European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2018:T250013.20180220 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 20 Februar 2018 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 2500/13 | ||||||||
Anmeldenummer: | 02004844.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | B66B 3/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | D | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Vermittlung von Information für Aufzugsbenutzer | ||||||||
Name des Anmelders: | Inventio AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Otis Elevator Company | ||||||||
Kammer: | 3.2.06 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein) Spät eingereichte Hilfsanträge - Verfahrensökonomie Spät eingereichte Hilfsanträge - zugelassen (nein) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Einsprechende) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 1 241 125 zurückgewiesen wurde.
II. Sie beantragte, diese Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
III. Folgende Dokumente sind für diese Entscheidung relevant:
D2 US-A-5 689 094
D3 EP-A-1 043 260
D7 US-A-2002/0013144
D16 WO-A-01/83351
IV. Im Anschluss an ihre Ladung zur mündlichen Verhandlung hat die Kammer eine Mitteilung versandt, in der sie ihre vorläufige Meinung zum Ausdruck brachte, wonach die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 zu fehlen scheine.
V. Mit Schreiben vom 6. Februar 2018 reichte die Beschwerdegegnerin Hilfsanträge 1 und 2 ein.
VI. Am 20. Februar 2018 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt. Am Ende der mündlichen Verhandlung lagen folgende Anträge vor:
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage eines der Hilfsanträge 1 und 2, eingereicht mit Schreiben vom 6. Februar 2018, aufrecht zu erhalten.
VII. Anspruch 1 des Hauptantrags mit Merkmalsgliederung lautet:
"1.1 Verfahren zur Vermittlung von Information für Aufzugsbenutzer,
1.2 bei dem ein Aufzugsbenutzer identifiziert wird
1.3 und die zu vermittelnde Information abhängig von der Identifikation zur Verfügung gestellt wird;
1.4 wobei die Identifikation des Aufzugsbenutzers und eine Vermittlung der Information auf einem Rechner mit selbständigem Programm erfolgt,
1.5 wobei der Rechner mit einer Anzeigeeinrichtung in der Umgebung eines Aufzugseinganges angeordnet ist;
1.6 und wobei in einem Gebäudeserver Information unterschiedlicher Datenquellen vorhanden ist,
1.7 und bei dem sobald ein Aufzugsbenutzer identifiziert ist, der Rechner Verbindung mit dem Gebäudeserver aufnimmt;
1.8 und die Information aufgrund von benutzerspezifischen Daten dem jeweiligen identifizierten Aufzugsbenutzer vermittelt wird;
1.9 wobei persönlich adressierte Information nicht vorgesehen ist; und
1.10 der identifizierte Aufzugsbenutzer die Information auf der Anzeigeeinrichtung entgegennehmen kann,
1.11 wobei die Anzeigeeinrichtung in Verbindung steht mit dem Gebäudeserver."
Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass folgende Merkmale hinzugefügt wurden:
"wobei der Zugriff auf Information aufgrund eines persönlichen Informationsprofils erfolgt,
wobei der jeweilige Aufzugsbenutzer je nach persönlichem Informationsprofil via Anzeigeeinrichtung auf seine gewünschte Information zugreift; und
dass die Information Bild- und/oder Toninformation umfasst."
Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich vom Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 dadurch, dass folgende Merkmale hinzugefügt wurden:
"und wobei das momentane Informationsbedürfnis mehrerer Aufzugsbenutzer analysiert wird und die am häufigsten gewünschte Information zur Verfügung gestellt wird."
VIII. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen vorgetragen:
i) zum Hauptantrag
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Auf Basis der gegenüber D2 kennzeichnenden Merkmale 1.8 und 1.9 laute die objektive technische Aufgabe 'die an den Aufzugsbenutzer vermittelten Daten relevanter zu machen'. Zu der beanspruchten Lösung dieser Aufgabe finde der Fachmann in D3 einen Hinweis (vgl. Sp. 2, Z. 30 bis 36; Sp. 3, Z. 13 bis 19, 47 bis 52 und 53 bis 56) personenbezogene Information auf der Anzeigeeinrichtung der D2 zu integrieren.
ii) zum Hilfsantrag 1
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei prima facie weder gewährbar noch zuzulassen. Die im Anspruch 1 neu hinzugekommenen Merkmale seien aus D3 bekannt (siehe Paragraf [0015]) und der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
iii) zum Hilfsantrag 2
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe prima facie nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die neu hinzugekommenen Merkmale seien aus D7 bekannt (siehe [0035] und [0039]) und lösen ausgehend von D2 die gestellte Teilaufgabe. Der Hilfsantrag 2 ist daher nicht zuzulassen.
IX. Die Beschwerdegegnerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
i) zum Hauptantrag
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit. D2 offenbare die Merkmale 1.1 sowie 1.4 bis 1.9 des Anspruchs 1 nicht:
Merkmal 1.1: D2 betreffe eine Erkennungsvorrichtung für Aufzugsbenutzern, nicht das beanspruchte Verfahren zur Vermittlung von Information für Aufzugsbenutzer.
Merkmal 1.4: Die Erkennungsvorrichtung 5 sei kein Rechner, sondern lediglich eine Sendervorrichtung, die bloß ein Signal erkennt und dieses weiterleitet ohne jegliche Verarbeitung. Die 'communication management' Fähigkeit der Erkennungsvorrichtung (Sp. 4, Z. 1) deute nicht auf Rechnerfunktionen hin, sondern auf eine zeitliche Kontrolle der Erkennungssignale.
Merkmal 1.5: Die beanspruchte 'Vermittlung der Information auf einem Rechner' finde mit der Anzeigeeinrichtung des Merkmals 1.5 statt. Die Anzeigeeinrichtung im Patent sei daher als Teil des Rechners anzusehen, und ist nicht lediglich zufällig im gleichen Gehäuse wie der Rechner angeordnet, wie in Fig. 2 der D2 abgebildet.
Merkmale 1.6, 1.7: Die Prozessoreinheit 9 der D2 sei als Teil der Aufzugssteuerung anzusehen, nicht als ein Gebäudeserver. D2 könne daher keine Verbindung mit dem Gebäudeserver aufnehmen.
Selbst wenn lediglich die Merkmale 1.8 und 1.9 nicht aus der D2 bekannt seien, führe die Kombination mit D3 nicht ohne unzulässige rückschauende Betrachtung zum Gegenstand des Anspruchs 1.
Für die formulierte Aufgabe gebe es in der D2 ohne Kenntnis der beanspruchten Erfindung keine Stützung, sie beruhe auf einer rückschauenden Betrachtung und enthalte bereits einen Lösungsansatz.
ii) zum Hilfsantrag 1
Die hinzugefügten Merkmale seien lediglich eine Präzisierung der zu vermittelnden Information. Die Figur 3 der D3 stelle eine Benutzeroberfläche dar, die eine Standardprofil ist, und nicht auf einem persönlichen Informationsprofil beruht. Ausgehend von D2 und kombiniert mit D3 ist daher dem Gegenstand des Anspruchs 1 eine erfinderische Tätigkeit zuzuerkennen.
iii) zum Hilfsantrag 2
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit. Für das neu hinzugekommene Merkmal aus Anspruch 10 sei als Teilaufgabe anzusehen, 'eine Informationsanzeige wiederzugeben, die die Mehrheit der Betrachter zufrieden stellt'. Der Fachmann würde D7 nicht heranziehen, da eine Informationsanzeige in einem Einkaufszentrum mit einer Aufzugsanzeige, wie in D2 offenbart, nicht kombinierbar sei.
Entscheidungsgründe
1. Hauptantrag
1.1 Neuheit
Zulassung der D16
In der mündlichen Verhandlung übte die Kammer ihr Ermessen dahingehend aus, das Dokument D16 nicht ins Verfahren zuzulassen. Dies muss jedoch im Rahmen dieser Entscheidung mangels Entscheidungserheblichkeit nicht weiter begründet werden, da der Hauptantrag aus anderen Gründen, ut infra, nicht gewährbar ist.
1.2 Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973) - D2 in Kombination mit der Lehre der D3
1.2.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
1.2.2 D2 offenbart folgende Merkmale des Anspruchs 1 (die Bezüge in Klammern beziehen sich auf D2):
1.1 Verfahren zur Vermittlung von Information (Ziel Stockwerk) für Aufzugsbenutzer (z.B. Sp. 4, Z. 9 bis 17; Fig. 1),
1.2 bei dem ein Aufzugsbenutzer identifiziert wird (Sp. 3, Z. 37 bis 42)
1.3 und die zu vermittelnde Information (Ziel Stockwerk) abhängig von der Identifikation (z.B. Sp. 3, Z. 42 bis 44) zur Verfügung gestellt wird (z.B. Sp. 4, Z. 12 bis 15);
1.4 wobei die Identifikation des Aufzugsbenutzers und eine Vermittlung der Information auf einem Rechner (5) mit selbständigem Programm erfolgt (Sp. 3, Z. 64 bis 67; Sp. 4, Z. 4 bis 7)
1.5 wobei der Rechner (5) mit einer Anzeigeeinrichtung (18) in der Umgebung eines Aufzugseinganges (z.B. Fig. 1 und 2) angeordnet ist;
1.6 und wobei in einem Gebäudeserver (8, 9) Information unterschiedlicher Datenquellen (Fig. 1; 13, 16, 20) vorhanden ist,
1.7 und bei dem sobald ein Aufzugsbenutzer identifiziert ist (z.B. Sp. 3, Z. 41 bis 42) der Rechner (5) Verbindung mit dem Gebäudeserver (8, 9) aufnimmt (z.B. Sp. 4, Z. 7 bis 9);
1.10 der identifizierte Aufzugsbenutzer die Information auf der Anzeigeeinrichtung (18) entgegennehmen kann (z.B. Fig. 1; Sp. 4, Z. 12 bis 17),
1.11 wobei die Anzeigeeinrichtung (18) in Verbindung (17) steht mit dem Gebäudeserver (8, 9; z.B. Fig. 1).
1.2.3 Die Beschwerdegegnerin konnte die Kammer nicht überzeugen, dass das Merkmal 1.1 aus D2 nicht bekannt sei. Fig. 1 zeigt eine Anzeigevorrichtung (display 18) mit expliziter Anweisung für den Aufzugsbenutzer einen bestimmten Aufzug zu benutzen. Dies entspricht einer 'Vermittlung von Information für Aufzugsbenutzer'.
1.2.4 Die Argumente der Beschwerdegegnerin, dass die Erkennungsvorrichtung (recognition device 5) der D2 nicht ein Rechner sei, überzeugen nicht. Wie auch von beiden Parteien akzeptiert, zeichnet sich ein Rechner dadurch aus, dass er eine programmgesteuerte Funktionalität aufweist. Die Kammer sieht eine solche Funktionalität in der Erkennungsvorrichtung 5 im Hinblick auf ihre Vorgangsweise. In der Spalte 3, Z. 64 bis 67, wird beschrieben, wie die Erkennungsvorrichtung 5 eigenständig nach Sendern (transmitters 1) sucht und die Kommunikation mit einem elektronischen Teil (electronic part 12) steuert. Ferner werden in der Spalte 4, Z. 4 bis 7, Lese- und Schreibfähigkeiten der Erkennungsvorrichtung erwähnt ('processing unit 9 can be read out and ... written or read into via recognition device 5'). Ein solches Suchen und Steuern sowie die Interaktion mit der Prozessoreinheit 9 beinhaltet viel mehr als lediglich ein Signal zu erkennen und weiterzuleiten (z.B. via eines rein zeit- oder frequenzgesteuerten Signalverteilers bzw. Multiplexers), sondern benötigt eine gewisse Intelligenz, um die erfassten Signale zu interpretieren und darauf mittels einer der mehreren offenbarten Tätigkeiten zu reagieren (insbesondere schreiben/lesen). Diese Funktionalitäten der Erkennungsvorrichtung 5 sind offensichtlich Funktionen eines Rechners.
In der Spalte 4, Z. 47 bis 53 ist eine alternative Ausführung der Erkennungsvorrichtung 5 offenbart, die mit optischer oder akustischer Erkennung funktioniert und die erfassten Daten mit bereits gespeicherte Daten in dem Speichergerät (storage device 8) vergleicht, bevor Daten an die Prozessoreinheit vermittelt werden. Auch dieses Verhalten der Erkennungsvorrichtung 5 wäre nicht ohne eine programmgesteuerte Funktionalität möglich, welche einen Rechner als mindestens einen Teil der Erkennungsvorrichtung 5 erfordert.
Insbesondere in der Spalte 4, Z. 4 bis 7, wird auch offenbart, dass die Erkennungsvorrichtung 5 für die Vermittlung der Information zuständig ist. Mittels ihrer Schreibfähigkeiten, bereitet die Erkennungsvorrichtung 5 die ersten Schritte der Informationsvermittlung vor, indem sie Daten 6 von den Sendern 1 empfängt (siehe Fig. 1) und diese zu der Prozessoreinheit 9 weiterleitet (Sp. 4, Z. 7 bis 9). Auch das Merkmal 1.4 ist daher aus der D2 bekannt.
1.2.5 Nicht überzeugen kann auch die Behauptung der Beschwerdegegnerin, dass die im Merkmal 1.5 beanspruchte Anzeigeeinrichtung als Teil des Rechners anzusehen sei. Gemäß dem Wortlaut des Merkmals 1.5 ist die Anzeigeeinrichtung nicht zwingend als Teil des Rechners zu interpretieren. Diese ist auch als separates Teil vom Wortlaut des Merkmal 1.5 umfasst, wonach beide 'in der Umgebung eines Aufzugseinganges angeordnet' sind. Die Figur 2 der D2 offenbart genau diese Ausführung, wobei beide Stockwerke jeweils eine Erkennungsvorrichtung 5 und eine Anzeigeeinrichtung 18 in einem gemeinsamen Gehäuse aufweisen, und diese 'in der Umgebung eines Aufzugseinganges angeordnet' sind.
1.2.6 Das Argument der Beschwerdegegnerin, dass die Prozessoreinheit 9 nicht als Gebäudeserver sondern als Teil der Aufzugssteuerung anzusehen sei, überzeugt nicht. Der Begriff 'Gebäudeserver' wird im Patent nicht definiert und muss daher breit ausgelegt werden, sodass er beispielsweise als 'ein Rechner mit Verbindungen zu mindestens einem weiteren Rechner innerhalb eines Gebäudes' interpretiert werden kann. Ein solcher Gebäudeserver ist daher als Prozessoreinheit 9 aus D2 bekannt, wobei Erkennungsvorrichtungen 5 auf jedem Stockwerk vorhanden sind (z.B. Fig. 2; Sp. 5, Z. 40 bis 42) und diese jeweils eine Verbindung zu der Prozessoreinheit 9 besitzen (z.B. Fig. 1). Des Weiteren sind Informationen unterschiedlicher Datenquellen (z.B. Information 13 von der Erkennungsvorrichtung 5; Information 16 von der Aufzugssteuerung 10; Information 20 von der Eingabevorrichtung 19) in der Prozessoreinheit 9 vorhanden (Fig. 1). Somit ist das Merkmal 1.6 aus D2 bekannt.
1.2.7 Wie in Punkt 1.2.6 ausgeführt, ist die Prozessoreinheit 9 als Gebäudeserver anzusehen. In D2 (vgl. Sp. 3, Z. 61 bis Sp. 4, Z. 9) ist offenbart, wie die von den Aufzugsbenutzern mitgeführten Sender 1 von der Erkennungsvorrichtung 5 erfasst werden, bevor die von den Sendern erfasste Information zu der Prozessoreinheit 9 weitergeleitet wird. Daher ergibt sich das Merkmal 1.7 ebenfalls aus D2.
1.2.8 Nicht bekannt aus D2 sind daher die Merkmale 1.8 und 1.9:
- und die Information aufgrund von benutzerspezifischen Daten dem jeweiligen identifizierten Aufzugsbenutzer vermittelt wird;
- wobei persönlich adressierte Information nicht vorgesehen ist.
1.2.9 Ausgehend von diesen kennzeichnenden Merkmalen, besteht die zu lösende objektive technische Aufgabe darin, 'die an den Aufzugsbenutzer vermittelten Daten relevanter zu machen'. Um diese Aufgabe zu lösen, würde der Fachmann D3 in Betracht ziehen, da sich diese Entgegenhaltung auf Information bezieht, die einem Fahrgast vermittelt wird (Sp. 1, Z. 3 bis 7). Gemäß der D3 wird der von einem Fahrgast mitgeführten Informationsträger 1.0 von einer Steuereinheit 1.1 erkannt (Sp.2, Z. 30 bis 36), um relevante Information aus einem Speicher 1.4 aufzurufen (Sp. 3, Z. 53 bis 56) und beispielsweise auf einem Touchscreen 1.2 anzuzeigen (Sp. 3, Z. 47 bis 52). Die vermittelte Information ist auf den erkannten Fahrgast abgestimmt und ist nicht persönlich adressiert (z.B. Sp. 3, Z. 13 bis 19 wo keine persönliche Identifikation des Fahrgasts offenbart wird; ferner wird in Sp. 3, Z. 56 bis 58 explizit auf die fehlende Notwendigkeit einer Identifikation des Benutzers hingewiesen). Für den Fachmann wäre es daher naheliegend ausgehend von D2 die Lehre bezüglich der spezifisch zu vermittelnden Information aus der D3 aufzunehmen, um die objektive Aufgabe zu lösen und zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen.
1.2.10 Die Beschwerdegegnerin konnte die Kammer nicht überzeugen, dass die gestellte Aufgabe in der D2 eine Stützung finden muss. Die objektive technische Aufgabe wird auf Basis der zum nächstliegenden Stand der Technik unterscheidenden Merkmale formuliert (siehe z.B. Teil I.D.2, Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, Juli 2016). Im vorliegenden Fall sind die Merkmale 1.8 und 1.9 nicht aus der D2 bekannt, und die objektive technische Aufgabe wird aus der technischen Wirkung dieser Unterscheidungsmerkmale formuliert. Ob diese Aufgabe in der D2 eine Stützung findet oder nicht, ist nicht entscheidend.
1.2.11 Anders als von der Beschwerdegegnerin behauptet, beruht die formulierte Aufgabe weder auf einer rückschauenden Betrachtung noch enthält sie bereits einen Lösungsansatz. Die D2 vermittelt dem Aufzugsbenutzer lediglich Information bezüglich des zu benutzenden Aufzugs und des Zielstockwerks. Dagegen wird im Streitpatent verlangt, dass sich die vermittelte Information auf die Interessen des Aufzugsbenutzers bezieht ohne persönlich adressiert zu sein. Die formulierte objektive Aufgabe enthält keinen Lösungsansatz, sondern lediglich die Frage, wie die vermittelte Information relevanter gemacht werden könnte. Diese Frage bezüglich der Relevanz der vermittelten Information enthält, entgegen der Behauptung der Beschwerdegegnerin, keinen Hinweis auf die beanspruchte Lösung und ist daher als objektive Aufgabe anzusehen.
1.2.12 Zusammenfassend konnten die Argumente der Beschwerdegegnerin nicht überzeugen. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht aus den bereits angegebenen Gründen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ 1973).
2. Hilfsantrag 1
2.1 Zulassung zum Verfahren
2.1.1 Der mit Schriftsatz vom 6. Februar 2018 eingereichte Hilfsantrag 1 der Beschwerdegegnerin stellt eine wesentliche Änderung ihres Vorbringens zu einem sehr späten Verfahrensstadium dar. Ferner wird überhaupt nicht angegeben, weshalb der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen soll. Es steht im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens nach Einreichung der Beschwerdebegründung oder Erwiderung zuzulassen und zu berücksichtigen (Artikel 13 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK)). Bei der Ausübung dieses Ermessens wird unter anderem die gebotene Verfahrensökonomie berücksichtigt, im vorliegenden Fall, ob die Änderungen prima facie die Einwände gegen den Hauptantrag hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit überwinden.
2.1.2 Es wird der Beschwerdegegnerin zugestimmt, dass die im Anspruch 1 hinzugefügten Merkmale, die zu vermittelnde Information betreffen und lediglich eine Präzisierung der bereits in den Merkmalen 1.8 und 1.9 enthaltenen Merkmalskombination ist. Diese hinzugefügten Merkmale sind jedoch aus D3 bekannt. In Spalte 3, Z. 13 bis 19, wird eine 'Kommunikationsoberfläche' offenbart (z.B. ein Touchscreen - Sp. 2, Z. 50 bis 51), die dem Fahrgast persönliche Information zu Verfügung stellt, beispielsweise, dass der betreffende Gast an der Bar erwartet wird - (Sp. 3, Z. 13-19). Da die neu hinzugefügten Merkmale aus D3 bekannt sind, ist prima facie nicht ersichtlich, weshalb, ausgehend von D2, unter Berücksichtigung der Lehre der D3, der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen kann.
2.1.3 Die Beschwerdegegnerin argumentierte, dass die Benutzeroberfläche der D3 nicht auf einem persönlichen Informationsprofil basiert. Jedoch wird dem Fahrgast nach Sp. 3, Z. 13 bis 19, der D3 personalisierte Information vermittelt, sodass die in Anspruch 1 neu hinzugekommenen Merkmale sehr wohl aus D3 bekannt sind.
2.1.4 Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht daher prima facie nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Hilfsantrag 1 wurde daher nicht ins Verfahren zugelassen (Artikel 13 (1) VOBK).
3. Hilfsantrag 2
3.1 Zulassung zum Verfahren
3.1.1 Der Hilfsantrag 2 wurde auch mit dem Schriftsatz vom 6. Februar 2018 eingereicht. Die Zulassung dieses Antrags unterliegt daher ebenfalls dem Ermessen der Kammer (Artikel 13 (1) VOBK). Für die Zulassung müssen die Änderungen im Anspruch 1 prima facie mindestens die Einwände gegen die erfinderische Tätigkeit bezüglich des Hauptantrags bzw. des Hilfsantrags 1 überwinden.
3.1.2 Das im Vergleich zum Hilfsantrag 1 neu hinzugefügte Merkmal betrifft unterschiedliche Informationsbedürfnisse mehrerer Aufzugsbenutzer, wobei die am häufigsten gewünschte Information zu Verfügung gestellt wird. Aufgrund der Relevanz der Interessen mehrerer Aufzugsbenutzer geht dieses Merkmal, im Vergleich zu dem Gegenstand des Hauptantrags bzw. des Hilfsantrags 1, in eine andere Richtung. In der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit unterliegt dieses Merkmal einer Teilaufgabe, die von den Parteien einvernehmlich darin gesehen wurde, 'eine Informationsanzeige zu geben, die die Mehrheit der Betrachter zufrieden stellt'.
3.1.3 In D7 wird ein Auswahlvorgehen beschrieben, in dem die am häufigsten gewünschte Information angezeigt wird (siehe Paragraf [0027], letzte 7 Zeile; [0035] und [0039]). Für den Fachmann wäre es daher prima facie naheliegend, ausgehend von D2 und im Hinblick auf das Bestreben, die objektive technische Teilaufgabe lösen zu wollen, unter Berücksichtigung der D7 zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen. Die weiteren Merkmale des Anspruchs 1 entsprechen denjenigen des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 und beruhen, aus den unter Punkt 2 gegebenen Gründen, prima facie auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
3.1.4 Anders als von der Beschwerdegegnerin behauptet, ist die Informationsanzeige der D7 auf jeden Fall mit der Aufzugsanzeige der D2 kombinierbar. In Paragraf [0046] der D7 wird die Informationsanzeige optional als in Verbindung mit einem Aufzug offenbart, sodass es prima facie naheliegt, die am häufigsten gewünschte Information in einem Aufzugssystem nach der D2 zu Verfügung zu stellen. Weitere Argumente in dieser Hinsicht hat die Beschwerdegegnerin nicht geliefert.
3.1.5 Zusammenfassend beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 prima facie nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Hilfsantrag 2 wurde daher nicht ins Verfahren zugelassen (Artikel 13 (1) VOBK).
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.