustellen, dass sich der ursprüngliche Anspruch 10 auf alle vorherigen Ansprüche bezieht, auch jene, in denen die weiteren Bestandteile des ursprünglichen Anspruchs 9 nicht enthalten sind. Die Passage in der Beschreibung, welche explizit angibt, dass die Zubereitung frei ist von 3-(4-Methylbenzyliden)campher, bezieht sich ebenfalls in allgemeiner Weise auf alle beanspruchten kosmetischen Zubereitungen. Das Argument der Beschwerdeführerin kann folglich nicht überzeugen.
2.6 Die Kammer ist daher der Auffassung, dass der Einwand der Beschwerdeführerin unter Artikel 100 c) EPÜ nicht durchgreift.
3. Änderungen (Artikel 123 EPÜ)
3.1 Während des Einspruchsverfahrens hat die Beschwerdegegnerin den erteilten Anspruch weiter eingeschränkt (siehe Paragraph III. supra). Die Komponente a) wurde auf 1,2-Hexandiol beschränkt und Komponente b) auf Triazinderivate, auszuwählen aus der Gruppe "2,4-Bis-{[4-(2-ethyl-hexyloxy)-2-hydroxy]-phenyl}-6-(4-methoxyphenyl)-1,3,5-triazin, Dioctylbutylamidotriazon, 2,4-bis-[5-1(dimethylpropyl)benzoxazol-2-yl-(4-phenyl)-imino]-6-(2-ethylhexyl)-imino-1,3,5-triazin, 2,4,6-Tribiphenyl-4-yl-1,3,5-triazin". Eine Basis für diese Änderungen findet sich in den ursprünglichen Ansprüchen 6 und 8, sowie in den entsprechenden erteilten Ansprüchen 5 und 7.
3.2 Die Beschwerdeführerin trug vor, dass durch die Änderung in Anspruch 1 die unveränderten Ansprüche 2 und 4 nicht den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ genügten, da sie nunmehr eine Zubereitung beträfen, welche zwingend 1,2-Hexandiol, sowie weitere 1,2-Alkandiole enthalten, die jedoch nicht mehr der Gruppe der 1,2-Alkandiole des erteilten Anspruchs 1 und 2 entsprächen. Gemäß ihrer ursprünglichen Bedeutung habe die Formulierung jede Kombination von 1,2-Alkandiolen umfasst, auch solche, die kein 1,2-Hexandiol enthielten. Die nunmehr geltende Formulierung umfasse Kombinationen von 1,2-Alkandiolen, die ursprünglich nicht offenbart gewesen seien. Eine analoge Argumentation ergebe sich durch die Beschränkung der UV-Filter aus der Gruppe der Triazinderivate auf lediglich vier spezifische Triazine.
3.3 Indessen ist festzustellen, dass der erteilte Anspruch 1 bereits die Möglichkeit umfasst, dass mehrere 1,2-Alkandiole enthalten sein können. Die Festlegung auf 1,2-Hexandiol als 1,2-Alkandiol in Anspruch 1 schließt die Anwesenheit weiterer 1,2-Alkandiole nicht aus. Daher kann die Kammer in der Beschränkung des unabhängigen Anspruchs 1 keine unzulässige Erweiterung in den abhängigen Ansprüchen 2 und 4 erkennen. Die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ sind daher erfüllt.
3.4 In gleicher Weise kann auch aus der Beschränkung des erteilten Merkmals "ein oder mehrere UV-Lichtschutzfilter aus der Gruppe der Triazinderivate" auf die Liste der Triazinderivate des erteilten Anspruchs 7 (ursprünglicher Anspruch 8) keine Verletzung des Artikels 123(2) EPÜ resultieren. Die Beschränkung eines Anspruchs führt zwangsläufig zu einem Gegenstand, der nicht mehr alle vorher zur beanspruchten Erfindung gehörenden Ausführungsformen umfasst.
3.5 Die Kammer ist daher der Auffassung, dass die in Anspruch 1 des Hauptantrages vorgenommenen Änderungen den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ genügen. Da die Änderungen keine Erweiterung des Schutzumfanges des erteilten Anspruchs 1 bewirken, sind auch die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ erfüllt.
4. Klarheit (Artikel 84 EPÜ)
4.1 Die Beschwerdeführerin rügte, dass durch die Änderung im unabhängigen Anspruch 1 ein Widerspruch zwischen 1,2-Hexandiol in Anspruch 1 und 1,2-Alkandiolen in den angängigen Ansprüchen 2 und 4 entstehe.
4.2 Indessen ist festzustellen, dass die beanspruchte Zubereitung des Anspruchs 1 neben 1,2-Hexandiol noch weitere Komponenten enthalten kann, z.B. weitere 1,2-Alkandiole, wobei gemäß Anspruch 1 die Anwesenheit von 1,2-Hexandiol zwingend ist. Auch der Begriff "1,2-Alkandiol" ist für den Fachmann klar. Daher ist die Kammer der Auffassung, dass kein Widerspruch erkennbar ist und daher die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ erfüllt sind.
5. Verspätetes Vorbringen
5.1 Die Beschwerdeführerin reichte mit Schriftsatz vom 24. Januar 2017 u.a. die Druckschrift (HW1) ein und trug vor, dass das Beispiel 4 dieser Druckschrift eine Zusammensetzung entsprechend des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag offenbare. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher neuheitsschädlich vorweggenommen.
5.2 Die Beschwerdegegnerin beantragte, diesen neuen Sachvortrag, sowie u.a. die Druckschrift (HW1), die im Übrigen auch nicht neuheitsschädlich sei, als verspätet nicht in das Verfahren vor der Kammer zuzulassen.
5.3 Das von der Beschwerdeführerin herangezogene Beispiel 4 der Druckschrift (HW1) offenbart eine kosmetische Zubereitung, die ein Triazin gemäß Anspruch 1 des Streitpatentes enthält, sowie Hexandiol. Da jedoch verschiedene Isomere von Hexandiol existieren, die Druckschrift (32) aber keinen Hinweis auf die Verwendung des spezifischen Isomeren 1,2-Hexandiol enthält, ist das Beispiel 4 der Druckschrift (HW1) prima facie nicht neuheitsschädlich für den Gegenstand des Anspruchs 1.
5.4 Gemäß Artikel 13(1) VOBK steht es im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung seiner Beschwerdebegründung oder Erwiderung zuzulassen. Da Druckschrift (HW1) prima facie den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht vorwegnimmt (siehe Paragraph 5.3 supra), entscheidet die Kammer, diese Druckschrift nach Artikel 13(1) VOBK als verspätet und nicht prima facie relevant nicht in das Verfahren vor der Kammer zuzulassen.
6. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
6.1 Anspruch 1 des Haupantrages betrifft eine kosmetische Zubereitung in Form einer Emulsion, welche Triazinderivate als UV-Filter und 1,2-Hexandiol als 1,2-Alkandiol enthält. Derartige Zubereitungen sind bereits aus dem Stand der Technik bekannt. Die Einspruchsabteilung und die Beschwerdegegnerin betrachteten die Druckschrift (32) als nächstliegenden Stand der Technik, die Beschwerdegegnerin zog indessen die Druckschrift (15a) als nächstliegenden Stand der Technik heran.
6.1.1 Druckschrift (32) betrifft Sonnenschutzformulierungen, die als UV-Filter "Dioctyl Butamido Triazone" (Dioctylbutylamidotriazon) enthalten. Beispiel 9 offenbart ein Sonnenschutzmittel enthaltend Dioctylbutylamidotriazon und Butylenglycol als 1,2-Alkandiol. Die Zusammensetzung ist frei von 3-(4-Methylbenzyliden)campher. Aufgabe der Erfindung in Druckschrift (32) war die Verbesserung der Löslichkeit von speziellen UV-Filtern in kosmetischen Zubereitungen zur Vermeidung von Rekristallisation und damit verbundener Abnahme des Lichtschutzfaktors (Seite 1, Absatz 2). Diese Aufgabe wird in Druckschrift (32) durch Verwendung von nicht-alkoxylierten Polyglycerinverbindung gelöst (Siehe Anspruch 1). Der Zusatz von Polyolen, wie z.B. Butylenglycol, erfolgt zur Verbesserung der Fließeigenschaften (siehe Seite 11 unten bis Seite 12 oben).
6.1.2 Druckschrift (15a) offenbart eine antiseptische Zusammensetzung für die äußerliche Anwendung, welche die aktiven Komponenten A und B enthält. Die Liste der möglichen Komponenten A enthält auch UV-Absorber und aus der Liste der möglichen Vertreter der Komponente B, welche die antiseptische Wirkung aufweisen soll, kann 1,2-Hexandiol ausgewählt werden (Ansprüche 1 und 2). Die Zusammensetzung 10 betrifft eine Handcreme enthaltend Octyltriazon und 1,2-Hexandiol.
6.1.3 Die Beschwerdeführerin trug vor, dass Druckschrift (15a) ebenfalls die Aufgabe des Streitpatentes betreffe, nämlich die Löslichkeit des Triazinderivates. Versuche der Beschwerdegegnerin während des Prüfungsverfahrens belegten, dass auch das Octyltriazon, der in Zusammensetzung 10 der Druckschrift (15a) verwendete UV-Filter, in Gegenwart von 1,2-Hexandiol gelöst werde.
Indessen ist festzustellen, dass der Offenbarungsgehalt einer Druckschrift durch die explizit genannten Eigenschaften und Informationen, die der Fachmann mit seinem Fachwissen miterfasst, definiert ist. Implizite technische Merkmale oder Eigenschaften, die erst durch weiterführende Untersuchungen festgestellt werden können, sind hingegen nicht Gegenstand der Offenbarung. Da in Druckschrift (15a) jedoch an keiner Stelle die Löslichkeit erwähnt ist, ist es unerheblich, dass in späteren Versuchen festgestellt wurde, dass Octyltriazon in einer 1,2-Hexandiol enthaltenden Zubereitung gelöst vorliegt. Die Kammer ist der Auffassung, dass Druckschrift (15a) nicht die Löslichkeit von UV-Filtern, insbesondere von Triazinderivaten anspricht.
6.1.4 Die Kammer stellt jedoch fest, dass die Druckschrift (32) dieselbe Aufgabe betrifft, wie das Streitpatent, und dem Gegenstand des Streitpatentes näher liegt, als die Druckschrift (15a). Daher geht die Kammer im Folgenden von der Druckschrift (32) als nächstliegendem Stand der Technik aus.
6.2 Die Beschwerdegegnerin formulierte als Aufgabe des Streitpatentes die Bereitstellung einer kosmetischen Zubereitung, in welche größere Mengen an Triazinderivaten eingearbeitet werden können.
6.3 Als Lösung bietet das Streitpatent die kosmetische Zubereitung gemäß Anspruch 1 an, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sie 1,2-Hexandiol enthält.
6.4 Zum Beleg dafür, dass die in Paragraph 6.3 supra angebotene Lösung erfolgreich ist, verwies die Beschwerdeführerin auf die Versuchsbeispiele, eingereicht als Dokument (51).
6.4.1 Die Beschwerdeführerin hatte gerügt, dass das Dokument (51) im Einspruchsverfahren nur als "BDF Versuche Prüfungsverfahren" bezeichnet worden seien. Da es jedoch mehrere, zu unterschiedlichen Zeitpunkten während des Prüfungsverfahrens eingereichte Versuchsberichte des Beschwerdegegners gegeben habe, sei niemals Klarheit darüber erreicht worden, welcher dieser Versuchsberichte denn nun gemeint gewesen sei. Auch das Verteilen des Versuchsberichtes vom 15. Dezember 2010 während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung sei nicht ausreichend gewesen, den Umfang des Dokuments (51) eindeutig zu bezeichnen.
6.4.2 Indessen ist festzustellen, dass durch die Bezeichnung "BDF Versuche Prüfungsverfahren" im Zweifelsfall alle Versuche umfasst sind, die während des Prüfungsverfahrens eingereicht wurden. Das Verteilen des Versuchsberichts vom 15. Dezember 2010 während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung, sowie der Hinweis auf diese Versuche als Teil des Dokuments (51) in der Antwort des Beschwerdegegners auf die Beschwerdebegrpndung scheinen den Diskussionsgegenstand ausreichend zu bezeichnen. In jedem Fall sind zumindest die Beispiele vom 15. Dezember 2010 im Verfahren vor der Kammer und werden im Folgenden weiterhin als Dokument (51) bezeichnet.
6.4.3 Die Beispiele des Dokumentes (51) betreffen Löslichkeitsversuche von Dioctylbutylamidotriazon und eine Nachstellung des Beispiels 9 der Druckschrift (32). Die Löslichkeitsversuche wurden durchgeführt, indem Dioctylbutylamidotriazon jeweils in Butylenglycol und in 1,2-Hexandiol gelöst wurde. Dabei zeigte sich eine schlechtere Löslichkeit des Triazinderivates in Butylenglykol. Ferner wurde das Beispiel 9 der Druckschrift (32) nachgestellt. Die Zubereitung wurde gerührt, erwärmt und in einem Homogenisierer behandelt. Die Komponenten des Beispiels 9 wurden mit identischen Mengen nachgestellt und mit einer Zubereitung gemäß Streitpatent verglichen, welche sich von der Zubereitung des Beispiels 9 der Druckschrift (32) lediglich darin unterschied, dass anstelle von Butylenglycol das 1,2-Hexandiol verwendet wurde. Auch hierbei zeigt sich eine deutlich bessere Löslichkeit des Triazinderivates.
6.4.4 Die Beschwerdeführerin rügte, dass die in Dokument (51) beschriebene Vorgehensweise bei der Herstellung der Emulsion nicht in fachmännischer Weise durchgeführt worden sei. In Dokument (58), in welchem aus den beiden Zubereitungen des Dokumentes (51) in fachmännischer Weise eine Emulsion hergestellt wurde, konnten keine Unterschiede hinsichtlich der Löslichkeit des Triazinderivates festgestellt werden. Daher sei ausgehend von der Druckschrift (32) als technische Aufgabe lediglich die Bereitstellung einer Alternative zu sehen.
6.4.5 Indessen ist festzustellen, dass der Fachmann für die Herstellung von Emulsionen verschiedene Vorgehensweisen wählen kann. Das Verfahren zur Herstellung einer Emulsion ist in Druckschrift (32) nicht auf eine spezifische Methode beschränkt. Somit steht es dem Fachmann frei, welches Emulgierverfahren er einsetzt. Die Tatsache, dass mit dem spezifischen Verfahren des Dokumentes (58) auch im Falle von Butylenglycol, d.h. der Zubereitung des Beispiels 9 der Druckschrift (32) eine Emulsion erzeugt werden kann, steht nicht im Widerspruch zu den in Dokument (51) gefundenen Ergebnissen. Ausschlaggebend ist, dass das in den Versuchen des Dokumentes (51) angewendete Verfahren identisch für beide Zubereitungen durchgeführt wurde. Die dabei gefundenen unterschiedlichen Ergebnisse lassen sich somit eindeutig auf die Substitution von Butylenglycol durch 1,2-Hexandiol zurückführen. Das Argument der Beschwerdeführerin kann daher nicht durchgreifen.
6.5 Die Kammer ist daher der Auffassung, dass die in Paragraph 6.2 supra genannte technische Aufgabe erfolgreich gelöst ist.
6.6 Es bleibt nunmehr zu untersuchen, ob es nahegelegen hatte, 1,2-Hexandiol anstelle von Butylenglycol zur besseren Löslichkeit der Triazinderivate in der kosmetischen Zubereitung einzusetzen.
6.6.1 In diesem Zusammenhang trug die Beschwerdeführerin vor, dass der Fachmann wisse, dass die UV-Filter entsprechend den Triazinderivaten des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sehr schwer in polaren Lösungsmitteln löslich seien. Wenn der Fachmann also vor der Aufgabe stand, die Löslichkeit zu verbessern, hätte er anstelle von Butylenglycol ein 1,2-Alkandiol mit einer längeren Alkylkette gewählt und wäre somit zwangsweise zu 1,2-Hexandiol gelangt, ohne erfinderisch tätig zu werden.
6.6.2 Indessen ist festzustellen, dass das Dokument (22), ein Versuchsbericht der vormaligen Einsprechenden 03 während des Einspruchsverfahrens, die Löslichkeit von Dioctylbutylamidotriazon in verschiedenen 1,2-Alkandiolen untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass die Löslichkeit des Triazinderivates in 1,2-Hexandiol besser ist als in 1,2-Pentandiol, aber auch besser als in 1,2-Octandiol, welches eine längere Alkylkette als 1,2-Hexandiol aufweist. Daher kann das Argument der Beschwerdeführerin, dass die bessere Löslichkeit des Triazinderivates ausschließlich von der Länge der unpolaren Alkylkette des 1,2-Alkandiols abhängt, nicht durchgreifen.
6.7 Da keine der weiteren im Verfahren zitierten Druckschriften lehrt, 1,2-Hexandiol zur besseren Löslichkeit der Triazinderivate in einer kosmetischen Zubereitung einzusetzen, war die Lösung der technischen Aufgabe, wie in Paragraph 6.2 supra definiert, für den Fachmann nicht naheliegend.
6.8 Aus den oben genannten Gründen kommt die Kammer daher zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht. Die dem Gegenstand der abhängigen Ansprüche unterliegende erfinderische Tätigkeit wird durch die für den Gegenstand des Anspruchs 1 anerkannte erfinderische Tätigkeit getragen.
7. Da der Hauptantrag der Beschwerdegegnerin gewährbar ist, ist über die nachrangigen Hilfsanträge 1 und 2 nicht zu entscheiden.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.