T 2512/13 () of 5.5.2015

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2015:T251213.20150505
Datum der Entscheidung: 05 Mai 2015
Aktenzeichen: T 2512/13
Anmeldenummer: 07712422.0
IPC-Klasse: B65G 53/04
A61F 13/15
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: VERFAHREN ZUR PNEUMATISCHEN FÖRDERUNG WASSERABSORBIERENDER POLYMERPARTIKEL
Name des Anmelders: BASF SE
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.07
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 07 712 422.0 Beschwerde eingelegt.

Sie beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Basis des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrags. Hilfsweise beantragte sie eine mündliche Verhandlung.

II. In der vorliegenden Entscheidung sind die folgenden Dokumente aus dem Prüfungsverfahren zitiert:

D1 = US-A-4 908 175

D6 = JP-A-2004 345 804 (automatische Englische Übersetzung) sowie die folgenden von der Kammer in das Verfahren eingeführten Dokumente:

D11 = "Attrition of powders and granules at various bends during pneumatic conveying", H. Kalman, Powder Technology 112 (2000), Seiten 244 bis 250 (in der Beschreibung der vorliegenden Anmeldung auf Seite 2, Zeilen 1 bis 3 zitiert)

D12 = "Die Grundlagen der pneumatischen Förderung", K-E. Wirth, Chem.-Ing.-Tech. 55 (1983), Nr. 2, Seiten 110 bis 122

III. Die Prüfungsabteilung hatte entschieden, dass das Verfahren von Anspruch 1 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung nicht neu gegenüber dem Verfahren von D1 ist. Sie entschied weiters, dass die in Anspruch 1 des während der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags vorgenommenen Änderungen nach Artikel 123 (2) EPÜ zulässig sind, aber dass der Gegenstand von diesem Anspruch 1 keine erfinderische Tätigkeit im Hinblick auf den Stand der Technik, wie z.B. D6, und dem allgemeinen Fachwissen des Fachmannes beinhaltet.

IV. Mit der Ladung für die antragsgemäß angesetzte mündliche Verhandlung, teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung im Hinblick auf die Ansprüche 1-10 des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrags (dessen Anspruch 1 ist identisch mit jenem des Hilfsantrags der angegriffenen Entscheidung) mit.

Der Hauptantrag schien im Hinblick auf die Erfordernisse der Artikel 123 (2) EPÜ, bzw. Artikel 82 und 84 EPÜ sowie der Regel 43 (2) und (3) EPÜ nicht gewährbar zu sein.

Dem Gegenstand von Verfahrensanspruch 1 schien es gegenüber dem Verfahren gemäß D11 an der notwendigen Neuheit zu mangeln.

Augrund der obigen Beanstandungen nahm die Kammer davon Abstand, die Frage der erfinderischen Tätigkeit im Detail zu erörtern, bezog aber zu einigen Punkten Stellung. Dabei wurde von ihr unter anderem festgestellt, dass:

Die gegebenenfalls zu führende Diskussion der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes des Verfahrensanspruchs 1 werde, ausgehend vom nächstkommenden Stand der Technik unter Anwendung des Aufgabe-Lösungsansatzes auf der Basis des(r) unterscheidenden Merkmals(e) bzw. dessen(deren) Wirkung(en) erfolgen. Sowohl D6 als auch D11 schienen als nächstkommender Stand der Technik geeignet zu sein.

Bezüglich der Verringerung der Permeabilität (SFC) auch zu berücksichtigen wäre, dass dieser - indirekte - "Effekt" auf die Reduzierung des Abriebes durch die verkleinerte mechanische Belastung der Polymerpartikel aufgrund des vergrößerten Verhältnisses von Krümmungsradius zu Rohrdurchmesser zurückzuführen sei und somit einen Bonus-Effekt darzustellen schien, den der Fachmann ausgehend von D11 inhärent - ohne dafür erfinderisch tätig zu werden - erhalten würde.

Dokument D12 werde von der Kammer als Nachweis des allgemeinen Fachwissens des Fachmannes erachtet.

V. Mit dem Schriftsatz vom 19. März 2015 reichte die Beschwerdeführerin einen geänderten einzigen "Hauptantrag" zusammen mit Argumenten betreffend die durchgeführten Änderungen und die Frage der erfinderischen Tätigkeit, ausgehend nur von D11 als dem nächstkommenden Stand der Technik, ein.

VI. Am 5. Mai 2015 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Es wurde die Frage der erfinderischen Tätigkeit des Verfahrens nach Anspruch 1 des einzigen Antrags, gegenüber dem nächstkommenden Stand der Technik D6 und dem Handeln des Fachmannes im Lichte von D11 sowie seinem allgemeinen Fachwissen gemäß D12, diskutiert.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents gemäß diesem einzigen Antrag.

Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.

VII. Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 des einzigen Antrags ist (Änderungen gegenüber Anspruch 1 des Hilfsantrags der angefochtenen Entscheidung sind in Fettdruck; Betonung von der Kammer hinzugefügt):

"1. Verfahren zur pneumatischen Förderung wasserabsorbierender Polymerpartikel unter Verwendung gekrümmter Rohrleitungen, wobei eine Rohrleitung in einem pneumatischen Fördersystem für wasserabsorbierende Polymerpartikel der Abschnitt zwischen [deleted: einer] der Aufgabeeinrichtung für die wasserabsorbierenden Polymerpartikel und [deleted: einem] dem Empfangsbehälter ist und die wasserabsorbierenden Polymerpartikel im Bereich der Rohrleitung im Gasstrom transportiert werden, dadurch gekennzeichnet, dass das Verhältnis von Krümmungsradius zu Rohrdurchmesser [deleted: mindestens 5] von 8 bis 12 beträgt, Polymerpartikel auf Basis von vernetzter Polyacrylsäure verwendet werden und die Anzahl der Bögen des pneumatischen Fördersystems weniger als 5 beträgt."

VIII. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen folgende für die Entscheidung relevante Argumente vorgetragen:

Das pneumatische Förderverfahren gemäß Anspruch 1 unterscheide sich von jenem nach D6 zur Förderung wasserabsorbierenden vernetzten Polyacrylatpulvers (bei diesem werde, gemäß der in Figur 1 gezeigten Fördervorrichtung, das Polymerpulver über die Aufgabeeinrichtung ("hopper" und "lift tank") mittels eines Kompressors 106 durch komprimierte Luft in der Förderrohrleitung 104 durch zwei Rohrbögen in den Auffangbehälter 108 ("hopper) transportiert, wobei zusätzliche Luft über die Sekundärluftrohre 110 in diese Förderrohrleitung 104 eingeleitet werde) durch das Verhältnis des Krümmungsradius zum Rohrdurchmesser (R/D) von 8 bis 12, das bei D6 nicht angegeben sei.

In der vorliegenden Anmeldung seien Versuche mit einer pneumatischen Fördervorrichtung mit einer Förderleitung mit insgesamt drei Rohrbögen beschrieben, die den Effekt dieses Merkmals R/D zeigten. Bei diesen Versuchen werde ein Verhältnis von Krümmungsradius zu Rohrdurchmesser der Rohrleitung von R/D = 3 (Beispiel 1) mit einem Verhältnis von R/D = 10 (Beispiel 2) verglichen, wobei das größere Verhältnis zu besseren (d.h. geringeren) Abriebwerten des transportierten vernetzten Polyacrylatpulvers führe (siehe Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung entsprechend der veröffentlichten WO-A-2007/104657, Seite 12, Zeile 30 bis Seite 13, Zeile 10 und Tabelle 1).

Diese Beispiele 1 und 2 der Anmeldung zeigten auch, dass mit dem beanspruchten größeren Verhältnis R/D = 10 auch ein besserer SFC-Wert [10**(-7) cm**(3)s/g] des so geförderten Polymerpulvers einhergehe. Dieser Effekt sei möglicherweise mit dem Feinabrieb verknüpft. Der Fachmann bekomme aber keinen diesbezüglichen Hinweis im Stand der Technik, weder in D6 noch in D11.

D11 offenbare zwar die Förderung verschiedener Polymerpartikel in einem Bogen mit einem großen Verhältnis R/D (mit "LR" = "long radius" bezeichnet), wobei die mechanische Belastung der Polymerpartikel mit steigendem Aufprallwinkel zunehme (siehe Seite 249, linke Spalte, zweiter Absatz: "The main damage is caused by the normal component that is decreasing with the decrease in the collision angle") und der Aufprallwinkel nimmt mit steigenden Radius des Bogens ab (Seite 249, linke Spalte, zweiter Absatz: "Increasing the radius of a bend will decrease the angle of collision"). Dem stehe aber gegenüber, dass die Polymerpartikel trotzdem insgesamt die gleiche Richtungsänderung erfahren müssten, beispielsweise 90°, die vorgegeben und unabhängig vom Radius des Bogens ist. Darauf werde auch in dieser Passage in D11 hingewiesen ("Note that in LRs, a secondary collision point could occur for elastic collisions").

D11 offenbare einen einzigen Vergleich einer Förderung mit einem großen Verhältnis von Krümmungsradius zu Rohrdurchmesser ("LR") zu einer Förderung mit einem geringen Verhältnis von Krümmungsradius zu Rohrdurchmesser ("SR" = "short radius"). Dieser Vergleich gemäß Figur 8 (siehe Seite 249) liefere für die Ausführungsform "LR" im Bereich bis zu 6 Bögen schlechtere Werte, als die Variante "SR". Deshalb würde der Fachmann die Ausführungsform "LR" für eine pneumatische Förderung mit maximal 4 Bögen gemäß Anspruch 1 des einzigen Antrags nicht auswählen, da er bei der pneumatischen Förderung wasserabsorbierender Polymerpartikel in diesem Bereich "LR" keine besseren Ergebnisse erwarten konnte.

Es werde aber zugestanden, dass der mittlere Teilchendurchmesser des Materials "MR" gemäß der Figur 8 von D11 ca. 15 mym beträgt, während jener des wasserabsorbierenden vernetzten Polyacrylatpolymers gemäß D6 im Bereich zwischen 150 und 850 mym beträgt (siehe D6, Absatz [0069]). Es werde auch zugestanden, dass sich unterschiedliche Materialien bei der pneumatischen Förderung in derselben Apparatur bei denselben Betriebsparametern im Hinblick auf den Abrieb unterschiedlich verhalten.

Der Gegenstand von Anspruch 1 beinhalte aber dennoch erfinderische Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ)

Da die Kammer zum Schluss kam, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des einzigen Antrags keine erfinderische Tätigkeit aufweist, ist die Frage, ob die in den Ansprüchen gemachten Änderungen die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ erfüllen, für die vorliegende Entscheidung unerheblich.

2. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

2.1 Die Kammer betrachtet D6 als nächstkommenden Stand der Technik für das Verfahren zur pneumatischen Förderung wasserabsorbierender Polymerpartikel gemäß Anspruch 1 des einzigen Antrags, der gegenüber jenem des der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Hilfsantrags weiter beschränkt wurde (siehe Punkt VII, oben). Diese Ansicht wurde von der Beschwerdeführerin schon in der Beschwerdebegründung im Hinblick auf den der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Hilfsantrag und den darin zitierten Dokumenten geteilt.

Im Übrigen stellt D6 nach Ansicht der Kammer das erfolgversprechendste Sprungbrett zur Erfindung dar (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 7. Auflage 2013, Kapitel I.D.4.2 und I.D.3.4). Die Beschwerdeführerin hat in ihrem letzten Schriftsatz zur Frage der erfinderischen Tätigkeit (siehe Punkt V, oben) nur zu D11 als Ausgangspunkt für den Fachmann, d.h. als nächstkommenden Stand der Technik, Stellung genommen und alle anderen Dokumente als weiteren Stand der Technik betrachtet. In der mündlichen Verhandlung wurde deswegen D6 als nächstkommender Stand der Technik diskutiert.

2.2 Das Dokument D6 offenbart ein pneumatisches Förderverfahren zur Förderung wasserabsorbierenden vernetzten Polyacrylatpulvers, dessen physikalische Eigenschaften bei der Förderung nicht beeinträchtigt werden sollen, das für Hygieneartikel verwendet werden soll (siehe Absätze [0001] bis [0008], und [0039] bis [0046]). Gemäß Beispiel A wird eine wässrige Natrium-Acrylat-Lösung mit Polyethylenglykol-Diacrylat polymerisiert bzw. vernetzt. Nach dem Trocknen des resultierenden Polyacrylatpolymers und Mahlen desselben wird das erhaltene klassifizierte Pulver mit einem Teilchendurchmesser im Bereich von 150 mym bis 850 mym durch Dichtstromförderung mit niedriger Geschwindigkeit (7-10 m/s) in einer pneumatischen Förderanlage gemäß der Figur 1 transportiert (siehe Absätze [0068] bis [0073]).

Bei der in Figur 1 gezeigten Fördervorrichtung wird das Polymerpulver über die Aufgabeeinrichtung ("hopper" 102 und "lift tank" 103) durch mittels eines Kompressors 106 komprimierte Luft in der Förderrohrleitung 104 durch zwei Rohrbögen in den Auffangbehälter 108 ("hopper") transportiert, wobei zusätzliche Luft über die Sekundärluftrohre 110 in diese Förderrohrleitung 104 eingeleitet wird (siehe Figur 1 und Absatz [0020]). D6 macht keinerlei Aussage über den Krümmungsradius der beiden Bögen bzw. den Durchmesser der Rohrleitung 104.

2.2.1 Das pneumatische Förderverfahren gemäß Anspruch 1 des einzigen Antrags unterscheidet sich somit von jenem nach D6 nur durch das Verhältnis des Krümmungsradius zum Rohrdurchmesser (R/D) von 8 bis 12.

Der technische Effekt dieses Verhältnisses der Rohrbögen der Fördervorrichtung ist eine Reduzierung des bei der pneumatischen Förderung des vernetzten Polyacrylats erzeugten Abriebs (siehe Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung entsprechend der veröffentlichten WO-A-2007/104 657, Seite 12, Zeile 30 bis Seite 13, Zeile 10 und Tabelle 1).

2.3 Die zu lösende technische Aufgabe, für den vom pneumatischen Förderverfahren gemäß D6 ausgehenden Fachmann, wird daher darin gesehen, in dieser Vorrichtung bzw. in dem entsprechenden Verfahren dafür zu sorgen, dass der Abrieb des geförderten vernetzten Polyacrylats reduziert wird.

2.4 Zur Lösung dieser Aufgabe wird der Fachmann selbstverständlich das Dokument D11 berücksichtigen, das sich mit Untersuchungen des Abriebs von Polymerpulvern bei der pneumatischen Förderung beschäftigt, wobei neben der Teilchenfestigkeit des geförderten Materials, die Betriebsparameter (z.B. der Einfluss der Luftgeschwindigkeit bzw. Teilchengeschwindigkeit, das Beladungsverhältnis der Luft) sowie die Bogenstruktur (Krümmungsradius, verschiedenen Biegungstypen, Anzahl der Bogen) im Hinblick auf den Abrieb experimentell untersucht werden (siehe Zusammenfassung sowie Seite 247, rechte Spalte, Absatz "Attrition mechanisms").

2.4.1 Für die Versuche wurden drei Versuchsapparaturen verwendet. Die Biegungen der Förderleitungen dieser Apparaturen waren jeweils entweder nur in der Form eines "langen Radius" ("long radius" = "LR", mit einem Verhältnis von Krümmungsradius zu Rohrdurchmesser von 10), eines "kurzen Radius Ellbogen" ("short radius elbow" = "SR", mit einem Verhältnis von Krümmungsradius zu Rohrdurchmesser von 1), eines "Blind-T-Rohrs" ("blinded tee" = "BT"), oder einer Verwirbelungstrommel ("turbulence drum") mit größerem ("LD") oder kleinerem Durchmesser ("SD") der Trommel (siehe D11, Seite 245, Absatz "Experimental test rig" und Figur 1).

2.4.2 Bezüglich der Bogenstruktur lehrt D11, dass die mechanische Belastung der Polymerpartikel mit steigendem Aufprallwinkel zunimmt (siehe Seite 249, linke Spalte, zweiter Absatz: "The main damage is caused by the normal component that is decreasing with the decrease in the collision angle") und der Aufprallwinkel mit steigendem Radius des Bogens abnimmt, wobei bei langen Bögen ("LRs") ein zweiter Kollisionspunkt durch elastische Kollisionen entstehen kann (Seite 249, linke Spalte, zweiter Absatz: "Increasing the radius of a bend will decrease the angle of collision" und "Note that in LRs, a secondary collision point could occur for elastic collisions").

Der einzige Vergleich der verschiedenen Bogentypen in D11 wurde mit Methylgummi eines mittleren Teilchendurchmessers von ca. 15 mym als zu förderndem Material mit sehr hohen Luftgeschwindigkeiten von 38 m/s für den Bogentyp "LR" bzw. von 45 m/s für die anderen Bogentypen "SR", "BT", "SD" und "LD" und einer zunehmenden Anzahl an Rohrleitungsbogen (nämlich mit 2, 6 und 10 Bogen) durchgeführt (siehe Figur 8). Dabei wurde durch die Experimente gefunden, dass der Abrieb für den Bogentyp "LR" (bei 10 Bogen) der Geringste wird, was durch die geringe Teilchengröße und die damit inhärente kleinere Massenträgheit erklärt wird, da die kleineren Teilchen dadurch besser der Luftströmung folgen können, solange nur eine gemäßigte Richtungsänderung der Luftströmung erfolgt (siehe Seite 249, rechte Spalte, dritter Absatz und Figur 8).

Dabei hat die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung bei der Diskussion der Figur 8 von D11 einerseits zugestanden, dass der mittlere Teilchendurchmesser des Materials "MR" ca. 15 mym beträgt, während der Teilchendurchmesser des vernetzten Polyacrylatpolymers gemäß D6 im Bereich zwischen 150 mym und 850 mym liegt, und andererseits, dass sich unterschiedliche Materialien bei der pneumatischen Förderung in derselben Apparatur bei denselben Betriebsparametern im Hinblick auf den Abrieb unterschiedlich verhalten.

2.4.3 In der Zusammenfassung lehrt D11 den Fachmann die Notwendigkeit, dass für jedes pneumatisch zu fördernde Material eine experimentelle Analyse durchgeführt werden soll, um die bezüglich eines geringen Abriebs zweckmäßigste Bogentype bzw. die optimalen Betriebsparameter zu ermitteln, wobei im allgemeinen die Dichtstromförderung bevorzugt wird (siehe Seiten 249 bis 250, Absatz "4. Conclusions").

2.4.4 Der Fachmann wird daher, ausgehend von der Lehre der D6 und der darin angewandten pneumatischen Dichtstromförderung des vernetzten Polyacrylats unter Berücksichtigung der vorgenannten Lehre von D11, Versuche mit den verschiedenen Bogentypen ausführen.

2.4.5 Bei der Durchführung dieser Versuche wird der Fachmann auch sein Fachwissen (belegt durch D12) berücksichtigen, wonach der auf das gerade Rohr bezogene Druckverlust eines Rohrbogens (d.h. der "Krümmerdruckverlust") eine Funktion des Verhältnisses des Krümmungsdurchmessers zu dem Rohrdurchmesser ist, welcher mit steigendem Verhältnis abnimmt (siehe D12, Seite 116, linke Spalte, Absatz "4.5 Krümmerdruckverlust" sowie Abbildung 12 mit Erläuterung). Dabei ist ihm aus seinem Fachwissen ebenfalls bekannt, dass Krümmungsdurchmesser zu Rohrdurchmesser von 10 bis 15 im allgemeinen üblich sind (siehe D12, Seite 116, linke Spalte, Erläuterung der Abbildung 12).

2.4.6 Damit ist dem Fachmann im Hinblick auf die zwei in D11 genannten normalen Bogentypen "SR" (mit einem Verhältnis von Krümmungsradius zu Rohrdurchmesser R/D von 1) und "LR" (mit einem Verhältnis von Krümmungsradius zu Rohrdurchmesser R/D von 10) unter Berücksichtigung seines Fachwissens klar, dass die kurze Bogentype "SR" einen wesentlich höheren Krümmerdruckverlust (und damit einen wesentlich höheren Energiebedarf für den Kompressor der pneumatischen Förderanlage) verursacht als die lange Bogentype "LR" und dass die letztgenannte mit ihrem Verhältnis R/D von 10 außerdem eine allgemein übliche Bogentype darstellt.

Der Fachmann wird daher schon aus diesen zwei vorgenannten Gründen seine Routineversuche zumindest mit der langen Bogentype "LR" durchführen (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 7. Auflage 2013, Abschnitte I.D.5 und I.D.7 bis I.D.7.2), um den Abrieb des vernetzten Polyacrylats bei der pneumatischen Förderung desselben zu minimieren und die in Punkt 2.3 definierte technische Aufgabe zu lösen. Dabei wird der Fachmann ohne erfinderisch tätig zu werden, zum Gegenstand von Anspruch 1 des einzigen Antrags gelangen.

2.5 Die weiteren gegenteiligen Argumente der Beschwerdeführerin können aus den folgenden Gründen nicht akzeptiert werden.

2.5.1 Das Argument, wonach D11 aufgrund der Figur 8 den Fachmann davon abhalten würde, die Bogentype "LR" für eine pneumatische Förderung von vernetztem Polyacrylat in einer Vorrichtung mit maximal 4 Bögen auszuwählen, weil diese Bogentype im Bereich bis zu 6 Bögen schlechtere Werte als die Variante "SR" ergebe, ist aus mehreren Gründen nicht haltbar. Zunächst wurden diese Versuche gemäß Figur 8 mit Methylgummi und nicht mit einem vernetzten Polyacrylat durchgeführt, das aber völlig andere Materialeigenschaften als Methylgummi hat, welche aber den Abrieb sehr stark beeinflussen, wie dem Fachmann bekannt ist (vgl. z.B. D11, Figur 4 mit einem Vergleich des Abriebs von vier verschiedenen Materialien in derselben Vorrichtung). Außerdem wurden diese Versuche mit sehr hohen Luft- bzw. Partikelgeschwindigkeiten von 38 m/s bzw. 45 m/s - und somit anscheinend nicht mit einer Dichtstromförderung - mit sehr kleinen Teilchen mit einem mittleren Durchmesser von ca. 15 mym durchgeführt, die sich mit Sicherheit auch anders verhalten werden, als die vernetzten Polyacrylat-Pulverteilchen von D6 mit einer Teilchengröße im Bereich von 150 mym bis 850 mym (vgl. oberen Punkt 2.2). Aus diesen Gründen würde der Fachmann aufgrund der Figur 8 keine Erwartungen hegen, sondern entsprechend seinem allgemeinen und fachüblichen Handeln Routineexperimente ausführen.

2.5.2 Bezüglich des Arguments, dass die Beispiele 1 und 2 der Anmeldung zeigten, dass mit dem beanspruchten größeren Verhältnis von Krümmungsradius zu Rohrdurchmesser von 10 auch ein besserer SFC-Wert [10**(-7) cm**(3)s/g] des so geförderten Polymerpulvers einhergehe, wurde in der mündlichen Verhandlung von der Beschwerdeführerin zugestanden, dass dieser Effekt möglicherweise mit dem Feinabrieb verknüpft sei.

Die Kammer hatte in dieser Hinsicht schon in ihrem Ladungsbescheid zur mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen (siehe oberen Punkt IV), dass dieser indirekte "Effekt" auf die Reduzierung des Abriebes durch die verkleinerte mechanische Belastung der Polymerpartikel aufgrund des vergrößerten Verhältnisses von Krümmungsradius zu Rohrdurchmesser zurückzuführen ist und somit einen Bonus-Effekt darstellt, den der Fachmann ausgehend von D11 inhärent erhält (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 7. Auflage 2013, Abschnitt I.D.10.8).

2.6 Anspruch 1 des einzigen Antrags erfüllt daher nicht die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ. Der einzige Antrag ist daher nicht gewährbar.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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