T 2475/13 () of 22.3.2019

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2019:T247513.20190322
Datum der Entscheidung: 22 März 2019
Aktenzeichen: T 2475/13
Anmeldenummer: 09174742.8
IPC-Klasse: H01H 9/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: D
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Explosionsgeschützte Schalteinrichtung und Verfahren zum Betreiben einer Schalteinrichtung mit einem explosionsgeschützten Gehäuse
Name des Anmelders: Quintex GmbH
Name des Einsprechenden: BARTEC GmbH
R. Stahl Schaltgeräte GmbH
Siemens Aktiengesellschaft
Gönnheimer Elektronic GmbH
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention Art 100(a)
European Patent Convention Art 54(2)
European Patent Convention Art 84
Rules of procedure of the Boards of Appeal Art 13(1)
European Patent Convention Art 56
European Patent Convention Art 123(2)
Schlagwörter: Neuheit - Hauptantrag (nein)
Klarheit - Hilfsantrag I (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag II (nein)
Spät eingereichte Hilfsanträge IIIa und V
Spät eingereichte Hilfsanträge - (nicht zugelassen)
Unzulässige Erweiterung - Hilfsantrag IV (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde der Patentinhaberin betrifft die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 2 814 750 widerrufen worden ist.

II. Die Einspruchsabteilung war zu der Auffassung gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Patents sowie der Ansprüche 1 der Hilfsanträge II und III nicht neu ist und dass der Anspruch 1 des Hilfsantrags I nicht klar ist.

III. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Einsprüche zurückzuweisen, d.h. das Patent unverändert aufrecht zu erhalten, hilfsweise das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage eines der mit Schreiben vom 9. August 2013 eingereichten Hilfsanträge I und II, oder auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2019 eingereichten Hilfsantrags IIIa, oder auf der Grundlage des mit Schreiben vom 9. Dezember 2013 eingereichten Hilfsantrags IV, oder auf der Grundlage des mit Schreiben vom 21. Februar 2019 eingereichten Hilfsantrags V aufrecht zu erhalten.

IV. Die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechende 1, 2 und 4) beantragten die Beschwerde zurückzuweisen. Die Einsprechende 3 hatte sich während des Beschwerdeverfahrens nicht zur Sache geäußert.

V. Die folgenden Dokumente sind für die Entscheidung relevant:

O2E2 : Verbannte Gefahr, Elektrische Energietechnik, Huethig, Heidelberg, DE, Band 35, Nr. 4, 1. Juli 1990, Seiten 14, 16, 18

O2E4 : DIN EN 600 79-2, Explosionsfähige Atmosphäre - Teil 2: Geräteschutz durch Überdruckkapselung "p" , Juli 2008

VI. In einer gemeinsam mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung versandten Mitteilung unter Artikel 15 (1) VOBK hatte die Kammer den Parteien mitgeteilt, dass aller Voraussicht nach der Gegenstand des Hauptantrags nicht neu, sowie jener des Hilfsantrags I nicht klar sei, weiterhin dass der Gegenstand des Hilfsantrags II nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe sowie dass Hilfsantrag IV gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstoße.

VII. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 22. März 2019 statt.

VIII. Der unabhängige Anspruch 1 des Patents (Hauptantrag) lautet:

"Schalteinrichtung zum Schalten von elektrischen Geräten für Anwendungen in explosionsfähigen Atmosphären,

wobei die zu schaltenden Geräte in einem in der Zündschutzart "Überdruckkapselung" (Ex-p) gegen Explosionen geschützten Gehäuse (Ex-p-Gehäuse) (10) angeordnet sind, und

wobei eine Steuerungseinrichtung (30) vorgesehen ist, die derart mit dem Ex-p-Gehäuse (10) zusammenarbeitet, dass sie den Zustand der Überdruckkapselung des Ex-p-Gehäuses (10) steuert und überwacht,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Schalteinrichtung (20) gegen Explosionen geschützt ist,

dass die Schalteinrichtung (20) im Innenraum des Ex-p-Gehäuses (10) angeordnet ist, und dass die Steuerungseinrichtung (30) derart mit der Schalteinrichtung (20) zusammenarbeitet, dass sie ein Schalten der Schalteinrichtung (20) erst zulässt, wenn sich das Ex-p-Gehäuse (10) im Zustand der Überdruckkapselung befindet."

IX. Der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags I unterscheidet sich von jenem des Hauptantrags dadurch, dass das Merkmal "dass die Schalteinrichtung (20) gegen Explosionen geschützt ist" weiter eingeschränkt ist durch "indem sie im nicht schaltenden Zustand die Anforderungen der Zündschutzart "Erhöhte Sicherheit" (Ex-e) oder der Zündschutzart "Eigensicherheit" (Ex-i) erfüllt, oder indem das Gehäuse (10) beweglich ausgebildet ist, wobei das Gehäuse (10) zuerst in einem nicht explosionsgefährdeten Bereich in den Zustand der Überdruckkapselung bringbar ist, und wobei das Gehäuse (10) in diesem Zustand dann in den explosionsgefährdeten Bereich bringbar ist,"

X. Der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags II unterscheidet sich von jenem des Hauptantrags dadurch, dass das Merkmal "dass die Schalteinrichtung (20) gegen Explosionen geschützt ist" weiter eingeschränkt ist durch "indem sie im nicht schaltenden Zustand die Anforderungen der Zündschutzart "Erhöhte Sicherheit" (Ex-e) oder der Zündschutzart "Eigensicherheit" (Ex-i) erfüllt,"

XI. Der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags IIIa unterscheidet sich von jenem des Hauptantrags dadurch, dass das Merkmal "dass die Schalteinrichtung (20) gegen Explosionen geschützt ist" weiter eingeschränkt ist durch " indem sie im nicht schaltenden Zustand die Anforderungen der Zündschutzart "Erhöhte Sicherheit" (Ex-e) erfüllt,"

XII. Der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags IV unterscheidet sich von jenem des Hauptantrags dadurch, dass das Merkmal "dass die Schalteinrichtung (20) gegen Explosionen geschützt ist" weiter eingeschränkt ist durch "indem sie im nicht schaltenden Zustand die Anforderungen der Zündschutzart "Erhöhte Sicherheit" (Ex-e) in Kombination mit der Zündschutzart "Sonderschutz" (Ex-s) oder die Anforderungen der Zündschutzart "Eigensicherheit" (Ex-i) in Kombination mit der Zündschutzart "Sonderschutz" (Ex-s) erfüllt,"

XIII. Der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags V unterscheidet sich von jenem des Hilfsantrags II durch das folgende zusätzliche Merkmal:

"wobei die Kombination der Zündschutzart "Erhöhte Sicherheit" (Ex-e) oder der Zündschutzart "Eigensicherheit" (Ex-i) der Schalteinrichtung (20) mit der Zündschutzart "Überdruckkapselung" (Ex-p) des Gehäuses (10) die Anforderungen der Zündschutzart "Sonderschutz" (Ex-s) erfüllt"

XIV. Die entscheidungsrelevanten Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Der Gegenstand des Hauptantrags sei neu, da aus O2E2 nicht hervorgehe, den Schutz zweistufig auszuführen und das Schalten der Schalteinrichtung erst im Zustand der Überdruckkapselung zu ermöglichen. Die einschlägigen Normen für den Explosionsschutz Ex-e und Ex-i beträfen lediglich die Anschlussklemmen und nicht die Schaltkontakte.

Der Hilfsantrag I betreffe ein Gesamtkonzept aus Schalteinrichtung und Gehäuse. Dies ergebe sich aus den unabhängigen Ansprüchen, welche sowohl auf ein Schaltmittel, als auch auf ein Gehäuse gerichtet seien. Daher schränkten die Merkmale des Gehäuses das Schaltmittel entsprechend ein. Der Anspruch 1 sei folglich klar.

Der Gegenstand des Hilfsantrags II beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit. Zusätzlich zu den Ausführungen zum Hauptantrag hinsichtlich O2E2 kombiniere der Fachmann dessen Lehre auch nicht mit O2E4, der zugehörigen Norm, da deren Abschnitte 7.13 und 8.6 einerseits lediglich die Anschlussklemmen beträfen und andererseits die Zündschutzart Ex-e in der zugehörigen Norm explizit ausgenommen sei, dies ergebe sich aus der DIN EN 60076-7 unter 3.5. Der bestimmungsgemäße Betrieb einer Schaltvorrichtung sei nur der Schaltvorgang, nicht ein Zustand, in welchem die Schalteinrichtung lediglich an die Versorgung angeklemmt sei.

Der Gegenstand des Hilfsantrags IIIa habe sich aus der Diskussion während der mündlichen Verhandlung ergeben. Der nicht-schaltende Zustand sei weder im Patent noch im schriftlichen Verfahren bisher im Detail diskutiert worden. Daher sei der Hilfsantrag IIIa zulässig.

Der Gegenstand des Hilfsantrags IV ergebe sich unmittelbar aus Absatz [0038] des Patents. Der Fachmann wisse, dass der Sonderschutz Ex-s stets in Kombination mit einer anderen Schutzart auftrete.

Der Hilfsantrag V sei eine Reaktion auf den Hinweis der Kammer in der Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK und insofern zulässig.

XV. Die entscheidungsrelevanten Argumente der Beschwerdegegnerinnen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die strittigen Merkmale des Anspruchs 1 des Hauptantrags seien in O2E2 auf den Seiten 14, 16 und 18 offenbart. Die zweistufige Betriebsweise ergebe sich auch unmittelbar aus der entsprechenden DIN EN 60079-2, dem Dokument O2E4. Die Norm gelte sowohl für die Anschlussklemmen, als auch für die Schaltkontakte.

Der Anspruch 1 des Hilfsantrags I definiere das beanspruchte Schaltmittel über Eigenschaften des Gehäuses, in dem das Schaltmittel angeordnet ist. Da das Gehäuse jedoch vom Gegenstand des Anspruchs 1 nicht umfasst sei, sei das betroffene Merkmal nicht klar.

Der Unterschied zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags II und jenem des Hauptantrags, sei lediglich die nähere Definition des Explosionsschutzes des Schaltmittels als Ex-e oder Ex-i im nicht-schaltenden Zustand. Da der Fachmann normgerecht arbeiten müsse, ergebe sich aus der zugehörigen Norm O2E4 aus Seite 21, Punkt 7.13 unmittelbar, dass Schalteinrichtungen in überdruckgekapselten Gehäusen dem Zündschutz Ex-e oder Ex-i entsprechen müssten. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher nahegelegt.

Der Hilfsantrag IIIa sei verspätet und konvergiere nicht mit den Hilfsanträgen IV und V. Die beiden alternativen Zündschutzarten Ex-e und Ex-i seien bereits mit dem Schriftsatz der Einsprechenden 2 im Juli 2014 angegriffen worden und nicht erst während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer. Hilfsantrag IIIa sei folglich nicht zuzulassen.

Der Hilfsantrag IV verstoße gegen Artikel 123 (2) EPÜ. Die Zündschutzart Sonderschutz Ex-s sei die Folge der Kombination der Schutzarten Ex-p mit Ex-e oder Ex-i und nicht Komponente dieser Kombination. Nichts anderes sei in Absatz [0038] des Patents offenbart.

Der Einwand unter Artikel 123 (2) EPÜ gegen den Gegenstand des Hilfsantrags IV sei ebenfalls bereits im Juli 2014 erhoben worden. Eine entsprechende Änderung hätte folglich bereits früher und nicht erst nach Erhalt der Mitteilung unter Artikel 15 (1) VOBK erfolgen müssen. Der Hilfsantrag V sei daher nicht zuzulassen.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit

Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingereicht und ist insofern zulässig.

2. Hauptantrag (Artikel 100 a) i.V.m. Artikel 54 EPÜ)

In Bezug auf den Gegenstand des Hauptantrags ist strittig, ob die folgenden drei Merkmale aus der Offenbarung des Dokuments O2E2 bekannt sind.

- die Schalteinrichtung ist gegen Explosion geschützt;

- die Schalteinrichtung ist im Innenraum des Ex-p-Gehäuses angeordnet: und

- die Steuerungseinrichtung arbeitet derart mit der Schalteinrichtung zusammen, dass sie ein Schalten der Schalteinrichtung erst zulässt, wenn sich das Ex-p-Gehäuse im Zustand der Überdruckkapselung befindet.

In Anspruch 1 finden sich jedoch keinerlei Details, wie der Explosionsschutz der Schalteinrichtung ausgestaltet ist. Dieser kann daher auch durch die Anordnung der Schalteinrichtung in dem Ex-p-Gehäuse realisiert sein.

Außerdem kann laut O2E2, Seite 18, letzter Absatz der mittleren Spalte und erster Absatz der rechten Spalte "Im Wandgehäuse" auch "das Steuergerät in explosionsgeschützter Ausführung" montiert sein. Gemäß Seite 16, linke Spalte, letzter Absatz "schaltet das Steuergerät das elektrische Betriebsmittel". Daraus folgt, dass gemäß Dokument O2E2 die Schalteinrichtung in der Steuerungseinrichtung integriert ist und somit auch in dem Gehäuse montiert sein kann.

Zudem steuert gemäß Seite 16, zweiter Absatz, die Steuerungseinrichtung "dabei automatisch den Spülvorgang sowie die Überdruckkontrolle und setzt nach erfolgter Spülung das elektrische Betriebsmittel in Gang".

Die strittigen drei Unterscheidungsmerkmale sind daher vollständig aus der Offenbarung des Dokuments O2E2 bekannt. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist folglich nicht neu.

Die von der Patentinhaberin vorgebrachte Zweistufigkeit des Explosionsschutzes liegt nicht vor, da der Anspruch 1 keinerlei gegenständliche Merkmale enthält, die auf einen eigenständigen Explosionsschutz der Schalteinrichtung abzielen.

Die Kammer ist folglich zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Patents gegenüber der Offenbarung des Dokuments O2E2 nicht neu ist.

Der Einspruchsgrund des Artikels 100 a) i.V.m. Artikel 54 (2) EPÜ steht somit der Aufrechterhaltung des Patents entgegen.

3. Hilfsantrag I (Artikel 84 EPÜ)

Im unabhängigen Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I ist unter anderem das folgende Merkmal hinzugefügt worden.

[dass die Schalteinrichtung gegen Explosionen geschützt ist,]

"indem das Gehäuse beweglich ausgebildet ist, wobei das Gehäuse zuerst in einem nicht explosionsgefährdeten Bereich in den Zustand der Überdruckkapselung bringbar ist, und wobei das Gehäuse in diesem Zustand dann in den explosionsgefährdeten Bereich bringbar ist"

Der Anspruch 1 des Hilfsantrags I wird in der angefochtenen Entscheidung aufgrund dieses hinzugefügten Merkmals als unklar bezeichnet, da das Ex-p-Gehäuse nicht zum Gegenstand des Anspruchs zähle und daher die das Ex-p-Gehäuse einschränkenden Merkmale nicht geeignet seien, den Gegenstand des Anspruchs 1 zu definieren. Die Beschwerdegegnerinnen 1, 2 und 4 schließen sich dieser Sichtweise an. Die Kammer sieht keinen Grund, von der Bewertung der Einspruchsabteilung oder der Beschwerdegegnerinnen abzuweichen.

Die Beschwerdeführerin verweist zur mangelnden Klarheit lediglich auf ihre Argumentation im Einspruchs-verfahren. Dieser kann sinngemäß entnommen werden, dass die Änderungen in Anspruch 1 aus den erteilten Ansprüchen 8 und 13 stammten und der Wortlaut des Anspruchs 1 daher klar sei.

Diese Argumente der Beschwerdeführerin gehen jedoch in keiner Weise auf die Einwände der Einspruchsabteilung und der Beschwerdegegnerinnen zur mangelnden Klarheit ein. Es geht daraus nicht hervor, warum die Beschwerdeführerin der Ansicht ist, die hinzugefügten Merkmale des Gehäuses seien geeignet, die in Anspruch 1 beanspruchte Schalteinrichtung einzuschränken. Nach dem Wortlaut des Anspruchs 1 ist die Schalteinrichtung zwar in dem Gehäuse angeordnet. Das Gehäuse ist jedoch nicht Bestandteil der Schalteinrichtung und die auf die Ausgestaltung des Gehäuses gerichteten Merkmale haben insofern auf den Gegenstand des Anspruchs 1 keine Auswirkung. Die erteilten Ansprüche 8 bzw. 13, aus denen die strittigen Merkmale stammen, waren, entgegen den Behauptungen der Beschwerdeführerin, auch nicht vom erteilten Anspruch 1 abhängig.

Das von der Beschwerdeführerin behauptete Gesamtkonzept der Erfindung, welches aus einer Schalteinrichtung sowie einem mit dieser zusammenwirkenden Gehäuse bestehen soll, ist in keinem der unabhängigen Ansprüche beansprucht. Zwar ist der unabhängige Anspruch 1 auf die Schalteinrichtung und der unabhängige Anspruch 4 auf das Gehäuse gerichtet. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die das Gehäuse betreffenden Merkmale in Anspruch 1 diesen einschränken würden. Anspruch 1 betrifft lediglich die Schalteinrichtung. Die Kammer kann nicht nachvollziehen, wie die Schalteinrichtung an sich durch Merkmale des Gehäuses eingeschränkt sein sollte. Keines der Merkmale des Gehäuses hat auch nur die geringste Auswirkung auf die Ausgestaltung der Schalteinrichtung.

Der Anspruch 1 ist folglich unklar im Sinne des Artikels 84 EPÜ.

4. Hilfsantrag II (Artikel 56 EPÜ)

Bereits im Einspruchsverfahren ist diskutiert worden, ob die Bedingung "im nicht schaltenden Zustand" irgendeine Einschränkung bewirken kann. Es scheint vielmehr so zu sein, dass eine Schalteinrichtung entweder einer Zündschutzart entspricht oder nicht. Nach Auffassung der Kammer kann diese Eigenschaft nicht davon abhängen, ob die Schalteinrichtung gerade schaltet oder nicht.

Insofern den beanspruchten Zündschutzarten Ex-e und Ex-i ein technischer Inhalt entnommen werden kann, entspricht dieser genau dem, was in der DIN EN 60079-2 in den Abschnitten 7.13 und 8.6 gefordert wird. Laut Abschnitt 7.13 z.B. müssen elektrische Betriebsmittel innerhalb des druckgekapselten Gehäuses, die Spannung führen können, wenn die Zündschutzart vom Typ px oder py nicht in Betrieb ist, "mit den Zündschutzarten ... "e", "ia", "ib" ... geschützt sein". Unter die genannten elektrischen Betriebsmittel fällt nach Auffassung der Beschwerdegegnerinnen auch eine Schalteinrichtung nach Anspruch 1. Die Kammer schließt sich den Beschwerdegegnerinnen an. Die von der Beschwerdeführerin genannte Stelle unter Punkt 3.5 der DIN EN 60079-7 zur Zündschutzart "e" lautet: "Betriebsmittel, bei denen im bestimmungsgemäßen Betrieb Lichtbogen oder Funken entstehen, sind durch diese Definition ausgeschlossen". Anspruch 1 definiert jedoch keine Schaltmittel, bei deren bestimmungsgemäßem Betrieb Lichtbogen oder Funken entstehen. Die Kammer folgt der Beschwerdeführerin daher nicht dahingehend, dass sich aus der DIN EN 60079-7, Punkt 3.5 ergebe, dass die DIN EN 60079-2 auf die Zündschutzart "erhöhte Sicherheit" nicht anwendbar sei.

Die DIN EN 60079-2 verweist explizit auf elektrische Betriebsmittel der Zündschutzart Ex-e. Außer der bloßen Behauptung der Beschwerdeführerin, die DIN EN 60079-2 sei auf die Zündschutzart "erhöhte Sicherheit" nicht anwendbar, finden sich keinerlei Widersprüche, warum die DIN EN 60079-2 fehlerhaft sein sollte.

Im Gegenteil, im Zusammenhang mit der druckfesten Kapselung (Ex-p) wird explizit auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass elektrische Betriebsmittel mit der Zündschutzart Ex-e geschützt sein müssen. Daran ändert auch die Angabe unter Punkt 3.5 der von der Beschwerdeführerin herangezogenen DIN EN 60079-7 nichts.

Das Argument, dass O2E4 lediglich die Anschlussklemmen und nicht die Schaltkontakte betreffe, überzeugt die Kammer ebenso wenig. Weder das Dokument O2E4 noch der Anspruch 1 bilden eine Grundlage für dieses Argument.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags II beruht folglich ausgehend von der Offenbarung des Dokuments O2E2 in Kombination mit der Offenbarung des Dokuments O2E4, der zugehörigen technischen Norm, welche der Fachmann zu respektieren hat, nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

5. Hilfsantrag IIIa (Artikel 13 (1) VOBK)

Der Hilfsantrag IIIa wurde während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht.

Die Kammer ist von dem Argument der Beschwerdeführerin, die beiden Alternativen in Anspruch 1, dass die Schalteinrichtung im nicht-schaltenden Zustand einerseits die Anforderungen der Zündschutzart Ex-e oder andererseits jene der Zündschutzart Ex-i erfüllt, seien erst während der mündlichen Verhandlung detailliert diskutiert worden, nicht überzeugt.

Zum einen wurde bereits im Juli 2014 von den Beschwerdegegnerinnen vorgebracht, dass keine der strittigen Alternativen im Hinblick auf die Offenbarung des Dokuments O2E4 neu sei (siehe Schreiben der Einsprechenden 2 vom 7. Juli 2014, Seite 5, letzter Absatz bis Seite 6, dritter Absatz).

Zum anderen hatte auch die Kammer in ihrer Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK unter 3.3 darauf hingewiesen, dass keine der Alternativen in Anspruch 1 neu sein dürfte. Das Argument der Beschwerdeführerin greift folglich nicht durch.

Die Kammer übte daher ihr Ermessen unter Artikel 13 (1) VOBK dahingehend aus, den Hilfsantrag IIIa nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.

6. Hilfsantrag IV (Artikel 123 (2) EPÜ)

Im unabhängigen Anspruchen 1 des Hilfsantrags IV wurde das folgende Merkmal eingefügt:

"in Kombination mit der Zündschutzart "Sonderschutz" (Ex-s)".

In der ursprünglich eingereichten Anmeldung findet sich dieses Merkmal nicht. Es wird lediglich auf Seite 12 im dritten Absatz erwähnt, welcher dem Absatz [0038] des Patents entspricht, dass "Durch diese Kombination verschiedener Explosionsschutzmaßnahmen...auch von dem Vorliegen der Zündschutzart "Sonderschutz" gesprochen werden" kann.

Die Zündschutzart "Sonderschutz" ist demnach das Resultat der Kombination anderer Schutzarten und nicht ein Bestandteil der Kombination. Dies entspricht auch den Ausführungen der Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung.

Die durchgeführten Änderungen verstoßen folglich gegen Artikel 123 (2) EPÜ.

Das auf die mit der Beschwerdebegründung eingereichten EG-Baumusterprüfbescheinigungen und die Auszüge aus der Norm IEC 60079-33, sowie auf die mit Schreiben vom 21. Februar 2019 eingereichten IECEx-Konformitätszertifikate gestützte Vorbringen der Beschwerdeführerin zur Zündschutzart "Sonderschutz" ist nicht relevant, da die zugrundeliegenden Dokumente allesamt nach dem Prioritätstag des Patents veröffentlicht sind.

7. Hilfsantrag V

Der Hilfsantrag V wurde verspätet vorgebracht. Das Argument der Beschwerdeführerin, der Hilfsantrag V sei eine Reaktion der Beschwerdeführerin auf die Mitteilung der Kammer unter Artikel 15 (1) VOBK, in welcher die Kammer ihre vorläufige Meinung mitgeteilt hatte, dass Hilfsantrag IV gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstoße, überzeugt die Kammer nicht.

Gemäß ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern dient die Mitteilung der Kammer nach Artikel 15 (1) VOBK als Orientierungshilfe für die mündliche Verhandlung. Insoweit der vorläufigen Stellungnahme der Kammer lediglich die von den Parteien angesprochenen Punkte und Argumente zugrunde liegen, kann die Mitteilung nicht zur Rechtfertigung für die Einreichung neuer Anträge dienen, die schon früher hätten eingereicht werden können (Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts, 8. Auflage 2016, IV.E.4.4.12).

Die Einsprechende 1 hatte bereits in Ihrer Replik vom 7. Juli 2014 auf die Beschwerde der Patentinhaberin unter Punkt 5. gerügt, dass die Ansprüche 1, 3 und 5 des Hilfsantrags IV gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstoßen.

Die Patentinhaberin hätte auf den Einwand der Einsprechenden 1 reagieren müssen, um ihrer Mitwirkungspflicht im Sinne der Verfahrensökonomie gerecht zu werden. Offensichtlich hatte sich die Patentinhaberin jedoch dagegen entschieden.

Die Kammer übte daher ihr Ermessen unter Artikel 13 (1) VOBK dahingehend aus, den Hilfsantrag V nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen.

8. Schlussfolgerung

Da kein gewährbarer Antrag der Patentinhaberin vorliegt, gibt die Kammer dem Antrag der Einsprechenden 1, 2 und 4 statt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsformel

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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